Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
7. August 2005

Über Jesus und seine Lehre

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Allezeit haben die Menschen versucht, die großen Fragen des Lebens zu beantworten: Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Sie haben nach dem Sinn des Lebens gefragt, nach Gott und nach dem Weg zu Gott. Die Antworten waren von verwirrender Vielfalt. Deswegen musste einer kommen, der unseren Verstand erlöst- vom Irrtum. Jesus ist nicht nur Erlöser von der Sünde, er ist auch Erlöser vom Irrtum, weil er der große, der einzigartige Lehrer ist.

Es war beim Lichterfest, das in Jerusalem gefeiert wurde. Auf dem Tempel brannten unzählige Lichter, und die gläubigen Juden hielten Lichter in ihren Händen. Als die Menge versammelt war, da rief Jesus plötzlich auf dem Tempelberg aus: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis.“ Die Massen horchten auf und haben dieses Wort nicht vergessen. „Ich bin das Licht der Welt. Wer in diesem Lichte wandelt, der wandelt nicht in der Finsternis.“ Dieses Wort klingt durch die Jahrtausende. Immer wieder sind Gelehrte und angebliche Propheten aufgestanden und haben versucht, die großen Fragen der Menschheit zu beantworten. Es waren alles ephemere Antworten, die wieder vergangen sind. Dann kamen wieder andere und haben ihnen widersprochen. „Einer ist euer Lehrer, Christus.“ Er ist der einzige Lehrer, der als der Sohn Gottes von Gott gekommen ist, der die Wahrheit bringt, die in alle Ewigkeit nicht erschüttert werden kann. Er ist der Erlöser unseres Verstandes vom Irrtum. Jesus ist der Lehrer. Wir wollen fragen: Wo stand seine Lehrkanzel? Welches war seine Lehrweise? Welches war der Lehrinhalt?

Wo stand die Lehrkanzel des Herrn? Eigentlich überall. Sein ganzes Leben predigte. Seine Armut in der Krippe, sein Arbeitsleben in Nazareth, sein Leiden und sein tapferes Sterben, sein ganzes Leben war eine Predigt. Aber er hat nicht nur durch sein Leben gepredigt, sondern auch durch sein Wort. Und er ergriff das Wort, wo immer sich die Gelegenheit bot. Er sprach im Tempel und erklärte den Jüngern, dass das Scherflein der Witwe sehr viel mehr wert war, als was andere an Mengen in den Geldkasten geworfen hatten. Seine Lehrkanzel stand in den Synagogen. Er predigte in Kapharnaum, er predigte in Nazareth, in den vielen Synagogen, die auf den Dörfern von Palästina standen. Er predigte auch in der Öffentlichkeit. Auf dem Meere ließ er sich mit einem Boot hinausfahren und hielt die Seepredigt. Er predigte auf dem Berge, wo die Massen um ihn herum saßen; das war die Bergpredigt. Er sprach mit Nikodemus in der Nacht, ein Nachtgespräch von hoher Valenz. Er sprach mit der samaritanischen Frau am Jakobsbrunnen. Alles wird ihm Anlaß zum Predigen. Er nahm die Jünger beiseite und erklärte ihnen, was er in der Öffentlichkeit gepredigt hatte. Der Herr hat jede Gelegenheit benutzt, um das Evangelium zu verkünden. Wenn er durch die Ährenfelder ging, dann wusste er, dass das ein Anlaß ist zu predigen. Und wenn er über das Altarsakrament spricht oder über das Bußsakrament, über die Sündenvergebung, über seine Sendung, über die Heiligung des Sabbats, alles das sind Gelegenheiten zum Predigen. Er lehrt uns, dass wir überall das Evangelium durch Wort und Tat bekennen sollen.

Und die Massen waren davon ergriffen. Sie sagten: „So wie der hat noch keiner geredet.“ Er sprach anders als die Redner seiner Zeit. „Wir wissen“, sagt Nikodemus, „dass du von Gott gekommen bist und dass du ein Lehrer bist des ewigen Lebens.“

Seine Lehrweise war den Umständen angepasst. Sie war so geartet, dass sie den Gelehrten fesselte wie den einfachen Mann. An erster Stelle seine wunderbaren Gleichnisse. Eben haben wir im Evangelium eines seiner ergreifenden Gleichnisse gehört, das Gleichnis vom barmherzigen Samaritan. Und so hat er viele Gleichnisse erzählt: vom reichen Prasser und vom armen Lazarus; vom Sämann, der ausgeht, zu säen, wo aber dann der Feind Unkraut in den Samen auf das Ackerfeld wirft. Er spricht in Gleichnissen vom Himmelreich. Es gleicht einem Netz, das ins Meer geworfen wurde und das gute und schlechte Fische fing. Er vergleicht das Himmelreich mit einem Baum, der anfangs erschreckend klein ist und zum Schluß wunderbar groß. Er vergleicht das Himmelreich mit einem Hochzeitsmahl, an dem jene nicht teilnehmen können, denen das hochzeitliche Gewand fehlt. Er erzählt das spannende Gleichnis von dem verirrten Schäflein, das der Hirt sucht und findet und auf seine Schulter nimmt und nach Hause trägt. Er erzählt das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der das Vermögen verprasst hat, der aber reuig geworden ist und den der Vater aufnimmt und in gütiger Vaterliebe in sein Haus geleitet. Er erzählt das Gleichnis von den schlafenden Jungfrauen, die nicht Öl in ihren Krügen hatten und deswegen von der Hochzeitsfeier ausgeschlossen wurden. Der Herr spricht in Gleichnissen.

Er hält aber auch Lehrvorträge. Er hat über bestimmte Gegenstände sich verbreitet, über Gott, über seine Gerechtigkeit, über seine Liebe, über das Himmelreich und die Gesetze dieses Reiches. Das sind Lehrvorträge. Er spricht über die Gebote Gottes und über ihre Erfüllung, über Fasten, Beten und Almosen, über das Gottvertrauen. Und er gibt auch Lebensregeln. Das ist die dritte Weise, wie er predigt: er bietet kurze, gedrungene Sätze, die im Gedächtnis haften bleiben, goldene Lebensregeln, die Gemeingut der Menschen geworden sind. „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele?“ „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das sollt ihr ihnen tun.“ „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ „Nicht nur siebenmal sollst du deinem Bruder verzeihen, sondern siebzigmal siebenmal“, d.h. immer. „Ich bin gekommen, ein Feuer auf die Erde zu werfen, und wie will ich etwas anderes, als dass es brenne?“ „Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist meiner nicht wert.“ „Wehe dem Menschen, durch den Ärgernis kommt.“ „Wer eines von diesen Kleinen zur Sünde verführt, dem wäre besser, dass ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.“

Aber auch tröstliche Worte. „Bittet, und es wird euch gegeben werden.“ „Sorget nicht ängstlich. Euer Vater im Himmel weiß ja, was ihr braucht.“ „Vertrauet, ich habe die Welt überwunden.“ „Fürchtet euch nicht vor denen, die nur den Leib töten können. Fürchtet vielmehr den, der Leib und Seele in das Feuer der Hölle stoßen kann.“ „Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen.“ „Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ „Wer an mich glaubt, wird leben.“ „Ich gehe, euch eine Wohnung zu bereiten.“ „Ich lasse euch nicht als Waisen zurück.“ Alle diese tröstlichen Verheißungen sind Lebensregeln, die uns der Herr gegeben hat. Und dabei ist kein Schwanken und kein Zweifeln und keine Unsicherheit zu beobachten. Immer ganz kategorisch: „Ich aber sage euch…“ Und wir wissen, dass dies das Wort Gottes ist. „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte werden nicht vergehen.“ „So hat noch kein Mensch gesprochen“, so haben die Zuhörer gesagt. Alle waren erstaunt über ihn und seine Lehre. „Was ist denn das? Das ist eine neue Lehre mit Vollmacht.“ Wahrhaftig, das war es, eine neue Lehre mit Vollmacht. Und so wollten sie ihn auch nicht fortlassen. „Sie setzten ihm nach“, heißt es einmal im Markusevangelium. „Sie setzten ihm nach und wollten ihn festhalten.“ Weil sie ihn nicht weiterziehen lassen wollten. Er aber sagte: „Auch anderen muss ich das Evangelium vom Reiche verkünden.“ Das war seine Lehrweise.

Nun sein Lehrinhalt. Natürlich ist das erste und größte Thema seiner Lehre Gott. Er erklärt die großen Wahrheiten des Glaubens, dass ein Vater über uns waltet. Gott ist der Erhalter und der sorgende Vater aller Welt. Er spricht über sein Erlösungswerk. „Ich bin nicht gekommen, mich bedienen zu lassen, sondern zu dienen und das Leben hinzugeben als Lösegeld für die Vielen.“ Er spricht vom Himmelreich und seiner Kirche, von den Verfolgungen, die diese Kirche treffen werden, aber auch von dem Gnadenwirken des Geistes, der den Verfolgten eingeben wird, was sie reden sollen, wenn sie vor Gericht gestellt werden. Er spricht vom Weltende und von den Letzten Dingen, von der Auferstehung und von der Ewigkeit. Seine Lehre gibt uns Klarheit über Gott und die Welt.

Er gibt aber auch Gebote. Und er erklärt uns die Gebote. Sie sind schon im (sittlichen) Naturgesetz in das Menschenherz geschrieben, aber er erklärt sie und legt sie aus und setzt über alles sein neues Gebot, das Gebot der Liebe. Meine lieben Freunde, wir Priester haben das Glück, an jedem Sonntag den Psalm 118, den längsten Psalm von allen 150 Psalmen, zu beten. Dieser Psalm 118 ist ein einziges Loblied und Danklied auf die Gebote Gottes. In diesem Psalm wird mit immer neuen Wendungen hervorgehoben, wie glücklich wir sein dürfen, dass Gott uns seinen Willen geoffenbart hat. Diese Gebote sind unser Entzücken, so heißt es dort; sie sind unsere Ratgeber; sie sind unsere Führer in der Dunkelheit; sie sind unser Glück.

Gewiß können Gottes Gebote schwer sein. Aber ich sehe in der Schwere der Gebote Gottes ihre göttliche Herkunft angedeutet. Wenn Menschen Gebote machen, dann sind sie bequem und leicht. Das wissen wir ja, was die Parteien vor Wahlen versprechen, nicht wahr? Aber wenn Gott Gebote gibt, dann sind sie göttlich schwer. Es ist unverständlich, wenn Menschen an den Geboten Gottes rütteln, sie abschwächen oder abschaffen wollen. Das haben alle religiösen Verbände, die aus der Kirche ausgetreten sind, getan. Sie alle schwächen die Gebote Gottes ab, ob es der Protestantismus oder die Orthodoxie ist, sie alle schwächen die Gebote Gottes ab. Sie machen es den Menschen bequem. Denken wir etwa an die Voraussetzungen für den Empfang des Bußsakramentes und des Altarsakramentes. Niemandem können Sünden nachgelassen werden, der sie nicht bereut und sich nicht vornimmt, sie nicht mehr zu begehen. Das ist ein eherner Grundsatz. Niemandem können Sünden nachgelassen werden, der sie nicht bereut und sich nicht vornimmt, sie nicht mehr zu begehen. Niemand kann auch das Altarsakrament empfangen, der nicht von schwerer Sünde frei ist. Das ist ein genauso ehernes Gesetz. Niemand kann das Altarsakrament empfangen, der nicht von schwerer Sünde frei ist. Das sind Gesetze, die kann kein Papst und kein Bischof ändern. Wer im Zustand der schweren Sünde lebt und verharrt, kann weder gültig das Bußsakrament noch das Altarsakrament empfangen.

Jetzt kommt aber die Anwendung. Nämlich in diesem Zustand befindet sich, wer nach der Scheidung von einer gültigen Ehe eine zweite, bürgerliche Verbindung eingegangen ist und aus dieser vor Gott ungültigen Verbindung eheliche Rechte ableitet. Es müssen also zwei Dinge zusammenkommen: bürgerliche Verheiratung nach Scheidung der gültigen Ehe und Gebrauch der ungültigen Ehe im Geschlechtsverkehr. Wer ungültig verheiratet ist und sich mit seinem Partner geschlechtlich betätigt, ist unwürdig, zu beichten und zu kommunizieren. Er kann in der Beichte nicht losgesprochen und zum Kommunionempfang nicht zugelassen werden. Wenn er sich eines von beiden ertrotzt, hat er davon keinen geistlichen Gewinn, sondern schlimmen Schaden.

Manche, wie zum Beispiel der Herr Fischer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, weisen auf die hohe Zahl von ungültig Verheirateten hin und beklagen, dass sie alle vom Sakramentenempfang ausgeschlossen sind. Dazu ist folgendes zu sagen. Die hohe Zahl von Übertretungen göttlicher Gebote ist kein Einwand gegen diese Gebote, sondern offenbart in schrecklicher Weise, wie viele Menschen diese Gebote missachten. Nicht Gott oder die Kirche entfernt sich von den Menschen, sondern die Menschen entfernen sich von Gott und von der Kirche. Ein Gesetz wird nicht dadurch falsch, dass Menschen, dass viele Menschen sich nicht daran halten. Die Häufigkeit der Übertretung ist kein Anlaß, das Gesetz abzuschaffen, sondern es zu erklären und einzuschärfen.

Meine lieben Freunde, die Gebote Gottes über der Ehe und über der geschlechtlichen Sittlichkeit sind Ausdruck seiner Weisheit, seiner Gerechtigkeit und seiner Liebe. Ja, auch seiner Liebe. Es ist nicht wahr, dass wir barmherziger sein müssten als Gott. Wenn er diese Gebote gibt, dann aus Barmherzigkeit, weil er uns von Schlimmem bewahren will. Dass die Ehe nach Gottes willen unauflöslich ist, ist Ausdruck seiner Barmherzigkeit. Die Menschen sollen sich eben angesichts der Ehe fragen: Kann ich es wagen, eine Ehe und diese Ehe einzugehen? Was muss ich tun, bevor ich zur Eheschließung schreite? Welche Tugenden muss ich entwickeln, damit ich ehefähig werde? Wie muss ich mich in der Ehe verhalten, damit die Ehe hält?

Viele gläubige Christen haben trotz aller Schwierigkeiten Gottes Gebote erfüllt. Der letzte König von Sachsen, Friedrich August III., war 38 Jahre alt, als seine Frau mit dem Klavierlehrer durchging, ihn also verließ. Er hat keinen Augenblick daran gedacht, eine zweite, bürgerliche Ehe einzugehen. Er hat noch 29 Jahre gelebt, aber allein. Sein Volk hat es ihm empfohlen, hat es ihm geraten, hätte es gern gesehen, wenn er wieder geheiratet hätte. König Friedrich August III. war ein gläubiger katholischer Christ und ist allein geblieben für die restliche Zeit seines Lebens. Und wie er haben es viele, viele andere gläubige Christen auch getan. Außerdem muss ich noch hinzufügen: Auch ungültig Verheiratete können Sakramente empfangen, nämlich wenn sie darauf verzichten, aus dieser ungültigen Verbindung eheliche Rechte, die ihnen nicht zustehen, in Anspruch zu nehmen. Anders ausgedrückt: Wenn ungültig Verheiratete aufhören, Geschlechtsverkehr auszuüben, können sie sowohl beichten als auch kommunizieren. Aber noch einmal: Ohne Reue und Vorsatz kann niemand das Bußsakrament empfangen, und ohne Freiheit von schwerer Sünde kann niemand den Herrn im Altarsakrament aufnehmen. Deswegen, meine lieben Freunde: Nicht an Gottes Geboten rütteln, sondern sie erfüllen führt zum Frieden und zum Heil. Der Herr verheißt uns, wenn wir seine Gebote erfüllen, das ewige Leben.

Er lehrt uns auch das Beten. Im schlichten Vaterunser hat er uns das tiefste Gebet gelehrt, das je auf Erden geformt wurde, jenes Gebet, das die großen Wahrheiten von Gott und die großen Anliegen der Menschen in sich zusammenfaßt.

So ist Christus unser Lehrer im Wort und im Beispiel, in Predigt und in Vorbild. Er ist der große Prophet und Verkünder der Wahrheit Gottes. Er hat uns erlöst, auch durch seine Lehre. Und er sucht Jünger. Er sucht solche, die ihm nachfolgen, die nach seinem Worte leben. „Ihr nennt mich Meister, so fragt mich doch. Ihr nennt mich Licht, so seht mich doch. Ihr nennt mich Leben, so sucht mich doch.“ Im Kirchenlied singen wir die schöne Strophe: „Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Aug’ im Tode bricht.“

Amen.

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