Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
25. Oktober 2009

Den Versuchungen des Bösen widerstehen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zum Königsfest unseres Herrn Versammelte!

„Meinet nicht, ich sei gekommen, den Frieden zu bringen. Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ Diese Sprache redet unser Herr und Heiland Jesus Christus. Er will von vornherein ausschließen, dass diejenigen, die sich ihm anschließen, meinen, sie würden in ein ruhiges, behagliches Leben hineingeführt werden. „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ Also nicht Lebensgenuß, nicht Behaglichkeit, nicht Bequemlichkeit sind das Los derjenigen, die in die Nachfolge Christi eintreten, sondern Kampf, Auseinandersetzung, Feindschaft, Streit. Die Versuchungen des Teufels bleiben dem Jünger Jesu ebenso wenig erspart wie der Haß und die Verfolgung der Pharisäer. Verrat und Verleugnung müssen über ihn kommen, ebenso wie Verlassenheit und Angst. Es ist ein ganz grobes Mißverständnis der Jüngerschaft Jesu, wenn jemand meint, durch den Anschluß an Christus würde er sich ein bequemes, behagliches Leben erwerben können. Das Gegenteil ist der Fall.

Das christliche Mittelalter hat es besser gewußt als unsere Gegenwart. Auf vielen Darstellungen sieht man den Kampf, den der Wüstenheilige Antonius mit den Feinden des Heiles ausficht, die Versuchungen des heiligen Antonius. Hindemith hat sie in Musik gesetzt. Die Christen des Mittelalters wußten darum, dass eine entsagungsvolle Einsamkeit ihre Bedingungen hat. Und wenn Sie die Epistel des heutigen 21. Sonntags gehört hätten – die weggefallen ist wegen des Christkönigsfestes – wenn Sie diese Epistel gehört hätten, dann hätten Sie vernommen, was der Apostel Paulus sagt: „Wir haben einen Kampf nicht gegen Fleisch und Blut“, das heißt also nicht gegen Menschen, „sondern wir kämpfen gegen die Fürsten und Mächte, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister der Bosheit und der Schlechtigkeit.“

Welches, meine lieben Freunde, sind denn unsere Feinde? Wer sind denn die Gegner, mit denen wir zu kämpfen haben? Es sind vorzüglich drei: 1. der Satan, 2. die böse Begierlichkeit, 3. die Feinde Christi und seiner Kirche. Der Satan ist der alte Widersacher, der Erbfeind, mit dem wir zu kämpfen haben. Tausende von Jahren sind vergangen, seitdem der Teufel die Menschen bekämpft. Aber seine Arglist ist deswegen nicht geringer geworden. Satan sucht uns von Gott abzubringen. Er will uns verführen, die Gebote Gottes zu übertreten. Herodes knirscht noch heute in der Person Satans mit den Zähnen und klagt darüber, dass die Herrschaft seiner Bosheit bei denen zu Ende ist, die zu Christus übergehen. Jene läßt der Teufel unbehelligt, die er mit unbestrittenem Recht bereits als sein Eigentum ansehen kann. Wen der Teufel überwunden hat, den läßt er in Ruhe. Die furchtbarste Versuchung ist, nicht mehr versucht zu werden, weil man schon eine Beute des Bösen ist.

Wie Christus versucht wurde, so werden auch seine Jünger versucht. Warum denn? Versuchungen müssen kommen, meine lieben Freunde, denn wie soll einer gekrönt werden, wenn er nicht gekämpft hat? Wie soll er aber kämpfen, wenn kein Feind da ist, der ihn angreift? Also, weil wir eine Krone erstreben, müssen wir kämpfen. In den Versuchungen soll der Christ sich bewähren. Da soll er zeigen, dass er zu dem gehört, der von sich gesagt hat: „Ich habe die Welt überwunden.“ In den dunklen Stunden der Versuchung wird der Heilige geboren. Solange wir in dieser Welt leben, können wir nicht ohne Versuchung sein.

Der Teufel ist schlau. Er kennt die schwachen Stellen bei jedem Menschen; dort setzt er an. Er weiß gar wohl, bei wem er das Feuer der Habsucht zu entzünden hat und wem er mit den Lockungen des Gaumens beizukommen weiß. Er weiß, bei wem er den Stachel des Neides ansetzen muss und das Feuer der Sinnenlust entzünden muss. Er weiß, wen er durch Gram verwirren kann und wen er durch Freude täuschen kann. Er weiß, wen er durch Furcht zu erdrücken vermag, und er weiß, wen er durch schmeichelnde Bewunderung zu verführen vermag. Bei allen erwägt er ihre Gewohnheiten, beschäftigt sich mit ihren Sorgen, erforscht ihre Neigungen. Und gerade in der Sache, mit der sich jeder am liebsten beschäftigt, greift er ihn besonders an, sucht er ihm zu schaden. Es heißt also kämpfen gegen den Satan.

Wir stehen in diesem Kampfe nicht allein. Mit uns, meine lieben Freunde, ist derjenige, der von sich gesagt hat: „Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ Mächtiger ist jener, der in uns ist als jener, der gegen uns ist. Aber den Teufel überwindet nicht der Schlaue, sondern der Entschiedene. In der Schlauheit ist er aller Meister, im guten Willen ist er der Schwächste.

Der zweite Gegner ist die böse Begierlichkeit, die in uns ist. Sie greift von innen an. Die Begierlichkeit ist nichts anderes als das niedere Streben, das der Vernunft widerstreitet. Die Begierlichkeit kommt aus der Sünde und reizt zur Sünde. „Nitimur in vetitum“, so sagten unsere Vorfahren, „Wir neigen zum Verbotenen.“ In dieser Welt leben und keine Regungen der Begierlichkeit spüren, ist ausgeschlossen. Die Begierlichkeit, mit der wir ins Leben traten, findet kein Ende bis zum letzten Tage. Auch der Greis ist von der Begierlichkeit nicht ausgeschlossen. Selbst die Taufe hat die Begierlichkeit nicht ausgerottet. Das Konzil von Trient hat gelehrt: „Die Begierlichkeit oder Empfänglichkeit für die Sünde bleibt auch in den Getauften zurück. Sie wird ihnen belassen als Gelegenheit zur Bewährung im Kampfe.“ Als Gelegenheit zur Bewährung im Kampfe. „Sie kann jenen, die nicht in ihre Regungen einwilligen und mit der Gnade Christi mannhaft Widerstand leisten, keinen Schaden zufügen. Im Gegenteil: Derjenige, der rechtmäßig gekämpft hat, wird gekrönt.“

Wie kämpft man gegen die böse Begierlichkeit? O meine lieben Freunde, ich bis seit 58 Jahren Beichtvater und weiß, wie dieser Kampf zu führen ist. Es sind vor allem drei Mittel, die wir anwenden müssen: 1. Wehre den Anfängen! Wehre den Anfängen! Zuerst kommt die Vorstellung; sie lockt und reizt. Dann kommt das Begehren; es drängt und zieht. Dann kommt der Entschluß; er reißt und stürzt. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen. Wir müssen die Vorstellung, die Phantasie aus dem Gedächtnis, aus dem Geiste entfernen, den Anfängen widerstehen. Wenn wir das tun, ist die Begierlichkeit ohnmächtig. 2. Meide die Gelegenheit! Geh nicht dorthin, wo du fallen kannst. Viele sagen: Ich will ja nur sehen. „Was willst du sehen, was du nicht haben kannst?“ fragt die Nachfolge Christi. Wir wissen aus Erfahrung, wie schwach wir sind. Meiden wir die Orte, die Personen, die Sachen, die uns zu Fall bringen können! Immer wieder höre ich, dass Menschen durch das Fernsehen zu Fall kommen. Das Fernsehen ist eine wunderbare Errungenschaft des menschlichen Geistes, meine lieben Freunde. Richtig benutzt, kann man daraus viel lernen. Aber wenn wir uns den bösen Filmen überlassen, dann sind wir überwunden. 3. Gebrauche die Mittel, die zur Überwindung der bösen Begierlichkeit notwendig sind! Gebrauche die Mittel! Welches sind die Mittel? Streng sein gegen sich selbst, sich nicht alles durchgehen lassen, nicht immer der Sinnenlust folgen, die Eßlust beherrschen, die Augen beherrschen, den Schlaf auf das unbedingt Notwendige verkürzen. Im Buch von der Nachfolge Christi steht der wunderbare Satz: „Gib deine Begierlichkeit auf, und du wirst Ruhe finden.“ Schiller, unser deutscher Dichter, sagt dasselbe mit anderen Worten: „Zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden bleibt dem Menschen nur die bange Wahl.“ Zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden bleibt dem Menschen nur die bange Wahl.

Der dritte Gegner sind die Feinde Christi und seiner Kirche. Unsere Kirche ist im Kampfe geboren, und sie wird zu kämpfen haben bis zum Tage der Wiederkunft des Herrn. Als Paulus in Rom weilte – als Gefangener, er hatte ja an den Kaiser appelliert –, da besuchten ihn in seiner Mietwohnung die vornehmen Juden. Sie erklärten ihm: „Von dieser Sekte“ (damit ist das Christentum gemeint) „ist uns bekannt, dass sie überall Widerspruch findet.“ Dass sie überall Widerspruch findet. So hat es angefangen, und so ging es weiter. Im 3. Jahrhundert schreibt der Kirchenschriftsteller Tertullian: „Bei jedem allgemeinen Unglück, bei jedem Ungemach, das die Öffentlichkeit trifft, heißt es: Die Christen sind schuld. Hat der Tiber Hochwasser, hat der Nil Niederwasser, bleibt der Regen aus, kommt ein Erdbeben, eine Hungersnot, eine Seuche – das erste Wort ist: Fort mit den Christen, werft sie den Löwen vor!“ So ist es weitergegangen bis in unsere Tage. Warum, meine lieben Christen, warum sind die Christen so verhaßt? Warum sind die Christen jene Bevölkerungsgruppe, die am meisten Opfer für die Bosheit stellt? Warum? Weil die Menschen die Wahrheit nicht ertragen und weil die Heiligkeit sie reizt. Weil die Menschen die Wahrheit nicht ertragen und weil die Heiligkeit sie reizt. Die Menschen ertragen die Wahrheit nicht, die Wahrheit über Gott, den Schöpfer, den Gesetzgeber und den Richter, die Wahrheit über Gottes Gesetze und Gebote. Die Wahrheit ist ihnen lästig. Sie sind mit der Erde zufrieden. Sie brauchen kein Jenseits. Ihnen reichen die Menschen. Sie wollen nichts wissen von dem überweltlichen Gott. Die Gebote Gottes sind ihnen zu anspruchsvoll. Sie wollen leben, wie es ihnen paßt, nicht wie Gott es will und wie die Kirche es nach Gottes Willen vorlegt.

Gestern schrieb der Playboy, Gunter Sachs, der einmal die Brigitte Bardot geheiratet hatte für eine kurze Zeit, ein Wort von der Brigitte Bardot in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Was hat Brigitte Bardot gesagt? „Ich liebe, solange ich lieben will, und nicht, solange die Moral es vorschreibt.“ Mit der Liebe ist natürlich die Unzucht gemeint. „Ich liebe, solange ich lieben will, und nicht, solange die Moral es vorschreibt.“ „Willst du wissen, was die Welt von der Wahrheit hält, schau aufs Kreuz. Es wird dir sagen: Dort hängt sie angeschlagen.“

Die Heiligkeit reizt die Menschen, denn sie hält ihnen einen Spiegel vor, in dem sie ihre Schwächen und Leidenschaften erkennen. Die Heiligen stören die Menschen. Sie zeigen ihnen, wer Gott ist und wie ernst man ihn nehmen muss. Ich gehöre nicht zu der  Priesterbruderschaft Pius’ X., und ich hoffe, dass sie sich mit der Kirche versöhnt. Aber der Haß, der sie trifft, ist teilweise darauf zurückzuführen, dass ihre Mitglieder Gott ernst nehmen. Die Heiligen beunruhigen die Menschen. Ihr leben ist ein Gericht über ihre Sitten und namentlich über ihre Unsittlichkeit. Die Christen werden nicht verfolgt, weil sie Übeltäter sind, sondern weil sie Wohltäter sind. Je heiliger ein Mensch, um so weniger wird er von den Weltmenschen verstanden.

Christsein heißt Kämpfer sein. Für die Wahrheit müssen wir Zeugnis ablegen, die Heiligkeit müssen wir in unserem Leben verwirklichen. Man muss die Wahrheit nicht nur lieben, sondern man muss sich auch für sie einsetzen. Gegen das Böse müssen wir aufstehen, und zwar ist es eine Pflicht, gegen das Böse aufzustehen, ebenso wie für das Gute einzutreten. „Wer das Schlimme einer Sache nicht anzugreifen sich getraut, verteidigt das Gute nur halb.“ Dieses Wort stammt von dem Komponisten Robert Schumann. Wer das Schlimme einer Sache nicht anzugreifen sich getraut, verteidigt das Gute nur halb. Das sei all den Leisetretern, Rückversicherern und Speichelleckern gesagt in unserer Kirche. Wer das Schlimme einer Sache nicht anzugreifen sich getraut, verteidigt das Gut nur halb. Das sei vor allem den Leuten von der Petrusbruderschaft gesagt. Unsere Generation wird eines Tages nicht nur die ätzenden Worte und schlimmen Taten der schlechten Menschen zu bereuen haben, sondern auch das furchtbare Schweigen der Guten. Feigheit hat immer tausend Gründe für sich, wo der Tapfere stillschweigend tut, was sein Gewissen ihm gebietet. Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden. Ich möchte den verehrten Herren Bischöfen das Wort der heiligen Theresia von Avila ins Gedächtnis rufen: „Das Wohlgefallen Gottes und das Wohlgefallen der Menschen lassen sich schwer miteinander in Einklang bringen.“ Ich wiederhole: Das Wohlgefallen Gottes und das Wohlgefallen der Menschen lassen sich schwer miteinander in Einklang bringen.

Meine lieben Freunde, Feinde sind einem Menschen geschenkt, damit er sich an ihnen bewähre, damit er an ihnen wachse und erstarke. Nicht Nichtstun und Wohlleben, sondern Leid und Gefahr haben den Heiligen die leuchtenden Kronen um die Stirn gewunden. „Mensch, in das Paradies kommt man nicht unbewehrt. Willst du hinein, du mußt durch Feuer und durch Schwert.“ So hat Angelus Silesius gedichtet. Mensch, in das Paradies kommt man nicht unbewehrt. Willst du hinein, du mußt durch Feuer und durch Schwert.

Amen.

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