Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Über die Letzten Dinge (Teil 4)

28. Februar 1999

Das Auftreten des Antichristen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Herr wird wiederkommen mit Macht und Herrlichkeit, zu richten Lebende und Tote. Diese Gewißheit bekennen wir jeden Sonntag im Credo der heiligen Messe. Wir wissen nicht den Tag und die Stunde, wann der Herr kommen wird, aber er hat uns Vorzeichen geoffenbart, aus denen wir schließen können, daß jetzt alles bereitet ist zu seiner Ankunft. Am vergangenen Sonntag hatten wir drei Vorzeichen bedacht, nämlich die Verkündigung des Evangeliums bei allen Völkern, die Bekehrung des jüdischen Volkes und kosmische Katastrophen. Heute habe wir ein letztes Vorzeichen zu besprechen, nämlich das Auftreten des Antichristen, den Großabfall und die Verfolgung.

Der Herr hat diese Ereignisse vorhergesagt. Wie der Satan zu Lebzeiten Jesu ihn von seiner Sendung abzubringen versuchte – in den Versuchungen – und ihn, als es ihm nicht gelang, dann zu töten unternahm, so sucht Satan auch das Werk Christi zu zerstören. Seine Anstrengungen dauern die ganze Zeit der christlichen Epoche, aber sie werden sich zu besonderer Heftigkeit steigern, wenn das Ende nahegekommen ist. Der spürbarste Angriff Satans richtet sich gegen die Freiheit und das Leben der Christgläubigen. Jesus sagt seinen Anhängern voraus, daß sie vor die heidnischen und jüdischen Gerichte geführt werden sollen. Er sagt ihnen voraus, daß sich gegen sie, die Anhänger Christi, alle vordergründigen Gegner zusammenschließen werden. Auch wenn man sich so feindselig gegenübersteht wie Juden und Römer, werden sie sich doch zusammenfinden in der Verfolgung der Christen. Warum? Weil die Christen sie beunruhigen. Denn die Christen bekennen, daß die Erde nicht ein und alles ist, daß sie nicht das Höchste und Letzte ist, sondern daß das Höchste und Letzte die Herrlichkeit Gottes, wie sie Christzus verkündigt hat, ist. Dadurch fühlen sich die Weltgläubigen beunruhigt, und sie wollen die Unruhestifter beseitigen, um von ihrer Unruhe befreit zu werden. Und so finden sich alle gegen die Christen zusammen. Ja selbst die Hausgenossen und die Verwandten greifen zu den Mitteln der Gewalt, um die Christgläubigen zu töten.

Aber der Angriff gegen Freiheit und Leben ist nicht der schlimmste. Der furchtbarste Angriff ist der gegen den Glauben der Gläubigen gerichtete. Der Widersacher, den Jesus vorausverkündet hat, trachtet danach, die Verehrung von Gott auf sich selbst abzulenken. Er tritt auf im Namen Jesu, wie es im Markusevangelium heißt, und setzt sich in den Tempel. Das heißt, er gibt sich als Gott aus und lenkt die Verehrung, die nur Gott gebührt, auf sich selbst. Der Greuel der Verwüstung ist im Tempel zu beobachten, und das besagt nichts anderes, als daß der Widersacher Gottes gottgleiche Rechte in Anspruch nimmt. Dieser Angriff Satans wird von großem Erfolg begleitet sein. Viele werden ihm erliegen. Sie halten den Widerchristus für den echten Messias. Der Herr warnt deswegen seine Anhänger. „Wenn jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias, siehe, dort, so glaubt es nicht, denn es werden falsche Messiasse und falsche Propheten auftreten.“ Und das Schrecklichste: Sie werden ihre scheinbare Sendung auch durch Zeichen und Scheinwunder beglaubigen. Sie werden in ihrem Auftreten eine solche Macht und eine solche Scheinkultur entfalten, daß die Christgläubigen in Versuchung sind, sich von Gott ab- und ihnen zuzuwenden. „Sie werden Zeichen und Wunder wirken, um, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten in Irrtum zu führen. Ihr aber sehet euch vor; ich habe euch alles vorhergesagt.“

Was Jesus Christus uns verkündet hat vom Widersacher, das nimmt der Apostel Paulus im 2. Thessalonicherbrief auf. Die Thessalonicher waren ja der irrigen Meinung, die Ankunft des Herrn stehe unmittelbar bevor. Nein, sagt Paulus, es muß zuvor noch etwas eintreten, bevor der Herr kommt, nämlich der große Abfall. „Erst muß der Mensch der Sünde geoffenbart werden, der Sohn des Verderbens, der Widersacher.“ Es kommt eine Führergestalt, und diese Führergestalt erhebt sich über alles, was Gott und Heiligtum heißt. Sie setzt sich in den Tempel Gottes und gibt sich für Gott aus. Der Widersacher Gottes weiß, daß die Menschen anbeten müssen. Wenn sie nicht den wahren Gott anbeten, dann eben einen falschen. Er lenkt die Anbetung vom wahren Gott ab und auf sich hin. Er beansprucht göttliches Recht; er ist der Gegenstand, den die Gläubigen anbeten sollen. Und er besitzt, wie schon der Herr vorausgesagt hat, große Macht und Kenntnis. Sein Auftreten geschieht mit Teufelskraft. Da ist also angegeben, woher seine Kraft kommt: Der Satan hat sie ihm geliehen. Er benutzt seine Macht, um alle möglichen Trugzeichen und Lügenwunder zu wirken. Er ist mit großer Naturkenntnis und technischer Begabung ausgestattet, und so verführt er die Menschen durch seine sensationellen Machttaten zur Bosheit, und zwar die, welche verlorengehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, um gerettet zu werden. Darum wird Gott ihnen einen starken Irrwahn schicken, daß sie der Lüge folgen. Dieser Widersacher äfft die Ankunft Christi nach. Er gibt sich für den Messias aus, und viele werden seiner Machtausübung und seiner Kulturentfaltung erliegen.

Ganz besonders deutlich hat sich über den Widerchristus ausgesprochen der Evangelist und Apokalyptiker Johannes. Er sieht die endzeitlichen Verführer unter dem Bild von zwei Tieren. Das erste Tier steigt aus dem Meere auf, es versinnbildet den Herrscher der Endzeit. Denn dieses Tier ist von großer Macht und Erkenntniskraft. Das wird ausgedrückt, wenn der Evangelist und Apokalyptiker sagt: „Es hat zehn Hörner und sieben Häupter.“ Die Hörner bilden die Macht und die Herrschsucht des Tieres ab, die Häupter seine Wissenskraft und seine Intelligenz. Auf den Häuptern stehen gotteslästerliche Namen. Er gibt schon äußerlich zu erkennen, wessen Geistes er ist: Es ist gottfeindlich. Das Tier, das der Apokalyptiker aufsteigen sieht, läßt sich mit keiner irdischen Bestie vergleichen. Es hat von verschiedenen Tieren etwas an sich, nämlich es ist gleich einem Panther, seine Füße sind wie Bärenfüße, der Rachen ist wie ein Löwenmaul, also eine geheimnisvolle und auf Erden bisher nicht erschienene Wirklichkeit. Dieses Tier besitzt eine übermenschliche Kraft und ein untermenschliches Wesen. Es umgibt sich mit dem Nimbus des Göttlichen. Die ganze Welt staunt über das Tier und betet es an und bricht in den Ruf aus, den im Alten Testament die Heiligen Gottes erheben: „Wer ist dem Tiere gleich, wer kann mit ihm kämpfen?“ Ja, das Tier äfft Christus nach; es trägt eine Todeswunde und ist von ihr geheilt worden. Das heißt, es gibt sich als den aus, der für die Menschheit Drangsal und Tod erlitten hat und dafür mit wunderbarer Heilung belohnt wurde.

Die Gläubigen werden mit den Schmähungen des Tieres eingedeckt. Sie sollen dadurch vom Glauben an Gott abgebracht werden, und deswegen öffnet es sein Maul zu Lästerungen wider Gott, es lästert seinen Namen und seine Wohnung und die Himmelsbürger, und wer sich diesen Lästerungen nicht anschließt, der wird von dem Tier mit Krieg überzogen. Es wendet Gewalt an gegen die Gläubigen. „Es bekam Macht über alle Stämme und Völker, Sprachen und Länder.“ Und wie das so ist: Die Masse der Menschen beugt sich der Lüge und der Gewalt. „So werden es denn anbeten alle Erdenbewohner, deren Namen nicht seit Grundlegung der Welt im Lebensbuch des geschlachteten Lammes geschrieben sind.“ Wie immer gibt die Mehrzahl der Menschen dem Druck und der Verführung nach, folgt sie dem Bequemen und Leichten, dem Lässigen und dem Eingängigen. Nur ein Rest bleibt, der sich davon nicht bewegen und verführen läßt. Das Gottesvolk, so sagt der Apokalyptiker, ist in die Wüste geflohen. Die Öffentlichkeit ist besetzt von den Teufelsanbetern; nur hie und da gibt es noch Anhänger des wahren Gottes. Eine kleine Gemeinde bleibt, die sich nicht irreführen läßt, sondern Gott die Treue hält.

Zu dem ersten Tier tritt ein zweites. Es ist der Prophet, der Propagandist, der Theologe des ersten Tieres. Es sieht aus wie ein Lamm und spricht wie ein Drache, d.h. für dieses Tier ist kennzeichnend der Widerspruch zwischen Sein und Schein. Und dieser Widerspruch zeigt sich in seinem Wirken; es gebraucht weiter die christlichen Begriffe und christlichen Symbole, aber es füllt sie mit einem teuflischen Inhalt. Dadurch, daß dem Menschen dieselben Gefäße gereicht werden, in denen aber ein anderer Inhalt ist, verfallen sie der Verlockung und der Verführung des Tieres. Auch dieses Tier, dieser Propagandist, dieser Lügenprophet ist mit Erkenntniskraft und Macht ausgerüstet. Er wirkt Blendwunder, und die Menschen verfallen seiner Lügenpropaganda. Er läßt ein Kultbild aufstellen in der dem Gottesdienst geweihten Stätte. Dieses Kultbild zeigt das Tier, das erste Tier, und wer das Tier nicht anbetet, der wird vernichtet. Die Anbeter des Tieres machen sich ein Zeichen auf die Stirn oder auf den rechten Arm, um sich zu erkennen, und wer das Zeichen des Tieres nicht hat, der wird verfolgt und getötet. Es gibt dann keine Möglichkeit mehr, zu fliehen; es gibt keine Möglichkeit, zu emigrieren; es gibt keine Möglichkeit, unterzutauchen, sondern wenn es einmal soweit ist, wie es der Apokalyptiker hier schildert, dann gibt es nur noch Freunde oder Feinde Gottes.

Die Wirklichkeit des Antichristen ist in einer entscheidenden Weise den letzten Tagen vorbehalten. Es gibt freilich immer wieder Vorgänger des Antichristen, und sie haben etwas vom Wesen des Antichristen an sich. Wir können heute schon fast sagen, daß es sogenannte katholische Theologen gibt, die genau das tun, was der Prophet des Antichristen vorhat, nämlich die Worte und die Begriffe bestehen lassen, die das Christentum gebraucht, aber sie mit einem falschen Inhalt füllen. In Frankfurt am Main lehrt bei den Jesuiten Medard Kehl. Dieser Theologe ist ein falscher Prophet. Er behauptet, eine solche Wiederkunft Christi, wie wir sie glauben, gibt es nicht. Er lehnt auch den Antichristen ab und entwertet damit die Weissagungen des Neuen Testamentes.

Der Antichrist ist also durch seine Vorläufer immer am Werk. Aber wenn die letzte Stunde kommt, steigert sich sein Wirken zu einer grauenhaften Schrecknis. Sie ist das Vorzeichen des Kommens unseres Herrn. Wenn die Zahl der Verfolgten voll ist, wenn die Zahl der Greuel erfüllt ist, dann ist zu erwarten, daß Jesus kommt. Jeder Verfolgte ruft die Rettung Gottes herbei; jeder Verfolger ruft den Zorn Gottes herbei. Wenn die Zahl der Blutzeugen voll ist, dann ist die Grenze des Greuels erreicht, dann wird der Herr kommen und die Seinen, die ihm die Treue gehalten haben, retten.

Amen.

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