Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
2. August 1987

Die Hierarchie der Kirche

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir haben uns vorgenommen, die Wahrheit über die Kirche zu bedenken. Christus hat eine Gemeinschaft von Gläubigen gegründet, er hat ihr die Grundzüge einer Verfassung eingestiftet. Am vergangenen Sonntag sahen wir, daß er einen Stellvertreter als Nachfolger des Petrus bestellt hat, den römischen Papst.

Daneben gibt es eine ganze Hierarchie, eine heilige Ordnung, und zwar eine doppelte Hierarchie, eine Hierarchie der Weihe und eine Hierarchie der Hirtenschaft. Die Hierarchie der Weihe hat drei Stufen, denn sie beginnt mit dem Diakon und führt über den Priester zum Bischof. Andere Weihen göttlichen Rechtes als diese drei gibt es nicht. Es gibt nur Diakone, Priester und Bischöfe. In der Ämterhierarchie, in der Hierarchie der Hirtengewalt gibt es mehr Stufen. Da gibt es nämlich über den Diakonen und Priestern nicht nur Bischöfe, sondern auch Erzbischöfe, Metropoliten, Primasse, Patriarchen und an der Spitze den Universalregenten der Kirche, den römischen Papst.

Die Hierarchie der Kirche ist in ihren wesentlichen Teilen nicht ein Gemächte von Menschen, sondern von Christus dem Herrn selbst eingesetzt. Er hat nämlich die Apostel neben dem Petrus berufen und als Nachfolger der Apostel die Bischöfe bestellt. Die Bischöfe folgen den Aposteln nach, ähnlich wie der Papst dem Apostel Petrus nachfolgt. Der Papst ist ein außergewöhnlicher Nachfolger eines bestimmten Apostels, nämlich des Apostels Petrus. Die Bischöfe folgen insgesamt den Aposteln nach. Schon am Anfang, im Neuen Testament greifbar sehen wir die Grundlinien der Hierarchie entstehen. Etwa im Brief an die Philipper spricht der Apostel Paulus von Diakonen und Bischöfen. Der Sprachgebrauch war in der damaligen Zeit noch nicht fest, er hat sich allmählich entwickelt. In den judenchristlichen Gemeinden nannte man die Priester Presbyteroi und in den heidenchristlichen Gemeinden nannte man sie Episcopoi. Der Ausdruck „Presbyteroi“ (Älteste) war für die judenchristlichen Gemeinden deswegen angemessen. weil die Judenchristen aus ihrer jüdischen Vergangenheit die Ältesten kannten. Jede Synagoge hatte ihren Ältesten, und so hat man diesen Namen aufgegriffen für die Priester des Neuen Bundes. Der Name „Priester“ kommt ja von „Presbyteros“ (Ältester). Aber weil eben die Männer, die zu Priestern bestellt wurden, nicht immer Älteste waren, sondern auch junge Männer, deswegen war dieser Name in den heidenchristlichen Gemeinden, die ja das Ältesten-Institut nicht kannten, unangemessen. In den heidenchristlichen Gemeinden erhielten deswegen diese Männer, die wir Priester nennen, den Namen „Episcopoi“, das heißt „Bischöfe“.

Ja, sind denn dann Priester und Bischöfe dasselbe? O nein, das war zu keiner Zeit so, sondern unter den mehreren Priestern, die in einer Gemeinde wirkten, war immer einer, der an der Spitze stand, einer, der die Führung hatte, einer, der die Weihen spendete.

Wir wissen schon aus den Paulusbriefen, daß er Bischöfe als Einzelbischöfe neben einem Kollegium von Priestern eingesetzt hat. Auf der Insel Kreta bestellte er den Titus zum Bischof und in Ephesus setzte er den Timotheus als Bischof ein.

Neben Priestern und Bischöfen gab es die Diakone. Die Diakone entstanden, weil die Apostel mit den vielen Aufgaben, die ihnen oblagen, nicht fertig wurden; da brauchten sie Gehilfen, Diener, Diakonoi, denn das griechische Wort „Diakonoi“ heißt ja „Gehilfen“, heißt soviel wie „Diener“. Diese Diakone sind die unterste Stufe in der kirchlichen Hierarchie. Diakone können taufen, die Kommunion austeilen und predigen. Damit sind im wesentlichen ihre Aufgaben und ihre Vollmachten angegeben. Priester dagegen dürfen das Meßopfer feiern und die Lossprechung im Bußsakrament geben. Ihre Vollmachten sind größer. Am umfassendsten sind die Vollmachten der Bischöfe. Sie können als heilige Väter Diakone und Priester hervorbringen, indem sie sie weihen. Sie dürfen die Weihen spenden. Nur Bischöfe dürfen die Weihen spenden, und dem Bischof ist auch ordentlicherweise die Spendung der Firmung vorbehalten.

In den letzten Jahren hat der Feminismus behauptet, es habe in der Kirche auch weibliche Kleriker gegeben. Weibliche Kleriker hat es gegeben, aber nicht in der Kirche, sondern bei deren Abspaltungen, bei den Sekten, den Montanisten beispielsweise, einer Sekte in Nordafrika, die kannte Priesterinnen. Aber die Kirche, die Kirche Jesu Christi hat niemals heilige Weihen an Frauen gespendet. Auch die sogenannten Diakonissen wurden nicht geweiht, sondern sie wurden bestellt in einer anderen Weise, und zwar vor allem als Hilfe bei der Taufe. Damals spendete man die Taufe ja durch Untertauchen. Da mußten sich die Menschen ganz ausziehen, und da brauchte man natürlich für weibliche Täuflinge auch Frauen. Diesen Dienst hatten die Diakonissen. Sie haben dagegen niemals – wie die Diakone – dem Bischof oder dem Priester bei der Eucharistiefeier, der heiligen Messe zur Seite gestanden. Sie haben niemals eine heilige Weihe empfangen.

Der Grund dafür, daß die Weihe dem Manne vorbehalten ist, liegt darin, daß Gott wollte, daß sein Logos, daß der Erlöser als Mann erschien. Christus, der Jesus von Nazareth, war ein Mann, und alle, die in seiner Nachfolge und an seiner Stelle als Diener der Erlösung tätig sind, müssen die Eigenschaft des Mannes besitzen. Das hat Gott so festgelegt, daran kann kein Mensch rütteln, das ist den Menschen vorgegeben, auch der Kirche vorgegeben, und alle, die meinen, man könne Weihen auch Frauen übertragen, rütteln an Gottes Gebot.

Die Bischöfe unterscheiden sich von den Aposteln in zweifacher Hinsicht. Die Apostel wurden nämlich zur ganzen Erde, zu allen Völkern gesandt. Die Bischöfe haben nur eine Diözese, über die sie regieren, über die sie gestellt sind. Sie haben also keine Jurisdiktion über die ganze Erde, wie die Apostel, sondern sie sind in ihrer Hirtengewalt beschränkt. Die Apostel besaßen die persönliche Unfehlbarkeit. Der einzelne Bischof ist nicht unfehlbar. Kein einziger Bischof ist unfehlbar.

Die Minderung ihrer Gewalt erklärt sich daraus, daß der Herr eben Unterschiede gemacht hat zwischen den Aposteln und den anderen Jüngern. Den Aposteln sagte er: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Den anderen 72 Jüngern, die er aussandte, denen sagte er nur: „Gehet hin, ich sende euch!“

Aus diesem Unterschied von Aposteln und Jüngern sind die hierarchischen Unterschiede in unserer Kirche hervorgegangen. Die Bischöfe sind wahre Regenten ihrer Diözesen. Sie haben eine ordentliche Gewalt. Sie sind nicht bloße Stellvertreter des Papstes, nein, sie sind wahre und wirkliche Hirten ihrer Bistümer. Vereint mit dem Papst bilden sie das Bischofskollegium, und dieses besitzt auch – wie der Papst allein – die höchste Gewalt über die Gesamtkirche. Losgelöst vom Papst besitzt die übrigbleibende Gesamtheit der Bischöfe dagegen keine Gewalt.

Ohne den Bischof von Rom wäre eine Bischofsversammlung ein Rumpfparlament. Es wäre im buchstäblichen Sinne kopflos. Es fehlt ihm das Haupt, das Christus über seine Kirche bestellt hat.

Die katholische Kirche ist eine Bischofskirche. Nun gibt es auch andere Religionsgemeinschaften, die wirkliche oder scheinbare Bischöfe haben. Wirkliche Bischöfe besitzen die Orthodoxen, also die griechische Kirche oder die russische Kirche und die altorientalischen Kirchen. Diese Kirchen haben wirkliche, gültig geweihte Bischöfe. Diese Bischöfe besitzen die volle Weihegewalt. Ihre Regierungsgewalt ist aber zumindest umstritten, denn sie haben ja die Verbindung mit Petrus abgebrochen, und deswegen muß man ihre Verfügungen und ihre Verordnungen als objektiv illegitim betrachten. Subjektiv sind sie natürlich guten Glaubens, aber objektiv fehlt ihnen mit der Verbindung zum römischen Papst auch die Regierungsgewalt.

In anderen Religionsgemeinschaften gibt es nur Männer, die zwar den Namen „Bischöfe“ tragen, es aber nicht sind. So ist es im Protestantismus. Die sogenannten Bischöfe im Protestantismus haben keine Weihe. Sie sind Laien wie jeder andere. Sie führen einen Namen, aber sie haben nicht das Amt. Es fehlt ihnen die successio apostolica, die apostolische Nachfolge. Apostolische Nachfolge besagt, daß man bei jedem echten Bischof lückenlos Weihe auf Weihe zurückverfolgen kann bis zu den Aposteln. Die Kette darf nicht ein einziges Mal unterbrochen sein, denn dann wird sie zerrissen, und die Weihe ist ungültig. So aber ist es im Protestantismus. Den sogenannten Bischöfen im Protestantismus fehlt die apostolische Nachfolge, fehlt die gültige Weihe. Sie haben den Namen Bischof also nur in einer ganz anderen Bedeutung als die katholischen Bischöfe, die gültig geweiht sind.

„Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ,“ hat einmal der heilige Augustinus ausgerufen. Er wollte damit sagen: Das Bischofsamt ist ein Dienstamt. Für euch bin ich Bischof. Der Bischof ist zwar nicht von Volkes Gnaden, er verdankt sein Amt nicht einer Popularwahl, aber er ist zu Volkes Diensten. Er ist ganz dafür bestellt, seine Herde zu weiden. Und weiden, das heißt eben führen, nähren, hegen, pflegen. „Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ.“ Auch der Bischof bleibt heilsbedürftig, bleibt heilsempfänglich. Auch der Bischof muß seine Sünden bereuen und muß oft im Bußsakrament sich von seinen Sünden befreien lassen. Auch der Bischof kann sich nicht selbst das Heil geben, sondern muß sich von einem anderen Bischof oder Priester das Heil vermitteln lassen. Mit euch bin ich Christ.

So wollen wir, meine lieben Freunde, mit der ganzen heiligen Schrift und mit der Überlieferung den Bischof hochschätzen. Die Bischöfe sind bestellt, die Herde Gottes zu weiden. Aber sie haben auch eine furchtbare Verantwortung, und die wird ihnen einmal beim Gericht nicht leicht werden. Beten wir für sie, daß sie ihr Amt fruchtbar zu unserem Heile und für ihre eigene Seligkeit ausüben!

Amen.

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