Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Gott erkennen (Teil 9)

6. November 1994

Der theologische Beweis für die Existenz Gottes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir sind dabei, uns rationale Rechenschaft zu geben über unseren Glauben an Gott. Es gibt Gottesbeweise. Mit Hilfe von vernünftigen Überlegungen ist es möglich, den Gutwilligen zu zeigen, daß ein Gott existiert. Am heutigen Sonntag wollen wir uns den teleologischen Gottesbeweis vor Augen führen. Er nimmt die Ordnung, die Planmäßigkeit, die Zielgerichtetheit in der Welt zum Anlaß, auf einen Planer, einen Ordner, einen Zielrichter zu schließen.

Im vorigen Jahrhundert entstand eine große Aufregung, als man durch das Fernrohr auf dem Planeten Mars sogenannte Kanäle zu entdecken meinte. Man schloß ganz richtig, wenn es dort Kunstbauten gibt, muß auch eine Intelligenz am Werke sein, die sie geschaffen hat. Gibt es also vielleicht Menschen auf dem Mars, die diese Kanäle geschaffen, gegraben haben? Inzwischen sind wir belehrt, daß es sich nicht um künstliche Bauten handelt, sondern um Verwerfungen des Planeten, die nicht auf Menschenhand zurückgehen. Aber immerhin, der Schluß ist richtig, wenn die Voraussetzungen stimmen. Wo Plan, Ordnung, Zielgerichtetheit ist, da muß man schließen auf einen Verstand, auf eine ordnende Intelligenz.

Nun stellen wir in der Welt Ordnung, Planmäßigkeit, Zielgerichtetheit fest. Wir brauchen nur an das Firmament zu schauen, an den Sternenhimmel. Wir können durch Berechnungen genau feststellen, wann sich vor Tausenden von Jahren eine Sonnenfinsternis ereignet hat. Denn es gibt Gesetze der Gestirne, die unverbrüchlich sind, denen wir auf die Spur gekommen sind und die den Lauf der Gestirne lenken. Der Psalmist zieht daraus die Folgerung: „Sehe ich den Himmel, das Werk deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du aufgestellt – was ist der Mensch, daß sein du gedenkst, der Erdensohn, daß du ihn ansiehst?“

Wie im gestirnten Himmel über uns, so auch in der Umwelt, die uns umgibt, sehen wir Planmäßigkeit, Zielgerichtetheit, Zweckmäßigkeit. In 600 Metern unter dem Meeresspiegel herrscht immerwährende Finsternis. Und doch leben dort Fische. Sie können deswegen leben, weil sie selbst Licht erzeugen. Sie haben Lämpchen, gewissermaßen Laternchen an ihrem Kopf oder an den Seiten, mit denen sie sogenanntes kaltes Licht aussenden. Wir kennen den weiten Weg, den die Zugvögel zurücklegen. Sie haben niemals das Mittelmeer  oder Afrika gesehen, und doch finden sie mit Sicherheit ihre Winterquartiere in den warmen Zonen. Wir wissen vom Zug der Fische. Zum Laichen, also zum Ablegen der Brut, legen die Fische riesige Strecken zurück. Der Lachs wandert vom Atlantik bis in die Schweizer Bergflüsse. Die Heringe kommen aus dem Atlantischen Ozean zur Doggerbank in der Nordsee. Sie nehmen den Weg nicht durch den Ärmelkanal. Offenbar gab es ihn damals noch nicht, als diese Fische entstanden sind, denn Großbritannien hat sich ja vor langer Vorzeit vom Kontinent gelöst; sie nehmen den Weg um Schottland. Oder betrachten wir das menschliche Auge, ein Wunderwerk über allen Wunderwerken. Die Netzhaut des Menschen hat 130 Millionen Sinneszellen, und diese 130 Millionen Sinneszellen vermögen in 1 Sekunde 10 Milliarden Rechenvorgänge vorzunehmen. Ein Computer, der das nachmachen wollte, müßte die Größe eines Klaviers haben, und er könnte ja nur das tun, was man ihm eingegeben hat, was also aus menschlicher Intelligenz stammt.

Die Tatsache der Ordnung, der Planung, der Zielgerichtetheit ist für den normalen Menschen Anlaß, zu sagen: Da muß ein Ordner sein. Sinn weist auf Geist, Ordnung weist auf einen Ordner, Zielgerichtetheit weist auf einen Zielsetzer hin. Wenn wir eine Taschenuhr finden, wird niemand sagen, diese Taschenuhr sei von selbst entstanden, sondern ein jeder weiß, sie ist das Werk eines Uhrmachers. Er hat die Rädchen und die vielen Bestandteile dieser Uhr zusammengesetzt und sie so zusammengefügt, daß sie die Zeit richtig anzeigt.

Freilich, meine lieben Freunde, wird versucht, die Ordnung und die Planmäßigkeit in der Welt ohne die Annahme eines Schöpfers zu erklären. Man sagt, es sei Zufall, oder – seit dem vorigen Jahrhundert –, man sagt: Das ist die Evolution. Das sind die beiden Hauptversuche, den Schöpfer zu eliminieren, daß man auf den Zufall oder auf die Entwicklung verweist. Der Zufall ist die Beliebigkeit ohne Plan, ohne Ordnung, ohne Zweckmäßigkeit, ohne Zielgerichtetheit. Der Schriftsteller Langbehn hat einmal den Satz geschrieben: „Durch Zufall ist, solange die Welt besteht, niemals ein Beefsteak mit Kartoffeln und Zwiebeln entstanden, und es wird auch niemals entstehen.“ Zweifellos richtig. In Zürich lehrt der Physikprofessor Zeidler. Er hat mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung versucht, herauszubekommen, wie wahrscheinlich ein bestimmtes Ereignis ist. Er hat den ersten Satz aus dem Faustmonolog genommen: „Hab nun, ach, Philosophie.“ Hab nun, ach, Philosophie. Das winzige Sätzchen enthält 20 Buchstaben. Wenn man diese 20 Buchstaben einzeln nimmt und in einen Würfelbecher legt und diesen umstürzt, wie oft muß man ihn umstürzen, damit sich dieser Satz „Hab nun, ach, Philosophie“ in der geordneten Weise zusammenfügt? Zeidler hat ausgerechnet 1016 mal. 1016 mal muß man den Würfelbecher umstürzen, bis sich einmal ereignen könnte, daß die genannten Buchstaben sich zu dem Satz fügen „Hab nun, ach, Philosophie“. 1016 mal, das ist 10 000 Billionen mal. Und 1 Billion ist 1 Million Millionen. Das sind unvorstellbare Zahlen, die uns die ganze Unwahrscheinlichkeit zeigen, daß jemals durch Zufall etwas Vernünftiges entstanden ist. Und deswegen sagt Anatole France zu Recht: „Zufall ist ein Pseudonym für Gott.“

Der andere Versuch, Gott für überflüssig zu erklären, ist die Anrufung der Evolution, der Entwicklung. Charles Darwin hat im vergangenen Jahrhundert die Evolutionstheorie aufgestellt, deren Hauptprinzipien lauten: Kampf ums Dasein und Überleben des Geeignetsten oder am besten Angepaßten. Die Organe haben sich nach der Entwicklungstheorie durch zahllose Schritte zur heutigen Vollkommenheit entwickelt. Darin liegt der entscheidende Fehler dieser Aufstellung. Denn die Organe sind erst gebrauchsfähig, wenn sie fertig ausgebildet sind, wenn sie vollkommen sind. Solange sie noch auf dem Wege zur Vollkommenheit sind, solange sie noch Vor-Stufen bis zur Vollkommenheit durchlaufen, sind sie gerade nicht angepaßt, müssen also im Kampf ums Dasein unterliegen, weil sie nicht das Gesetz von der survival of the fittest erfüllen. Hier widerlegt der Darwinismus den Darwin. Der erbarmungslose Kampf ums Dasein müßte sie ausmerzen, bevor sie ihre Fertigkeit und ihre Vollkommenheit erlangt haben. Außerdem wäre erforderlich, daß alles, was dazu gehört, also zum Auge das Gehirn, der Kopf des Menschen, ja der ganze Mensch, auch im selben Augenblick ebenfalls angepaßt und entwickelt wäre.

Da hält man es am besten mit Sir Arthur Keith, einem englischen Anthropologen, der einmal gesagt hat: „Die Entwicklungslehre ist unbewiesen und unbeweisbar. Wir glauben bloß deswegen an sie, weil wir nicht an eine Schöpfung glauben wollen.“ Das ist ein ehrliches Wort. Die Entwicklungstheorie ist unbewiesen und unbeweisbar, aber sie dient denen, die eine Schöpfung – und damit einen Schöpfer – nicht bejahen wollen, als Alibi, um irgendwie einen kurzsichtigen Verstand zu befriedigen. Nein, meine lieben Freunde, Sinn ruft nach Geist, Ordnung verlangt nach einem Ordner, Planmäßigkeit verlangt nach einem Planer. Es muß eine ungeheure Intelligenz, eine unvorstellbare Intelligenz existieren, die all das wunderbar geschaffen hat, was wir in uns und um uns sehen und erleben.

Die Heilige Schrift gibt uns die Antwort, wenn sie etwa im Buche Jesus Sirach auf Gott als den Ordner verweist: „Als der Herr im Anfang seine Werke schuf und sie von der Schöpfung an in ihre Teile schied, da ordnete er für alle Zeiten seine Werke und ihren Bereich nach ihren Arten.“ Oder an einer anderen Stelle: „Er hat die Wunderwerke seiner Weisheit wohl geordnet, daß sie bestehen ewiglich.“ Und wiederum eine dritte Stelle: „Die Pracht der Sterne ist des Himmels Schönheit, ein strahlender Schmuck in den höchsten Höhen. Auf des Höchsten Geheiß stehen sie da in fester Ordnung und werden nicht müde auf ihren Posten.“ Wie köstlich! Die Sterne haben Position bezogen und stehen auf Posten, die Herrlichkeit ihres Schöpfers zu preisen. Dann wird uns alles klar, wenn wir den Schöpfer annehmen; die Einheit der Schöpfung, weil es nur einen Gott gibt; die Zweckmäßigkeit der Schöpfung, weil dieser Gott der allweise Gott ist; die Beständigkeit der Ordnung, weil er der allmächtige Gott ist. Wahrhaftig, meine lieben Freunde: „Gott, mein Gott, wie wunderbar sind deine Werke allüberall auf der Erde! Alles hast du mit Weisheit nach Maß und Plan und Gewicht geordnet. Wir wollen dich preisen als unseren Schöpfer und Herrn!“

Amen.

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