22. Juni 2025
Die Heilsbedeutung des eucharistischen Opfersakramentes. Sinn und Zweck des Messopfers.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
1. Das Messopfer ist das vergegenwärtigte Kreuzesopfer. Sooft wir das Gedächtnisopfer feiern, wird das Werk der Erlösung vollzogen. Es ist das Opfer, durch das wir an Christus, seinen Leiden und seiner Gottheit Anteil haben. Wenn im Messopfer das Kreuzesopfer vergegenwärtigt wird, wird in ihm die Heilskraft des Kreuzesopfers gegenwärtig. Das Kreuzesopfer diente wie das ganze Leben Christi der Verherrlichung Gottes und dem Heil der Menschen; dem Heil der Menschen, weil es der Ehre Gottes diente. Das Erlösungswerk Christi diente der Verherrlichung Gottes in einer zweifachen Weise, in einer mehr gegenständlichen und in einer mehr subjektiven Weise. Im Kreuzesopfer seines Sohnes hat sich der Vater im Himmel mit einer neuen, über die in der Schöpfung vollzogene Selbstenthüllung weit hinausgehenden Mächtigkeit geoffenbart. Der Kreuzestod Christi bedeutet eine in endlichen Ausmaßen von Gott selbst vorgenommene Darstellung und Verwirklichung der göttlichen Herrlichkeit, und zwar vor allem nach den Gesichtspunkten der Liebe, der Heiligkeit und der Gerechtigkeit. Angesichts des vom Vater in den Tod dahingegebenen menschgewordenen Gottessohnes können wir sagen: So ist Gott, dass er dies wirkt, was hier geschieht. In diesem Geschehen wird er uns sichtbar als der Gnädige und Barmherzige, als der Heilige und als der Gerechte. Dadurch, dass Gott seinen eigenen Sohn in den Tod hineinsandte, offenbarte er sich als die gerechte und heilige Liebe. Dadurch, dass er ihn in das Grauen und in die Schande dieses Todes hineinstieß, offenbarte er sich als der gnädige Richter über die Sünde. Die Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung der göttlichen Liebe, Heiligkeit und Gerechtigkeit erfolgte in folgender Weise. Der menschgewordene Sohn Gottes nahm Gottes Liebe, Heiligkeit und Gerechtigkeit selbst in sein Herz auf und vollzog sie in seinem Leben. Dies geschah in der Hingabe an den Willen des Vaters, im Gehorsam gegen den Auftrag des Vaters. Durch seine Liebe und seinen Gehorsam hat Christus die Selbstherrlichkeit und den Ungehorsam der sündigen Menschen überwunden. Durch seinen Tod hat er die Menschen wieder mit Gott versöhnt. Er hat die Sünden gesühnt, indem er den Fluch, den Gott über die Sünde ausgesprochen hatte, in vorbehaltloser Hingabe auf sich nahm und überwand. In der Liebe und im Gehorsam, die sich in seinem Sterben verleiblichten, hat er den ewigen Heilswillen des gerechten und gnädigen Gottes vollstreckt. Er ist in seinem Tode als der „Erstgeborene der Schöpfung“ vor das Antlitz des Vaters getreten und hat in seiner vorbehaltlosen Hingabe den himmlischen Kult eingeleitet, das ewige Opfer des Lobes und Dankes, das nie mehr aufhören wird.
2. Was vom Kreuzesopfer gilt, das gilt auch vom Messopfer: Es ist Anbetung und Lob, Danksagung und Sühne. Dieses Opfer ist ein wirkliches Sühneopfer. Es bewirkt, dass wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe, wenn wir mit geradem Herzen, mit rechtem Glauben, mit Scheu und Ehrfurcht, zerknirscht und bußfertig vor Gott hintreten. Versöhnt durch die Darbringung dieses Opfers, gibt Gott die Gnade und Gabe der Buße, und er vergibt die Vergehen und Sünden, mögen sie noch so schwer sein. Es wird deshalb nicht nur für die Sünden der lebendigen Gläubigen, für ihre Strafen, Genugtuungen und andere Nöte, sondern auch für die in Christus Verstorbenen, die noch nicht vollkommen gereinigt sind, mit Recht dargebracht.
a) Die Eucharistie ist verleiblichte Anbetung. Die Kirche tritt im eucharistischen Opfer durch Christus und mit Christus vor das Antlitz des Vaters und huldigt ihm als dem Herrn des Himmels und der Erde, als dem Heiligen in vorbehaltloser Hingabe. Im Gebet per ipsum usw. nach der Wandlung bittet sie, dass durch Christus dem himmlischen Vater im Leben des Heiligen Geistes alle Ehre und Verherrlichung zuteil werde.
b) Die Anbetung ist die Wurzel und das vereinheitlichende Band alles sonstigen Betens. Sie wirkt sich aus in der Freude an Gottes Herrlichkeit, im Rühmen und Preisen Gottes und im Dank für die Teilnahme, die er uns an seiner Herrlichkeit, an seiner Liebe und an seiner Heilig-keit gewährt, in der Bitte, er möge uns immer stärker in seine Liebe hineinziehen. Die Anbetung des sündigen Menschen wird zur Sühne für die Sünden. So ist das Messopfer, das verleiblichte Anbetung ist, zugleich verleiblichtes Loben, Danken, Bitten und Sühne. Im Worte Eucharistie kommt zum Ausdruck, dass das Messopfer ein Dankopfer und Lobopfer ist. Die Danksagung geschieht für das Werk der Schöpfung und der Erlösung. Der Gläubige bringt durch Christus und mit Christus die Danksagung dar. Die im Messopfer erfolgende Danksagung geschieht durch die Opferdarbringung selbst. Aber was im Opfervorgang geschieht, wird in einer Folge von wirksamen Gebeten in das in das gläubige Bewusstsein aufgenommen und vor dem himmlischen Vater ausgesprochen.
c) Die Danksagung, die wir Gott darbringen, muss sich immer aus dem Hintergrund der eigenen Unzulänglichkeit und Sündhaftigkeit erheben. So verbindet sie sich mit dem Bekenntnis der eigenen Sünde und wird zur Bitte um die Verzeihung der Sünde und um die Kräftigung und Vollendung des göttlichen Lebens in uns. Tatsächlich hat das eucharistische Opfer die Kraft, die Sünde zu überwinden. Es tilgt jedoch die Sünde nicht unmittelbar, weder die lässliche noch die Todsünde, sondern dadurch, dass es die Gnade der Buße (Bekehrung) erwirkt und die Liebe vermehrt. So überwindet es immer wieder von neuem die auch im Getauften verbleibende und sich regende Unvollkommenheit und Sündhaftigkeit. Dadurch dass die Kirche im eucharistischen Opfer durch Christus anbetend, bittend, lobend und dankend vor das Antlitz des Vaters tritt, wird sie immer stärker in die Liebe und das Herrlichkeitsleben Gottes hineingezogen und daher von der Sünde befreit. Die zeitlichen Sündenstrafen werden durch das Messopfer unmittelbar erlassen, sofern in ihm dem himmlischen Vater das Sühnewerk Christi dargebracht wird.
d) Die eucharistische Opferhandlung ist endlich eine an den himmlischen Vater gerichtete Bitte um das Heil. Es wird für alle mit Christus durch die Taufe Verbundenen gebetet, für die Glieder des Leibes Christi, ja für alle Menschen. In besonderer Weise beten wir für die Verstor-benen. Das eucharistische Opfer ist in seinem Vollzug eine Bitte an Gott, er möge um des Leidens und Sterbens Christi willen, das in der Eucharistie vergegenwärtigt wird, die Verstorbenen von allen Mängeln befreien und sie zur Teilnahme an seiner unverhüllten Herrlichkeit führen.
3. Die Eucharistie ist verleiblichte Anbetung und Sühne, Danksagung und Bitte. Sie kann nur Gott dargebracht werden, nicht den Heiligen. Wir gedenken der Heiligen im Messopfer, weil wir Gott für ihren Sieg danken und um ihren Schutz bitten. Wir legen unsere Bitten in ihre Hände und vertrauen, dass sie, von aller Selbstsucht gereinigt, mit größerer Kraft und Innigkeit an Christus weitergegeben werden. Wir bitten die Heiligen auch unmittelbar um ihre Fürbitte. Nicht als ob wir zu dem einen Mittler zwischen Gott und den Menschen nicht genügend Vertrauen hätten. Sondern weil unser Gebet unvollkommen und mangelhaft ist. Es kann von denen, die lebendiger mit Christus verbunden sind als wir, mit größerer Liebe und Hingabe durch Christus vor dem Vater ausgesprochen werden kann als von uns. Besonders geziemend ist es, dass dort, wo der Tod des Herrn gegenwärtiggesetzt wird, der Martyrer gedacht wird. Sie haben nicht nur durch das Mysterium, sondern durch ihr Martyrium am Opfertod Christi teilgenommen.
Amen.