Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
15. August 2015

Maria die neue Eva

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier der Aufnahme Mariens in den Himmel Versammelte!

Schon am Morgen der Heilsgeschichte wird Maria erwähnt. Wo vom Erlöser die Rede ist, da spricht Gott zur Schlange: „Feindschaft will ich setzen zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachkommen und ihren Nachkommen. Er, der Nachwuchs, trifft dich am Kopf, und du verletzest ihn an der Ferse.“ Später hat Gott durch den Propheten Isaias uns Maria angekündigt: „Seht, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sein Name wird sein Immanuel, Gott mit uns.“ Maria ist die Hoffnung der Menschen. Sie geht Christus voraus in der Heilsgeschichte und in der individuellen Geschichte des einzelnen Christen. Sie geht Christus, der Sonne, voraus, wie die Morgenröte der Sonne vorausgeht. Bis zum Jüngsten Tage ist Maria die Frau, welche die Menschen zu Christus führt. Seit Christus am Kreuze gesagt hat: „Siehe da, deine Mutter“, seit dieser Stunde ist Maria nicht nur die Mutter Jesu, nicht nur die Mutter des Erlösers, sondern auch die Mutter der Erlösten. Maria erinnert uns an jene Frau, die Gott am Morgen der Schöpfung zur Mutter allen Lebens eingesetzt hat: Eva. Sie sollte zusammen mit Adam die Mutter aller Menschen werden. Sie hatte die Aufgabe, die Güte und Liebe Gottes zu zeigen, indem sie die Begründerin des Menschengeschlechtes wurde. Aber sie hat versagt. Sie wollte nicht geben, sondern nehmen; sie wollte nicht dienen, sondern herrschen. Und so hat sie sich zusammen mit Adam gegen Gott gestellt und damit das Unheil begründet. Es gibt die furchtbare Tatsache der Erbsünde. Im protestantischen Bereich wird sie fast überall geleugnet, aber dadurch hört sie nicht auf, zu existieren. Von dem großen Philosophen und Mathematiker Pascal stammt das Wort: „Ich habe die Erde erst verstanden, als ich das Dogma von der Erbsünde begriff.“ Gott hat die Menschen nicht fallen lassen. An die Stelle Adams stellte er den neuen Adam: Christus, und an die Stelle Evas stellte er die neue Eva: Maria, die Mutter des Heiles. Noch einmal hat es Gott mit einer Frau versucht. Sie sollte die Vertreterin der ganzen Menschheit werden. Mit ihr zusammen hat Gott die Erlösung vorbereitet. Die „zweite“ Eva hat die Erwartungen Gottes erfüllt. Dank ihres freien Ja wurde sie die Mutter des Erlösers. Gott hat – o welche Fügung seiner Weisheit – die Erlösung an das freie Ja seiner auserwählten Tochter geknüpft. Ohne Mariens Ja wären wir nicht – jedenfalls nicht so – erlöst worden, wie wir erlöst worden sind. Freilich hat Gott ihr Ja seit Ewigkeit vorausgeschaut. Gott nimmt die Freiheit der Menschen ernst; er ist ein Liebhaber der Freiheit. Das gilt für die universale Heilsgeschichte genauso wie für die individuelle. Darum ist die Hingabe an Gott so verdienstlich, dass wir Maria selig preisen müssen in allen Geschlechtern. Die Mutterschaft ist Mariens höchste Auszeichnung. Weil sie die Mutter war, ist sie so herrlich ausgestattet worden mit der Freiheit von der Erbsünde, mit der Gnadenfülle, mit der glorreichen Aufnahme in den Himmel. Weil Mutter, deswegen ohne Erbsünde empfangen; weil Mutter, deswegen in den Himmel aufgenommen. Die Mutter des Erlösers wurde unter dem Kreuz auch die Mutter der Erlösten und deswegen gehört sie in die Mitte des Evangeliums hinein. Wer den Sohn behalten will, der muss die Mutter ehren, und wo die Mutter nicht geehrt wird, da wird dem Sohn der Königsmantel der Gottheit von den Schultern gerissen! Die protestantischen Denominationen haben ohne Ausnahme die Gnadenvorzüge Mariens aufgegeben, und deswegen sind sie auch dahin gekommen, dass sie Christus als einen bloßen Menschen ansehen. Ich habe sie gelesen, dutzende, wenn nicht hunderte von Büchern dieser evangelischen Theologen, und sie – fast alle – leugnen die Gnadenvorzüge Mariens und damit auch die Gottheit ihres Sohnes. Jesus war ein bloßer Mensch, die Urgemeinde hat ihn zum Gott emporfantasiert; das ist die Meinung der meisten evangelischen Theologen. Faktisch schärft die Verehrung der Mutter uns den Blick für das gottmenschliche Wesen Jesu. Wer Maria in rechter Weise verehrt, der hält auch an der Gottheit ihres Sohnes fest. Aber wo Maria vergessen, geringgeschätzt, verachtet wird, da geht auch die Gottessohnschaft Jesu den Bach hinunter. Mit Maria steht und fällt der Christusglaube; das ist die Erfahrung von zweitausend Jahren Geschichte. Es war im Jahre 1916. Da saßen in Amsterdam (in Holland) drei Männer am Abend zusammen, und auf einmal stürmte ein Herr herein, aufgelöst und aufgeregt und ging auf einen der drei Männer, einen Priester, zu: „Hören Sie, hören Sie meine Beichte. Ich habe Todesahnung. Hören Sie meine Beichte!“ Der Priester begab sich in das Nebenzimmer und hörte die Lebensbeichte von Max Reger. Reger war ein gläubiger Sohn der Oberpfalz gewesen, aber hatte den Glauben verloren, war abständig geworden, hatte sein ganzes Leben unreligiös gelebt. Aber jetzt, in der Todesahnung, da wollte er Rechenschaft machen mit Gott, und er legte eine Lebensbeichte ab. Am nächsten Tage kam er noch einmal zu dem Priester und sagte: „Ich weiß, wem ich mein Glück zu verdanken habe, dass ich noch einmal die Rechenschaft mit dem Herrn machen konnte: Es ist Maria. Wenn ich auch mein ganzes Leben abständig war, ich habe dann und wann ein Ave Maria gebetet.“ Maria hat Reger gerettet. Wenige Wochen später war er tot. Gottesgebärerin nannte das Konzil von Ephesus im Jahre 431 Maria, und zwar wählte es diese Bezeichnung gegen die Nestorianer, die eine Lehre aufstellten, bei der schließlich eigentlich nur Jesus als ein Mensch übrig blieb, auf dem der Geist Gottes geruht hat. Auch heute wird diese Irrlehre von einem säkularisierten Christentum vertreten. Alle Mariendogmen verteidigen die Christusdogmen. Wer das Geheimnis der Mutter leugnet, der leugnet auch das Geheimnis des Sohnes. Wer die Mutter liebt, der liebt auch den Sohn und der liebt auch seine Schöpfung: die Kirche. In den protestantischen Denominationen wird die Kirche mit der linken Hand abgetan. Der Einzelne steht allein vor Gott; Kirche, das ist eine Versammlung von Menschen, die sich eben zusammentun, aber mehr nicht, nicht der fortlebende Leib Christi; auch das hängt mit dem Mangel der Marienverehrung zusammen. Wer Maria ehrt, der liebt nicht nur ihren Sohn, sondern auch den fortlebenden Christus: die Kirche. Mit Maria steht und fällt auch die Liebe zur Kirche. Wo heute die Kirche geschmäht wird, da geht das immer von Menschen aus, die Maria missachten. Da ist Christus nur „einer von uns“, wie man sagt. Nein, meine lieben Freunde, wir Marienverehrer wissen: Ohne Maria haben wir nicht unseren Christus. Ohne Maria lieben wir nicht unsere Kirche. Ohne Maria finden wir nicht unser Heil. Per Mariam ad Christum – durch Maria zu Christus. Denn ein Marienknecht wird niemals zugrunde gehen.

Amen.  

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