Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
25. Juli 2004

Der Miß­brauch der Reli­gi­ons­ge­schichte

Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wenn Sie die Reli­gi­ons­bü­cher Ihrer Kin­der und Enkel durch­blät­tern, dann sto­ßen Sie auf die erstaun­li­che Tat­sa­che, dass dort nicht nur von der Offen­ba­rung Alten und Neuen Tes­ta­men­tes die Rede ist, son­dern auch von frem­den Reli­gio­nen. Da sieht man, wie sich indi­sche Gläu­bige im Gan­ges waschen; man sieht Moham­me­da­ner, wel­che die Kaaba in Mekka umschrei­ten; man fin­det bud­dhis­ti­sche Mön­che mit ihren far­bi­gen Gewän­dern und man stößt auf tibe­ti­sche Gebets­fah­nen. Warum sol­len Kin­der nicht auch fremde Reli­gio­nen ken­nen­ler­nen, könnte man fra­gen. Dazu sind drei Bemer­kun­gen not­wen­dig.

1. Christ­li­che Kin­der sol­len zuerst und vor allem und gründ­lich ihre eigene Reli­gion ken­nen­ler­nen. Aber daran fehlt es sehr. Kein Gerin­ge­rer als der Kar­di­nal Kas­per hat gesagt: „Das reli­giöse Wis­sen ist in Deutsch­land auf einem Tief­stand, wie er noch nie erreicht war.“ Man soll zuerst die eigene Reli­gion ken­nen und dann viel­leicht auch andere. Aber die Kennt­nis der Offen­ba­rungs­re­li­gion ist kon­kur­renz­los wich­tig und darf nicht neben der Kennt­nis ande­rer Reli­gio­nen zurück­ge­setzt wer­den.

2. Die frem­den Reli­gio­nen wer­den so hin­ge­stellt, als ob sie gleich gül­tige Aus­for­mun­gen der reli­giö­sen Anlage des Men­schen wären. Der eine hat eben diese Reli­gion, der andere jene, je nach­dem, wo er auf­ge­wach­sen ist und wie er erzo­gen wurde. Nein! Es kommt nicht dar­auf an, dass man irgend­eine Reli­gion hat, es kommt dar­auf an, dass man die rich­tige Reli­gion hat, die gott­ge­wollte, die von Gott gestif­tete, und dazu trägt die­ses Neben­ein­an­der­stel­len ver­schie­de­ner Reli­gio­nen nicht bei. Die Kin­der kön­nen sehr leicht die Über­zeu­gung gewin­nen, es ist ganz egal, was einer glaubt, die eine Reli­gion ist soviel wert wie die andere.

3. Von der christ­li­chen Reli­gion wer­den in den Reli­gi­ons­bü­chern auch sehr düs­tere Sei­ten auf­ge­zeigt. Es wer­den Ver­feh­lun­gen und Schwä­chen und ungüns­tige Tat­sa­chen der christ­li­chen reli­gion, der katho­li­schen Kir­che erwähnt. Von den frem­den Reli­gio­nen wird nichts Ungüns­ti­ges dar­ge­stellt. Sie wer­den nur in ihren posi­ti­ven Sei­ten vor den Kin­dern aus­ge­brei­tet, so dass sie unter Umstän­den die Über­zeu­gung gewin­nen könn­ten, die sind ja viel bes­ser, die sind ja viel nütz­li­cher, die sind ja viel hilf­rei­cher als die christ­li­che Reli­gion. Das sind die drei Gefah­ren, die ich in die­ser Dar­stel­lung frem­der Reli­gio­nen in den Reli­gi­ons­bü­chern eurer Kin­der und Enkel sehe.

Selbst­ver­ständ­lich hat es eine Berech­ti­gung, Reli­gio­nen zu ver­glei­chen. Es gibt eine eigene Wis­sen­schaft, die Reli­gi­ons­wis­sen­schaft oder Reli­gi­ons­ge­schichte, wel­che die ver­schie­de­nen Reli­gio­nen in ihren For­men und ihren Erschei­nun­gen vor den Men­schen aus­brei­tet. Sie zeigt Par­al­le­len, Vor­stu­fen, Beein­flus­sun­gen zwi­schen den ver­schie­de­nen Reli­gio­nen. Sie zeigt den Zusam­men­hang der Reli­gio­nen mit ihrer Umwelt. Maß und Bedeu­tung der Beein­flus­sung der christ­li­chen Reli­gion durch andere Reli­gio­nen wer­den aller­dings sehr ver­schie­den und gegen­sätz­lich beur­teilt.

Noch ein­mal: Die reli­gi­ons­ge­schicht­li­che und die reli­gi­ons­wis­sen­schaft­li­che For­schung hat ihre Berech­ti­gung. Sie muß sich grund­sätz­lich allen reli­giö­sen Strö­mun­gen der Umwelt des Alten und des Neuen Tes­ta­men­tes offen hal­ten. Es ist ja mög­lich, dass das Chris­ten­tum sich Bau­steine frem­der Reli­gio­nen ein­ver­leibt hat. Warum soll das Chris­ten­tum nicht Rich­ti­ges über­neh­men, was sich in ande­ren Reli­gio­nen fin­det? Dage­gen ist nichts ein­zu­wen­den.

Die reli­giöse Anlage ist in allen Men­schen gleich. Jeder Mensch hat eine Befä­hi­gung, zu Gott zu fin­den, und diese reli­giöse Anlage hat For­men, Aus­drü­cke, Begriffe, Anschau­un­gen her­vor­ge­trie­ben, die in den ver­schie­de­nen Reli­gio­nen ähn­lich sind und teil­weise bei jeder Reli­gion vor­kom­men. Das ist nicht zu ver­wun­dern. Wenn bei allen die reli­giöse Anlage vor­han­den ist, wird auch ihre Aus­for­mung sich in den ver­schie­de­nen Reli­gio­nen ähneln. So ver­mö­gen die reli­gi­ons­wis­sen­schaft­li­chen For­schun­gen eine tie­fere Kennt­nis, ein bes­se­res Ver­ständ­nis der Bibel bei­der Tes­ta­mente zu ver­mit­teln. Sie leh­ren uns die Umwelt ken­nen, in der das Alte Tes­ta­ment und das Neue Tes­ta­ment ent­stan­den sind. Sie kön­nen uns Gleich­nisse, Vor­gänge und Erschei­nun­gen aus den bib­li­schen Berich­ten bes­ser erklä­ren. Die Reli­gi­ons­wis­sen­schaft hat auch ihre Bedeu­tung für die Mis­sion. Wenn wir Mis­sion betrei­ben, müs­sen wir die frem­den Reli­gio­nen ken­nen, und diese Kennt­nis ver­mag uns die Reli­gi­ons­wis­sen­schaft zu ver­mit­teln. Wir kön­nen an die rich­ti­gen Ele­mente der frem­den Reli­gio­nen anknüp­fen, um ihre fal­schen zu eli­mi­nie­ren. Das hat der hei­lige Pau­lus schon getan. Er kam ein­mal nach Athen, und er durch­streifte die Stadt und sah die vie­len Tem­pel und Altäre. An einer Stelle fand er einen Altar, der dem „unbe­kann­ten Gott“ geweiht war, dem unbe­kann­ten Gott. Ja, sagte er, da habt ihr recht, den unbe­kann­ten Gott künde ich euch. So hat er ange­knüpft an die reli­giö­sen Erschei­nun­gen sei­ner Umwelt.

Frei­lich muß man die Gren­zen der reli­gi­ons­wis­sen­schaft­li­chen Betrach­tungs­weise sehen. Die christ­li­che Reli­gion ist in gewis­ser Hin­sicht kon­kur­renz­los, denn sie stammt nicht von unten, son­dern von oben. Sie ist nicht von Men­schen erfun­den, son­dern von Gott geschenkt. Die­ser Ursprung hebt die christ­li­che Reli­gion über alle ande­ren Reli­gio­nen hin­weg. Sie ist in einem ech­ten Sinne unver­gleich­lich. Die Offen­ba­rungs­re­li­gion bestä­tigt das Rich­tige, was sich auch in frem­den Reli­gio­nen fin­det, aber sie kor­ri­giert auch das Fal­sche, was diese Reli­gio­nen aus­ge­bil­det haben.

Ähn­lich­kei­ten zwi­schen den Reli­gio­nen sind keine Abhän­gig­kei­ten. Ähn­lich­kei­ten erge­ben sich eben aus der gemein­sa­men  reli­giö­sen Anlage. Es hat im Laufe der Wis­sen­schafts­ge­schichte Erfin­dun­gen gege­ben, die zu glei­cher Zeit von ver­schie­de­nen Män­nern und Frauen gemacht wur­den, ohne dass man sagen kann, der eine ist von dem ande­ren abhän­gig. Im Jahre 1885/86 erfan­den zwei Deut­sche unab­hän­gig von­ein­an­der den Kraft­wa­gen, Carl Benz und Gott­lieb Daim­ler. Kei­ner wusste vom ande­ren, aber jeder hat auf seine Weise sein erfin­de­ri­sches Genie benutzt, um den Kraft­wa­gen, die ers­ten Pro­to­ty­pen, unvoll­kom­men selbst­ver­ständ­lich, zu erstel­len. Kon­ver­gen­zen, Annä­he­run­gen sind keine Abhän­gig­kei­ten. Daran müs­sen wir uns hal­ten, wenn wir von der Reli­gi­ons­ge­schichte spre­chen.

Außer­dem gibt es einen Miss­brauch der Reli­gi­ons­ge­schichte. Sehen Sie, meine lie­ben Freunde, ich habe in mei­nem Stu­dium diese ungläu­bi­gen Bücher gele­sen, und ich bin Gott dank­bar, dass ich sie gele­sen habe. Seit­dem scheine ich unan­fecht­bar für den Unglau­ben zu sein. Man sieht die Faden­schei­nig­keit des Unglau­bens; man erkennt seine Unhalt­bar­keit; man sieht die Vor­ur­teile, aus denen er besteht, und das ist eben bei der Reli­gi­ons­ge­schichte der Fall. Da wird zum Bei­spiel behaup­tet: Ja, in der Reli­gi­ons­ge­schichte, da gibt es auch Wun­der, die bei­spiels­weise Appo­lo­nius von Tiana oder Kai­ser Ves­pa­sian gewirkt hat, und die sind genau so unglaub­wür­dig wie die Wun­der im Evan­ge­lium. Meine lie­ben Freunde, diese Behaup­tung ist durch nichts bewie­sen. Es gibt über­haupt kei­nen irgend­wie erkenn­ba­ren Zusam­men­hang zwi­schen den angeb­li­chen Wun­dern in ande­ren Reli­gio­nen und den wirk­li­chen Wun­dern im Evan­ge­lium. Man geht wei­ter her und sagt: Ja, der Knabe Moses wurde von einer Toch­ter des Pha­rao­nen geret­tet, als er wie die jüdi­schen Knäb­lein in Ägyp­ten ermor­det wer­den sollte, und diese Geschichte hat das Vor­bild abge­ge­ben für die Ret­tungs­ge­schichte Jesu; die­ser wurde nach Ägyp­ten ver­bracht, um nicht mit den Knäb­lein durch Hero­des getö­tet zu wer­den. Eine reine, ohne jeden Beweis hin­ge­stellte Behaup­tung, eine fre­che, eine unver­schämte Behaup­tung! Als ob eine alt­tes­ta­ment­li­che Erzäh­lung ein neu­tes­ta­ment­li­ches Gesche­hen her­vor­ge­trie­ben habe; als ob man Jesus zuge­schrie­ben hat, was an Moses gesche­hen ist.

Oder ein ande­res Bei­spiel, wie man die Reli­gi­ons­ge­schichte miss­braucht. Die Pro­phe­ten Elias und Eli­säus haben nach dem Alten Tes­ta­ment Tote erweckt. Ja, sagt man jetzt, da Jesus auch ein Pro­phet war, hat man ihm eben­falls Toten­er­we­ckun­gen zuge­schrie­ben. Zuge­schrie­ben! Er hat sie nicht getan, son­dern man hat ihm, um die Pro­phe­ten des Alten Bun­des zu über­bie­ten, wun­der­bare Erschei­nun­gen, vor allem Toten­er­we­ckun­gen, künst­lich und unwahr­haf­tig zuge­schrie­ben. Diese Behaup­tun­gen, meine lie­ben Freunde, sind durch­weg erfun­den und unhalt­bar. Es hat nir­gends einen Beweis dafür gege­ben, dass ein wirk­li­cher Zusam­men­hang zwi­schen den reli­gi­ons­ge­schicht­li­chen Par­al­le­len und dem Chris­tus­ge­sche­hen besteht.

Die Reli­gio­nen haben wohl alle­samt ein höchs­tes Wesen ange­nom­men, einen Hoch­gott, der alle ande­ren Göt­ter über­ragt. Das ist ein Zei­chen dafür, dass die reli­giöse Anlage des Men­schen not­wen­dig dazu kommt, aus der Geschichte und aus der Natur auf Gott zuschlie­ßen. Das ist ja sogar eine Lehre der katho­li­schen Kir­che, dass man aus der Natur und aus der Geschichte auf den Schöp­fer schlie­ßen kann, und das haben eben die Men­schen frem­der Reli­gio­nen getan. Sie haben ein höchs­tes Wesen ange­nom­men. Aber die christ­li­che Reli­gion weiß mehr von die­sem höchs­ten Wesen als die frem­den Reli­gio­nen. Sie weiß vor allem Rich­ti­ge­res von die­sem höchs­ten Wesen. Die neu­tes­ta­ment­li­che Offen­ba­rung kor­ri­giert die Vor­stel­lun­gen vom höchs­ten Wesen. Ich zitiere einige Texte.

Im Römer­brief schreibt Pau­lus: „Was man von Gott erken­nen kann, ist ihnen offen­bar. Sein unsicht­ba­res Wesen, seine ewige Macht und Gött­lich­keit sind seit Erschaf­fung der Welt durch das Licht der Ver­nunft an sei­nen Wer­ken zu erken­nen. Des­halb sind sie nicht zu ent­schul­di­gen. Denn obwohl sie Gott erkann­ten, haben sie ihn doch nicht als Gott geehrt noch ihm gedankt, son­dern wur­den töricht in ihren Gedan­ken. Ihr unver­stän­di­ges Herz wurde ver­fins­tert. Sie mein­ten weise zu sein und sind Toren gewor­den. Die Herr­lich­keit des unver­gäng­li­chen Got­tes ver­tausch­ten sie mit dem Bilde von ver­gäng­li­chen Men­schen, Vögeln, vier­fü­ßi­gen und krie­chen­den Tie­ren.“ Hier weist Pau­lus auf die Ver­ir­run­gen hin, in die die heid­ni­schen Völ­ker bei ihrer Got­tes­ver­eh­rung gefal­len sind. Sie ver­tausch­ten den unver­gäng­li­chen Gott mit ver­gäng­li­chen Men­schen, Vögeln, vier­fü­ßi­gen und krie­chen­den Tie­ren. Oder an einer ande­ren Stelle nennt er die Göt­zen der Hei­den stumm. Das heißt, sie haben einen Mund, und sie kön­nen nicht spre­chen; sie haben kein Leben. Wie­der an einer ande­ren Stelle sagt Pau­lus von den heid­ni­schen Göt­tern: „Ein jeder soll seine Gat­tin besit­zen in Hei­lig­keit und Ehr­bar­keit, nicht in lei­den­schaft­li­cher Lust wie die Hei­den, wel­che Gott nicht ken­nen.“ Hier spricht Pau­lus den Hei­den die Kennt­nis Got­tes ab: „…wel­che Gott nicht ken­nen.“ Sie haben Göt­zen, aber sie haben nicht Gott. Sie haben sich Gott­hei­ten geschaf­fen nach ihrem eige­nen Bilde, aber sie sind nicht vor­ge­drun­gen zum wah­ren tran­szen­den­ten Wesen Got­tes.

Die heid­ni­schen Reli­gio­nen haben auch das Gespür gehabt, dass man beten muß, dass man Gott ehren, aner­ken­nen muß, dass man zu ihm rufen darf, dass man ihn bit­ten und zu ihm fle­hen darf. Die Ahnung des Numi­no­sen, die im Men­schen lebt, treibt eben mit einer gewis­sen Kon­se­quenz Gebete her­vor, die Aner­ken­nung und Unter­wer­fung aus­drü­cken. Aber auch zu die­sem Thema weiß das Neue Tes­ta­ment etwas zu sagen. In der Berg­pre­digt erklärt der Hei­land: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plap­pern wie die Hei­den.“ Die Hei­den plap­pern. „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plap­pern wie die Hei­den. Denn diese mei­nen erhört zu wer­den, wenn sie viele Worte machen.“ Hier gei­ßelt er die heid­ni­sche Fröm­mig­keit. Sie wol­len Gott zur Erhö­rung ihrer Wün­sche zwin­gen, indem sie Gebete häu­fen, indem sie plap­pern, indem sie viele Worte machen, und sie den­ken, dadurch seien sie der Erhö­rung gewiß. Das weist der Herr in der Berg­pre­digt ab.

Die Hei­den haben auch gewusst, dass es beim Gebet nicht blei­ben darf. Sie haben erkannt, dass man Gott etwas über­eig­nen muß, dass man Gott etwas schen­ken muß, dass man etwas aus dem eige­nen Ver­mö­gen, aus dem eige­nen Eigen­tum aus­son­dern muß, um es Gott zu über­eig­nen, näm­lich dass man Opfer dar­brin­gen muß. Und so haben sie Opfer dar­ge­bracht. Sie haben Kör­ner auf den Altar gelegt und ver­brannt; sie haben Gar­ben zum Opfer gebracht; sie haben Tiere, Tau­ben, Schafe, Rin­der geop­fert. Ja, sie haben Men­schen geop­fert, um die erzürn­ten Göt­ter zu ver­söh­nen.

Zu die­sem Opfer­dienst hat das Neue Tes­ta­ment eben­falls eini­ges zu sagen, etwa im Hebrä­er­brief: „Unmög­lich nimmt das Blut von Stie­ren und Böcken Sün­den hin­weg.“ Unmög­lich nimmt das Blut von Stie­ren und Böcken Sün­den hin­weg. Diese Opfer errei­chen nicht, was sie erseh­nen, näm­lich die Ent­sün­di­gung des Men­schen. Sie sind nicht fähig, das zu bewir­ken, was die Men­schen mit ihnen erstre­ben. An einer ande­ren Stelle schreibt der Apos­tel Pau­lus: „Was die Hei­den opfern, das opfern sie den bösen Geis­tern und nicht Gott.“ Ihr Opfer hat nicht das rich­tige Ziel. Es kommt beim Opfer dar­auf an, dass man die rich­tige Vor­stel­lung von Gott hat, dann wird man auch rich­tig opfern. Aber die Hei­den haben nicht die rich­tige Vor­stel­lung von Gott. Was sie opfern, das opfern sie den Göt­tern, den bösen Geis­tern und nicht Gott.

Ein wei­te­res Ele­ment, das die natür­lich reli­giöse Anlage des Men­schen her­vor­ge­trie­ben hat, sind Waschun­gen. Der Mensch hat immer gespürt, dass man sich durch Sün­den beschmutzt, dass man durch Unrecht in der Seele eine Krän­kung der Seele her­bei­führt und dass man davon frei wer­den möchte. Und da haben die Men­schen zu dem gegrif­fen, was von kör­per­li­chem Schmutz befreit, näm­lich zum Was­ser. So wie Was­ser von kör­per­li­chem Schmutz befreit, so haben sie ihre Zuflucht auch genom­men zu Was­ser, das von dem see­li­schen Schmutz befreien soll. Sie haben, wenn man so sagen kann, Tau­fen erfun­den. Aber diese Tau­fen des reli­gi­ons­ge­schicht­li­chen Umfelds ver­mö­gen das nicht zu leis­ten, was ihre Anwen­der damit bezwe­cken. Selbst die Taufe Johan­nes des Täu­fers war nur eine Vor­be­rei­tung auf das eigent­li­che Tauf­ge­sche­hen im Chris­ten­tum. Pau­lus kam ein­mal nach Ephe­sus, und dort traf er einige Jün­ger. Er fragte sie: „Habt ihr den Hei­li­gen Geist emp­fan­gen, als ihr gläu­big wur­det?“ Sie ant­wor­te­ten: „Nein. Wir haben nicht ein­mal gehört, dass es einen Hei­li­gen Geist gibt.“ Da fragte er wei­ter: „Wel­che Taufe habt ihr dann emp­fan­gen?“ „Die Taufe des Johan­nes“, erwi­der­ten sie. „Ja“, erklärte dann Pau­lus, „Johan­nes hat eine Buß­t­aufe gespen­det und dem Volke gesagt, sie soll­ten an den, der nach ihm kommt, glau­ben, näm­lich an Jesus.“ Da sie dies hör­ten, lie­ßen sie sich tau­fen auf den Namen des Herrn Jesus. Jetzt hat­ten sie die rechte Taufe. Jetzt hat­ten sie die ein­zige Taufe, die wirk­lich von der Sünde, vom Elend und vom Schmutz der Sünde befreien konnte. Und im Römer­brief erklärt Pau­lus noch ganz genau, warum allein die christ­li­che Taufe kräf­tig ist, von Sün­den zu befreien, weil sie näm­lich ein Zusam­men­wach­sen mit Jesus besagt. Die Taufe, die der Christ emp­fängt, ist Taufe auf den Tod und auf die Auf­er­ste­hung Jesu. „Da wir der Sünde gestor­ben sind, wie soll­ten wir in ihr noch leben? Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir auf Chris­tus Jesus getauft sind, auf sei­nen Tod getauft wor­den sind, denn mit­be­gra­ben sind wir mit ihm durch die Taufe auf den Tod, damit, wie Chris­tus auf­er­stan­den ist von den Toten durch die Herr­lich­keit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wan­deln.“

Die nicht­christ­li­chen Reli­gio­nen, die frem­den Reli­gio­nen, haben auch eine Ethik aus­ge­bil­det, also sitt­li­che Gebote und Ver­bote. Sie haben eine Ahnung davon gehabt, dass Gott der Schöp­fer und der Garant der Sitt­lich­keit ist, dass die Gebote nur dann eine Begrün­dung haben, wenn sie von Gott kom­men. Das haben sie geahnt. Und so haben sie eine Ethik geschaf­fen, also eine Summe von Gebo­ten und Ver­bo­ten, die teil­weise über­ein­stim­men. Diese Ethik stammt teil­weise aus der Urof­fen­ba­rung, teil­weise aus dem Gewis­sen, aus der Erfah­rung oder aus Über­nahme von ande­ren Reli­gio­nen. Aber diese Ethik ist eben unzu­läng­lich. Der Mensch ist ja immer in Gefahr, die Gebote abzu­schlei­fen, zu ver­min­dern, alles Beschwer­li­che und Läs­tige abzu­strei­fen. Das haben die frem­den Reli­gio­nen getan. Und des­we­gen ver­fal­len sie und ihre Ethik auch dem Ver­dikt der christ­li­chen Offen­ba­rung. So schreibt Pau­lus im Römer­brief, weil die Hei­den eben den wah­ren Gott nicht gekannt haben: „Darum über­ließ sie Gott schänd­li­chen Lei­den­schaf­ten. Ihre Wei­ber ver­tausch­ten den natür­li­chen Ver­kehr mit dem wider­na­tür­li­chen. Ebenso ver­lie­ßen auch die Män­ner den natür­li­chen Umgang mit der Frau und ent­brann­ten in wil­der Gier gegen­ein­an­der. Män­ner ver­üb­ten Scham­lo­ses anein­an­der und emp­fin­gen den gebüh­ren­den Lohn für ihre Ver­ir­rung an sich selbst. Weil sie die Got­te­s­er­kennt­nis ver­war­fen, über­ließ sie Gott ihrer ver­wor­fe­nen Gesin­nung, so dass sie taten, was nicht recht ist. Bos­heit, Unzucht, Hab­sucht, Schlech­tig­keit, Neid, Mord, Hader, Arg­list, Tücke, Ver­leum­der, Got­tes­feinde, Spöt­ter, Stolze, Prah­ler, Erfin­der von Bösem, wider­spens­tig gegen die Eltern, unver­nünf­tig, unge­ord­net, ohne Liebe, ohne Treue, ohne Erbar­men.“ Das alles sind die Fol­gen einer fal­schen Ethik, die von fal­schen Reli­gio­nen auf­ge­stellt wurde.

Um noch ein letz­tes Bei­spiel zu erwäh­nen, wie das Neue Tes­ta­ment über die Ethik der Hei­den denkt. Der Herr warnt die Chris­ten, seine Anhän­ger, seine Jün­ger vor ängst­li­chem Sor­gen. „So fragt nicht, was ihr essen und was ihr trin­ken sollt, und lasst euch nicht beun­ru­hi­gen, denn nach all dem trach­ten die Hei­den.“ Die Hei­den sind eben nur an mate­ri­el­len Wer­ten inter­es­siert: Essen, Trin­ken, Rei­sen, Urlaub machen, das ist das ein­zige, was die Hei­den erstre­ben – auch die Hei­den von heute! Ihre Ethik ist unzu­läng­lich, und dem­ent­spre­chend muß sie durch die neu­tes­ta­ment­li­che Ethik, durch die Ethik Christi ersetzt wer­den.

Meine lie­ben Freunde! Die Mit­tel, die der Mensch hat, um seine Bezie­hung zur Gott­heit aus­zu­drü­cken, sind nicht unbe­grenzt. Des­we­gen sind sie auch in den ver­schie­de­nen Reli­gio­nen ähn­lich: Höchs­tes Wesen, Gebet, Opfer, Waschung, Ethik, Knien, Hände fal­ten. Das alles kommt in den ver­schie­de­nen Reli­gio­nen vor. Was daran rich­tig ist, das wird durch die christ­li­che Reli­gion bestä­tigt. Aber das ist eben der ein­zige gott­ge­ge­bene Maß­stab, um die frem­den Reli­gio­nen zu beur­tei­len, die christ­li­che Reli­gion. Das ist der ein­zige Maß­stab, der rich­ti­ger­weise an diese Reli­gio­nen ange­legt wird. Und des­we­gen sind die Reli­gio­nen ent­we­der rüh­rende oder absto­ßende Wei­sen, wie man zu Gott kom­men will, wie man ver­sucht, in Ver­bin­dung mit der Gott­heit zu tre­ten. Aber nur eine Reli­gion führt zu Gott.

Papst Paul VI. schrieb in sei­ner Ermah­nung „Evan­ge­lii nun­ti­andi“: „Durch unsere Reli­gion wird wirk­lich die echte und leben­dige Ver­bin­dung mit Gott her­ge­stellt, wel­che die ande­ren Reli­gio­nen nicht her­stel­len kön­nen, auch wenn es schei­nen mag, dass sie sozu­sa­gen ihre Arme zum Him­mel aus­stre­cken.“ Schö­ner kann man es kaum sagen. Durch unsere Reli­gion wird wirk­lich die echte und leben­dige Ver­bin­dung mit Gott her­ge­stellt, wel­che die ande­ren Reli­gio­nen nicht her­stel­len kön­nen, auch wenn es schei­nen mag, dass sie sozu­sa­gen ihre Arme zum Him­mel aus­stre­cken.

Die Reli­gio­nen vor Chris­tus stan­den im Advent. Sie war­te­ten auf den Erlö­ser und hat­ten damit eine Vor­läu­fer­funk­tion. Sie waren zu die­sem Zeit­punkt inso­fern berech­tigt, als die Offen­ba­rung noch nicht gesche­hen war. Nach dem Erschei­nen des Erlö­sers ste­hen die frem­den Reli­gio­nen nicht mehr im Advent, son­dern im Wider­stand gegen die Offen­ba­rungs­re­li­gion. Ihre Stunde ist abge­lau­fen; sie haben ihr Daseins­recht ver­wirkt. Jetzt gilt der Satz: „Es ist in kei­nem ande­ren Namen Heil zu gewin­nen als im Namen Jesu, denn einer allein ist der Herr, einer allein ist der Höchste, Jesus Chris­tus, in der Herr­lich­keit Got­tes des Vaters.“

Amen.

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