Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. Januar 1989

Der Name Jesus

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In dem Buche „Briefe aus der Hölle“ wird erzählt, wie ein Wanderer über eine endlose Steppe zieht. Da begegnet er Menschen, die ratlos da hocken und scharf über etwas nachzudenken scheinen. Er fragt sie: „Worüber denkt ihr nach?“ Sie antworten ihm: „Wir suchen einen Namen.“ „Was für einen Namen sucht ihr?“ „Wir suchen einen starken und herrlichen Namen. Wenn wir diesen Namen kennen würden, könnten wir sogar aus der Hölle erlöst werden. Im Leben haben wir den Namen einmal gehört, aber wir können uns nicht erinnern. Wir haben ihn damals vernachlässigt. Kannst du uns nicht den Namen sagen?“ Der Wanderer nennt ihnen den einen herrlichen, starken Namen Jesus. Aber sie verstehen es nicht. Er spricht lauter, er schreit ihnen den Namen in die Ohren, aber sie sind nicht fähig, diesen Namen aufzunehmen.

Diese erschütternde Geschichte, meine lieben Freunde, ist ein Kommentar zu der Bedeutung des Namens Jesu. Der Name Jesu ist ein starker und heiliger Name. Es ist der Name, der über uns angerufen ist seit dem ersten Tage unseres Daseins auf dieser Welt. Es ist der Name, der uns geleiten soll am letzten Tage unseres irdischen Daseins: Jesus! Du sollst seinen Namen Jesus nennen! Dieser Name begleitet uns durch das ganze Leben, so wie er die Apostel durch ihre Missionsarbeit begleitet hat. Davon kündet die Lesung, die wir soeben gehört haben. Petrus und Johannes weilten in Jerusalem und gingen zum Gebet in den Tempel. An der Schönen Pforte des Tempels saß ein Mann, der seit Jahrzehnten lahm war, lahm geboren. Er streckte seine Hand aus, weil er dachte, die beiden Apostel würden ihm Geld geben. „Gold und Silber haben wir nicht,“ sagte Petrus, „aber was wir haben, das geben wir dir. Im Namen Jesu stehe auf und wandle!“ Und der Mann stand auf, ging umher, nein, er sprang, so steht es in der Schrift, er sprang umher, nämlich vor Begeisterung und Jubel und Dankbarkeit. Ein ungeheueres Aufsehen in Jerusalem. Die Volksmenge schrieb die Wundertat den Kräften der beiden Apostel zu. Doch Petrus wehrte sich gegen die Verehrung, die man ihnen darbringen wollte. Er sagte: „Wir haben es ja nicht getan, sondern der Name Jesu war mächtig über diesem Manne!“

Man schleppte die Apostel vor den Hohen Rat. Jetzt mußten sie hier Rede und Antwort stehen. „In welcher Kraft und in welchem Namen habt ihr das getan?“ So fragten ihn die Mitglieder des Hohen Rates, also die Hohenpriester, die Priesterschaft, die Schriftgelehrten, die Ältesten des Landes. Und die Schrift nennt sogar einige Namen; es waren zwei dabei, die kennen wir recht gut, nämlich die Herren Annas und Kaiphas.

„Im Namen Jesu steht dieser Mann gesund vor euch!“ So bekennt Petrus. „In der Vollmacht und in der Kraft Jesu, den ihr gekreuzigt habt, den aber Gott auferweckt hat, haben wir diese Tat vollbracht.“ Welch ein Umschwung der Lage, meine lieben Freunde! Vor wenigen Wochen stand auch einer vor dem Hohen Rat, und sein Name war Jesus. Und er wurde zum Tode verurteilt, und man dachte: Jetzt ist der Name erledigt, jetzt spricht niemand mehr von ihm. Aber nun tönt er noch einmal sieghaft und schwungvoll durch die Hallen des Hohen Rates. „Im Namen Jesu steht dieser Mann gesund vor euch. Im Namen Jesu haben wir das Wunder gewirkt.“ Welch ein Umschwung, auch in Petrus. In jener Nacht, in der Nacht des Verrates, hat er diesen Namen verleugnet: „Ich kenne diesen Menschen nicht!“ O, er kennt den nicht, mit dem er jahrelang gewandert ist! Jetzt aber, jetzt bekennt sich Petrus zu diesem Namen, jetzt hat er Tritt gefaßt. „Im Namen Jesu haben wir diese Tat vollbracht,“ in diesem herrlichen, starken, wunderbaren Namen. Welch ein Umschwung!

Wie ist denn dieser Umschwung zu erklären? Das Bekenntnis des Petrus zu Jesus wurde nur ermöglicht, weil sich ein anderer zu Jesus bekannt hatte, nämlich Gott selber. Am blutigen Karfreitag schien dieser Name für alle Zeiten mit Schande beladen und für immer vergessen. Aber am Ostersonntag hat sich Gott zu diesem Namen bekannt, hat er den Gekreuzigten emporgerissen aus dem Tode, da hat er ihn auferweckt. Deswegen spricht die Schrift so gern von der Auferweckung, weil sie eben zeigen will: Gott hat sich zu seinem Sohne Jesus Christus bekannt. Es war Gottes Werk, nicht Zauberei, es war Gottes Macht und Kraft, die diesen Leichnam aus dem Grabe gerissen lebendig gemacht und in wunderbarer Verklärung erhöht hat. Gott hat sich zu seinem Knechte Jesus bekannt.

Und eben wieder hat Gott ein Bekenntnis zu diesem mächtigen Namen abgelegt. Denn was ist denn die Heilung des Lahmgeborenen anders als ein Bekenntnis Gottes zu dem Namen Jesus? Im Namen Jesu geschieht die Heilung, aber nur deswegen, weil Gott diesen Namen gleichsam mit Kraft beladen hat, weil Gott den Aposteln die Macht gegeben hat, im Namen Jesu Wunder zu wirken. Das ist dieser herrliche Name, meine Freunde, der auch durch unser ganzes Leben klingen soll. Sein heiliger Name ist angerufen über uns. In der Taufe, in der Firmung, da wurde dieser Name über uns mächtig, und der Name ist ja doch nur die Bezeichnung der Person, der personalen Kraft, der personalen Würde unseres Heilandes.

Vor Jahren trug sich in einer Anstalt für verwahrloste Jungen folgendes zu: Einer der Jungen, ein schlimmer Junge, dem die Leitung des Hauses nichts Gutes zutraute, begegnete im Garten dem Leiter der Anstalt, der in einem Rollstuhl saß, weil er einen Schlaganfall erlitten hatte. Und dieser fromme Greis ließ den Jungen zu sich kommen und fragte ihn nach dem Namen. Dann sagte er zu ihm: „Ich segne dich im Namen Jesu.“ Am Abend saß der Junge, der sonst sehr ungebärdig war, ganz ruhig in dem Raum, in dem sich die Insassen der Anstalt befanden. Der Erzieher wandte sich verwundert an ihn und fragte ihn, was er habe. Da sagte der Junge zu ihm: „Wissen Sie, ich bin in meinem Leben viel herumgestoßen und verprügelt worden. Aber das hat noch nie jemand zu mir gesagt: Ich segne dich im Namen Jesu.“ Der Junge kam dann an eine Lehrstelle, man hörte lange nichts von ihm und fürchtete, daß er schon wieder auf die schiefe Ebene gekommen sei. Aber nein, eines Tages traf ein Brief ein: „Sie brauchen keine Sorge um mich zu haben, ich habe nicht vergessen, daß einmal jemand zu mir gesagt hat: Ich segne dich im Namen Jesu.“

Nicht wahr, meine lieben Freunde, das soll unser Vorsatz im neuen Jahre sein: Wir wollen uns und andere segnen im Namen Jesu. Wir wollen in diesem Namen, wie man in Schlesien sagt: im Namen Gottes, im Namen Jesu unser Tagewerk beginnen und beenden. Wir wollen im Namen dieses Allheiligen, dieses Gottgesandten unser Werk verrichten. Dieser Name soll über uns klingen, wenn die Gefahren und Versuchungen uns bedrohen. Dieser Name soll uns den Himmel aufschließen, wenn unsere letzte Stunde geschlagen hat.

Amen.

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