Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. November 2000

Die Bedeutung des Festes Allerheiligen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Freude des Festes Allerheiligen Versammelte!

Im Kranz der Feste des Kirchenjahres nimmt das Allerheiligenfest eine besondere Stelle ein, denn es verkündet uns laut und überzeugend Wahrheiten unseres Glaubens, die außerordentlich tröstlich, aber auch mahnend und warnend sind. Am Fest Allerheiligen wird uns erstens die Botschaft zuteil: Es gibt ein ewiges Leben. Es ist nicht so, wie ein Mann, der ein notorischer Ehebrecher war, mir einmal sagte: „Tot ist tot, und aus ist aus.“ Das würde dir so passen! Nein, es gibt ein ewiges Leben; es geht weiter, wenn der Leib zerfällt. „Was wir bergen in den Särgen, ist der Erde Kleid. Was wir lieben, ist geblieben, bleibt in Ewigkeit.“ Es gibt im Menschen ein Element, das unzerstörbar ist, weil es nicht aus Teilen zusammengesetzt ist. Es kann also auch nicht zerfallen, und dieses Element nennen wir Seele. Wenn der Körper zerfällt, wird die Seele gleichsam frei und lebt ohne Körper weiter in der Ewigkeit Gottes. Es gibt ein ewiges Leben!

Zweitens: Es gibt ein ewiges Ziel. Diejenigen, deren Fest wir heute begehen, haben es erreicht. Dieses Ziel ist die Gemeinschaft mit Gott im Himmel der Freuden. Sie haben es erreicht, weil sie den Weg gewandelt sind, der zu diesem Ziel führt, und dieser Weg ist nichts anderes als das Gebot, das Doppelgebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe. Wer Gottesliebe und Nächstenliebe in heroischem Maße übt, wie die Heiligen sie geübt haben, der erlangt mit Sicherheit dieses Ziel. Wir haben also eine klare Wegweisung. Wir brauchen nicht zu fragen: Was muß ich tun, um das ewige Leben zu erlangen? Wir wissen es. Du mußt Gott lieben aus deinem ganzen Herzen, und du mußt deinen Nächsten lieben wie dich selbst, dann erreichst du das Ziel.

Drittens: Es gibt eine Institution, die uns den Weg zum Himmel weist. Wir nennen sie katholische Kirche. Alle, die im Himmel sind, haben das Ziel erreicht in der Kirche und mit der Kirche. Sie standen in der Gemeinschaft der Kirche, und sie haben ihr mit ihrem Leben gedient, ja sie haben sie mit ihrem Leben geziert. Sie haben sie geschmückt mit ihrem Leben. Sie waren der Kirche ergeben, und sie haben im Vertrauen auf die Weisungen der Kirche ihren Lebensweg eingeschlagen. Diese letzte Bemerkung und dieser Zusammenhang gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß Weniges so gefährlich ist wie die Zerstörung des Vertrauens in die Kirche. Diese Zerstörung wird nun in den letzten Jahrzehnten mit vehementer Gewalt betrieben. Wir wissen, wie viele Abgefallene, Abtrünnige den Menschen den Glauben aus dem Herzen zu reißen versuchen, indem sie den Glauben an die Kirche erschüttern, indem sie sagen: Mit der Kirche ist es nichts, der Weg der Kirche ist ein blutiger, wie Hubert Mynarek am 30. dieses Monats im Hilton-Hotel erklärt hat. Man versucht die Kirche zu treffen und damit den Menschen den Glauben aus dem Herzen zu reißen.

In diese Sparte gehört meines Erachtens auch der Aufsatz, der am Samstag in der Allgemeinen Zeitung in Mainz stand, nämlich „Leb wohl, du wertes Vaterland – die Vertreibung der Salzburger Protestanten“. Dort hat eine Frau namens Esther Knorr-Anders beschrieben, wie im Jahre 1731 der Fürstbischof von Salzburg, Leopold Anton Freiherr von Firmian, die Protestanten in seinem Herrschaftsgebiet aufforderte, das Land zu verlassen, wenn und weil sie sich nicht zum katholischen Glauben bekehren wollten. Die Autorin dieses Aufsatzes sagt: Damit hat er sich schwer gegen das Recht verfehlt, denn der Westfälische Friede von 1648 habe die Gleichberechtigung von Protestanten und Reformierten mit den katholischen Gläubigen statuiert.

Meine lieben Freunde, der Erzbischof Firmian hat das Recht nicht gebrochen, er hat sich an das Recht gehalten; er hat nach dem Recht gehandelt. Das Recht gab ihm die Befugnis, das zu tun, was er getan hat. Wir wissen, daß seit 1520 die Glaubenseinheit in Deutschland zerbrochen ist. Derjenige, der sie zerbrochen hat, heißt Martin Luther. Dieser Mann hat von Anfang an gesagt: Es können nicht in einem Lande Angehörige zweier Religionen leben; entweder müssen die einen oder die anderen das Land verlassen. Und von ihm stammt die These, daß die Landesherren, die sich ihm angeschlossen hatten, die Katholiken des Landes verweisen sollen. In seiner Vorrede zu dem Buch „Unterricht der Visitatoren“, einem Buch, das im protestantischen Bereich maßgebend war, redete er eindeutig der Landesverweisung durch den Landesherrn das Wort. Er solle die Katholiken, die „Anhänger des Götzendienstes“, vertreiben wie die „Spreu von der Tenne“ – wie die Spreu von der Tenne. Das heißt, er solle die katholische Religion in seinem Gebiete dadurch ausrotten, daß er ihre Anhänger vertreibe. Die anderen sogenannten Reformatoren sind ihm in dieser Meinung gefolgt, und so haben überall die landesherrlichen Visitationen die Menschen vor die Alternative gestellt, entweder sich zum Protestantismus zu bekehren oder das Land zu verlassen.

Diese Praxis wurde nun im Jahre 1555 Reichsrecht. Auf dem Augsburger Reichstag von 1555 wurde festgesetzt, der Landesherr bestimmt, welcher Religion seine Landeskinder angehören müssen. Wer das nicht will, der darf auswandern. Damit waren zwei Rechte statuiert, das Recht, die Religion zu bestimmen, und der Anspruch auf Auswanderung, wenn man sich nicht der Religion des Landesherrn anbequemen wollte. Man nennt diese Ordnung das sogenannte Emigrationsrecht. Der Westfälische Friede hat dieses Recht bestätigt, mit gewissen Modifikationen, aber es blieb beides grundsätzlich erhalten, das Recht des Landesherrn, die Religion der Untertanen zu bestimmen, und das Recht der Untertanen, das Land zu verlassen, wenn sie sich nicht der Religion des Landesherrn anschließen wollten. Den Auswanderern sollte durch den Abzug an ihren Ehren und Pflichten kein Eintrag geschehen. Sie sollten das Vermögen nicht verlieren, sie durften es verkaufen, sofern es unbewegliches Vermögen war. Sie durften es sogar behalten und durch andere verwalten lassen, auch das war möglich, und sie durften das bewegliche Vermögen mitnehmen. An diese reichsrechtliche Bestimmung hat sich der Erzbischof Firmian von Salzburg gehalten. Was er tat, war Ausübung des geltenden Rechtes.

Da erhebt sich nun freilich die Frage: Wie konnten denn im Jahre 1731, also 200 Jahre nach Beginn der lutherischen Rebellion, im Herrschaftsgebiet von Salzburg noch Protestanten sein? Das erklärt sich aus zwei Gründen. Einmal gab es in Österreich halt immer schon etwas, was man die sogenannte Schlamperei nennt, d. h. die obrigkeitlichen Maßnahmen wurden nicht mit aller Schärfe durchgeführt; man hat vielem durch die Finger gesehen, und das ist offenbar auch da erfolgt. Man hat manches geduldet, von dem man wußte, daß es nicht in Ordnung war, aber man hat nicht mit der Strenge die Visitationen vorgenommen, wie sie meinetwegen in Sachsen oder Thüringen oder Hessen durchgeführt wurden. Die zweite Erklärung liegt darin, daß die in Salzburg befindlichen Protestanten sich als Katholiken ausgaben. Sie machten äußerlich alles mit. Sie besuchten den Gottesdienst und empfingen auch Sakramente, aber eben natürlich nur zum Schein. Es waren dauernd Emissäre, also Abgesandte, von den protestantischen Gebieten in Salzburg tätig, die ihnen lutherische Bücher verschafften, die sie anstachelten, bei dem lutherischen Bekenntnis zu bleiben oder zu ihm überzugehen, und sie haben diesen Krypto-Protestantismus, diesen Geheimprotestantismus genährt. Als der Erzbischof Firmian dahinterkam, war er entschlossen, jetzt eine Entscheidung herbeizuführen. Er hat die als Protestanten geltenden Personen vorgeladen, hat sie gefragt, hat das sogenannte Religionsexamen eingeführt. Man mußte sich einer Kommission stellen und sich dann befragen lassen, welchen Glaubens man sei, und diese Kommission hat dann, wenn sich einer als Katholik bekannte, ihm eine Geldbuße auferlegt, ihn aber im übrigen unbehelligt gelassen. Die anderen, die darauf bestanden, Protestanten zu sein, hat man aufgefordert, das Land zu verlassen.

Nun erhebt sich die Frage: Aus welchen Motiven sind denn die Salzburger Protestanten ausgewandert? Waren es nur oder zuerst religiöse Motive? Gingen sie nur deswegen aus dem Lande, weil sie vor ihrem Gewissen gebunden waren, am protestantischen Bekenntnis festzuhalten? Darauf ist zu antworten, daß viele Salzburger, die angeblich aus Anhänglichkeit an das lutherische Bekenntnis ausgewandert sind, eine weitgehende Unwissenheit in religiösen Dingen aufwiesen. Sie kannten nicht die katholische Religion, sie kannten aber auch nicht die protestantische. Sie waren unwissend. Aber warum sind sie denn dann ausgewandert? Es waren neben und meistens über den religiösen Motiven nichtreligiöse Motive, die sie dazu veranlaßten. Es waren vor allen Dingen Motive wirtschaftlicher Natur. Die Alpentäler waren teilweise übervölkert, und da entstand ein Bevölkerungsdruck. Er wurde gelöst, indem eben Menschen auswanderten. Den Wunsch nach Auswanderung gab es immer, aber man durfte in der damaligen Zeit nur auswandern, wenn man aus religiösen Motiven auswandern wollte. Eine andere Auswanderung war verboten. In Preußen wurde 1711 ein Gesetz erlassen, wonach es bei Todesstrafe verboten war, auszuwandern. Man wollte die Leute im Lande halten, Preußen war ja wenig bevölkert. Es waren viele Landstriche menschenleer; deswegen verbot man so streng die Auswanderung. Man kann allgemein sagen: Ein Recht auf Auswanderung gab es nur, wenn man mit religiösen Motiven arbeitete, wenn man also sagte: Ich stimme mit der Religion des Landesherrn nicht überein, und deswegen will ich das Land verlassen.

Vor wenigen Jahren hat ein Salzburger, nämlich der Gelehrte Franz Ortner, ein Buch über diese Auswanderung geschrieben. Darin schreibt er wörtlich: „Nur bei ganz wenigen, in der Masse überhaupt nur vereinzelt, standen religiöse Anliegen im Vordergrund.“ Dafür gibt es eindeutige Hinweise. Im Dreißigjährigen Krieg haben sich die Geheimprotestanten sehr wohl davor gehütet, auszuwandern, weil nämlich Salzburg vom Krieg verschont war. Wenn sie ausgewandert wären, wären sie in die vom Krieg betroffenen Gebiete gegangen; das wollten sie nicht, also blieben sie zu Hause. Aber danach kamen die preußischen Werber und versprachen ihnen goldene Berge, wenn sie auswanderten, und das hat bei ihnen gezündet. Da entdeckten sie wieder ihre angebliche Gewissensnot. Franz Ortner kommt aufgrund seiner Forschungen zu dem Ergebnis, daß die Behauptung, die Salzburger Bauern hätten allein des Glaubens wegen ihre Heimat verlassen, in den Bereich der Legende gehört.

Die Masse der Ausgewanderten bestand aus Kleinbauern, die regelmäßig hoch verschuldet waren und die auf diese Weise von ihren Schulden loskamen. Die preußische Einladung bot ihnen die willkommene Gelegenheit einer neuen Existenz. Aber um an der Auswanderung teilnehmen zu können, mußte man religiöse Gründe angeben; anders war es nach Reichsrecht nicht möglich. Die günstigen Bedingungen, die der preußische König den Auswanderern stellte, weckten sogar in katholischen, in unzweideutig katholischen Salzburgern den Wunsch, an der Auswanderung teilzunehmen. Sie gaben sich also fälschlich als Protestanten aus, um an der Auswanderung teilnehmen zu können, um eben in einem weithin menschenleeren Lande ein großes Bauerngut zu bekommen und dort eine neue Existenz gründen zu können. Als die Salzburger Protestanten, die angeblichen Salzburger Protestanten durch Potsdam zogen, lebte dort ein katholischer Priester, nämlich der Dominikanerpater Raimund Bruns, und dieser Pater Raimund Bruns hat uns seine Aufzeichnungen hinterlassen. In diesen Aufzeichnungen steht bemerkt, daß einige von den Protestanten, von den angeblichen Protestanten, die durch Potsdam zogen, Rosenkränze mit sich führten, andere wollten an der heiligen Messe teilnehmen, wieder andere sangen Marienlieder. Ebenso waren unter den Salzburger Exulanten, die nach Franken kamen, manche, die meinten, sie seien an sich noch katholisch. Ja, es gab sogar in gewissem Umfang eine Rückwanderung von Salzburgern aus Ostpreußen, die in ihrer alten Heimat wieder katholisch wurden. Wer das Land, in das er eingewandert war, wegen enttäuschter wirtschaftlicher Hoffnungen wieder verließ, der war schwerlich aus der Not des religiösen Gewissens dahin eingewandert.

Diese wenigen Bemerkungen, meine lieben Freunde, sollen Ihnen zeigen, daß wir den Kampf gegen die Verächtlichmachung unserer Kirche, unserer Bischöfe, unserer Vergangenheit nur führen können, wenn wir Wissen besitzen. Wir müssen solides, gegründetes Wissen haben, um die Anwürfe der Angreifer zurückzuweisen. Wenn in dem Artikel, den ich eben erwähnte, die Rede ist, daß von den Auswanderern manche unterwegs gestorben sind, dann ist darauf hinzuweisen, daß das bei allen Auswanderern bisher so war. Auch die vielen Auswanderer aus der Pfalz oder aus Franken, die in den Balkan ausgewandert sind, die Auswanderer, die nach Polen ausgewandert sind, die nach Rußland ausgewandert sind, hatten erhebliche, wahrscheinlich viel größere Verluste als die Salzburger zu beklagen, weil es eben sehr beschwerlich war, mit dem Wagen Hunderte oder Tausende von Kilometern zu fahren bei den damaligen Wegeverhältnissen, bei den damaligen hygienischen Verhältnissen. Das ist also nichts besonderes, daß unter Auswanderern der Tod seine Ernte hält. Von den Menschen, die nach Amerika auswanderten, war manchmal ein Drittel bis ein Viertel der Schiffsbesatzung gestorben während der Überfahrt nach Amerika. Also das ist keine die berechtigte und die katholische Kirche treffende Behauptung, es seien unter den Auswanderern auch Verluste eingetreten. Das ist immer gewesen, das ließ sich überhaupt nicht abstellen.

Meine lieben Freunde, wir wollen uns nicht irremachen lassen, schon gar nicht am Feste Allerheiligen durch Anwürfe, die unsere katholischen Vorfahren betreffen. Aber, noch einmal: Wir müssen uns Wissen verschaffen, damit wir diesen Anwürfen begegnen können. Auch Sie sind aufgerufen, durch Lektüre sich zu bilden, um den Redenden Antwort stehen zu können. Nicht umsonst gibt sich das Fräulein Hammer von unserer Gemeinde die größte Mühe, den Schriftenstand vorn aufzubauen, auf dem manche nützliche und gute Schriften zu finden sind. Ich rate Ihnen dazu, sich ihrer zu bedienen, Sie können sich damit Wissen erwerben, das Sie bei der Verteidigung unserer Kirche verwenden können. Noch ein letztes Beispiel: Vor einiger Zeit wollte mich ein Mann ins Bockshorn jagen, indem er sagte, er sei in Salzburg gewesen, und da habe er von einem Bischof gelesen, der mehrere Kinder gezeugt habe. „Ja, selbstverständlich, den kenne ich sehr gut“, sagte ich, „es ist der Wolf Dietrich. Der hat den Zölibat nicht gehalten und hat mehrere Kinder gezeugt. Er ist aber auch abgesetzt worden und war lange Jahre in Gefangenschaft.“ Da war er völlig verblüfft, denn das hat er natürlich nicht gewußt. Also: Wissen ist auch hier Macht. Wenn wir unserer Kirche die Treue halten wollen, müssen wir sie auch verteidigen. Wenn wir sie verteidigen wollen, müssen wir uns Wissen verschaffen, das geeignet ist, unsere Gegner zurückzuweisen.

Fest soll mein Taufbund immer stehn, ich will die Kirche hören.

Sie soll mich allzeit gläubig sehn und folgsam ihren Lehren.

Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad in seine Kirch berufen hat.

Von ihr will ich nimmer weichen.

Amen.

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