Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
Ostern
30. März 1986

Auferstanden von den Toten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Abgestiegen zu der Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.“ So haben wir in unserer Kindheit im Apostolischen Glaubensbekenntnis gelernt, so haben wir unzählige Male gebetet. „Abgestiegen zu der Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.“

Die Osterverkündigung hat also zwei Bestandteile: Abgestiegen zu der Hölle – am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.

Der erste Bestandteil kommt meistens etwas zu kurz in der Osterverkündigung. Aber wir dürfen nichts unterschlagen von dem, was im Glaubensbekenntnis steht. Jeder Satz, jedes Wort ist bedeutsam. Deswegen wollen wir an erster Stelle überlegen, was es heißt: Abgestiegen zu der Hölle. Und „Am dritten Tage auferstanden von den Toten“ ist dann der zweite Teil unserer Überlegung.

Die Hölle, von der hier die Rede ist, ist die Wiedergabe des lateinischen Wortes infernum oder inferno, und das bedeutet „Unterwelt“, „Totenreich.“ Wenn es in der neuen Übersetzung heißt: Abgestiegen in das Totenreich, so ist das nicht falsch. Der Ausdruck „Hölle“ kommt natürlich aus dem Mittelalter, und da verstand man unter „Hölle“ mehrfaches. Zunächst einmal natürlich die Feuerhölle, also den Zustand der Verdammten. Der ist damit nicht gemeint. In die Feuerhölle ist der Herr bestimmt nicht hinabgestiegen. Die Verdammten haben an der Erlösung keinen Anteil. In der Feuerhölle ist die ewige Verdammnis, und Ewigkeit bedeutet, daß der Zustand nicht aufhört. Es ist aber mit Hölle auch nicht das Fegfeuer gemeint; denn das Fegfeuer ist ein Zustand, in dem die Seelen, die gerettet sind, durch Leiden gereinigt und für den Eingang in die Seligkeit des Himmels bereitet werden. Das Fegfeuer scheidet also auch für die Bedeutung „Hölle“ aus. Was bleibt dann übrig? Es bleibt das übrig, was unser guter alter Mainzer Katechismus aus dem Jahre 1926 mit dem Wort ausdrückt: Vorhölle. „Die Seele Jesu stieg nach seinem Tode in die Vorhölle hinab, zu den Seelen der verstorbenen Gerechten.“ So heißt es ganz richtig in diesem Katechismus.

Die Vorhölle ist ein Zustand ganz eigener Art. In ihm befanden sich die Seelen der Gerechten, die vor dem Tode Christi abgeschieden waren, also Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, David, Daniel, der Nährvater Jesu, Joseph. Dieser Zustand der Vorhölle war nicht ohne Freude; denn die darin Befindlichen waren gerettet. Sie hatten bei ihrem persönlichen Gericht die Gewißheit erlangt: Wir haben vor Gott bestanden. Wir sind nicht verdammt, sondern wir sind gerettet. Deswegen nennt der Heiland im Gleichnis vom armen Lazarus und vom reichen Prasser diesen Zustand „Schoß Abrahams“. Man ist geborgen im Schoß Abrahams. Es heißt aber dieser Zustand gleichzeitig (im ersten Petrusbrief) „Gefängnis“, weil die Seelen nicht herauskonnten. Sie mußten warten, bis der Himmel geöffnet war. Und das eben ist in der Auferstehung Jesu als der Vollendung der Erlösung geschehen. Jetzt ist Jesu Seele – der Leib hing ja am Kreuze und wurde dann begraben –, vereint mit der Gottheit, in den Zustand der Vorhölle hinabgestiegen und hat die Väter, Patriarchen und Propheten, die Gerechten des Alten Bundes befreit.

Schön ist das bildlich dargestellt in Urschalling in Bayern. Da sieht man einen aufgesperrten Rachen, das ist die Unterwelt, und dieser Rachen wird aufgesperrt durch das Kreuz Christi. Er öffnet die Unterwelt, die Vorhölle, und läßt die Gerechten, die wir hier sehen, heraus, er führt sie siegreich als Beute in seinen Himmel hinauf.

„Abgestiegen zu der Hölle.“ Jetzt wissen wir, was das bedeutet. Es ist die Befreiung der Gerechten des Alten Bundes aus dem Zustand der Vorläufigkeit des Gerettetseins hinein in die ewige Seligkeit, wo sie sich mit Gott eine Ewigkeit freuen dürfen.

„Auferstanden von den Toten.“ Der Herr hat seine Auferstehung vorausverkündet wie seinen Tod. Er hat den Jüngern mehrfach gesagt: „Der Menschensohn wird gegeißelt, mit Dornen gekrönt, gekreuzigt werden: Aber am dritten Tage wird er auferstehen!“ Und er hat das kühne Wort gesprochen: „Reißt diesen Tempel – seinen Leib – nieder, und in drei Tagen will ich ihn wieder aufrichten!“ Diese Verheißung hat sich erfüllt am Auferstehungstag. Der entseelte Leib des Herrn ist – in verwandelter und verklärter Gestalt – wieder lebendig geworden. „Der Herr ist wahrhaft auferstanden!“ betont die Kirche. Es steht immer das Wort „vere“ dabei, um nämlich eine Scheinauferstehung, eine abgeschwächte Auferstehung, eine bloß symbolische Auferstehung, wie sie progressistische Theologen oder ungläubige, abgefallene Männer vertreten,  auszuschließen.

Wenn der evangelische Theologe Rudolf Bultmann sagt: „Ein toter Leib kann nicht wieder lebendig werden,“ dann spricht er eine banale Phrase aus, wie sie die Fleischer auch sagen. Deswegen ist ja das Evangelium geschrieben worden, deswegen gibt es ja das Christentum, weil das einmal passiert ist. Das ist ein Satz von einer abgründigen Dummheit!

Der Unglaube hat, meine lieben Christen, drei Hypothesen vorgebracht, um die Wahrheit der Auferstehung Jesu nicht annehmen zu müssen. An erster Stelle – und das steht ja schon in der heiligen Schrift – gab er vor, der Leichnam Jesu sei gestohlen worden. Darauf ist zu antworten: Zu einer solchen Tat waren die Jünger aufgrund ihrer sittlichen Lauterkeit nicht fähig. Außerdem waren sie viel zu furchtsam, als daß sie es gewagt hätten, aus dem bewachten Grabe den Leichnam zu holen. Schließlich hätten ja auch die Wächter aufwachen müssen, wenn hier eine Operation an dem Grabe vorgenommen würde, wenn der Stein weggewälzt würde. Die Diebstahlshypothese ist die dümmste von allen.

An zweiter Stelle wird die Scheintodhypothese vertreten. Und Sie haben sie ja vor wenigen Tagen in der Mainzer Allgemeinen Zeitung wieder aufgewärmt bekommen. Man sagt, Jesus sei gar nicht gestorben, er sei nur scheinbar tot gewesen, der große Blutverlust habe bewirkt, daß Lebensäußerungen nicht mehr erkennbar gewesen seien, aber er habe sich dann wieder erholt und sei auferstanden und – nach diesem Zeitungsbericht – irgendwo in Indien untergetaucht. Wie das möglich sein soll, das ist bisher noch niemals klargemacht worden. Jesus war schon so schwach, daß er sein Kreuz zeitweise nicht allein tragen konnte. Die Verhöre, die Geißelung und der Blutverlust hatten ihn geschwächt. Die Kreuzigung mit ihren Qualen, mit ihren entsetzlichen Qualen hatte ihn als ersten in den Tod geführt. Die beiden Schächer starben ja später als er. Er starb als erster. Und wenn er noch nicht tot gewesen wäre, dann hätte ihm der Stich mit einer starken Lanze, die mit einer mehrschneidigen metallenen Stoßklinge versehen war, von einem Soldaten geführt, mit Sicherheit den Tod gebracht.

Die frommen Männer und Frauen, die ihn beerdigten, hätten ihn sicher nicht beigesetzt, wenn er nicht tot gewesen wäre. Außerdem hat ja der Hauptmann den Eintritt des Todes überprüfen lassen, denn Pilatus wunderte sich, daß Jesus so früh gestorben war. Mit der Scheintodhypothese ist es nichts. Wie soll ein so schwer verwundeter Mann 36 Stunden nach seinem Tode mit durchbohrten Händen sich aus den Packungen befreien, den Stein wegwälzen und mit durchbohrten Füßen herumlaufen? Das ist absolut unsinnig!

Die gefährlichste Hypothese ist die Halluzinationshypothese. Die Jünger, so sagt man, haben sich eingebildet, daß Jesus auferstanden ist. Sie haben es gehofft und geglaubt, und dann haben sich die entsprechenden Bilder in ihrer Seele eingestellt. Diese Hypothese scheitert an zwei Fakten: Einmal haben die Jünger eben gar nicht gehofft und geglaubt, sondern ihre Hoffnung und ihr Glaube lagen darnieder. Sie haben alles andere erwartet, nur nicht die Auferstehung. Sie wurden von der Auferstehung überrascht, sie wurden von ihr überfallen. Sie haben nicht eine Phantasie hervorgetrieben aus ihrem sehnsüchtigen Inneren, sondern sie haben ein Faktum, das von außen auf sie eindrang, zur Kenntnis nehmen müssen. Erscheinungen sind keine Phantasien, Erscheinungen sind Wirklichkeiten, die Gott dem Menschen zu sehen gibt, die von außen auf den Menschen eindringen und denen er sich nicht entziehen kann. Sie sind also keine Vorgänge im Inneren des Menschen, sondern sie sind äußere Phänomene. Die Evangelien mit ihrer untrüglichen Wahrheit bezeugen, daß die Erscheinungen nicht in dunkler Nacht, sondern am Tage geschahen, daß sie nicht bloß einmal auftraten, sondern oft sich wiederholten, daß sie vor Einzelpersonen, aber auch vor ganzen Gruppen von Personen sich ereigneten. Die Erscheinungen spielten sich nicht nur an einem Ort ab, in Jerusalem, sondern auch an anderen Orten, auch in Galiläa, am See Genezareth, auf einem Berge.

Das alles schließt die Halluzinationshypothese aus. Der Herr hat sich den Seinen zu erkennen gegeben nicht als ein Gespenst, nicht als ein Phantasieprodukt, sondern als der leighafte Herr, als der verklärte Gekreuzigte! Die Identität wurde bewiesen, indem Thomas die Finger in die Wunden der Nägel und die Hand in die viel größere Wunde der Seite legen durfte. „Mein Herr und mein Gott!“ So brach es aus den Zweifler Thomas heraus.

Wir haben, meine lieben Freunde, keinen Anlaß, an der Wahrheit des Glaubens, den wir als Kinder gelernt haben, zu zweifeln. Ungläubige hat es immer gegeben, neu ist vielleicht, daß diese Ungläubigen sich heute im Schoß der katholischen Kirche befinden, das ist neu. Man hat offenbar nicht mehr die Kraft, diese Menschen zu entfernen, sie dorthin gehen zu lassen, wohin sie gehören, nämlich zu den Häresien.

Aber das darf uns nicht irre machen in unserem unerschütterlichen Glauben: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden, er ist dem Petrus und den Emmausjüngern und den sieben Jüngern am See Genezareth, ja fünfhundert Brüdern auf einmal erschienen.“

Du Sieger, du König, du erstandst wahrhaft vom Tod! Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“

Amen.

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