Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
7. April 2019

Gültigkeit und Würdigkeit bei Spendung und Empfang der Sakramente

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Kirche hat die Aufgabe, Christi Leben und Werk allezeit, bis zur zweiten Ankunft Christi, wirksam zu vergegenwärtigen. Sie wird dadurch Mittel und Werkzeug jener rettenden Liebe, die durch Christus in die Welt gekommen ist. Sie vollzieht diese Funktionen vorzüglich in der Wortverkündigung und in der Sakramentenspendung. Wort und Sakrament sind gewissermaßen Entfaltung der ihr obliegenden Aufgabe. Im Wort und Sakrament stellt sich die Liebe des himmlischen Vaters wirksam dar, wird sie für uns greifbar und fühlbar. Die Sakramente sind Wirkweisen des verherrlichten Christus. Sie werden zu Erscheinungen seiner himmlischen Herrlichkeit. In ihnen wird die Herrschaft des verklärten Christus den Menschen gegenwärtig. Im Vollzug der Sakramente bejahen Spender und Empfänger die Hoheit und den Liebeswillen Gottes. Sie erkennen Gott als den Herrn an und werden seiner Majestät gerecht. Die Sakramentenspendung, der Sakramentenvollzug, der Sakramentenempfang ist eine Anbetung Gottes. Die Sakramente sind erstlich ein Lobpreis Gottes, den die Kirche dem Vater im Himmel darbringt; sie sind Gottesdienst. Aber indem der Mensch Gott verherrlicht, gewinnt er Anteil an der Herrlichkeit Gottes. Anders wird er nicht gerettet. Die Sakramente werden so zu Mitteln, zu Werkzeugen des Leides und der Erlösung. Christus heiligt die Menschen in den Sakramenten. Die Sakramentenheiligung geschieht in einem Akt der Gottesverehrung. Das ist deswegen so wichtig zu sagen, damit man die Sakramente nicht nur als Mittel zur Frömmigkeit oder zum Heben des moralischen Zustandes ansieht, nein, sie sind eben zuerst Gottesdienst, und in dem Gottesdienst vollzieht sich unser Heil.

Es ist Glaubenssatz: Die Sakramente enthalten die Gnade und verleihen sie demjenigen, der kein Hindernis entgegensetzt. Dem steht die Ansicht von Luther und Calvin entgegen. Nach ihnen dienen die Sakramente lediglich zur Weckung und Stärkung des Glaubens. Selig macht allein der Glaube; die Sakramente werden im Grunde nicht benötigt. Nicht die Sakramente rechtfertigen, sondern der Glaube an die Sakramente. Gegen diesen Irrtum lehrt die Kirche: Die Sakramente sind wirklichkeitsmächtige Heilswerke. Sie sind gewiss auch ein sichtbares Glaubenswort; in ihm wird auch eine Verkündigung laut. Aber die Glaubenspredigt der Sakramente wirkt, was sie verkündigt. Die Glaubenszeichen bringen hervor, was sie versinnbilden. Sie enthalten das im Glauben zu ergreifende Heil. Die Sakramente wirken das, was sie bewirken. Sie bewirken es, indem sie es bezeichnen. Sie verschaffen uns die Teilnahme am Tod und an der Auferstehung Christi. Sie bewirken Gemeinschaft mit Christus und Umgestaltung nach seinem Bilde. Der Haupttätige in den Sakramenten ist Christus. Die Sakramente sind seine Werkzeuge. Sie nehmen die Kraft Christi auf und wirken in dieser Kraft. Die Sakramente bringen ihre Wirkung hervor aufgrund ihres Vollzuges. Die Sakramente haben deswegen nicht etwas mit Magie oder Zauberei zu tun. Nicht die sakramentalen Zeichen haben in sich die Kraft, Göttliches hervorzubringen, es ist vielmehr Christus bzw. der Heilige Geist, der durch die Zeichen das Heil wirkt. Durch sie fließt die Heilsgnade hindurch; Christus ist der verborgene Spender der Sakramente. Augustinus sagt so schön: „Petrus mag taufen, und doch ist es Christus, der tauft. Judas mag taufen, und doch ist es Christus, der tauft.“ Die Sakramentenspendung ist der Unzulänglichkeit des Spenders entzogen. Der Empfänger ist nicht dem sittlichen Zustand des Spenders ausgeliefert. Das Sakrament und seine Heilswirkung kommt zustande, sofern nur der Spender den Willen hat, Christus bei dem Vollzug des sakramentalen Glaubenszeichens als menschliches Werkzeug zu dienen – mehr ist nicht verlangt. Die Gültigkeit der Sakramente hängt nicht von der persönlichen Heiligkeit des Spenders ab. Die Kirche drang gewiss von je her auf die persönliche Reinheit und Frömmigkeit ihrer Amtsträger. Sie stempelte die Sakramentenspendung im Stand der Todsünde als ein Sakrileg, als einen Gottesraub. Doch niemals hat die Kirche die Gültigkeit der Sakramente von der sittlichen Beschaffenheit des Spenders abhängig gemacht, niemals. Die Gültigkeit der Sakramente hängt nicht einmal vom wahren Glauben des Ausspenders ab. Der Ketzer kann Sakramente gültig spenden. Zur Gültigkeit der Sakramentenspendung ist erforderlich unbedingt und immer die Intention, das zu tun, was die Kirche bei der Sakramentenspendung tut, das ist das unerlässliche Minimum. Intention ist der Willensentschluss, kraft dessen der Mensch eben eine als verstandesmäßig erkannte Handlung setzt. Der Spender vertritt die Person, die Stelle Christi, des Heiligen. Er vermittelt durch einen heiligen Ritus anderen Heiligkeit. Daher ist vom Ausspender auch persönliche Heiligkeit und Reinheit gefordert, aber nicht zur Gültigkeit. Gültigkeit umschließt eben die Erfordernisse des Zustandekommens, Würdigkeit ist der persönliche sittliche Zustand; das sind zwei wesentlich verschiedene Dinge.

Geeignetes Subjekt zum Empfang des Sakramentes ist nur der Mensch, und zwar der Mensch im Pilgerstande. Der Empfänger muss die Absicht haben, das Sakrament zu empfangen. Inneres Widerstreben oder auch nur eine neutrale Haltung würde das Sakrament ungültig machen. Er muss die Absicht haben, die Intention, und zwar genügt die habituale Intention. Habituale Intention besagt: Man muss einmal den Willen gefasst haben, das Sakrament zu empfangen, und darf diesen Willen nicht widerrufen haben. Der Empfänger braucht zur Gültigkeit des zu empfangenden Sakramentes nicht den wahren Glauben zu besitzen. Das Sakrament kommt zustande auch ohne wahren Glauben. Noch weniger kann die Rechtschaffenheit, die Frömmigkeit und die Vorbereitung vor und beim Empfang eines Sakramentes als Erfordernis für dessen Gültigkeit verlangt werden. Dagegen wird die letzte und eigentliche Wirkung des Sakramentes, nämlich die Heiligung der Seele, verhindert, wenn der Empfänger nicht in dem sittlichen Zustand ist, den das Sakrament erfordert. Zwischen Gültigkeit und Würdigkeit, meine lieben Freunde, besteht ein wesentlicher Unterschied. Die Gültigkeit lässt das Wesen des Sakramentes bestehen, vermittelt aber nicht notwendig die Gnade des Sakramentes, es sei denn, dass der Empfänger im rechten sittlichen Zustand sich befindet. Man nennt das die Disposition, die innerliche Vorbereitung, die innerliche Empfängnisbereitschaft. Das Sakrament erreicht seinen gottgegebenen Zweck erst, wenn beides miteinander verbunden ist: das für die Gültigkeit Erforderliche und das für die Würdigkeit Erforderliche. Denn die innere Gnadenwirkung ist und bleibt bei allen Sakramenten die Hauptsache. Zur Würdigkeit werden höhere Anforderungen an den Empfänger gestellt als zur bloßen Gültigkeit. Wer wissentlich ein Sakrament unwürdig, d.h. ohne rechte sittliche Vorbereitung empfängt, lädt die schwere Sünde des Sakrilegs auf sich. Die Sakramente entfalten eine wahre und wirkliche Kausalität, die von der Disposition und dem Verdienst des Empfängers unabhängig ist; sie enthalten die Gnade und teilen sie mit. Die Unabhängigkeit der sakramentalen Wirksamkeit von der Würdigkeit, der Disposition des Empfängers ist nicht gleichbedeutend mit der Überflüssigkeit der sittlichen Vorbereitung. Denn diese wird zum vollen Erfolg der Sakramente ebenso entschieden gefordert wie zur Rechtfertigung überhaupt. Diese unumgänglich notwendige Disposition besteht in der Hinwegräumung der sittlichen Indisposition. Das höhere oder geringere Maß der Gnade aber richtet sich nach der Disposition des Empfängers. Das ist ein fundamentaler Satz der katholischen Sakramentenlehre. Ich wiederhole: Das höhere oder geringere Maß der Gnade, das einer empfängt, richtet sich nach der Disposition des Empfängers. Wir haben es also in unserer Macht, welches Maß an Gnade wir beim Empfang der Sakramente erhalten. Wir sind dafür verantwortlich, dass die Sakramente wirken oder dass sie nicht wirken. Da sieht man, wie entscheidend es ist, dass wir mit rechter Vorbereitung, mit rechter Gesinnung, mit rechter Absicht zu den Sakramenten hinzutreten.

Es schien mir notwendig, meine lieben Freunde, diese Wahrheiten der katholischen Sakramentenlehre heute Ihnen zu unterbreiten. Warum? Weil es immer wieder Anfragen an mich gibt: Ja, kann ich bei dem Priester noch zur Kommunion gehen, der solche Thesen verbreitet? Empfange ich bei dem noch wirklich den Leib des Herrn? Oder: Kann ich bei dem Priester noch beichten, der so verrückte Ansichten hat? Solange er das Minimum gewährleistet, werden die Sakramente auch von einem solchen Spender gültig gespendet. Die Wahrheit über die Sakramente befreit uns von der Sorge, ob wir wirklich durch die sakramentale Lossprechung von Sünden frei werden und ob wir wahrhaft den Leib des Herrn empfangen. Gott hat durch die objektive Ordnung der Sakramente die Gewissheit geschaffen, dass wir empfangen, was sie anzeigen. Die Wahrheit über die Sakramente lässt uns die Würde und das Glück ahnen, die dem Empfänger der Sakramente gewährt sind. Welches Volk hat Götter, die ihm so nahe sind, wie unser Gott uns nahe ist? So werden wir wieder am Fronleichnamstage beten. Wir werden teilhaftig der göttlichen Natur. Wir werden Christusträger, wir werden Tempel des Heiligen Geistes durch die Sakramente.

Amen.

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