Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
28. Oktober 2007

Der König der Wahrheit – Jesus Christus

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier des Königsfestes unseres Herrn Versammelte!

Wenn wir den Altar betrachten, auf dem wir das Opfer Christi darbringen, da ahnen wir etwas davon, dass Christus ein König ist. Die Kirchen, vor allem die Kirchen aus der Zeit des Barock und des Rokoko, sind wie Königssäle geschmückt. Der Hochaltar ist der Königsthron, für den Herrn errichtet, Stufen führen hinauf, Teppiche und Tücher sind ausgebreitet, Kerzen leuchten, Blumen duften, und im Kirchenraum drängt sich das gläubige Volk, um Christus den Königsdienst, den Ehrendienst des Königs zu erweisen. Christus ist König über sein Volk.

Einst war es nicht so. Da stand der Herr gebunden vor dem römischen Statthalter. So wenig königlich war sein Auftreten, dass der Statthalter ihn frage: „Bist du – die Jammergestalt! – bist du der König der Juden?“ Er war von den Juden als Nebenbuhler des Kaisers verklagt worden, doch sie wussten genau, dass Jesus dem Kaiser keine Konkurrenz machte. Er hatte doch gesagt: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist!“ Auch Pilatus wäre nie auf den Gedanken gekommen, Jesus zu verhaften oder als Nebenbuhler seines kaiserlichen Herrn zu betrachten, wenn die Juden ihn nicht ihm unter politischer Anklage vorgeführt hätten. Deswegen fragt er den Herrn, und der Herr antwortet mit einer Gegenfrage: „Sagst du das aus dir selbst, oder haben es dir andere von mir berichtet?“ In der Tat, Pilatus war nur das Sprachrohr der Juden. Sie hatten Jesus als einen Thronprätendenten, als einen, der Anwartschaft auf den Thron erhebt, vorgestellt. Er selber musste wissen durch seine Spione und Zuträger, die er im Lande hatte, dass Jesus ihm nicht gefährlich werden konnte, dass er keine Königsansprüche erhoben hatte. Er entzog sich ja dem Volke, als es ihn zum König machen wollte. Freilich tat er Wundertaten und predigte, wie jemand noch nie gepredigt hatte.

Was war dieser Jesus für ein Mensch? Pilatus war sich unschlüssig. Er wurde von den Seinen verehrt und von seinen Feinden verfolgt. Da erhebt sich die Frage: Ist er ein König oder ist er keiner? Diese Frage ist bis heute nicht verstummt, denn sein Auftreten, seine Herrschaft in der Welt ist machtvoll und schwach zugleich. Machtvoll bei denen, die sich seiner Herrschaft unterwerfen, die seinem Willen folgen, die sein Gebot ernst nehmen. Wie viele sind bereit, für ihn Gesundheit, Freiheit, ja das Leben zu opfern! Solche Menschen gibt es doch und hat es gegeben und wird es immer geben. Und dennoch ist sein Reich auch schwach. Man kann über ihn herfallen, über seine Stellvertreter, den Papst und die Bischöfe. Wir erleben es ja gerade wieder, wie mutige Bischöfe dem Verdikt der Linken verfallen, Bischof Mixa von Augsburg, Bischof Müller von Regensburg, Bischof Meisner von Köln. Man kann seine Altäre schänden, man kann seine Tabernakel berauben, man kann das Allerheiligste zertreten, das alles ist möglich. Hat sich der Herr selbst zu dieser Wehrlosigkeit verurteilt? Warum verzichtet er darauf, seine Königsmacht unter den Menschen zu offenbaren? Wäre das nicht auch für unseren Glauben eine starke Hilfe, wenn wir sehen, dass er sein Zepter nicht nur in der Hand hält, sondern auch damit regiert?

Pilatus kennt sich nicht aus. Deswegen seine barsche Antwort: „Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überliefert. Was hast du getan?“ Jetzt gibt der Herr Auskunft über sein Reich: „Mein Reich“ – er hat ein Reich! – „ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, dann würden meine Diener kämpfen, und ich wäre nicht den Juden überliefert worden. Nun aber ist mein Reich nicht von hier.“ Er ist ein König. Er hat ein Reich. Und zwar ein Reich, das mit keinem irdischen Reich in Vergleich treten kann. Denn sein Reich umfasst die ganze Welt. Wir haben es ja in der Epistel heute gehört im Kolosserbrief, was für eine Qualität sein Reich hat. Alles ist ihm unterworfen im Himmel und auf Erden, Throne, sichtbare Herrschaften und unsichtbare, alles ist durch ihn und für ihn geschaffen. Er ist vor allem, und alles hat in ihm seinen Bestand. Christus ist tatsächlich der König der Könige. Er ist der Herr der Welt. Er ist deswegen König, weil Gott ihm als Menschen, dem Jesus von Nazareth, weil Gott ihm als Menschen an Gewalt und Macht und Würde alles verlieh, was nur immer die Menschennatur zu fassen vermag. Ihm übergab er die Herrschaft über die ganze Welt. Christus ist Herr der Welt!

Alles ist seiner Gewalt unterworfen, wenn ihm auch hinsichtlich der Ausübung noch nicht alles unterworfen ist. Denn er hat den Menschen mit freiem Willen ausgestattet. Von ihm wollte er, dass er sich ihm frei unterwerfe. Die Natur muss ihm gehorchen; die Tiere und die Pflanzen und die Steine müssen ihm gehorchen. Sie sind gehorsam den Gesetzen, die er in sie gelegt hat. Aber dem Menschen hat er es überlassen, ihm zu folgen, wenn er mit seinem Willen mit ihm übereinstimmt. „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ Das Wort gilt, aber er will auch, dass diese Gewalt von den Menschen anerkannt wird, dass sie ihm freiwillig den Gehorsam leisten, den er von ihnen erwartet. Er ist ein wirklicher König, er ist kein Schattenkönig. Er will in jeder einzelnen Seele seine Herrschaft aufrichten. Aber er regiert die Welt so, dass die vernünftigen Geschöpfe aufgerufen sind, sich freiwillig seiner Herrschaft zu unterwerfen. Und diese freiwillige Unterwerfung nennen wir Glauben. Wer seine Herrschaft anerkennt, der glaubt. Wenn immer ein Mensch im Glauben sich dem Herrn zuwendet, da lässt er Christus über sich König werden. Und solche Menschen hat es doch gegeben und gibt es auch heute noch. Nicht nur die Heiligen, die bis zum letzten Atemzug ihm gedient haben, auch die anderen Menschen, die sich bemühen, seinen Willen zu erfüllen, lassen sein Königtum über sich aufgehen. Wenn sie seine Ordnungen und Gesetze anerkennen, dann zeigen sie, dass sie diesem König unterworfen sein wollen.

Und in diesen Menschen wird Christi Reich offenbart, ein Reich der Wahrheit, ein Reich der Liebe. Das hat Pilatus begriffen. Und deswegen sagt er: „Du bist also doch ein König?“ „Ja, du sagst es, ich bin ein König. Dazu bin ich geboren und in die Welt gekommen, dass ich der Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“

Ein König der Wahrheit. Wahrheit ist die offenbare Wirklichkeit Gottes. Die Wahrheit ist das Gesetz des Reiches unseres Heilandes. In der Wahrheit sollen wir uns finden, und in der Wahrheit sollen wir beharren. In der Wahrheit, die wir aussprechen in unseren Glaubensbekenntnissen und in unseren Gebeten und in unserem Gottesdienst. In dieser Wahrheit sollen wir uns dem König Christus unterwerfen. Dadurch, dass er Zeugnis gibt von seiner Wahrheit, will er seine Königsherrschaft in der Welt durchsetzen und aufrichten.

In jedem Menschen lebt die Sehnsucht nach Wahrheit, wenn auch manchmal verschüttet und verborgen, vergraben unter Wünschen und Sehnsüchten anderer Art. Aber grundsätzlich lebt in jedem Menschen die Sehnsucht nach der Wahrheit. Alle Menschen sollten dieser Sehnsucht nachgeben und sich zur Wahrheit bekennen und so zum Herrn der Wahrheit finden. Aber der Herr hat einen Widersacher. Wir nennen ihn den Satan. Er blendet die Menschen. Er blendet sie mit den Schätzen der Erde, mit den Lüsten der Erde, mit den Verführungen der Erde. Und so gibt es eben – Gott sei es geklagt – Menschen, denen an der Wahrheit wenig gelegen ist. Ein weiser Mann hat einmal das schreckliche Wort gesagt: „Die Wahrheit ist den meisten Menschen das Gleichgültigste.“ Ein furchtbares Wort: Die Wahrheit ist den meisten Menschen das Gleichgültigste. Was ist ihnen denn dann nicht gleichgültig? Nun, das Leben, das Genießen, die Bequemlichkeit, das ist ihnen nicht gleichgültig. Aber die Wahrheit ist den meisten Menschen das Gleichgültigste.

Und so müssen wir sie aufrufen, auf die Stimme der Wahrheit zu hören. Wir müssen sie bewegen, zum Herrn der Wahrheit zu finden. Wir müssen sie einladen, in das Reich der Wahrheit einzutreten, sich an Christi Seite zu stellen, nicht nur sich seiner Wahrheit zu unterwerfen, sondern auch ein Herold der Wahrheit zu werden, die Wahrheit zu verbreiten, sich nicht zu fürchten. Keine schwarzen Angsthasen, meine lieben Freunde, sondern mutige Bekenner der Wahrheit, das wollen wir sein. Dann sind wir seine Bannerträger, dann herrscht Christus auch durch uns auf dieser Erde. Und wenn er einmal seine Herrschaft sichtbar und unübersehbar antreten wird, dann wird er denen die Krone geben, die für seine Wahrheit eingetreten sind.

Amen.

 

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