Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
24. Mai 2010

Der Geist der Welt gegen den Geist des Herrn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Als Jesus starb, war sein Werk noch nicht vollendet. Die Vollendung brachte erst die Zeit nach seinem glorreichen Auferstehen und seiner glorreichen Himmelfahrt. Da hat er die Jünger belehrt, da hat er ihnen den Partikularismus ausgeredet, in dem sie meinten, die Botschaft Jesu wende sich nur an die Juden. Nein, „bis an die Grenzen der Erde“ sollten sie sein Evangelium tragen. Aber der Geist, den Jesus sandte, bringt keine neue Offenbarung. Er lehrt das halten, was Jesus gelehrt hatte. Er zeigt, dass Leben, Sterben und Auferstehen Jesu das Zentrale nicht nur im Leben Jesu, sondern in der ganzen Weltgeschichte ist. Er lehrt die Jünger beten: Jesus ist der Herr. Denn so sagt der Apostel Paulus im Römerbrief: „Niemand kann sagen: ,Jesus ist Herr’ außer im Heiligen Geiste.“ Hier haben wir also ein entscheidendes Kriterium für die Anwesenheit des Geistes. Wo der Gottesgeist wirkt, da bekennt er: „Jesus ist der Herr!“ – griechisch:  „Kyrios Jesus“. „Jesus ist der Herr“ ist eines der ältesten und das kürzeste urchristliche Glaubensbekenntnis, das an den Augerstandenen und Erhöhten gerichtet ist. Der Titel „Herr“ besagt nämlich zweierlei. Er sagt einmal die herrscherliche Würde Jesu aus und zweitens seine Göttlichkeit. Denn „Kyrios“ (Herr) ist der Name für Gott, hunderte Male im Alten Testament ausgesagt. Und wenn wir Jesus den Namen „Herr“ beilegen, dann bekennen wir, dass er Gott, wahrer Gott vom wahren Gott ist. Durch das Bekenntnis zu Jesus von Nazareth als dem Herrn ist die christliche Kirche als der einzige Ort der Wirksamkeit des göttlichen Geistes in der Welt ausgezeichnet. Wo der Herr ist, da ist der Geist. Und dieses Bekenntnis zum Herrn ist unerläßlich, um das Heil zu erlangen. „Wer mit dem Munde den Herrn Jesus bekennt, und wer im Herzen glaubt, dass Gott ihn auferweckt hat, der wird gerettet werden.“ Das ist die Botschaft des Paulus im 10. Kapitel des Römerbriefes, mit dem Munde den Herrn Jesus bekennen und im Herzen glauben, dass Gott ihn zum König und Messias durch seine Auferstehung gemacht hat.

Heute ist viel von religiöser Erfahrung die Rede. Man meint, mit Popmusik und Tanz könne man dem verborgenen Gott nahe kommen. Ich halte diese Mittel für ungeeignet, Gott zu finden. Im Christentum hängt wenig ab vom Erleben, aber sehr viel vom Glauben und Bekennen. Die mehr oder minder eindrucksvolle Art religiösen Erlebens ist wenig bedeutungsvoll für das religiöse Bekenntnis. Wo begeisterte, erregte Frömmigkeit sich äußert – und so etwas gibt es ja –, da stammt sie nur dann aus der Wahrheit, wenn sie Jesus als den Herrn bekennt. Allem Schwärmertum innerhalb und außerhalb des Christentums ist damit eine Absage gegeben.

Der Apostel Paulus erklärt: „Niemand kann sagen: ,Jesus ist der Herr’ außer im Heiligen Geiste.“ Aber er fügt noch einen Satz hinzu: „Niemand kann Christus fluchen, und keiner, der Christus flucht, hat den Heiligen Geist.“ Im Heiligen Geiste kann man Christus nicht fluchen, denn der Geist spricht die Entscheidung für Christus, den Herrn, aus. Im Heiligen Geiste kann man Jesus nicht als einen bloßen Menschen ausgeben, wie es Herr Küng in Tübingen tut, denn der Heilige Geist legt Einspruch ein gegen eine solche Degradierung. Im Heiligen Geiste kann man Jesus nicht neben Mohammed oder Buddha stellen, denn der Heilige Geist erhebt Jesus über jeden Religionsstifter menschlicher Art. Der Heilige Geist macht deutlich: Jesus, der Herr, ist die Mitte, und die Mitte im Leben Jesu ist sein Kreuz und seine Auferstehung. Aus Liebe ist Jesus für uns Sünder gestorben. Gott hat seine Liebe dadurch kundgemacht, erzählt uns der Apostel Paulus, „dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren“. Da sieht man ganz Ungewöhnliches. Vielleicht, sagt er, vielleicht stirbt einmal jemand für einen Gerechten, aber das ist nicht der Tod Jesu. Er ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren, als wir seine Feinde waren.

Jesus ist aus Liebe für seine Feinde, für die Feinde Gottes, gestorben, ein Liebestod, aber anders als in Tristan und Isolde. Seine Liebe war die sich selbst opfernde Liebe. Diese Liebe ist es, die der Heilige Geist die Menschen lehrt. Wir sollen das Beispiel Jesu nachahmen, wir sollen jene geduldige Liebe lernen, die der Heiland uns vorgelebt hat, die Liebe zu den Menschen. Zur Nächstenliebe, zur Feindesliebe soll er uns erziehen, auch zur Liebe gegenüber der Kirche. Und wie zeigt sich diese Liebe? Indem wir für die Kirche arbeiten, indem wir sie verteidigen, indem wir ihr dienen, indem wir sie schmücken mit unserer eigenen Persönlichkeit. Der heilige Augustinus hat einmal das schöne Wort geprägt: „In dem Maße, in dem einer die Kirche liebt, hat er den Heiligen Geist.“ Also die Liebe zur Kirche ist das Maß für den Besitz des Heiligen Geistes.

Die Kirche ist eine Wirklichkeit mit zwei Seiten. Sie besitzt eine göttliche Seite kraft göttlicher Stiftung und eine menschliche Seite. Die göttliche Seite unterliegt keiner Kritik von Menschen. Es ist blasphemisch, das Werk Gottes modeln zu wollen. Was an der Kirche menschlich ist, unterliegt dem Urteil von Menschen, aber nur jenen, die durch Sachkenntnis, Uneigennützigkeit, Frömmigkeit und Sittenreinheit ausgezeichnet sind. Ich empfinde es als eine Anmaßung, dass jeder Journalist sich herausnimmt, Kritik an der Kirche, am Papst zu üben, auch wenn ihm alle Voraussetzungen dazu fehlen. Kritik an der Kirche ist heute im Schwange. Kritik an der Kirche üben diejenigen, die selbst am meisten Kritik verdienen würden, diejenigen, die wegen ihrer religiösen und sittlichen Defizite kritikwürdig sind. Die Kritiker und Nörgler lieben nicht die Kirche, sie lieben ihre eigenen verkehrten Vorstellungen. Sie kritisieren Einrichtungen und Gesetze, die ihnen nicht passen. Sie wollen es sich und den anderen so bequem wie möglich machen, und deswegen soll alles fallen, was unbequem ist. Die Journalisten sprechen von Leuten wie der „Kirche von unten“ und „Wir sind Kirche“ als von „Reformgruppen“. Meine Freunde, das sind keine Reformgruppen, das sind Abbruchunternehmen! Reformieren heißt, Menschen und Einrichtungen dem gottgewollten Zustand zuführen. Was die genannten Gruppen wollen, ist genau das Gegenteil. Sie wollen Menschen und Einrichtungen vom gottgewollten Zustand abführen. Was sie Reformen nennen, ist in Wahrheit Abbau, Schmälerung, Verkürzung. Reformieren heißt die Zügel anziehen, nicht sie lockern. Der Superlaie Alois Glück in München, der Superlaie, empfiehlt die Aufhebung des Zölibats, der priesterlichen Enthaltsamkeit. Er verweist auf andere Religionen, die dieses Gebot nicht kennen. Ganz richtig! Ganz richtig! Sie kennen es nicht, weil sie nicht die wahre Kirche Christi sind. Sie kennen es nicht, weil sie zwar Religionsdiener haben, aber nicht durch ein wunderbares Sakrament Christus, dem Priester, angenäherte Priester. Die brauchen den Zölibat nicht. Wir müssen ihn haben. Neuerdings bekommen die Zölibatsgegner Zuzug vom Episkopat. Der Erzbischof von Bamberg erklärt, man solle den Zölibat lockern, das heißt eben aufheben, und mit verschlüsselten Bemerkungen tritt ihm der Bischof von Mainz bei, mit verschlüsselten Bemerkungen.

Ich leugne nicht, immerhin 60 Jahre im Priestertum, ich leugne nicht die Schwierigkeiten des enthaltsamen Lebens. Aber hat das Eheleben weniger Schwierigkeiten? Ich halte dafür, dass eine gute christliche Ehe schwerer zu leben ist als die Enthaltsamkeit um Gottes willen. Was tauschen wir ein, wenn wir die Priesterehe einführen? Gibt es keine Problematik der Ehe, der meisten Ehen? Meine Herren Bischöfe, wissen Sie nicht, was sich vor der Ehe, in der Ehe, außerhalb der Ehe und nach der Ehe tut? Wissen Sie das nicht?

In der katholisch-theologischen Fakultät zu Mainz, der ich jahrzehntelang angehört habe, hatte ich drei Kollegen, die den Priesterstand aufgegeben haben und eine Ehe eingegangen sind. Der erste schwängerte eine Studentin. Es blieb während der Jahrzehnte dauernden Ehe bei dem einen Kind, das in der Unenthaltsamkeit gezeugt wurde. Ist das die Ehe nach Gottes Willen? Der andere Kollege ließ sich laisieren, heiratete, zeugte in der Ehe zwei Kinder, dann wurde die Ehe geschieden. Bevor er heiratete, sagte er, er könne es nicht aushalten ohne Frau. Jetzt muss er es jahrzehntelang aushalten ohne Frau. Ist das die Ehe, die der Bischof von Bamberg haben will? Der dritte sang im Bachchor in Mainz. Er lernte eine protestantische Lehrerin kennen, warf das Priestertum ab, heiratete, wurde geschieden, heiratete von neuem und trat aus der Kirche aus. Sind das die Ehen, die die zölibatsmüden Bischöfe haben wollen? Nicht die Aufhebung des Zölibats, meine lieben Freunde, bringt die Kirche voran, sondern seine Einschärfung und Verwirklichung. Die Zölibatsgegner haben den Geist Gottes eingetauscht gegen den Geist der Welt. Sie lassen sich nicht vom Heiligen Geist, sondern vom Zeitgeist leiten. Wir wissen doch, was der Zeitgeist empfiehlt: völlige Beliebigkeit im Bereich des Geschlechtlichen, Unzucht zwischen Jugendlichen, Unzucht zwischen Erwachsenen, Zusammenleben nach Lust und Laune, Auseinandergehen nach Wunsch und Vorstellung.

Es ist dumm, lächerlich und gefährlich, von einer Änderung der Strukturen der Kirche einen Aufschwung zu erwarten. Nicht die Strukturen, sondern die Menschen müssen geändert werden. Sie müssen gläubig, fromm und sittenrein werden. Aber das fordern die Reformer nicht, denn das ist anstrengend, das ist unpopulär, damit kommt man bei den entchristlichten Massen nicht an. Nicht die Aufhebung der Gesetze bringt die Kirche voran, sondern ihre strikte Beobachtung. Nicht die Auslieferung an den Weltgeist überwindet die Krise, sondern die Hingabe an den Heiligen Geist.

Ach, meine lieben Freunde, wenn doch der Gottesgeist wieder mit Macht über unsere Kirche käme! Wenn er doch die Bischöfe aufrütteln und an ihre Pflichten erinnern würde! Wenn er uns doch zu Zeugen, zu echten und glaubwürdigen Zeugen unseres Herrn und Heilandes machen würde!

Amen.

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