Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Das Walten des Heiligen Geistes (Teil 2)

8. Juni 2025

Der Geist der Wahrheit, der Kraft und des Trostes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir begehen heute das Fest des Heiligen Geistes. Er ist die dritte Person in der Dreieinigkeit, der Geist, der vom Vater und vom Sohn ausgeht und zugleich mit ihnen angebetet und verherrlicht wird. Das ist es, was der Hl. Geist in sich ist. Wir wollen heute bedenken, was er für uns ist. Darauf gibt die Offenbarung die Antwort: Der Hl. Geist ist der Geist der Wahrheit, der Kraft und des Trostes.

I.

Der Heilige Geist ist der Geist der Wahrheit. So hat ihn unser Herr selbst bezeichnet. In seiner Abschiedsrede verspricht Christus, er werde den Vater bitten, damit er den Jüngern einen anderen Beistand gebe, der auf ewig bei ihnen bleibt, den Geist der Wahrheit. Christus hat auch angegeben, was dieser Geist tun wird. 1. „Wenn der Beistand kommt, den ich euch vom Vater her senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, er wird über mich Zeugnis ablegen.“ 2. „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in alle Wahrheit einführen.“ Der Hl. Geist wird erstens Zeugnis ablegen über Jesus. Wer in der Wahrheit steht, kann und muss von der Wahrheit Zeugnis ablegen. Der entscheidende Gegenstand der Wahrheit des Evangeliums ist die Person Christi. Die Stellung Jesu ist entscheidend für die Menschen. Denn in keinem anderen Namen ist Heil. So kommt alles darauf an, dass die Menschen zu Jesus finden, dass sie ihn kennen lernen, dass sie richtig über ihn denken. Es genügt nicht, irgendwie von Jesus zu wissen, sondern die Menschen müssen ihn als den bekennen, der er in Wahrheit ist: der eingeborene Sohn Gottes, wahrer Gott vom wahren Gott, Gott und Mensch, von Ewigkeit aus Gott hervorgebracht, in der Zeit von der Jungfrau Maria geboren. Das ist die Wahrheit über Jesus von Nazareth. Für diese Wahrheit tritt der Hl. Geist ein, für sie legt er Zeugnis ab. Und dieses Zeugnis ist wahrhaft notwendig. Der Heilige Geist sorgt dafür, dass die Wahrheit über Jesus nicht untergeht. Dazu bedient er sich der kath. Kirche als seines Werkzeugs. Einst schrieb der hl. Augustinus: „Wir wollen denen keinen Glauben schenken, die da behaupten, Christus sei nichts anderes als ein Mensch, allerdings ein so gerechter, dass er würdig sei, Sohn Gottes genannt zu werden. Die solches lehren, duldet die katholische Kirche nicht in ihrer Mitte.“ In unserer Kirche ist und bleibt das Bekenntnis zu Jesus, dem wesensgleichen Sohne Gottes, lebendig. Wir deuten das Glaubensbekenntnis nicht um. Wir halten an seinem ursprünglichen Sinn fest. In der Namen-Jesu-Litanei rufen wir: „Jesus, du unser Gott, erbarme dich unser. Jesus, du starker Gott, erbarme dich unser.“ Der Hl. Geist legt Zeugnis ab über Jesus. Er tut es durch uns, durch seine Kirche. Der Hl. Geist wird zweitens einführen in die Wahrheit. Er teilt die Wahrheit der Kirche mit. Sie ist die Empfängerin der Wahrheit des Hl. Geistes. Er steht ihr wachsam und hilfreich zur Seite, dass sie niemals dem Irrtum verfalle, und dass sie die Keime der göttlichen Lehre immer reicher zur Entwicklung führe. In der katholischen Kirche ist die Wahrheit der Offenbarung Gottes durch alle Zeiten bewahrt worden. In der katholischen Kirche ist die Erkenntnis des Glaubensgutes unaufhörlich gewachsen. In ihren Dogmen spricht sie die Wahrheit aus. In der katholischen Kirche ist nichts von der Lehre Jesu und der Apostel aufgegeben worden. Unbeirrt von Schmähungen und Beschimpfungen hält sie an den Erkenntnissen, die ihr der Hl. Geist zugesprochen hat, fest. Die Kirche lässt sich nichts abmarkten von der Wahrheit, die Gott zum Urheber hat. Sie gibt nichts preis von den Dogmen, in denen der Geist der Wahrheit sie bleibend und unveränderlich belehrt hat. Sie passt ihre Lehre nicht dem Weltbild an. Ihre Treue zur Offenbarung, ihr Festhalten am Glauben der Apostel ist dem Wirken des Hl. Geistes zu verdanken. Der engl. Schriftsteller Chesterton erklärte: „Klarheit und Entschiedenheit in den wichtigsten Fragen des modernen Lebens finde ich nur in der kath. Kirche. Und darum wurde ich katholisch.“

II.

Der Heilige Geist ist der Geist der Kraft. Kraft ist das Vermögen zu wirken und zu ertragen. Die Offenbarung bezeugt mannigfach die Kraft des Hl. Geistes. Maria wurde verheißen: Die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten. Diese Kraft ließ in ihr ein Kind entstehen, den Sohn Gottes. Auf ihm ruht der Heilige Geist. Nach der siegreich bestandenen Versuchung kehrte Jesus in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurück. Als er in Kapharnaum einen Besessenen geheilt hatte, sprachen die Zeugen der Heilung: „Was ist das für ein Wort? In Macht und Kraft gebietet er den unreinen Geistern, und sie fahren aus.“ Jesus behält den Geist der Kraft nicht für sich. Er vermittelt ihn auch seinen Jüngern. Vor seiner Rückkehr zum Vater forderte er die Apostel auf: „Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft von oben ausgerüstet seid.“ „Ihr werdet Kraft des Hl. Geistes empfangen, der über euch kommt und dann meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa, in Samaria und bis an die Grenzen der Erde.“ Wo ist diese Kraft?

1. Die Kraft des Geistes zeigt sich in dem Bekenntnis des Glaubens. Die Apostel haben den Erweis der Macht geliefert, die ihnen der Hl. Geist vermittelt hat. Mit großer Kraft gaben sie Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus. Als ihnen die jüdische Obrigkeit den Mund verschließen wollte, erklärten sie: „Wir können nicht schweigen von dem, was wir gehört und gesehen haben.“

2. Die Kraft des Geistes zeigt sich in der unerschütterlichen Hoffnung. Hoffnung ist die auf die zukünftige Erfüllung eines Wunsches gerichtete Erwartung. An die Gemeinde in Rom schreibt Paulus: „Der Gott der Hoffnung erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich werdet an Hoffnung in der Kraft des Hl. Geistes.“ Der Geist gibt also Hoffnung. Wir erhoffen von Gott die Verzeihung unserer Sünden, seine Gnade und endlich die ewige Seligkeit. Wir erhoffen die Erfüllung der Verheißungen Jesu. Wir erhoffen seine glorreiche Wiederkunft und den Anbruch seines ewigen Reiches. Die Hoffnung ist die Kraftquelle des Christenlebens und des Priesterlebens. Wie könnten wir den Samen des Wortes Gottes auswerfen, wenn wir nicht die Hoffnung hätten, dass wenigstens ein Teil auf gutes Erdreich fällt! Wie könnten wir Gott täglich das Opfers seines Sohnes darbringen, wenn uns nicht die Überzeugung trüge, dass damit Gottes Erbarmen über eine gottvergessene Welt herabgerufen wird!

3. Die Kraft des Hl. Geistes zeigt sich in der Treue zu Gottes Geboten. Es ist offenkundig, dass die Gebote Gottes der aus den Fugen geratenen Menschheit nicht passen. Sie gibt als überholt aus, was nach Gottes Willen unabänderlich ist. Nichtkatholische Religionsgemeinschaften sind ihnen zu Willen. Sie streichen aus Gottes Geboten, was den Menschen lästig und beschwerlich ist. Die voreheliche Keuschheit. Die eheliche Enthaltsamkeit. Die lebenslängliche Ehe. Sie suchen den Beifall der Zeitgenossen und verleugnen die Kraft des Hl. Geistes. Nicht so die Kirche des Hl. Geistes. Sie biegt sich nicht vor den Winden. Sie ruft nicht unreife Jugend zur Höhe des Lehrstuhls. Sie löscht auf den Tafeln ihre Gesetze nicht die Form der Verpflichtung. Es bleibt so: Du sollst. Es steht die Autorität zwischen den Schwankenden. So will es die Struktur der Wahrheit. So gebietet es der Geist der Kraft.

4. Die Kraft des Hl. Geistes zeigt sich in der Standhaftigkeit der Gläubigen bei Terror und Verfolgung. Jesus sagte seinen Jüngern Nachstellungen und Verfolgungen, Verhaftungen und Strafprozesse voraus. Aber sie werden nicht allein sein vor den Anklägern und Richtern. „Wenn sie euch nun überliefern, so habt keine Sorge, wie oder was ihr sprechen sollt. Denn in jener Stunde wird euch verliehen werden, was ihr sprechen sollt. Denn nicht ihr seid es, die sprechen, sondern der Geist eures Vaters, der in euch spricht.“ Wenige Ankündigungen Jesu haben sich so häufig und so unüberschaubar erfüllt wie diese.

Der Hl. Geist ist der Geist des Trostes. Trost ist seelische Stärkung im Unglück und in ver-zweifelter Lage. Der Hl. Geist vermag diese Stärkung zu geben. Christus selbst hat ihn den Tröster genannt. Das Wort Paraklet, von dem er gesprochen hat, kann mit Beistand, aber auch mit Tröster übersetzt werden. Dann hören wir Jesus in der Abschiedsrede sagen: „Der Vater wird euch einen anderen Tröster geben. Dieser Tröster wird alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Sein Kommen ist an Jesu Gehen gebunden. „Wenn ich nicht fortgehe, wird der Tröster nicht zu euch kommen.“ „Wenn ich aber fortgehe, werde ich ihn senden.“ „Wenn der Tröster kommt, den ich euch vom Vater senden werde, wird er über mich Zeugnis ablegen.“ 1. Die Kirche hat von Anfang an begriffen, dass der Heilige Geist ihr Trost spendet. Nach der ersten Verfolgung hatte die Kirche in ganz Judäa, Galiläa und Samaria Frieden. Sie baute sich auf, wandelte in der Furcht des Herrn und erstarkte durch den Trost des Hl. Geistes, wie die Apostelgeschichte berichtet. Der Apostel Paulus versichert der Gemeinde in Rom: „Gott ist der Gott des Trostes.“ Der Gemeinde in Korinth schreibt er: „Gott ist der Vater der Erbarmung und der Gott allen Trostes.“ 2. Wie tröstet der Heilige Geist? Er tröstet in aller Regel durch Menschen, die er erweckt, uns beizustehen. Das ist die allgemeine Regel im Haushalt der göttl. Vorsehung: Gott hilft uns nicht so sehr selbst, als durch Menschen, die ihm nahe sind. Er erweckt Menschen, die ihren Brüdern und Schwestern Trost spenden. Trösten ist eine schwere Kunst. Nur wer aus Überwindungen kommt, besitzt sie. Man tröstet besser, wenn man selber nicht allzu getrost ist. Es gibt Menschen, die trösten wollen, indem sie dem Leidenden sagen: „Es ist nicht so schlimm. Es geht vorüber. Mach dir nichts daraus. Es wird schon wieder werden.“ Das alles ist gut gemeint. Doch das ist nicht der Trost des Hl. Geistes. Es gibt aber auch Menschen, die trösten die Leidenden in der Kraft des Hl. Geistes: Sie richten die Augen und die Herzen der Leidenden auf das Kreuz. Daran hängt der Trost der Christen. Nicht das ist das Christentum, dass ein Trostvoller die Betrübten tröstet. Sondern das ist das Christentum, dass der Trostloseste von allen die Betrübten tröstet. Der Hl. Geist tröstet durch seine Einsprechungen. In der Litanei vom Hl. Geist lautet eine Anrufung: „Dass du in Leiden uns trösten und aufrichten wollest, wir bitten dich, erhöre uns.“ Eine andere lautet: „Du Tröster der Betrübten, erbarme dich unser.“ In der Sequenz der Pfingstmesse beten wir: „Tröster in Verlassenheit, Labsal voll der Lieblichkeit, komm, o süßer Seelenfreund.“ Der hoffnungslos Erkrankte, dem kein Arzt mehr helfen kann, wer soll ihn trösten, wenn nicht Gottes Geist? Der von allen Menschen Verlassene, zu wem soll er sich wenden, wenn nicht zum Hl. Geist? Der vereinsamte Priester, der seine Gemeinde zusammenschrumpfen sieht, wo soll er Trost finden, wenn nicht im Heiligen Geist? Der Hl. Geist tröstet durch seine Einsprechungen. Kommt, lasst uns anbeten! Lasst uns anbeten den Geist der Wahrheit. Lasst uns anbeten den Geist der Kraft. Lasst uns anbeten den Geist des Trostes.

Amen.

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