Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. April 2013

Unsere Auferstehung von den Toten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Du bist verrückt, Paulus“, sagte der Statthalter Festus in Caesarea zu dem gefangengenommenen Apostel, „du bist verrückt! Das viele Studieren bringt dich um den Verstand.“ Diese Worte stehen in der Apostelgeschichte. Der römische Statthalter hatte die Botschaft des Apostels von der Auferstehung Jesu und unserer eigenen Auferstehung vernommen. „Ich sage nichts anderes“, so hatte Paulus ihm verkündet, „als was die Propheten und Moses von den kommenden Dingen gesagt hatten. Der Messias werde leiden, er werde als erster von den Toten auferstehen und dem Volk Israel und den Heiden Licht verkünden.“ Schon einige Jahre vorher hatten die Bewohner von Athen in Griechenland über Paulus in dem Augenblick zu spotten begonnen, als er von der Auferstehung der Toten predigte. Paulus hatte gesagt: „Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er das Erdreich in Gerechtigkeit richten wird durch einen Mann, den er beglaubigt hat durch die Auferweckung von den Toten.“  „Als sie von der Auferstehung der Toten hörten“, schreibt die Apostelgeschichte, „da spotteten die einen und die anderen sagten, wir wollen dich ein andermal hören.“ Wir wollen es heute selbst den Aposteln nicht ankreiden, dass sie zunächst nach dem so schmählichen Tode Jesu nicht an die Wirklichkeit der Auferstehung glauben wollten. Sie hatten die Schrift noch nicht verstanden, wonach er auferstehen muss. Mit einer geradezu unglaublichen Geduld hat sich Christus bemüht, den Apostel Thomas zum Glauben zu führen. Er gestattete, dass er seine Wundmale berührte und dass er seine Hand in die Seitenwunde legte. „Und sei nicht mehr ungläubig, sondern gläubig!“ Die Auferstehung Christi hatte den Hohen Rat, die Hohenpriester also, die Ältesten und die Schriftgelehrten, völlig durcheinander gebracht, sodass sie zu dem Mittel der Bestechung griffen, um die Grabeswächter von der Botschaft abzuhalten, der einzigen, die sie geben konnten: „Das Grab ist leer, er ist verschwunden.“ Wegen des Evangeliums von der Auferstehung Christi brach die erste Christenverfolgung in Jerusalem los. Die Priester, der Tempelhauptmann und die Sadduzäer waren unwillig, dass die Apostel das Volk lehrten und in Jesus die Auferstehung von den Toten verkündeten. Sie wollten die Botschaft ersticken, indem sie die Verkündiger inhaftierten. Da hatten sie diesen Jesus dem Tode überliefert. Der Soldat hatte sein Herz -die Wunde muss auf der linken Seite sein, wenn wir den Gekreuzigten sehen, der Soldat wusste, wo sein Herz ist – der Soldat hatte sein Herz mit der Lanze durchbohrt und trotzdem soll dieser Jesus wieder auferstanden sein und leben? Das warf alle bisherigen Vorstellungen vom Tode um. „Tot ist tot und aus ist aus“, sagte mir einmal ein bekannter Ehebrecher. Niemand schien den Tod so in Erbpacht zu haben wie die Todesmacht. Niemand den Sieg so sicher wie der Tod. Aber Gott ist der Herr der Natur und ihrer Gesetze. Er hat diese Gesetze geschaffen und er bleibt andauernd ihr Herr. Durch die Wiederbeseelung und die Umformung seines eigenen Leibes in der Auferstehung hat Christus vor der gesamten Menschheit Zeugnis davon abgelegt, dass die Zukunft des Menschen weder durch das Sterben zuschanden wird noch allein in einer geistigen Daseinsform besteht. Das ewige Leben des Menschen ist ein geistig-stoffliches Geschehen, eine geistig-stoffliche Wirklichkeit. Der Mensch bleibt Mensch, er wird kein Engel. Geist und Körper gehören zum ganzen Menschen. Selbst Jesus Christus hat die in der Inkarnation angenommene Menschennatur nicht weggeworfen, er hat sie nicht einmal so vergeistigt, dass das Materielle verschwunden wäre. Nein, er hat sie verwandelt. Er hat das Stoffliche seiner Menschennatur in der Auferstehung erneut an sich genommen und dieses Stoffliche zur Rechten des Vaters erhöht. Der Mensch ist nämlich keine Zweiheit, wie das Gefäß und das Wasser zwei Dinge sind. Das Geistige und das Stoffliche sind im Menschen zu einer Substanz zusammengeschmolzen, eben zum Menschen. Der Geist ist im Körper nicht drinnen, wie das Wasser im Zuber ist, sondern Geist und Leib sind im Menschen eine lebendige Einheit. Wenn der Mensch stirbt, dann lebt der Geist durch Gottes Macht weiter. Aber das ist nur ein Zwischenzustand. Es ist ein Zwischenzustand vor dem Endzustand, der Geist und Leib in verklärter Form vereinigt. Die Vollendung und die bleibende Gestalt erhält der Mensch erst nach der Auferstehung des Fleisches.

Der Protestantismus hat diese Lehre längst abgeschrieben, er hat sie entsorgt. Wir halten daran fest, weil es das Evangelium ist. Christus hat während seiner Erdenzeit immer wieder die Auferweckung am Jüngsten Tage durch sein Wort und durch seine Gleichnisse feierlich verkündet: „Ich werde euch auferwecken am Jüngsten Tage.“ Am Grabe des Lazarus sagt er den beiden Schwestern: „Er wird auferstehen.“ „Ja wir wissen“, sagten sie, „er wird auferstehen am Jüngsten Tage.“ Der eigentliche Bestandteil und das eigentlich Neue am Evangelium ist nicht das Weiterleben der Seele. Das war damals eine Selbstverständlichkeit. Die Juden lasen im Buche der Weisheit im Alten Testament: „Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand. Keine Qual kann sie berühren. Nach kurzer Leidenszeit empfangen sie großes Glück.“ Und die Griechen konnten es im Dialog ‚Timaios‘ von Platon nachlesen. Da steht geschrieben: „Wer aus Liebe zur Wahrheit bestrebt ist, Unsterbliches und Göttliches zu denken, der wird zur Unsterblichkeit gelangen.“ Jesus hat selbstverständlich diese Erwartung des Weiterlebens des Geistes bestätigt und wiederholt vorgetragen: „Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch eine zu bereiten. Vater, ich will, dass sie, die du mir gegeben hast, dort seien, wo ich bin.“ Das Fortbestehen der Seele hat Jesus auch gelehrt. Aber das ist nicht das eigentlich Neue, sondern das eigentlich Neue im Christentum ist die Weiterexistenz des ganzen Menschen. Der Mensch wird als voller und ganzer Mensch auferweckt werden in einer unverwelklichen und unvergänglichen Gestalt und ewig leben.

Meine lieben Freunde. Das mag für uns unvorstellbar sein. Es ist auch für mich unvorstellbar, aber die Vorstellung ist nicht nötig, wo die Wahrheit feststeht. Wir können uns vieles nicht vorstellen, was doch unbezweifelbare Wirklichkeit ist. Der Durchmesser der Sonne ist hundertneunmal so groß wie der Durchmesser der Erde. Die Masse der Sonne ist dreihundertdreißigtausendmal so groß wie die Masse der Erde. Der gegenwärtig mit den Fernrohren, mit den optischen Instrumenten, zugängliche Teil des Weltalls, hat einen Durchmesser in der Größenordnung von mehr als einer Milliarde Parsec, das sind mehr als 3 Milliarden Lichtjahre. In ihm befinden sich einige hundert Milliarden Sternsysteme, einige hundert Milliarden Sternsysteme, die zusammen etwa 10 hoch 21 Sonnenmasse enthalten. Wer kann sich das vorstellen? Ich nicht! Wahrscheinlich existiert dazu eine 5- bis 6-fach größere Menge von nicht-leuchtend in Erscheinung tretender dunkler Materie. Das alles sind Wirklichkeiten, stoffliche Wirklichkeiten, irdische Wirklichkeiten, und wir können sie uns nicht vorstellen. Ja, wie sollen wir uns dann himmlische Dinge vorstellen können, wie die Auferstehung des Fleisches? So sehr lebt der Apostel Paulus im Glauben an die Auferstehung der Toten, dass ihm ohne diese Wahrheit das ganze Evangelium als ein großer Betrug erscheinen würde. Er begnügte sich durchaus nicht mit dem geistigen Weiterleben der Seele nach dem Tode. Nein, er beharrte darauf, dass das ewige Leben für den Menschen auch eine menschengemäße Form haben muss, d. h. eben eine geistig-stoffliche. „Gibt es“, so schreibt er im 1. Korintherbrief, „gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wurde aber Christus nicht auferweckt, dann ist unsere Predigt ohne Inhalt. Ohne Inhalt ist dann auch euer Glaube. Dann stehen wir als falsche Zeugen über Gott da, weil wir es wider Gott bezeugt haben, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt haben kann, wenn es keine Auferstehung gibt.“ Man merkt die Erregung, die in Paulus glüht, wenn er diese Verse schreibt. „Wenn nämlich Tote nicht erweckt werden, dann ward auch Christus nicht erweckt. Dann ist euer Glaube nichtig, und ihr seid noch in euren Sünden. Dann sind auch die verloren, die in Christus schon entschlafen sind. Wenn wir nur für dieses Leben auf Christus gehofft haben, dann wären wir die beklagenswertesten unter allen Menschen.“

Christus, meine lieben Freunde, ist durch seine Auferweckung oder seine Auferstehung, beide Ausdrücke sind gleichwertig und gleich wichtig, Christus ist durch seine Auferweckung und seine Auferstehung der Todesüberwinder geworden. Wer stärker ist als der Tod, der ist der Allerstärkste. Was er an sich vollbracht hat, das wird er auch an allen vollbringen, die zu ihm gehören. Das ist die Botschaft von Ostern. Die Auferstehung Christi und unsere eigene Auferstehung sind zu der großen christlichen Botschaft verschmolzen, die Freude und Hoffnung in uns weckt, die die Schwermut der griechischen Vorstellung von einem Totenreich überwindet. Kein Wunder, dass die Auferstehung Christi zum größten Fest der Christenheit geworden ist. Kein Wunder, dass in der Liturgie von Ostern der Jubel und die Freude eine nicht überbietbare Stellung einnehmen. Hier ist dem Christen die Zukunft eröffnet. Die Zukunft, die mit einem unauslöschlichen Siegel beglaubigt ist durch Christus.

„Christus erstand wahrhaft vom Tod.

Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“

Amen. Alleluja!

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt