Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
7. Dezember 2003

Der Weckruf der Adventsbotschaft

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Das Kirchenjahr weckt die Erinnerung an das Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Heilandes in uns auf. Aber es ist nicht nur eine Erinnerung; das Kirchenjahr macht das Werk des Erlösers lebendig. Das, was Christus für uns gewirkt hat, muß uns ja appliziert werden, und das ist die Aufgabe des richtig miterlebten Kirchenjahres. Es will die Gnade und die Wahrheit unseres Heilandes uns zuwenden. Wir sollen an seinem Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen mystisch und übernatürlich Anteil gewinnen.

Am ersten Adventssonntag traten vor uns die Schatten des Weltgerichtes, eines Ereignisses, an das jeder Christ nur mit banger Sorge denken kann. Heute, am zweiten Adventssonntag, keimt aus der Furcht die Hoffnung. Es ertönt an unser Ohr die Botschaft von der Erlösung. Johannes ist im Gefängnis. Er hat von dem Wirken des Jesus von Nazareth gehört, aber auch er ist sich nicht sicher, wer dieser Jesus von Nazareth ist. Und so schickt er zwei Jünger zu ihm, ihn zu befragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ In diesen Worten liegen Zweifel, Sehnsucht, Verlangen. Der Täufer will Gewißheit haben, ob der Messias gekommen ist oder nicht. Die Jünger des Herrn, ebenso wie der Täufer und dessen Jünger, wußten ja um die Verheißungen des Alten Bundes. Sie hatten gehört aus dem Propheten Isaias: „Gott selbst wird kommen und sein Volk erlösen. Dann werden die Augen des Blinden aufgetan, dann werden die Ohren des Tauben geöffnet, dann wird die Zunge des Stummen gelöst, dann springt der Lahme wie ein Hirsch.“ Auf diese Weissagung des Isaias nimmt Jesus Bezug. Er sagt nicht: Ich bin gekommen vom Himmel, um euch die Erlösung zu bringen. Er legt kein Selbstzeugnis ab. Nein, er weist die Jünger des Johannes auf das hin, was sie sehen und hören, was das Volk über ihn sagt: „Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird die Heilsbotschaft verkündet.“ Da seht ihr es ja: Die Verheißung des Isaias ist in Erfüllung gegangen. Die Taten Jesu sprechen für ihn, und tatsächlich hat das Volk es auch so empfunden. „Was ist denn das für einer“, sagten sie, als er den Seesturm stillte, „was ist denn das für einer, daß ihm sogar der Wind und die Wellen gehorchen?“  Ein andermal sagten sie: „So etwas haben wir überhaupt noch nicht gesehen.“ Das fassungslose Staunen der Volksmassen spricht dafür, daß der Messias, daß der Erlöser da ist.

In den Worten des Herrn liegt auch das Programm seiner Erlösung durch die Zeiten. Nicht mehr wie am Anfang werden körperlich Kranke geheilt, wohl aber werden seelisch Kranke, werden geistig Kranke geheilt. Übernatürlich wird jetzt verwirklicht, was damals, um diesem rohen Volke den Messias nahezubringen, körperlich und physisch geschah. Auch jetzt werden Augen Blinder geöffnet, werden Ohren Tauber aufgeschlossen, denn Jesus ist gekommen als die Wahrheit. Viele Christen bedenken nicht genug, daß wir auch durch die Wahrheit erlöst sind, erlöst vom Irrtum, und das ist sehr viel, und das ist etwas Gewaltiges, und das ist etwas Unerhörtes. Wir wissen es jetzt aus dem Munde Jesu, der vom Vater im Himmel kommt, daß es einen Gott gibt, daß dieser Gott die Welt regiert, daß er ein Vater ist und daß er die Lilien des Feldes genauso kleidet, wie er sich um die Sperlinge des Himmels kümmert. Wir wissen jetzt, wie wir zu laufen haben, wie wir zu gehen haben, welchen Weg wir einzuschlagen haben, nämlich den Weg zum Himmel, den Weg zur Ewigkeit. Tot ist nicht tot, und aus ist nicht aus, es geht weiter, aber in sehr verschiedener Weise. Denn es gibt einen Himmel, und es gibt eine Hölle. Durch seine Wahrheit hat uns Christus aufgedeckt, was uns erwartet. Wir wissen jetzt, wie wir uns im Bereiche der geschlechtlichen Sittlichkeit verhalten müssen. Der Protestantismus weiß immer noch nicht, daß Homosexualität eine himmelschreiende Sünde ist. 2000 Jahre ist der Herr gekommen, und noch immer nicht ist ihnen bewußt, was seine Botschaft uns bedeutet, für unseren Leib und für unsere Ehen und für unsere Geschlechtlichkeit.

Da kann man sich auch nichts auswählen. Der Dichter Zuckmayer hat einmal gesagt: „Ich glaube nicht an die Hölle, außer für den Hitler.“ Ja, das ist völliger Unsinn und völlige Willkür. Wir können doch nicht bestimmen, wen wir in die Hölle versetzen wollen, das müssen wir Gott überlassen. „Ich glaube nicht an die Hölle, außer für den Hitler“ – was ist das eine dumme Redensart! Gott ist es, der über unser ewiges Schicksal befindet, und das ist die Botschaft, die Christus uns gebracht hat, und an sie müssen wir uns halten.

Aber er hat nicht nur die Wahrheit gebracht; er hat auch die Gnade gebracht. Er zeigt nicht nur den Weg, er hilft uns auch, ihn zu gehen. Er geht mit uns, er geleitet uns, und er begleitet uns. Wir brauchen nicht allein zu wandern, er teilt unseren Pilgerweg mit seiner Gnade. Früher hieß es immer: Ich kann nicht, ich kann nicht. Jetzt heißt es: Du kannst, weil du mußt! Du kannst, weil du sollst! Du kannst, weil Christus mit dir geht! Das ist das Programm der Erlösung, das der Herr uns verkündet hat.

Er spricht auch über die Reichweite seiner Erlösung. Die Juden durften den Erlöser erwarten um der Treue Gottes willen, denn er hatte ihnen den Erlöser verheißen, und eine Verheißung muß man einlösen, wenn man wahrhaftig ist. Und Gott ist wahrhaftig, und so hat er die Verheißung eingelöst. „Gott selbst wird kommen und euch erretten.“ Die Heiden hatten eine solche Verheißung nicht. Sie wurden deswegen nicht durch die Treue Gottes erlöst, sondern durch seine Barmherzigkeit, wie der Apostel Paulus im Brief an die Römer schreibt. Gott hatte Mitleid mit ihnen, mit ihren Irrungen und mit ihren Sehnsüchten, und so hat er die Heiden in die Erlösung einbegriffen. Nicht nur das Volk der Juden sollte die Erlösung finden, sondern auch die Heidenvölker. Es ist deswegen völliger Unsinn,  meine lieben Freunde, wenn heute hier und da und in Amerika in großem Maße die Losung ausgegeben wird: Keine Judenbekehrungen mehr! Ja, warum denn nicht? Die Juden sind doch auch zum Volke Gottes des Neuen Bundes gerufen, der Alte Bund ist zu Ende. Selbstverständlich sollen wir die Juden für Christus gewinnen und sollen sich die Juden bekehren zum Heiland Jesus Christus. Er ist ein Heiland für Heiden und Juden. Es ist ebenso völliger Unsinn, wenn gesagt wird: Wir wollen die Buddhisten zu besseren Buddhisten machen und die Hindus zu besseren Hindus und die Mohammedaner zu besseren Mohammedanern. Nein! Wir wollen, daß sie zu Jesus Christus finden, wir wollen sie zu Christen machen. Sie sollen von ihrer falschen Religion lassen, nicht zuletzt deswegen, daß endlich einmal die Selbstmordattentate aufhören, die den Mohammedanern ja zugeschrieben werden müssen. Das ist die reichhaltige Erlösung. Sie gilt für alle Menschen ohne Ausnahme, für Juden und Heiden.

Aber freilich, dann kommt eine Warnung: „Wohl dem, der sich an mir nicht ärgert.“ Das heißt: Heil dem, der keinen Anstoß an mir nimmt. Dieser Anstoß kann sich entzünden an der Person oder am Werke Jesu. An der Person Jesu entzündet sich der Anstoß, wenn Menschen sagen: Was liegt uns an einem Erlöser, der aus dem Judenvolke kommt! Was liegt uns an einer Lehre, die auf asiatischem Boden entstanden ist! Das Christentum,  meine lieben Freunde, ist nicht jüdischen Ursprungs, das Christentum ist göttlichen Ursprungs! Wenn der Gottessohn ein Mensch wird, dann ist er keiner Menschenrasse fremd. Und ob er in einem asiatischen Lande zur Welt gekommen ist oder anderswo, das ist völlig unerheblich gegenüber der Tatsache: Jetzt ist er da, und jetzt nimmt er sein Werk auf, und jetzt spendet er seine Gnade und seine Wahrheit. Anstoß an Jesus nimmt auch derjenige, der ihm den Königsmantel der Gottheit vom Leibe zerren will. Bisher blieb das protestantischen Theologen vorbehalten, daß sie Jesus die göttliche Würde absprachen, daß sie in ihm nur den Sohn des Zimmermanns sahen, den Nazarethaner. Heute gibt es sogenannte katholische Theologen, die ihnen auf diesen üblen Wegen folgen, Herr Ohlig in Saarbrücken, Herr Hasenhüttl in Saarbrücken. Das sind die neuen Arianer, die Jesus als bloßen Menschen ausgeben und ihn seiner göttlichen Würde entkleiden. Sie nehmen Anstoß an Jesus.

Anstoß kann man auch an seiner Lehre nehmen. Es ist kein Zweifel, daß die Lehre Jesu unbequem ist. Das ist sie bestimmt: unbequem. Jawohl, das ist sie: ausgesprochen unbequem. Die Menschen sagen: Wie du mir, so ich dir. Christus spricht anders: „Liebet eure Feinde! Tuet Gutes denen, die euch hassen und betet für die, die euch verfolgen! Dann seid ihr Kinder

eures himmlischen Vaters, der die Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse und der Regen fallen läßt über Gerechte und Ungerechte.“ Die Menschen sagen: Wir essen, was uns schmeckt. Jesus befiehlt den Menschen, sich zu beherrschen. Die Kirche hat diese Weisungen in Gebote gefaßt, etwa das Freitagsgebot und die Fastengebote. Die Menschen wollen in der Ehe tun, was sie gerne mögen. Jesus sagt, daß der Mann die Frau so lieben soll, wie Christus selbst die Kirche geliebt hat. Wer aber die Frau so liebt, wie Christus die Kirche geliebt hat, der kann nur in Ehrfurcht und in Reinheit seine Ehefrau entgegennehmen. Die Menschen sagen: Ja, wenn es nicht geht, lassen wir uns scheiden. Jesus sagt: „Wer die Frau entläßt und wer die Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe.“ Anstoß an Jesus nehmen viele, Anstoß an seiner Lehre unzählige. Heil dem, der sich an ihm nicht ärgert!

In meiner Schulzeit hatte ich einen Lehrer, der jeden Sonntag den Gottesdienst besuchte. Aber er saß immer ganz hinten in der letzten Bank, denn er ging niemals zur heiligen Kommunion. Er konnte nicht gehen, denn er lebte in ungültiger Ehe. Als ich ihn nach dem Kriege traf, da sprach er zu mir: „Wissen Sie, ich fühle mich unendlich dreckig, und möchte davon frei werden.“ „Ich fühle mich unendlich dreckig, und ich möchte davon frei werden.“ Dieser Mann, dieser gläubige katholische Mann hatte Erlösungssehnsucht. Er hatte gespürt, daß die Sünde ein Schmutz und eine Last ist, daß die Sünde Schlamm und Morast ist, aus dem wir uns befreien müssen, befreien lassen müssen durch Christus, unseren Herrn. Der englische Entdecker Thomas Simpson, der viele physikalische Entdeckungen gemacht hat, wurde einmal gefragt, welches seine größte Entdeckung sei. Da antwortete er: „Mein größte Entdeckung ist, daß ich ein Sünder bin und daß Jesus mein Heiland ist.“ Wahrhaftig, das ist eine Entdeckung, eine große, eine gewaltige, ja die größte Entdeckung, die man machen kann, daß ich ein Sünder bin und daß Jesus mein Heiland ist.

Das soll auch in uns sein in dieser Adventszeit, die Sehnsucht, uns herauszuarbeiten aus unserer Sünde, aus unseren Leidenschaften, aus unseren schlechten Neigungen. Wir sollen den Weckruf hören, den Weckruf, der ergeht: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!

Amen.

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