Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
9. Juni 2019

Der Hl. Geist in den vor Gericht gezogenen Christen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier der Herabkunft des Heiligen Geistes Versammelte!       

Der Heilige Geist ist eine göttliche Person. Er ist aber auch eine lebendige Kraft, und als solche macht er sich im täglichen Leben der Geistträger – immer vorausgesetzt, dass sie sein Wirken nicht hindern – bemerkbar. Eine besonders gefährliche Situation für die Christen tritt dann ein, wenn sie wegen ihres Glaubens vor Gericht gestellt und angeklagt werden. Da müssen sie Rechenschaft für ihren Glauben ablegen. Werden sie in dieser Lage die Angst und die Gefahr überwinden, um sich zu verteidigen? Der Herr hat den Christen, die in solche Fährlichkeiten kommen, Hilfe zugesagt. Er hat ihnen die Verheißung des Beistands des Heiligen Geistes gegeben: „Wenn sie euch vor Gewalten und Mächte schleppen, dann seid nicht besorgt, wie oder was ihr zu eurer Verteidigung sagen oder was ihr reden sollt, der Heilige Geist wird euch in jener Stunde lehren, was gesagt werden muss.“ Es lässt sich zeigen, meine lieben Freunde, dass diese Verheißung des Herrn in Erfüllung gegangen ist. Es lässt sich geschichtlich beweisen, dass der Geist seinen Zeugen Beistand geleistet hat. Ich will Ihnen einige Beispiele aus der Geschichte vorführen.

Der gelehrte Philosoph Justin stammte von heidnischen Eltern. Er hatte vergeblich die Wahrheit bei allen Philosophien seiner Zeit gesucht und sie nicht gefunden. Dann kam er zum Christentum. Und das war die Philosophie, die er gesucht und gefunden hatte; sie überzeugte ihn. Er kam nach Rom, wo sich ihm Schüler anschlossen. Durch die Anzeige des kynischen Philosophen Kreszenz wurde er verhaftet und vor Gericht gestellt. Sein Richter war der Stadtpräfekt Rustikus im Jahre 166. Zu Beginn des Verhörs erhielt er Gelegenheit zu kurzer Erläuterung seines christlichen Glaubensbekenntnisses. Mit unverhohlener Neugier wandte sich der Präfekt an Justin: „Höre, du Mann des Wortes! Wenn du glaubst, die wahre Weisheit zu besitzen, wenn du jetzt ausgepeitscht und hingerichtet wirst, glaubst du dann, in den Himmel aufzusteigen?“ Justin antwortete: „Ich vertraue fest darauf, dass ich dort wohnen werde, wenn ich dies alles erdulde.“ Und nochmals drang der Präfekt in ihn: „Du meinst also wirklich, du würdest in den Himmel auffahren, um dort irgendwelchen zuverlässigen Lohn in Empfang zu nehmen?“ Justin antwortete: „Das meine ich nicht nur, sondern das weiß ich ganz genau. Ich bin ganz erfüllt von dieser Gewissheit.“ Auf die Drohung des Präfekten, dass er mit der Bestrafung nicht zögern werde, wenn Justin und seine Gefährten nicht alsbald den Göttern das schuldige Opfer darbrachten, erklärte Justin: „Unser sehnsüchtiges Verlangen geht dahin, für unseren Herrn Jesus Christus zu leiden, um so gerettet zu werden.“ Justin starb den Martyrertod.

Im weit entfernten Kleinasien war es Polykarp, der ihm nachfolgte. Er war wohl noch Apostelschüler, hat also Johannes noch erlebt. Er wurde Bischof vom Smyrna und galt als Sprecher der Christen in Kleinasien (der heutigen Türkei). In den 60er Jahren des 2. Jahrhunderts wurde er wegen seines christlichen Bekenntnisses festgenommen und vor Gericht gestellt. Der Präfekt Quadratus suchte ihn zum Abfall vom Christentum zu bewegen. „Denk doch an dein hohes Alter“, redete er Polykarp an, „geh in dich, rufe: Nieder mit den Atheisten!“ Der greise Bischof sprach die Worte zwar nach: Nieder mit den Atheisten, aber er verwies auf die tobende Menge. Auf das weitere Ansinnen des Prokonsuls, Christus zu fluchen, erwiderte er: „86 Jahre diene ich ihm, und nie hat er mir etwas zu Leide getan. Wie sollte ich meinem König und Heiland fluchen?“ Polykarp starb im Stadion von Smyrna den grausamen Martertod der Verbrennung. Durch einen Brief seiner Gemeinde sind wir über sein Ende unterrichtet.

Sechs Christen aus Scilli, einer Stadt Numidiens, also Nordafrikas, bekannten vor dem Prokonsul Saturninus in Karthago, ihrem Wortführer Speratus folgend, ihren Glauben. Die Nachrichten über das Verhör und die Verurteilung sind uns in dem Gerichtprotokoll überliefert. Am 17. Juli des Jahres 180 hat sich in Karthago ihr Zeugnis für Christus zugetragen. Der Prokonsul begann die Gerichtsverhandlung mit den Worten. „Ihr könnt die Gunst des Kaisers zurückgewinnen, wenn ihr Vernunft annehmt.“ Speratus wies die Unterstellung zurück, als hätten sie irgendetwas Böses begangen: „Wir haben niemals Unrecht getan und uns nicht mit ungehörigen Dingen abgegeben. Wir haben niemandem geflucht, sondern vielmehr Dank gesagt, wenn wir schlecht behandelt wurden. Auch unserem Kaiser (das war Commodus) erweisen wir die schuldige Ehre.“ Der Prokonsul forderte: „Schwöre beim Genius unseres Herrn, des Kaisers!“ Speratus erwiderte: „Ich erkenne das Gottkaisertum dieser Welt nicht an, vielmehr diene ich jenem Gott, den kein Mensch sieht, noch je mit seinen Augen sehen kann.“ Der Prokonsul fragte Speratus: „Du bestehst also darauf, Christ zu sein?“ Speratus antwortete: „Ich bin Christ.“ Saturninus fragte in die Gruppe: „Wollt ihr noch einige Zeit zum Überlegen haben?“ Speratus entgegnete: „In einer so gerechten Sache bedarf es keiner Überlegung mehr.“ Der Prokonsul verkündete das Urteil; es lautete auf Hinrichtung mit dem Schwert. Speratus rief: „Wir danken Gott.“ Und einer aus der Gruppe fügte hinzu: „Heute werden wir als Martyrer im Himmel bei Gott sein.“

Um die gleiche Zeit etwa fällt das Martyrium der beiden Frauen Perpetua und Felicitas. Perpetua war eine Patrizierin, gehörte also zu den vornehmen Ständen, und Felicitas war ihre Sklavin. Sie waren beide jung verheiratet und Taufbewerber, aber im Kerker empfingen sie die Taufe. Perpetua hat über die Zeit, die sie im Kerker verbrachte, Tagebuch geführt, das uns erhalten ist. Beide wurden zum Verhör auf das Forum der Stadt Karthago gebracht. Der Vater Perpetuas war anwesend mit ihrem Kind und versuchte sie vom Podium herabzuzerren mit den Worten: „Habe doch Mitleid mit deinem Jungen.“ Auch der Statthalter Hilarius, der das Verhör durchführte, sagte: „Nimm doch Rücksicht auf die grauen Haare deines Vaters. Schone dein kleines Kind! Bring das Opfer dar für das Heil des Kaisers!“ Perpetua antwortete kurz und knapp: „Nein.“ Der Statthalter richtete noch die übliche Frage an sie: „Bist du Christin?“ „Ja“, sagte sie, „ich bin Christin.“ Alsbald verkündete er das Urteil. Er verurteilte die Glaubenszeugin zu den Bestien, also den wilden Tieren. „Da stiegen wir fröhlich wieder in den Kerker hinab“, schrieb Perpetua. Felicitas wurde zeitgleich von den Wehen ergriffen. Sie quälte sich bei der Niederkunft ab und litt große Schmerzen. Da sagte der Gefängniswärter zu ihr: „Wenn du jetzt schon so schreist, wo du diese Schmerzen aushalten musst, was wirst du erst sagen, wenn du den wilden Tieren vorgeworfen wirst?“ Felicitas antwortete: „Was ich jetzt leide, das leide ich. Dort aber wird ein anderer in mir sein, der für mich leiden wird, denn ich werde ja auch für ihn leiden.“

Einige hundert Jahre später, meine lieben Freunde, stand Johanna von Orléans auf als Befreierin ihres von den Engländern schwer bedrängten Vaterlandes. Nach mehreren Siegen wurde sie verraten, gefangengenommen, den Engländern ausgeliefert und vor Gericht gestellt. Von Februar bis Mai 1431 wurde sie verhört. Am 30. Mai wurde sie exkommuniziert als Ketzerin, dem englischen Gericht ausgeliefert, zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt und verbrannt. Der Prozess fand statt unter Teilnahme von 53 Doktoren der Universität Paris. Keiner trat für sie ein. Trotz ihrer Erschöpfung durch die lange und schwere Gefangenschaft antwortete Johanna den ihr theologisch weit überlegenen Richtern und Gerichtsbeisitzern in erstaunlicher Weise. Wir haben das Protokoll ihres Prozesses. Es wurde von den Notaren an jedem Abend in französischer Sprache fertiggestellt. Johanna hielt monatelang den typischen Fangfragen ihrer Richter stand. Sie erhob Einspruch gegen die Handfesseln und Fußfesseln, die man ihr angelegt hatte. Auf die Entgegnung des Richters, das geschehe, weil sie schon mehrmals versucht habe, zu fliehen, erwiderte sie: „Es ist wahr, dass ich das wollte, und ich will es noch, weil es das Recht jedes Gefangenen ist, zu fliehen.“ Johanna hatte einen unbedingten Glauben an Gott und an die Göttlichkeit ihrer Sendung. Die Prozessakten bezeugen ihre Aussage: „Ich bin von Gott gekommen und habe hier nichts zu schaffen. Schickt mich zurück zu Gott, von dem ich gesandt bin.“ Und sie warnte den Bischof Cauchon von Rouen: „Ihr sagt, dass Ihr mein Richter seid; seht Euch vor vor dem, was Ihr tut, denn ich bin von Gott gesandt, und Ihr bringt Euch selbst in große Gefahr.“ Johanna berief sich auf die ihr zuteil gewordenen Erscheinungen des Erzengels Michael, der heiligen Katharina und der heiligen Margareta. Der Richter fragte sie: „Welches Aussehen hatte der heilige Michael, als er Euch erschien?“ Johanna: „Ich habe ihn nicht mit der Krone gesehen; von seinen Gewändern weiß ich nichts.“ „War er nackt?“ Johanna: „Meint Ihr, Gott habe nichts, ihn zu kleiden?“ Sie wurde gefragt: „Hatte Michael Haare?“ Antwort: „Warum sollte man sie ihm abgeschnitten haben?“ Die Frage: „Wisst Ihr, ob die heilige Katharina und die heilige Margareta die Engländer hassen?“ Die Antwort: „Sie lieben, was Gott liebt, und hassen, was Gott hasst.“ „Hasst Gott die Engländer?“, fragte der Richter. „Über die Liebe oder den Hass, den Gott für die Engländer hegt, und was er mit ihren Seelen macht, weiß ich nichts. Aber ich weiß wohl, dass sie aus Frankreich verjagt werden.“ „Gründet sich Eure Siegeshoffnung auf Eure Fahne oder auf Euch selbst?“ „Sie gründet sich auf unseren Herrn, und auf nichts anderes.“ Der Richter fragte: „Ist es Gott, der Euch geboten hat, Mannskleider anzulegen?“ Johanna: „Das Gewand ist gleichgültig, es ist nebensächlich. Ich habe diese Kleider auf keines Menschen Rat angelegt.“ Sie hatte dem französischen König ein aufgefundenes Schwert gebracht. Der Richter fragte sie: „Welchen Segen habt Ihr über das Schwert gesprochen?“ Johanna: „Keinen. Ich hätte gar nicht gewusst, wie man das macht.“ Der Richter fragte weiter: „Habt Ihr das Schwert auf einen Altar niedergelegt, damit es mehr Glück brächte?“ „Nicht, dass ich wüsste. Ich hätte wohl gewünscht, dass meine ganze Ausrüstung vom Glück begünstigt sei, aber ich habe nie um Segen für das Schwert gebetet.“ „Was war Euch lieber: Eure Fahne oder Euer Schwert?“, fragte der Richter. Johanna: „Meine Fahne war mir hundertmal lieber als das Schwert. Ich trug meine Fahne selbst, wenn ich angriff. Ich wollte vermeiden, einen Menschen zu töten.“ Dann kam er auf die Beziehung Johannas zur Kirche: „Unterwerft Ihr Euch dem Urteil der Kirche auf Erden?“ Johanna antwortet: „Ich unterwerfe mich der streitenden Kirche, vorausgesetzt, dass sie nichts Unmögliches von mir verlangt. Im Falle, dass die Kirche etwas von mir verlangen sollte, was dem Auftrag, der mir von Gott gegeben ist, widerspricht, würde ich es um nichts in der Welt tun.“ „Weißt Du“, so fragte der Richter, „ob Du im Stande der Gnade bist?“ Das war eine gefährliche Frage. Sagte sie ja, dann war sie des Stolzes überführt, sagte sie nein, galt sie als der Häresie verdächtigt. Johanna antwortete: „Bin ich im Stand der Gnade, so gebe mir Gott, dass ich in ihm bleibe. Bin ich es nicht, so schenke Gott mir die Gnade zurück.“ Und dann kam der herrliche Schluss: „Ich wäre die bejammernswerteste Kreatur auf Gottes Erdboden, wenn ich nicht glauben dürfte, vor Gott in Gnade zu stehen.“ Der Richter bohrte weiter: „Wenn Ihr beichtet, vermeint Ihr Euch nicht im Stande der Todsünde?“ Johanna: „Ich weiß nicht, ob ich darin gewesen bin. Aber ich glaube nicht, dass ich eine Todsünde begangen habe. Gott gebe, dass ich nie darin gefallen bin. Er gebe, dass ich nie etwas vollbringe, was meine Seele so schwer belasten würde.“ Der Richter fragte: „Glaubtet Ihr, nicht zu sündigen, als Ihr Vater und Mutter verließet?“ Johanna: „Da Gott es befahl, musste ich es tun.“

Nicht lange später im 16. Jahrhundert war in England Thomas More eine Zeit lang Lordkanzler des Königs Heinrich VIII. Als dieser sich zum Haupt der Kirche von England erklärte und von seinen Untertanen einen Eid auf diese Anmaßung forderte, trat er von seinem Amt zurück und lehnte die Eidesleistung ab. Er wurde verhaftet, vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. More wies Punkt für Punkt der Anklageschrift zurück. „Kein Gesetz der Welt, und auch nicht Euer Gesetz kann einen Menschen deswegen bestrafen, weil er schweigt. Man kann nur Worte oder Handlungen bestrafen. Gott allein ist Richter über unsere inneren Gedanken.“ Der Ankläger beeilte sich, zu sagen, dass jeder loyale Untertan gehalten sei, zu antworten. More entgegnete: „Jeder loyale Untertan hat mehr Pflichten gegen sein Gewissen als gegen den Rest dieser niederen Welt, vorausgesetzt, dass sein Gewissen wie meines nicht Ärgernis oder Aufruhr verursacht, und ich bescheinige Ihnen, dass ich niemals einem lebendigen Wesen das geoffenbart habe, was in meinem Gewissen ist.“ Man hielt ihm vor, er habe das Buch, das der König geschrieben hatte gegen Luther „Behauptung der sieben Sakramente“, maßgebend verfasst und so dem Papst eine Waffe gegen den König in die Hand geliefert. More antwortete: „Meine Beteiligung an dem Buche ist lediglich oberflächlich gewesen. Ich habe im Gegenteil den König davon abhalten wollen, die Autorität des Papstes zu übertreiben. Der König aber hörte nicht auf mich.“ Einer der Richter verwies More darauf, er wolle klüger sein als alle englischen Bischöfe, die Universitäten und die aufgeklärtesten Geister, welche das Gesetz, wonach der König das Oberhaupt der Kirche ist, gebilligt haben. More entgegnete, er habe die Frage sieben Jahre lang untersucht und niemals gelesen, dass ein weltlicher Fürst das Recht habe, Haupt der Kirche zu sein. Er schloss: „Für einen Bischof, der Eurer Meinung ist, habe ich hundert. Für ein Parlament habe ich die Konzilien seit 1000 Jahren, und für ein Königreich habe ich die gesamte Christenheit.“ Gegenüber Cromwell, der rechten Hand des Königs Heinrich VIII., äußerte er: „Ich bin ein treuer Untertan Seiner Majestät und sein Diener zu jeder Stunde des Tages. Ich spreche nichts Böses, ich denke nichts Böses, ich wünsche allen Gutes. Wenn dies nicht ausreicht, einen Menschen am Leben zu erhalten, dann bestehe ich nicht darauf, zu leben.“ Der Herzog von Norfolk, der es gut mit ihm meinte, sprach More warnend zu: „Die Ungnade des Königs bedeutet Tod.“ More entgegnete: „Ist das alles, Mylord? Wahrhaftig ist zwischen Ihnen und mir ein Unterschied, wenn ich heute sterbe und Sie morgen?“ Nach dem Todesurteil sprach More sein letztes Wort: „Wir lesen in der Apostelgeschichte, dass der selige Apostel Paulus beim Tod des heiligen Stephanus anwesend war und die Kleider bewachte. Und doch sind sie alle beide Heilige im Himmel und Freunde auf ewig. Ebenso, obwohl Sie, meine Herren, auf Erden Richter über mich gewesen sind und Sie mich verurteilt haben, vertraue ich und bitte Gott von ganzem Herzen, dass wir uns glücklich im Himmel wiedersehen.“

Die Französische Revolution von 1789 war ein blutiges Schauspiel, eine grausame Verfolgung der gläubigen Christen und Priester. Viele starben als Martyrer ihres Glaubens. Es gab freilich auch Abtrünnige, die meinten, ihren Kopf zu retten, wenn sie den Glauben abschwächten oder verleugneten. Einer wurde vom Ankläger gefragt: „Glaubst Du an Gott?“ Er antwortete: „Wenig.“ Da fuhr ihn der Ankläger an: „Stirb, und geh dahin, um ihn zu erkennen!“ Einen anderen Priester fragte er, was er von Jesus halte. Dieser entgegnete: „Ich vermute, er hat die Menschen betrügen wollen.“ Da schrie ihn der Ankläger wütend an: „Lauf hin zur Todesstrafe! Jesus die Menschen betrügen? Er, der die Gleichheit predigte und der erste Sansculotte (also der erste Republikaner) gewesen ist.“ Ihre Verleugnung hatte diesen Priestern nichts eingebracht. Aber gab auch andere. Ein Priester wurde gefragt: „Glaubst Du an die Hölle?“ Er antwortete: „Wie sollte ich nicht daran glauben, wenn ich euch sehe und was ihr anrichtet.“ Marie Antoinette war die Tochter von Kaiser Franz I. von Österreich und Maria Theresias. Sie wurde die Frau des späteren Königs Ludwig XVI. Mit ihrem Manne wurde sie verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Selbst in den trüben Protokollen – die uns erhalten sind – des Revolutionstribunals kann man lesen, wie sehr sie sich als Königin benahm. Ihre Antworten sind rasch, klar und oft von lakonischer Kürze. Man machte ihr den unglaublichen Vorwurf, sie habe Blutschande, Unzucht mit ihrem Sohne getrieben – Inzest. Marie Antoinette antwortete: „Wenn ich nicht geantwortet habe, dann deswegen, weil sich die Natur auflehnt gegenüber einer derartigen Beschuldigung, die einer Mutter gemacht wird.“ Und dann wandte sie sich an die Zuhörerschaft: „Ich lege Berufung ein bei allen Frauen, die sich hier befinden.“ Der Ankläger hielt ihr vor, sie habe auf den Thron zurückkehren wollen auf den Leiden der Patrioten, also der Republikaner. Marie antwortete: „Wir hatten es nicht nötig, auf den Thron zurückzukehren, denn wir saßen auf ihm.“ „Bedauern Sie“, fragte der Ankläger, „dass Ihr Sohn nicht den Thron besteigen wird?“ Marie Antoinette: „Ich werde niemals etwas um meines Sohnes willen bedauern, wenn sein Land glücklich sein wird.“ „Meinen Sie“, fragte der Ankläger, „dass Könige notwendig sind für das Glück eines Volkes?“ Marie Antoinette: „Ein einzelner kann diese Sache nicht entscheiden.“ Der Ankläger behauptete, wenn die Königin das Glück Frankreichs im Auge gehabt hätte, dann würde sie ihren Bruder, Kaiser Josef II. von Österreich, davon abgehalten haben, seine Truppen gegen Frankreich marschieren zu lassen. Marie Antoinette antwortete schlagkräftig: „Nicht Österreich, Frankreich hat den Krieg erklärt.“ Herman, der Ankläger, fragte sie: „Welches Interesse legen Sie auf die Waffen der Republik?“ Sie gab zur Antwort: „Das Glück Frankreichs wünsche ich vor allem.“ „Wozu“, lautete eine weitere Frage, „haben Sie die ungeheuren Summen verwendet, die Ihnen zugeflossen sind?“ Marie Antoinette: „Mir sind niemals ungeheure Summen zugeflossen. Was mir zugewendet wurde, habe ich verwendet, um meine Angestellten zu bezahlen.“

Wieder einige Jahrhunderte später, unter der Herrschaft Hitlers, wurden viele gläubige Christen nicht selten aus nichtigen Gründen festgenommen, verurteilt, häufig zur Todesstrafe. Bernhard Lichtenberg, der Dompfarrer von Berlin, wurde verhaftet und vor Gericht gestellt, weil er in seinem Gotteshaus, also im Berliner Dom, öffentliche Gebete für alle bedrängten Menschen verrichtet hatte. Deswegen zur Rede gestellt, erklärte er: „Ich bete jeden Abend mit meiner Gemeinde für die schwer bedrängten, nichtarischen Christen, für die Juden, für die Gefangenen in den Konzentrationslagern, für die zum Unglauben, zur Verzweiflung und zum Selbstmord versuchten Menschen, für die Soldaten hüben und drüben, für die bombardierten Städte, für das Vaterland und die Führer des Volkes.“ Er wurde dann angesprochen, weil er Stellung genommen hatte gegen die Vertreibung der Juden. Lichtenberg entgegnete: „Ich lehne die Evakuierung der Juden innerlich ab, weil sie gegen das Hauptgebot der Christen gerichtet ist: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich erkenne auch im Juden meinen Nächsten, der eine unsterbliche, nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffene Seele besitzt. Ich bekämpfe falsche Grundsätze wie auch die Tötung des so genannten lebensunwerten Lebens (also der Behinderten, der Geisteskranken).“ „Vertreten Sie diesen Standpunkt“, fragte der Richter, „auch von der Kanzel?“ „Ja.“ „Danach geben Sie zu, dass Sie staatliche Maßnahmen nicht billigen?“ „Die aus den genannten Grundsätzen fließenden Maßnahmen billige ich nicht.“ „Es dürfte Ihnen klar sein“, sagte der Richter, „dass durch die soeben geschilderten Ansichten, die von Ihnen auch öffentlich vertreten werden, eine Beunruhigung der Volksgemeinschaft eintreten kann.“ „Diese Beunruhigung kann nur verhindert werden, indem man falsche Maßnahmen unterlässt.“

Die nationalsozialistische Strafjustiz hielt blutige Ernte unter den Männern, die die Beseitigung Hitlers und den Sturz des Regimes geplant und versucht hatten. Der Generalmajor Helmut Stieff war in diese Verschwörung verwickelt. Gefragt nach dem Grund seiner Beteiligung, erklärte er: „Wir reinigen uns selbst.“ Stieff war gläubiger Christ. Vor seiner Hinrichtung, in seinem letzten Briefe, schrieb er seiner Frau: „Ich werde in deinem Glauben sterben und mir als Beistand einen Geistlichen deiner Kirche geben lassen. Es ist mein letzter Wille, zur katholischen Kirche überzutreten.“ Helmuth Graf von Moltke wurde vor Gericht gestellt, weil er im „Kreisauer Kreis“ (in Schlesien) mit anderen besorgten Zeitgenossen darüber nachgedacht hatte, wie es nach einer möglichen Niederlage des Deutschen Reiches weitergehen solle. Der Präsident des Volksgerichtshofes Freisler rief ihm zu: „Nach der Auffassung des Volksgerichtshofes ist es schon abartig, überhaupt die Möglichkeit einer deutschen Niederlage in Betracht zu ziehen.“ Moltke erwiderte, diese Judikatur (diese Rechtsprechung) des Volksgerichtshofes sei ihm unbekannt. In seiner dienstlichen Tätigkeit im Oberkommando der Wehrmacht habe er ohne Widerspruch seiner Vorgesetzten ständig eine solche Möglichkeit in Betracht gezogen. Damit hatte er Freisler jedes Argument entwunden. Wenn man im Oberkommando der Wehrmacht über die Niederlage nachdenkt, wie kann es dann verboten sein, wenn Moltke sich daran beteiligt hat? Der Offizier Ewald von Kleist erklärte offen, er habe immer und mit allen Mitteln gegen Hitler gekämpft und halte diesen Kampf für ein von Gott verordnetes Gebot. Nur Gott werde sein Richter sein. Er wurde zum Tode verurteilt und nahm das Urteil mit Ruhe und Gelassenheit entgegen. In seinem Schlusswort sprach er den Richter so an: „Die Hinnahme des Todesurteils wird mir leichter fallen, als es Ihnen fallen wird, das Todesurteil zu verhängen.“ Und der Feldmarschall von Witzleben sagte sogar: „Beeilen Sie sich mit dem Hängen, sonst hängen Sie eher als wir.“ Der katholische Rechtsanwalt Josef Wirmer rief Freisler zu: „Wenn ich hänge, habe nicht ich die Angst, sondern Sie.“ Als Freisler ihn unterbrach: „Bald werden Sie in der Hölle sein!“, erwiderte Wirmer – er wusste, dass Freisler natürlich weder an die Hölle noch an den Himmel glaubte –: „Es wird mir ein Vergnügen sein, wenn Sie bald nachkommen.“

Richter und Angeklagte in Sachen des Christentums gab es nicht nur in grauer Vorzeit, sondern auch in unserer Gegenwart. Korea ist ein Land der Martyrer. Ri Paulus wurde wegen seines christlichen Glaubens festgenommen und vor Gericht gestellt. Der Richter fragte: „Es heißt, Du würdest der Lehre vom Himmelsherrn anhängen. Stimmt das?“ Ri antwortete: „Ja, das stimmt.“ Der Richter: „Wenn Du Dich jetzt von dieser Lehre lossagst, wirst Du dein Leben retten. Was meinst Du?“ Ri entgegnete: „Auf keinen Fall kann ich tun, was Ihr verlangt.“ „Wer ist dieser Himmelsherr?“, fragte der Richter. „Er ist der Urheber des Weltalls und der Vater aller Menschen. Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde, König aller Geister und Menschen.“ Der Richter: „Woher weißt Du das?“ „Einerseits kann ich es an mir selber erkennen, andererseits weiß ich es aus der Welt ringsum. Wie kann man sagen, es gäbe keinen Schöpfer?“ „Hast Du ihn gesehen?“ Ri: „Soll es nötig sein, ihn zu sehen? Durch Schlussfolgerung erkennt der Verstand die Gesetze des Himmels und die unsichtbaren Wahrheiten.“

Ich habe Ihnen, meine lieben Freunde, einige Beispiele dafür vorgelegt, dass Christus seine Verheißung, er werde den um seines Namens willen Verfolgten eingeben, was sie reden sollen, erfüllt hat und bis zur Stunde erfüllt. Die erwähnten Personen waren ausnahmslos bekennende Christen. Sie glaubten an den dreifaltigen Gott. Sie glaubten an den Heiligen Geist. In ihnen erwies er sich in der gefahrvollen Stunde ihres Lebens als mächtiger Beistand. Ihr Verhalten angesichts der Todesdrohung lässt sich natürlich nicht erklären. Was so große Dinge hervorbringt, kann nicht die Natur, es muss die Gnade sein. Noch, noch, meine lieben Freunde, ist es in unserem Lande nicht soweit, dass überzeugte katholische Christen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Aber die Zeichen stehen auf Sturm. Der aggressive Hass gegen unsere Kirche wächst von Tag zu Tag. Keine Macht der Erde schützt uns. Was den Zeugen vergangener Zeiten geschehen ist, das kann heute oder morgen oder übermorgen auch uns widerfahren. Wenn wir verhaftet und vor Gericht gestellt werden, wenn man von uns die Absage an Christus und die Kirche fordert; was werden wir tun? Erstens: Wir werden beten. Zu Gott flehen, dass der bittere Kelch des Leidens an uns vorübergehe. Zweitens: Wir werden überlegen, wie wir uns verteidigen können, denn wir haben Argumente. Drittens: Wir werden vertrauen, vertrauen auf den, der verheißen hat: „Wenn sie euch vor Gewalten und Mächte schleppen, dann seid nicht besorgt, wie oder was ihr zu eurer Verteidigung sagen oder was ihr reden sollt. Der Heilige Geist wird euch in jener Stunde lehren, was gesagt werden muss.“

Amen.

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