Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
12. April 2015

Die Treue der Erstkommunikanten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Werde getreu bis in den Tod, dann will ich dir die Krone geben, das ewige Leben.“ Heute ist der Tag der Erstkommunion unserer Kinder. Festlich ist diese Feier ausgestaltet. Die Kinder werden um den Altar versammelt und empfangen zum ersten Mal den Leib des Herrn, das große Sakrament seiner Liebe. Erstkommunion ist ein Fest, ein frohes, ein erhebendes, ein beglückendes Fest. Kommunion heißt Vereinigung. Der im Ersten Weltkrieg gefallene Dichter Johannes Sorge hat diese Vereinigung so ausgedrückt:

„Gott wird klein, sinkt dir ein,

Menschenherz heißt sein Schrein.

Hier wird neu die erste Liebe,

Schöpfer küsst brennender Liebe

Das Geschöpf, das er ersann,

Kindlein sein, das ihm entrann.“

Gott selbst will in fremder Gestalt mit den Menschen sich verbinden, vereinigen. Dieses unerhörte Geschehen ereignet sich nur in der katholischen Kirche, in der gültig geweihte Priester über die Gestalten von Brot und Wein sprechen dürfen: Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut. Das Konzil von Trient hat bleibend gültig verkündet: „Im Allerheiligsten Sakrament der Eucharistie ist wahrhaft, wirklich und wesentlich Leib und Blut, Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus, also der ganze Christus gegenwärtig.“ Der Römische Katechismus lehrt: „Das Sakrament des Altares vereinigt uns mit Christus, gibt uns Anteil an seinem Fleisch und an seiner Gottheit. Auch vereinigt und verbindet es uns untereinander und fügt uns wie zu einem einzigen Leib zusammen.“ Fürwahr, kein Volk, kein anderes Volk ist so groß, dass es Götter hätte, die ihm so nahe sind, wie unser Gott den Gläubigen nahe ist, denen er sich zur Speise hingibt, um sie alle Tage zu trösten und ihr Herz himmelwärts zu lenken.

Erstkommunion ist heute. Die Erstkommunionkinder sagen dem Herrn: Dein sind wir und dein wollen wir bleiben. Es ist das heilige Gelöbnis der Treue, der Treue bis zum Tode. Wir wollen in drei Sätzen festhalten, worum es heute geht.

1.            Christus fordert von uns die Treue.

2.            Christus hält uns die Treue.

3.            Christus belohnt uns die Treue.     

Christus fordert von uns die Treue. Durch alle Prüfungen des Lebens hindurch sollen wir sie festhalten, sollen wir das bewähren, was wir in der Stunde der Begeisterung ihm, unserem König, versprochen haben. Treue ist Freundessache, und wir sind Freunde des Herrn. Er sagt es selber: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte; ich nenne euch Freunde.“ Ein treuer Freund ist ein starker Schutz. Wer ihn findet, findet einen Schatz. Mit einem treuen Freund ist nichts zu vergleichen. „Den Wert seiner Treue wiegt Gold und Silber nicht auf“, so heißt es im Buche Jesus Sirach. Freundschaft aber fordert Treue. Wer aufhört, Freund zu sein, der ist es nie gewesen. Wir dürfen unserem göttlichen Freund nicht treulos werden; das wäre Judasverrat, zertretenes, zerbrochenes Freundesglück, verratene Freundschaft. Treue ist auch Soldatenart. Nur derjenige Soldat ist etwas wert, der in Treue seinem Vaterlande dient. Im Jahre 1790 meuterten in einer französischen Garnison drei Kavallerieregimenter, kündigten also dem König die Treue auf. Nur die Offiziere blieben ihm treu. Als die Mannschaft sie zu sich hinüberziehen wollte, da sagte ein Hauptmann: „Ihr könnt uns um das Leben bringen, aber nicht um die Treue.“ In Luzern, meine lieben Freunde, steht das Löwendenkmal, das der Bildhauer Thorvaldsen geschaffen hat. Es erinnert an die 700 Schweizer, die bei der Verteidigung König Ludwigs XVI. in den Tuilerien das Leben hingegeben haben. Auch wir sind Soldaten; Paulus sagt es. Im 2. Brief an Timotheus schreibt er: „Ihr seid Soldaten Jesu Christi.“ Als Soldaten müssen wir Treue beweisen, dürfen wir nicht fliehen, ins feindliche Lager übergehen. Christus fordert von uns die Treue. In der Zeit des Nationalsozialismus gab es immer einen Gottbekenntnistag der Jugend am Dreifaltigkeitssonntag. An diesem Tage haben wir Jugendlichen gebetet und gesungen das schöne Lied: „Auf zum Schwur mit Herz und Mund hebt die Hand zum heiligen Bund. Was die Völker fromm gelobt, von den Feinden rings umtobt, das geloben wir aufs Neue: Jesu Herz, dir ewige Treue, das geloben wir aufs Neue: Jesu Herz, dir ewige Treue.“ So haben wir damals geschworen. So sollte es heute auch sein. In der Ambrosianischen Liturgie in Mailand heißt es: „Bei deinem wunderbaren Mahle, o Gottes Sohn, nimmst du mich heute als Tischgenossen an. Nie will ich deinen Feinden dieses Geheimnis verraten. Keinen Verräterkuss will ich dir geben, wie es Judas getan. Nein, mit dem Schächer bekenne ich und spreche ich: Gedenke meiner, o Herr, in deinem Reiche.“ So in der Ambrosianischen Liturgie in Mailand. Der gläubige Schriftsteller Julius Langbehn bekannte: „Endlich habe ich, wie Christophorus, einen Herrn gefunden, dem ich dienen kann: Christus! Christi Sache ist meine Sache. Zu Christus möchte ich sein wie ein Morgenwölkchen zur aufgehenden Sonne. Nur in Jesus will ich leben. Für Jesus leiden ist meine Lust. Jesus folge ich durch dick und dünn.“ So Julius Langbehn, der Rembrandtdeutsche, wie er genannt wurde. In jeder heiligen Messe beten wir unmittelbar vor der heiligen Kommunion: „Gib, dass ich deinen Geboten allzeit treu bleibe, und lass nicht zu, dass ich mich jemals von dir trenne.“

Christus fordert von uns die Treue. Das ist der erste Satz, der zweite lautet: Christus hält uns die Treue. Er hat sie noch keinem gebrochen und ist nie einem Menschen untreu geworden. Er ist aus dem heiligen Sakrament der Gottesnähe nie fortgegangen. Trotz des Verrates eines Judas, trotz so vielen Undanks, so häufiger Entweihungen, so vieler Freveltaten der Menschenkinder, unter denen er wohnt; er bleibt bei uns Tag und Nacht und ist für jeden stets zu finden, lässt uns nicht im Stich. Im Lebenskampf und in Todeswehen geht er mit uns; er verlässt uns nicht. Ich habe einmal einen todkranken Priester betreut, der an Krebs gestorben ist. Seine Mutter, eine gläubige Frau, sagte zu mir: „Die durchbohrten Hände meines Heilandes lassen meinen Sohn nicht fallen.“ „Getreu ist der, der euch berufen hat“, schreibt Paulus an die Gemeinde in Saloniki, „er wird es auch vollenden.“ Das knüpft das Band zwischen uns, auch wir dürfen ihn nicht verlassen. Treulos werden, hieße ehrlos werden. Christus bleibt bei seiner Kirche. Mögen auch viele Menschen abfallen, ihre Heimat aufgeben; Christus bleibt bei seiner Kirche und wartet auf ihre Heimkehr. Christus bleibt bei seiner Kirche. Mögen auch Priester und Bischöfe ihre heilige Berufung vergessen, mögen sie ihren Glauben verraten und ihr heiliges Amt besudeln; Christus bleibt bei seiner Kirche und wartet auf ihre Bekehrung. Der Auferstandene hat es seinen Jüngern versprochen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“ Er steht zu seinem Versprechen. Manche Christen, meine lieben Freunde, sind heute unsicher, ob sich bei einem bestimmten Priester, der durch sein Verhalten aufgefallen ist und sich verdächtig gemacht hat, die heilige Wandlung vollzieht, ob Gott wahrhaft herniedersteigt auf den Altar. Die Lehre der Kirche in diesem Punkt ist beruhigend. Sie lautet: Der primäre Spender der Sakramente ist der Gottmensch Jesus Christus. Er bringt ihre Wirkung hervor – er. Der Mensch – also der Priester – ist nur sekundärer Spender; er ist Vertreter und Werkzeug Christi, er vertritt den primären Spender. Die Gültigkeit und Wirksamkeit der Sakramente ist unabhängig von der Rechtgläubigkeit und vom Gnadenstand des Vollziehers. Die Sakramente wirken durch ihren rechtmäßigen Vollzug. Der menschliche Spender – ich sage es noch einmal – ist lediglich Werkzeug des primären Spenders. Das Werkzeug wirkt in der Kraft des Hauptspenders. So ist die Wirksamkeit des Sakramentes von der subjektiven Verfassung des Spenders unabhängig. Sofern er nur das Zeichen richtig und einwandfrei setzt, und sofern er nur tun will, was die Kirche tut, kommt das Sakrament wirksam zustande. Das ist die Treue unseres Christus.

Der zweite Satz lautete: Christus hält uns die Treue. Der dritte Satz: Christus lohnt uns die Treue. „Seid getreu bis in den Tod“, so ruft er heute in die Kinderseelen hinein. Und der Widerhall dieses Mahnwortes gilt auch uns Älteren, uns Alten. Vielleicht haben manche schon lange Zeit vergehen lassen seit dem größten Tag ihres Lebens. Wie steht es mit der Treue? Das ist heute die Frage, die ihnen an die Seele klopft. Habt Ihr eurem Heiland das Treueversprechen gehalten? Wenn wir Priester, meine lieben Freunde, die Scharen der Erstkommunikanten sehen, dann zittert uns das Herz! Wir fürchten, dass sie schon an den nächsten Sonntagen nicht mehr regelmäßig den Weg zum Gottesdienst finden. Die Versäumnis der Sonntagspflicht ist der Beginn des Lauwerdens. Der Katholik, der den Sonntag nicht hält, ist verloren. Wer nicht mehr die Verbindung mit dem sich opfernden Christus findet, im Messopfer, der ist in geistlicher Gefahr. Und das ist unsere Sorge, auch am Tage der Erstkommunion. Werden die Erstkommunionkinder beten? Regelmäßig beten? Unablässig beten? Das Gebet ist uns nicht als bloßer Rat nahegelegt; es ist als strenge Pflicht vorgeschrieben. Es trennt sich von Gott, wer sich nicht durch das Gebet mit Gott verbunden hält. Ein junger Mann schrieb in sein Gebetbuch, als er zum Militär eingezogen wurde: „Bete, sonst holt dich der Teufel.“ Wir  müssen immerdar beten, damit wir nicht vom Himmelreich ausgeschlossen werden. Werden unsere Erstkommunionkinder den Versuchungen und Verlockungen der Welt widerstehen? Wie viele haben wir gesehen, die einst bei der Taufe sagten: Ich widersage dem Teufel, und die am Tage der Erstkommunion gelobten: Mein Heiland, nun bist du mein, ich bin dein; ich will mich niemals von dir trennen, aber sie haben ihr Taufversprechen gebrochen und ihr Kommuniongelöbnis zertreten. „Seid getreu bis in den Tod“, nicht nur ein paar Jahre, sondern bis in den Tod. Jede andere Treue wäre zu kurz, wäre zu karg: „Dann will ich dir die Krone des Lebens geben.“  Das arme Menschenkind soll zum Gotteskind werden, zum Königskind in der Herrlichkeit des Vaters. „Ihr wisst“, schreibt Paulus an die Gemeinde in Ephesus, „dass jeder für das Gute, das er tut, vom Herrn seinen Lohn empfängt.“ Das Konzil von Trient hat bleibend gültig als Dogma der Kirche verkündet: „Wenn jemand sagt, die Gerechten dürften für die guten Werke, die sie in Gott getan, wenn sie im Gutestun und in der Beobachtung der Gebote Gottes bis zum Ende ausharren, von Gott keinen Lohn erwarten, der sei ausgeschlossen.“ Der Lohn, den Gott gibt, ist er selbst. Gott krönt in uns die Werke seiner Barmherzigkeit, aber nur, wenn wir in der Gnade, die wir zuerst empfangen haben, beharrlich verbleiben, bis in den Tod. Den Kinderseelen möchten wir heute zurufen: Höret, ihr Kinder, das Wort des Heilandes, gelobet ihm die Treue und haltet ihm die Treue! Und allen anderen, die Zeugen dieses Geschehens sind, möchten wir sagen: Erneuert eure Treue heute. Und hättet ihr sie je verraten oder gebrochen, so macht es wieder gut und gelobt aufs Neue, wie ihr es getan habt am Tage der ersten heiligen Kommunion.

„Das Ende krönt das Werk, das Leben ziert der Tod:

Wie herrlich stirbt der Mensch, der treu war seinem Gott.“

Amen.

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