Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Jesus, unser Heil (Teil 4)

31. Juli 2005

Die biblische Verheißung des Erlösers

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Ankunft des Erlösers wurde vorherverkündigt. Gott hat seine Propheten gesandt und Vorbilder erweckt, damit die Menschen in ihrer Hoffnung auf den Erlöser gestärkt würden und damit wir die Möglichkeit hätten, das Leben des Erlösers mit den Verheißungen zu vergleichen, damit wir erkennen würden, dass er, und er allein, der verheißene Erlöser ist: Jesus von Nazareth.

In der Tat, wenn wir die Verheißungen über den Erlöser mit der Erfüllung vergleichen, dann stellen wir fest: An ihm hat sich erfüllt, was die Propheten vorherverkündet haben. Der heilige Augustinus schreibt einmal: „Alles, die ganze Schrift, soweit sie vor Jesus geschrieben wurde, ist nur geschrieben worden zur Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers.“ Es ist eine große Freude für jeden, der die Heilige Schrift liest, wenn er im Alten Testament die Verheißungen auf den Erlöser vernimmt und im Neuen Testament deren Erfüllung konstatiert. Jesus hat ja selbst seine Umwelt darauf hingewiesen: „Ihr forschet in den Schriften“, sagt er zu seinen Zuhörern, „sie sind es, die von mir Zeugnis geben.“ Und wir wissen, dass er auf dem Wege nach Emmaus den beiden Jüngern die Schrift (natürlich des Alten Testamentes) aufschloß und ihnen erklärte, dass alles so kommen mußte, wie es gekommen ist.

Die Propheten und die Patriarchen haben die Tatsache verkündet, dass ein Erlöser kommen würde. Schon in der Uroffenbarung im Paradies war er ja verheißen, der Schlangentreter. Sie wussten, dass er aus dem Stamme Abrahams und Davids kommen werde. Je näher aber die Zeit heranrückte, um so genauer wurden die Angaben über den Erlöser. Isaias verkündete um 700 v. Chr.: „Der Herr selber wird euch ein Zeichen geben. Seht, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und er wird den Namen Emmanuel, Gott mit uns, tragen.“ Matthäus weist im 1. Kapitel seines Evangeliums auf die Erfüllung dieser Weissagung hin. Der Prophet Michäas konnte sogar den Ort der Geburt angeben: „Und du, Bethlehem im Stamme Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas, denn aus dir wird hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren soll.“

Die Geburt des Erlösers wurde verheißen, aber auch sein Leben. Isaias hat den Erlöser als den Lehrer und Wundertäter beschrieben. „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesalbt, den Armen die Frohbotschaft zu bringen. Er hat mich gesandt, die gebrochenen Herzens sind, zu heilen, den Gefangenen die Befreiung anzukünden, den Blinden das Augenlicht, den Bedrückten die Freiheit, das Gnadenjahr des Herrn auszurufen und den Tag der Vergeltung.“ Diese Schriftstelle hat Jesus selbst in der Synagoge zu Nazareth vorgelesen und gesagt: „Heute ist in Erfüllung gegangen, was hier geschrieben steht.“ Derselbe Isaias hat auch die Wunder des Messias vorausverkündet. „Gott selber kommt und erlöst euch. Dann öffnen sich die Augen der Blinden, und die Ohren der Tauben tun sich auf. Dann springt wie ein Hirsch der Lahme, und die Zunge des Stummen löset sich.“ Soeben haben wir im Evangelium eine Erfüllung dieser Weissagung gehört. Er hat einem Taubstummen das Gehör und die Sprache zurückgegeben. „Alles hat er wohl gemacht. Die Stummen macht er reden, und die Tauben macht er hören.“ Der Herr verweist auch die Johannesjünger auf seine Wunder zur Beglaubigung seiner Sendung. „Gehet hin und meldet dem Johannes, was ihr gehört und gesehen habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, Armen wird die Frohbotschaft verkündet, und Heil dem, der sich an mir nicht ärgert.“ Der Prophet Zacharias verkündet den Erlöser als den König: „Freue dich, juble, Tochter Sion, siehe, dein König kommt als Heiland. Er reitet auf einer Eselin, auf dem jungen Füllen eines Lasttieres.“ Und jeder weiß, dass diese Verheißung am Palmsonntag in Erfüllung gegangen ist. Der Psalmist sagt im Psalm 109: „Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech.“ Und diese Weissagung erfüllte sich am Gründonnerstag, als der Herr, der Priester, das eucharistische Opfersakrament einsetzte.

Sehr klar hat Isaias auch das Leiden des Messias vorausgesagt, das Leidensbild des Gottesknechtes gezeichnet: „Meinen Leib gab ich den Schlagenden und mein Haupt den Raufern, mein Antlitz verbarg ich nicht denen, die mich lästerten und anspien.“ Wer denkt da nicht an dir Gründonnerstagnacht, die das erfüllte! „Keine Gestalt und Schönheit hat er mehr“, so heißt es bei Isaias. „Er ist der verachtetste, der mindeste der Menschen geworden, ein Mann der Schmerzen. Um unserer Sünden willen ist er zerschlagen, unseres Friedens wegen liegt die Züchtigung auf ihm, und durch seine Wunden wurden wir geheilt. Er wird geopfert, weil er selbst es wollte, und öffnet seinen Mund nicht. Wie ein Schaf wird er zur Schlachtbank geführt und verstummt wie ein Lamm vor dem, der es schert.“ Wer denkt da nicht an den Kreuzweg unseres Herrn! „Ich bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott und die Verachtung des Volkes. Alle, die mich sehen, spotten über mich, schütteln das Haupt und sagen: Er hat auf Gott gehofft, er mag ihn retten. Sie haben meine Hände und meine Füße durchbohrt und alle meine Gebeine gezählt. Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über mein Gewand das Los geworfen.“ Wer denkt da nicht an die Kreuzigung, wo all dies, was im Psalm 21 über den Herrn vorhergesagt war, in Erfüllung gegangen ist!

Aber auch die Herrlichkeit, die Verherrlichung des Herrn wurde vorhergesagt. „Du wirst meine Seele nicht in der Unterwelt lassen und deinem Heiligen nicht die Verwesung zu schauen geben“, so hat es im Psalm 15 geheißen. Und der heilige Paulus zeigt in seiner Predigt in Antiochien, dass dieses Wort an Jesus in Erfüllung gegangen ist in seiner Auferstehung. „Du fährst in die Höhe, führst Gefangene im Triumph mit, teilst den Menschen deine Gaben aus“, so hatte der Psalm 67 verkündet. Und wiederum deutet der Apostel Paulus diese Vorhersage auf Christi Himmelfahrt, wo der Herr die Gefangenen aus der Vorhölle im Triumph zum Himmel führt und von dort die Gabe des Heiligen Geistes sendet.

Petrus zeigt in seiner Pfingstpredigt, wie die Vorhersage des Propheten Joel in Erfüllung gegangen ist. „Ich will meinen Geist über alles Fleisch ausgießen, dass eure Söhne und Töchter weissagen und eure Greise und Jünglinge Gesichte sehen. Ja, über meine Knechte und Mägde will ich meinen Geist ausgießen, und sie werden weissagen.“ Das erfüllte sich am Pfingsttage, als die Apostel in neuen Sprachen zu reden anfingen. Die Massen glaubten, sie seien betrunken. Da sagt der heilige Petrus: Früh um neun ist man doch nicht betrunken. Was ihr hier erlebt, das ist die Erfüllung der Weissagung des Propheten Joel: Ich will meinen Geist ausgießen. Das ist geschehen. In derselben Predigt spricht Petrus auch von der Erfüllung des Psalmes 109: „Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.“ „Und so erkenne das ganze Haus“, fährt Petrus fort, „Gott hat diesen Jesus, den ihr ans Kreuz geschlagen habt, zum Herrn und Messias gemacht.“

Die Weissagungen haben sich in Jesus erfüllt. Auch die Vorbilder, die im Alten Testamente gezeigt wurden, haben ihre Erfüllung in Christus gefunden. Isaak gilt als Vorbild Jesu. Er trug ja das Holz für das Feuer, in dem er geopfert werden sollte, auf den Berg. Und ähnlich hat Christus dann sein Kreuz, an dem er geopfert wurde, auf Golgotha getragen. Abel wurde vom Bruder Kain erschlagen, und Kain ist unstet und flüchtig auf Erden gewesen wie danach das Judenvolk, das den Herrn ans Kreuz gebracht hat. Joseph wurde von seinen Brüdern verkauft und doch dann wunderbar erhöht; auch er ein Vorbild Jesu. Das Osterlamm, das die Israeliten aßen, bevor sie aus Ägypten auszogen, das ohne Makel sein musste und dem man kein Bein zerbrechen durfte, war ein Vorbild Jesu. Der Evangelist Johannes schreibt eigens: „Den anderen beiden, die mit ihm gekreuzigt waren, wurden die Gebeine zerbrochen. Seine Gebeine wurden nicht zerbrochen, damit in Erfüllung ginge das Wort: Ihr sollt an ihm kein Bein zerbrechen.“ Die eherne Schlange in der Wüste rettete alle, die sie anschauten. Sie ist ein Vorbild für Jesus. Er ist unsere Rettung. Im Kreuz ist Heil. Allein im Kreuz ist Heil, und wer im Kreuze lebt und im Kreuze stirbt, der ist gerettet. Auch das Manna in der Wüste war ein Vorentwurf dessen, was Jesus tat. Es war eine irdische Speise, die aber auf die Himmelsspeise der Eucharistie hinwies. „Jesu, wahre Manhu“, so beten wir und singen wir ja im Kirchenlied, „wahres Manna, das du geworden bist.“

Nun muss ich Ihnen aber etwas sagen, meine lieben Freunde, was ich nicht unterschlagen darf. Es gibt Schrifterklärer, ungläubige Schrifterklärer, welche die Weissagungen über Christus im Alten Testament zu entwerten trachten. Sie behaupten, es handele sich um „vaticinia ex eventu“. Vaticinia ex eventu. Das heißt, man habe alttestamentliche Schriftstellen hergenommen, die als geeignet angesehen wurden, um auf Jesus angewandt zu werden, und nach diesen Schriftstellen habe man Worte und Taten Jesu erfunden. Hier wird also behauptet, die alttestamentlichen Schriftstellen hätten die neutestamentlichen Schriftsteller veranlasst, Begebenheiten im Leben Jesu zu erfinden, um dann darauf verweisen zu können. Seht, das ist von ihm vorhergesagt worden, das hat sich an ihm erfüllt. Sie werden zugeben, dass das ein geschickter, aber teuflischer Angriff auf die Deckungsgleichheit von Verheißungen und Erfüllungen ist. In Wirklichkeit ist die Sache genau umgekehrt gewesen. Die Jünger sind mit Jesus gewandert. Sie haben ihn erlebt, sie haben ihn gehört, sie haben sein Wirken erfahren. Als sein Werk vollendet war, als er gestorben und auferstanden war, haben sie, wie er es sie gelehrt hatte, in der Schrift gelesen und gesucht, welche Züge des Alten Testamentes im Leben und Wirken und im Leiden des Herrn vorhergesagt sein könnten. Sie haben also aus der Erfüllung die Verheißungen aufgesucht. Es ist genau umgekehrt, wie diese verkehrten Schrifterklärer sagen. Die Jünger Jesu haben aus den Erfüllungen, die sie erlebt haben, die Verheißungen aufgesucht, und zwar natürlich nur diejenigen, die zu den Erfüllungen passten, keinen Überschuß. Wir stehen also hier nicht auf dem Sand der Legende, sondern auf dem Boden der Geschichte. Die Forscher, die Leser der Heiligen Schrift sind bei ihrem Lesen auf die Schriftstellen gestoßen, die sie im Leben Jesu erfüllt fanden. „Alle Propheten haben von ihm gewusst“, sagt einmal der heilige Cyrill von Jerusalem. „Es gibt keinen Propheten, der ihn nicht gekannt hätte.“ Wahrhaftig, alle Propheten haben von ihm gewusst, und was sie über ihn verkündet haben, das hat sich in Jesus von Nazareth erfüllt. Er ist der verheißene Messias. In seinem Leben hat Gott die Verheißungen, die er durch die Propheten vorherverkündet hat, zur Erfüllung kommen lassen.

Amen.

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