Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
15. August 2014

Maria, die Ersterlöste und die Vollerlöste

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Am 1. November 1950 hat Papst Pius XII. in Rom den Glaubenssatz feierlich definiert, d.h. mit unfehlbarer Kraft ausgesagt: „Maria ist nach Vollendung ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden.“ In nichtkatholischen Kreisen gab es damals eine große Aufregung. Die katholische Kirche hat sich einem Mythos ergeben, ist einer Irrlehre gefolgt und vom Evangelium abgewichen, so sagte man. Pius XII. hat unbeirrt um die vorauszusehende Kritik dieses Dogma feierlich verkündet. In einer Zeit, wo der Protestantismus eine Wahrheit nach der anderen fallen lässt – ich habe schon mehrfach erwähnt: Die meisten evangelischen Theologen glauben nicht an den dreieinigen Gott, sie glauben nicht an die Gottheit Christi, sie glauben nicht an das Priestertum, sie glauben nicht an den vollen Inhalt des eucharistischen Opfersakramentes –, also in einer Zeit, wo das alles geschieht, hat sich die Kirche, gelenkt und geführt und gestärkt vom Heiligen Geist, dafür entschieden, eine Wahrheit zu verkünden, die all diesen Leugnern des Glaubens ins Gesicht schlägt: Maria, die Mutter des Herrn, ist mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Für uns katholische Christen war das eine Selbstverständlichkeit. Wir wussten, dass Maria ausgezeichnet worden ist vom Herrn durch Bewahrung vor der Erbschuld. Maria ist die Ersterlöste, aber sie soll auch die Vollerlöste sein. Vollerlöst ist sie, insofern sie mit Leib und Seele, nicht nur mit der Seele, in den Himmel aufgenommen wurde. Schwierigkeiten, die sich gegenüber diesem Glaubenssatz einstellen könnten, werden vor allem von Seiten der Naturwissenschaft aufgerufen. Man kann, so sagt man, im Weltall keinen Ort namhaft machen, wo sich der Leib Mariens befinden könnte. Das stimmt, das kann man nicht. Aber Maria ist nicht im Weltall, sondern in der Welt Gottes. Sie ist nicht in den Wolkenhimmel hinaufgefahren, sondern in die Wirklichkeit, die Gott vorbehalten ist. Also nicht in das, was wir mit dem englischen Wort „sky“ bezeichnen, sondern in jene Wirklichkeit, die wir mit „heaven“ im Englischen wiedergeben. Maria ist die Ersterlöste und sie ist die Vollerlöste. Von ihr wurde ausgesagt, im Dogma von 1864: „Maria ist vom ersten Augenblick ihren Daseins vor der Erbsünde bewahrt worden.“ Und jetzt kam die Ergänzung, die notwendige, die folgerichtige Ergänzung dieses Dogmas, nämlich: „Sie ist als Ersterlöste auch die Vollerlöste, die in den Himmel aufgenommen wurde, mit Leib und Seele.“ Diese Wahrheit ist eine Bekräftigung dessen, was ich Ihnen immer versucht habe, vorzuführen. Die Kirche ist vom Heiligen Geist geführt und geleitet. Sie lässt sich nicht vom Zeitgeist führen, sondern vom Geiste Gottes. Sie passt sich nicht an – wie es ja nun der Protestantismus in weitester Linie tut –, sie passt sich nicht an, sondern sie richtet das Zeichen Gottes auf in einer gottentfremdeten und einer gottvergessenen Welt. Dieses Dogma stärkt unseren Glauben an die göttliche Stiftung unserer Kirche, an die göttliche Führung unsere Kirche, an den Gottesgeist, der diese Wahrheit uns geschenkt hat.

Das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel unterscheidet sich von dem Fest der Himmelfahrt Christi. Christus ist aus eigener Kraft in den Himmel aufgestiegen; Maria ist in den Himmel aufgenommen worden aus der Kraft Gottes. Wir verwechseln nicht die Bereiche, sondern wir unterscheiden sie. Mit dem Feste der Aufnahme Mariens in den Himmel hat die Kirche seit hunderten von Jahren einen schönen Brauch verknüpft, nämlich die Weihe von Kräutern. Ich bin überzeugt, dass der Sinn dieser Kräuterweihe darin liegt, zu zeigen, dass Maria die schönste Blume des Feldes ist, wie wir sie im Kirchenlied ja auch verehren. Weil sie die schönste Blume des Feldes ist, deswegen werden heute Kräuter, Blumen und Gewürzpflanzen geweiht. Was sie in einem übernatürlichen Sinne ist, dass bedeuten diese Kräuter und Blumen im natürlichen Sinne: Heilung, Kraft, Genesung, Freude. Die Kräuterweihe, die wir heute vornehmen, ist ein so genannte Sakramentale. Ein Sakramentale unterscheidet sich wesentlich von einem Sakrament. Ein Sakrament ist ein sinnenfälliges Zeichen, das Christus eingesetzt hat und das bei seiner richtigen Anwendung dem dafür Disponierten unfehlbar Gnaden vermittelt. Anders das Sakramentale. Es ist ein von der Kirche eingesetztes Zeichen, das nicht aufgrund des Vollzugs „ex opere operato“, wie die Theologie sagt, Gnaden vermittelt, sondern dem, der diese Kräuter und Blumen ehrfürchtig verwendet, auf das Gebet der Kirche hin Gesundheit, Freude, Heilung vermittelt. Unsere gläubigen Bauern haben die Kräuter den Tieren gegeben, damit auch sie Anteil an dieser Freude gewinnen, damit auch sie durch die Fürbitte der Kirche und natürlich ihres vornehmsten Gliedes, der Gottesmutter, Heilung, Genesung und Kräftigung finden. Wir wollen also gläubig vertrauen, diese Übung heute aufnehmen, die Kräuterweihe pflegen und dann die Kräuter nach Hause tragen, ehrfürchtig aufbewahren im Vertrauen auf das Gebet der Kirche.

Amen.  

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt