Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Über die Letzten Dinge (Teil 5)

7. März 1999

Die Auferstehung von den Toten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Tod ist das unwiderrufliche Ende des irdisch-zeitlichen Lebens. Die ganze irdische, zeithafte und raumhafte Lebensform wird durch den Tod ein für allemal angebrochen. Es wäre aber falsch, wenn man im Tode nur den Zerfall des stofflichen Lebens sähe. Auch die Seele wird im Tode verwandelt; denn sie ist ja eng auf den Leib verwiesen und mit ihm verbunden. Sie muß deswegen eine Veränderung erfahren, damit sie ohne den Leib leben kann. Diese Veränderung nimmt Gott im Tode vor. Er gestaltet die Seele so um, daß sie nun ohne den Leib, in dem sie gewohnt hatte, zu leben imstande ist. Der Tod ist aber nicht nur ein Ende, er ist auch ein Anfang; er ist der Anfang des jenseitigen Lebens. Und dieses jenseitige Leben ist ein Leben der Seele und des Leibes. Freilich gibt es eine Zwischenzeit, in der die Seele allein leben muß, aber sie wartet und harrt auf die endliche Vollendung, auf die Voll-Vollendung, auf die Voll-Erlösung, wenn sie nämlich ihren Leib wieder erhält, einen verwandelten, einen auferweckten Leib. Das ist das Ereignis, auf das wir warten: die Auferstehung des Fleisches. Die Kirche bekennt sich in den Glaubensbekenntnissen zu der Auferstehung von den Toten.

Der Glaube an die Auferstehung der Toten ist dem Christentum eigentümlich. Es gibt keine andere Religion, die eine ähnliche, vergleichbare Vorstellung entwickelt hätte. Daß das Christentum einen solchen Glauben in sich trägt, verdankt es dem auferstandenen Christus. Weil Christus auferstanden ist, werden auch die zu Christus Gehörigen auferstehen. Christus ist das Urbild und die Ursache der Auferstehung von den Toten. Denn er hat den Tod grundsätzlich überwunden, er vermag ihn auch in allen anderen zu besiegen. Er ist durch den Tod hindurchgegangen und vom Vater im Himmel zum ewigen Leben leibhaftig erweckt worden. Er ist der Erstling, d.h. er ist der Erste aus einer unermeßlichen Reihe. Was an ihm geschieht, das muß auch an allen geschehen, die zu ihm gehören. Er ist die wirksame Ursache der Auferstehung von den Toten. Er ist das Haupt, das Haupt der Kirche und das Haupt der Schöpfung. Was an dem Haupte geschieht, das muß an allen Gliedern geschehen. Er ist der Anfang. Was der Anfang erfährt, das müssen alle, die nach ihm kommen, ebenfalls erfahren. Er ist der Herzog des Lebens, wie der Hebräerbrief sagt. Dem Herzog folgen alle die, die zu seiner Mannschaft gehören. So eng ist der Zusammenhang zwischen der Auferstehung Christi und der Auferstehung der Christen, daß man sagen kann: Wenn die Christen nicht auferstehen, ist auch Christus nicht auferstanden, dann ist töricht unser Glaube, dann ist töricht unsere Hoffnung, dann sind wir noch in unseren Sünden. Aber weil Christus auferstanden ist, werden auch die Christen auferstehen.

Dieser Glaube ist, wie ich sagte, dem Christentum eigentümlich. In anderen Religionen träumt man vom Fortleben im Ruhme der Taten oder im Andenken der Überlebenden, oder man spricht vom Fortleben der Seele. Die leibhaftige, ganzmenschliche Weise des Fortlebens ist dem Christentum eigentümlich. Es fiel den Griechen schwer, diese Lehre anzunehmen, denn für sie war der Leib das Gefängnis der Seele, ja, im Synkretismus der damaligen Religionen wurde der Leib als der Sitz des Bösen angesehen. Kein Wunder, daß man nicht daran interessiert war, den Leib wieder auferweckt zu sehen. Paulus hatte die größte Mühe, den Korinthern die Auferstehung von den Toten nahezubringen. Noch schlimmer ging es ihm in Athen. Dort predigte er auf dem Areopag, der Stätte, an der die heidnischen Denkmäler standen und wo die griechische Naturreligion ihr Zentrum besaß. Solange er von der Vorsehung redete und von dem unbekannten Gotte, den sie verehrten, hörten ihm die Athener gern zu. Als er aber durch den Kreis der Naturreligionen durchstieß und von dem Gott sprach, der die Toten erweckt, da lachten sie ihn aus und schickten ihn nach Hause. Ähnlich ging es ihm in Cäsarea vor dem Landpfleger Festus und dem König Agrippa. In seiner Verteidigungsrede kam der Apostel Paulus auf die Auferstehung von den Toten zu sprechen. Da sagte Festus zu ihm:  „Paulus, du bist von Sinnen. Das viele Studieren bringt dich noch um den Verstand.“ In der Gegenwart sind es die Entmythologisierer, also jene protestantischen und katholischen Theologen, die das Evangelium umdeuten und viele Inhalte eliminieren, welche die leibhaftige Auferstehung von den Toten fallengelassen haben.

 Wenige Dinge unseres Glaubens sind im Neuen Testament so gut bezeugt wie die Auferstehung von den Toten. Sie wurde schon im Alten Testament vorbereitet. Man kann hinweisen auf das Gräberfeld, welches der Prophet Ezechiel sah, das lebendig wurde. Das kann ein Vorentwurf des Auferstehungsglaubens sein. Deutlich ausgesprochen ist die Auferstehung beim Propheten Daniel, gemäß dem die Bösen nach der Auferstehung gerichtet werden und die Guten ihren Lohn empfangen. Der Vergeltungsgedanke war überhaupt ein mächtiges Motiv, um zum Auferstehungsglauben zu finden, denn der alttestamentliche Gläubige stand vor der Frage: Ja, wie ist es denn mit der Gerechtigkeit Gottes bestellt, wo es doch den Guten und Frommen auf Erden häufig schlecht geht, und den Bösen und Unfrommen geht es gut? Die Lösung dieses Rätsels war der Glaube an die jenseitige Vergeltung im Leibe. Gott wird den Ausgleich herbeiführen zwischen Frömmigkeit und Schicksal, zwischen Gutes tun und Böses tun.

Jesus hat mehrfach von der Auferstehung gesprochen. Bei einer Mahlzeit fordert er die Anwesenden auf, wenn sie ein Gastmahl halten, sollten sie nicht diejenigen einladen, die sie wieder einladen und so Vergeltung üben. Nein, sie sollten diejenigen zum Gastmahl einladen, von denen sie nichts zu erwarten haben. „Lade ein die Armen, die Krüppel, die Lahmen und die Blinden, dann wirst du selig sein, denn sie können dir nicht vergelten. Dir aber wird vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.“ Besondere Feinde der Auferstehung waren die jüdischen Freigeister; dazu gehörten vor allem die Sadduzäer. Sie glaubten nicht an die Auferstehung der Toten, und sie suchten sie lächerlich zu machen. Sie stellten nämlich Jesus die Frage: Ja, wie ist es denn, wenn ein Mann zu irdischen Lebzeiten sieben Frauen gehabt hat? Wem werden denn dann die sieben Frauen gehören, wenn die Auferstehung der Toten erfolgt? Jesus ließ sich durch eine solche spöttische Rede nicht ins Bockshorn jagen. Er sagte: In der Auferstehung der Toten werden die Menschen verwandelt. Sie bekommen unsterbliche Leiber. Sie haben es deswegen nicht mehr nötig, zu heiraten und Kinder zu zeugen. Das ist nur notwendig auf Erden, wo die Menschen sterben, da müssen Menschen sich vereinigen, um Kindern das Leben zu schenken, sonst würde das Menschengeschlecht aussterben. Wenn aber die Auferstehung der Toten erfolgt, werden sie sein wie die Engel und Kinder Gottes. Sie werden weder heiraten noch verheiratet werden. Und er weist hin auf Moses, der ihren Gott einen Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs genannt hat, und Gott ist kein Gott der Toten; er ist ein Gott der Lebendigen. So weist er diese Spötter ab.

Die Jünger Jesu haben die Auferstehung ihren Zuhörern mündlich und schriftlich unterbreitet. Der heilige Johannes berichtet in seinem Evangelium, daß der Herr zu den Jüngern gesprochen hat: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben übergegangen.“ Wer mein Wort hört! Hier kommt es also auf das Hören des Wortes an, natürlich nicht nur auf das flüchtige Aufnehmen, sondern auf den Gehorsam gegen das Wort. Wer Gehorsam gegen das Wort Gottes übt, der wird leben, der wird auferweckt werden. „Es kommt die Stunde, ja sie ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben.“ An einer anderen Stelle verknüpft der Apostel Johannes die Gewißheit der Auferstehung mit dem Glauben. „Das ist der Wille Gottes, der mich gesandt hat, daß ich nichts von allem, was er mir gegeben hat, verlorengehen lasse, sondern es auferwecke am Jüngsten Tage. Dies ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt – und an ihn glaubt! –, ewiges Leben habe und ich ihn auferwecke am Jüngsten Tage.“ Hier haben wir also schon zwei Weisen der Verbindung mit Jesus, die uns die Auferweckung garantieren, gefunden, Gehorsam und Glauben. Aber Johannes gibt noch eine dritte an, nämlich: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.“ Also: Wer schon durch Gehorsam und durch Glauben mit Christus verbunden ist, der wird es vollends durch das Essen seines Fleisches und Blutes. Es werden ihm in diesem heiligen Geschehen gewissermaßen Auferstehungskeime eingesetzt, und diese Keime werden einst sprießen und sich herrlich entfalten bei der Auferweckung der Toten.

Die Freundin des Herrn, Martha, bezeugte ihren Glauben an die Auferstehung, als ihr Bruder Lazarus gestorben war. Jesus suchte sie zu trösten: „Dein Bruder wird auferstehen.“ Martha sagte zu ihm: Ich weiß, daß er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage, das heißt in ferner Zukunft. Jesus sprach zu ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Also man braucht gar nicht zu warten, daß am Jüngsten Tage die Auferstehung geschieht. Wer bei ihm ist und wer sich mit ihm vereinigt, der ist schon ein Kind der Auferstehung. Paulus sucht das zu erklären, indem er sagt, daß derselbe Geist, der Jesus auferweckt hat, auch in uns, den Erlösten, ist. „Wenn der Geist dessen, der Jesus von den Toten erweckt hat, in euch wohnt, so wird der, welcher Christus Jesus von den Toten erweckt hat, auch eure sterblichen Leiber beleben durch seinen Geist, der in euch wohnt.“ Paulus begründet die Gewißheit der Auferstehung vor allem damit, daß er in Jesus den zweiten Adam sieht. Der erste Adam war der todbringende; in ihm sterben alle wegen seiner Sünde. Der zweite Adam ist der lebenbringende; in ihm leben alle wegen der Befreiung von der Sünde. Jesus ist das Haupt der neuen Menschheit, der erlösten Menschheit, und was an ihm geschieht, das muß an allen anderen auch geschehen. „Wie in Adam alle sterben, werden auch in Christus alle belebt werden, ein jeder aber, wenn die Reihe an ihm ist, als Erstling Christus.“ Er ist der erste, der die Gewinnung der ewigen Seligkeit erfahren hat. Er ist in die Vollendung und Ausreifung des jenseitigen Lebens eingegangen.

In seinen vielen anderen Briefen kommt der Apostel Paulus oft auf die Auferstehung zu sprechen. Er sagt: Christus ist vorausgegangen, gewissermaßen als Quartiermacher, und bereitet uns Wohnungen. Wir haben ja hier auf Erden nur eine Zeltwohnung, die wieder abgebrochen wird; eine dauernde und bleibende Wohnung bereitet Christus im Himmel. „Unsere Heimstätte ist im Himmel, woher wir auch den Heiland erwarten, unseren Herrn Jesus Christus. Er wird unseren armseligen Leib umgestalten und ihn ähnlich machen seinem verklärten Leibe durch die Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann.“ Das ist der Trost, den er den Verfolgten und den Unglücklichen spendet: „Wenn Jesus, wie wir glauben, gestorben und auferstanden ist, so wird auch Gott die Entschlafenen durch Jesus herbeiführen mit ihm.“ Unsere Hoffnung auf die Auferstehung gründet sich also ganz und gar auf den auferstandenen Christus. Der Glaube an die Auferstehung der Toten ist nichts anderes als der entfaltete Glaube an den auferstandenen Christus. Am Ende wird der ärgste Feind des Menschen, der Tod, vernichtet werden. Der Apokalyptiker Johannes sieht den Tod wie eine persönliche Macht. Aber eines Tages wird auch der Tod gerichtet werden. „Das Meer wird die Toten herausgeben, die in ihm sind, der Tod und die Unterwelt geben die Toten wieder, die in ihnen sind. Und über jeden wurde Gericht gehalten nach seinen Werken, und Tod und Hölle wurden in das Feuermeer geworfen. Dies ist der zweite Tod, das Feuermeer.“

Wir gehen also einer Aussicht entgegen, meine lieben Freunde, die keine Illusion ist. Wir haben ein festes Pfand in der Hand, und dieses Pfand ist der auferstandene Christus. Er betrügt uns nicht, sondern in der Macht, mit der er sich alles unterwerfen kann, wird er auch den Tod sich unterwerfen, unsere Leiber lebendig machen und uns ein Leben in leibhaftiger und seelischer Wirklichkeit schenken.

Amen.

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