Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Pflichten gegen Gott (Teil 19)

16. August 1998

Über Götzendienst und Aberglaube

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!“  Das war der Ausgangspunkt vor fünfzehn Sonntagen, als wir begannen, über die Pflichten gegen Gott nachzudenken. Das erste Gebot gebietet uns, Gott anzubeten und ihm zu dienen. Der Mensch kann sich gegen diese oberste Pflicht verfehlen. Das geschieht durch Götzendienst und Aberglaube. Der Götzendienst wird als Abgötterei bezeichnet und der Aberglaube als falsche Verehrung Gottes. Die deutsche Silbe „Ab-“ oder „Aber-“ bedeutet das Gegenteil vom Richtigen. Abgötterei ist eben falsche Gottesverehrung; Aberglaube ist falscher Glaube. Das soll der Gegenstand unserer heutigen Überlegungen sein, nämlich über Götzendienst und Aberglaube nachzudenken. An erster Stelle der Götzendienst.

Der Götzendienst ist die ausdrückliche Verehrung von Geschöpfen an Gottes Stelle. Abgötterei betreibt, wer an die Stelle Gottes ein Geschöpf setzt. Zum Götzendienst kommt es, wenn man vom wahren Gott abfällt und sich falschen Göttern zuwendet. Der Mensch muß nämlich anbeten. Entweder er betet den wahren Gott an, oder er betet falsche Götter an. Die numinose Tiefe im Menschen drängt ihn zur Anbetung. Er hat also nur die Wahl zwischen der rechten und der unrechten Anbetung. Zur Abgötterei kommt es, wenn der Mensch in Leidenschaft versinkt, wenn er die Begebnisse des Lebens, Tod und Leiden falsch deutet. Der Apostel Paulus beschreibt den Zusammenhang zwischen Abgötterei und sittlicher Entartung im Römerbrief. „Was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar. Gott selbst hat es ihnen geoffenbart. Sein unsichtbares Wesen, seine ewige Macht und Göttlichkeit sind seit Erschaffung der Welt durch das Licht der Vernunft an seinen Werken zu erkennen. Deshalb sind sie nicht zu entschuldigen. Denn obwohl sie Gott erkannten, haben sie Gott nicht als Gott geehrt noch ihm gedankt, sondern wurden töricht in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauschten sie mit dem Bilde von vergänglichen Menschen, Vögeln, vierfüßigen Tieren und kriechenden Tieren. Darum überließ sie Gott den Gelüsten ihres Herzens, der Unreinigkeit, so daß sie ihre eigenen Leiber entehrten. Den wahren Gott haben sie mit falschen Götzen vertauscht und die Geschöpfe verehrt und angebetet anstatt des Schöpfers, der gepriesen sei in Ewigkeit. Darum überließ sie Gott schändlichen Leidenschaften. Ihre Weiber vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen. Ebenso verließen auch die Männer den natürlichen Umgang mit der Frau und entbrannten in wilder Gier gegeneinander, verübten Schamloses miteinander und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung.“

Die Götter sind vielfältig. Viele Völker haben Tiere zu Göttern erhoben. Wir wissen, daß das jüdische Volk in der Wüste ein goldenes Kalb anbetete. In Ägypten wurden Schlangen oder Krokodile als göttliche Wesen betrachtet. In einem Tempel lebte ein Stier, der Apis. Er war schwarz und hatte einen weißen Fleck auf seiner Stirn; er wurde als ein heiliges Tier, also ein göttliches Tier verehrt. Die Römer und die Griechen schrieben ihren Göttern alle Schändlichkeiten zu. Sie erhoben den Merkur zu ihrem Gott; er war der Gott der Betrüger. Sie erhoben Bacchus zu ihrem Gott; er war der Gott der Trunkenbolde. So haben die Menschen in der Verkehrung ihres Sinnes den wahren Gott mit Götzen vertauscht, haben das schwerste aller Verbrechen verübt, nämlich das erste Gebot unbeachtet zu lassen, und darum sind sie dann auch in schändliche Leidenschaften verfallen.

So töricht, meinen wir, sind wir heute nicht mehr. Wir beten kein geschnitztes oder gegossenes Bild an. Wir verehren nicht Tiere oder irgendwelche Geschöpfe in ihrer göttlichen Tiefe. Nein, die Götzen der modernen Zeit heißen anders. Sie heißen Mensch oder Staat oder Rasse oder Nation; sie heißen Sinnlichkeit, Leidenschaft, Genuß, Geschlechtlichkeit, Geld. Das sind die Götzen unserer Zeit. Der Geizige verehrt das Geld als seinen Gott, der Hoffärtige die Ehre, der Unmäßige den Bauch und der Unkeusche den Körper. Schon im 4. Jahrhundert hat der  heilige Chrysostomus auf diesen Zusammenhang hingewiesen: „Du sagst, du bringest deinen Göttern keine Schlachtopfer dar. O, du tust es noch viel schlimmer, du schlachtest deine eigene Seele. Du sagst, du beugest deine Knie nicht vor diesen Göttern. O, du neigst dich noch viel tiefer und tust alles, was die Götzen Bauch, Geld und Sinnlichkeit dir gebieten.“ So ist es. Der Mensch verehrt, wenn er den wahren Gott preisgegeben hat, Götzen. Man darf nicht auf die Namen schauen, man muß auf die Sache schauen. Wer immer etwas Geschöpfliches so verehrt, wie man nur Gott verehren kann, der ist ein Götzendiener.

Die Weise des Aberglaubens ist eine vielfältige. An erster Stelle ist vom Aberglauben betroffen der Versuch, Geheimes und Zukünftiges zu erforschen, und zwar durch Mittel, die dazu nicht geeignet sind. Viele Menschen nehmen ihre Zuflucht zur Wahrsagerei. Sie wollen geheime und zukünftige Dinge durch Mittel erkennen, die dafür nicht geeignet sind. Manche bedienen sich dazu des Horoskopes. Sie schauen auf die Zeitungsblätter. die ihnen die Umstände der Sternenkonstellation mitteilen, und meinen, dadurch sei ihr Schicksal bestimmt. Aber die Sterne sind um des Menschen willen geschaffen worden und nicht der Mensch um der Sterne willen. „In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne“, heißt es bei Schiller. Die Sterne sind Geschöpfe Gottes und vermögen uns über unser Schicksal nichts auszusagen. Im Mittelalter versuchte man, durch Gottesurteile den Willen Gottes zu erforschen. Man ließ beispielsweise einen Verdächtigen gebunden an einem Strick ins Wasser hinab, und wenn er unterging, dann galt er als unschuldig; oder man ließ jemand über neun glühend gemachte Pflugscharen laufen, und wenn er sich dabei nicht versengte, war er unschuldig; wenn er sich versengte oder jedenfalls wenn er danach eiternde Wunden hatte, dann galt er als schuldig. Das sind Verirrungen. Gott läßt sich nicht zwingen. Das Vertrauen auf Gott ist berechtigt, aber nicht ein irreales Vertrauen, nicht ein irrationales Vertrauen, nicht ein Vertrauen, das Gott zu bestimmten Handlungen veranlassen will.

Eng damit verwandt ist die Versuchung Gottes. Man versucht Gott, wenn man eine seiner Eigenschaften oder seine Macht erproben will. Man versucht Gott, wenn man sich mutwillig einer Gefahr aussetzt und meint, Gott werde einen schon aus dieser Gefahr retten. Das ist ein Mißbrauch des Vertrauens auf Gott und eine verwerfliche Verhaltensweise, die Gott nicht ehrt, sondern entehrt.

Neben der Wahrsagerei gibt es die Zauberei. Die Zauberei ist der Versuch, durch überirdische Wesen äußere Wirkungen, vor allem schädlicher Art, zu erlangen. In der Heiligen Schrift ist mehrfach von Zauberei die Rede. Die Zauberer in Ägypten versuchten, die Wunder des Moses, die er ja durch göttliche Macht verübte, nachzuahmen. Es ist unbestreitbar, daß die guten und die bösen Engel in den Weltlauf eingreifen können, und deswegen ist es durchaus denkbar, daß ein Mensch durch eine solche Verknüpfung irgendwelche Wirkungen hervorrufen kann. Aber bei der Entscheidung, ob solche Verbindung anzunehmen ist, ist höchste Vorsicht geboten. Ebenso ist der Wahnbrauch als falsche Gottesverehrung zu verurteilen. Der Wahnbrauch besteht darin, daß man bestimmte Zeichen und Gegenstände benützt, um daraus etwas abzulesen. Manche Autofahrer schlagen an den Kühler ihres Wagens ein Hufeisen. Das Hufeisen ist ein ohnmächtiger, toter Gegenstand, der kein Glück zu bringen vermag. Andere meiden die Zahl 13, weil sie angeblich Unglück bringt; oder sie weigern sich, am Freitag etwas Wichtiges zu unternehmen, weil der Freitag angeblich ein Unglückstag sei. Das ist Aberglaube, das ist Wahnbrauch, der weder vor der Vernunft noch vor dem Glauben zu bestehen vermag.

Nicht hierher gehört die Benutzung von geweihten Gegenständen. Wenn wir geweihte Gegenstände, wie Rosenkränze, Kreuze oder Kräuter benutzen, dann nicht, weil wir diesen Gegenständen eine Macht zutrauen, sondern weil wir überzeugt sind, daß Gott denen gnädig ist, die diese Gegenstände gläubig bei sich tragen und verwenden. Unser Vertrauen richtet sich also nicht auf den toten Gegenstand, unser Vertrauen richtet sich auf den lebendigen Gott. Weil wir auf Gott bauen, benutzen wir auch äußere Gegenstände, die unser gläubiges Vertrauen ausdrücken. So also sind diese Gegenstände zu gebrauchen.

Schließlich gibt es auch noch die leichtfertige Annahme von übernatürlichen Einflüssen und Wirkungen. Manche Menschen sind leicht geneigt, teuflische Einflüsse anzunehmen. Aber der Teufel ist gebunden. Der Teufel besitzt Macht, gewiß, aber es ist eine gebrochene Macht, und deswegen sollte man nur nach genauer Nachforschung durch Fachleute, die vom Bischof aufgestellt sind, dämonische Einflüsse bei einem Menschen annehmen. Ähnliches gilt auch für übernatürlich gute Wirkungen. Manche Leute wollen überall Wunder und Erscheinungen sehen. Hier ist Vorsicht geboten. Gott verschwendet seine Schätze nicht. Gott gewährt gewiß an bestimmten Stellen eine wunderbare Erscheinung, aber sie muß geprüft sein, sie muß von der Kirche untersucht sein und von der Kirche anerkannt sein, bevor wir mit Recht annehmen dürfen, daß sich der Himmel geöffnet hat.

Lange Zeit haben Menschen dämonische Einflüsse bei Hexen angenommen. Hexen waren Menschen, Männer und Frauen, vor allem Frauen, bei denen man vermutete, daß sie einen Teufelspakt geschlossen haben und daß sie durch diesen Teufelspakt imstande sind, bestimmte schädliche Wirkungen hervorzurufen. Der Hexenaberglaube hat zahlreiche Opfer gekostet. Er war lange Zeit auch in unserem Vaterlande im Schwange. Luther hat ihm mit besonderer Heftigkeit angehangen. Erst im 18. Jahrhundert wurde er völlig beseitigt. Freilich hat es immer gläubige Priester und Bischöfe gegeben, die diesen Aberglauben nicht geteilt haben. In unserer Diözese war es vor allem der Erzbischof Johann Philipp von Schönborn, der die Hexenprozesse beendet hat. In Trier war es der große Jesuitentheologe Spee, der gegen die Hexenprozesse geschrieben hat.

Es gibt keinen Gott außer dem einen. Es gibt keinen Götzen in der Welt, sondern nur den einen, wahren Gott. Wir wissen, daß, was die Heiden opfern, nicht dem wahren Gott geopfert wird, sondern den Dämonen. Wir sollen uns an die Offenbarung Gottes halten. Wir brauchen nicht unsere Zuflucht zu nehmen zu verbrecherischen oder jedenfalls schändlichen Praktiken. Wir brauchen nicht am Schlüsselloch der Ewigkeit zu lauschen und zu horchen, wie es die Spiritisten tun, die meinen, durch Verkehr mit den Geistern etwas erfahren zu können. Alle diese Dinge haben oft furchtbare Folgen. Vor einiger Zeit wurde einer Frau von einer Wahrsagerin mitgeteilt, ihr Mann werde sich erschießen. Daraufhin erlitt die Frau einen Schlaganfall und starb. Der Mann hat sich nicht erschossen, sondern seine Frau bis zu ihrem Tode gepflegt. In einem anderen Falle haben zwei Menschen sich an der Ostsee in ein Boot gesetzt und sind hinausgerudert. Später wurde das Boot leer, umgekippt gefunden. Im Hotelzimmer der beiden Personen lag ein Brief, in dem sie verkündeten, daß sie in den Tod gehen wollten, weil der Frau ein schweres Schicksal vorausgesagt war. An diesen Beispielen sehen wir, welche furchtbaren Folgen der abergläubische Mißbrauch der Wahrsagerei haben kann.

Wir wollen uns an Gott, unseren Herrn halten. Wir wollen unser Leben gläubig und vertrauensvoll  in seine Hände legen. Wir wollen uns an das halten, was unser Herr und Heiland dem Versucher gesagt hat: „Es steht auch geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!“

Amen.

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