Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
5. Juni 2006

Gottes Geist – Früchte des Geistes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Das Pfingstfest erinnert uns an die erste, gewaltige Geistausgießung an die junge Christenheit. Damals wurden unter Zeichen und Wundern die Jünger Christi mit dem Heiligen Geiste beschenkt. Aber das Pfingstfest weist auch auf die immer erneuten Geistausgießungen in unserer Zeit hin. Die Geistausgießung des ersten Pfingstfestes ist keine einmalige Angelegenheit geblieben, sondern Gott hat dafür gesorgt, dass der Geist bei seiner Kirche und bei den Gläubigen bleibt und dass er ihnen immer von neuem geschenkt wird. Die Geistausgießung, die heute geschieht, ist innerlich und unsichtbar. Sie erfolgt den inneren Gnadengaben nach. Und diese Gnadengaben werden uns in den Sakramenten, also vor allem in der Taufe und in der Firmung mitgeteilt. Die Sakramente wirken das, was sie andeuten, also die Taufe Reinigung von Erbschuld und von persönlicher Sünde, Mitteilung der heiligmachenden Gnade und Anrecht auf die helfenden Gnaden; die Firmung vermittelt uns die Stärkung zum Kampf für das Evangelium und zur Verteidigung der heiligen Religion.

Die Sendungen des Heiligen Geistes haben aber auch noch eine andere Komponente, und das ist die entscheidende, nämlich der Heilige Geist wird der Seele wirklich und wahrhaftig mitgeteilt. Er gibt nicht nur Gaben, er gibt sich selbst. Der heilige Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: „Wißt ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt?“ Wißt ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt? Das ist die Erfüllung des Wortes, das der Herr gesprochen hatte: „Wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen“, nämlich bei dem, der sich gläubig dem Wirken des Heiligen Geistes öffnet. Größeres, Erhabeneres kann  nicht gesagt werden, als dass wir Tempel Gottes sind und dass der Heilige Geist in uns wohnt.

Wo aber der Heilige Geist einzieht, da bleibt er nicht untätig. Er ist ja der Lebendige und der Lebendigmacher, wie wir ihn im Glaubensbekenntnis bekennen. Der Heilige Geist wirkt also in der Seele. Er teilt ihr Gaben mit, Anlagen, Geneigtheiten, die der Seele eine besondere Leichtigkeit geben gegenüber den Anregungen des Heiligen Geistes. Wenn Sie zum Altar schauen, da sehen Sie, dass die Damen, die ihn geschmückt haben, etwas von den Gaben des Heiligen Geistes verstanden haben, denn sie haben je sieben Blüten rechts und links vom Kreuz aufgestellt. Sieben sind nämlich die Gaben des Heiligen Geistes: Weisheit, Wissenschaft, Verstand, Rat, Stärke, Frömmigkeit, Furcht des Herrn. Sieben Gaben des Heiligen Geistes angedeutet durch die sieben Blüten, die auf den Altar gestellt sind.

Die Gaben Gottes sind aber immer Aufgaben. Wenn Gott etwas gibt, dann will er, dass wir etwas damit tun. Und so sollen wir die Gaben des Heiligen Geistes benutzen. Es sind Kräfte, mit denen wir wirken können und sollen. Was sollen wir wirken? Wir sollen Frucht bringen. „Ich habe euch bestellt, dass ihr hingeht und Frucht bringt“, sagt der Herr im Johannesevangelium. Wir sollen die Früchte des Heiligen Geistes hervorbringen. Diese Früchte werden vom Apostel Paulus im Brief en die Galater aufgezählt: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Das sind die Früchte des Heiligen Geistes: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Die Früchte des Heiligen Geistes sind Handlungen, Tätigkeiten, Akte, die wir setzen, und zwar eben in der Kraft des Geistes. Der Geist ist der Erstwirkende, aber er ist nicht der Alleinwirkende, wir sind Mitwirkende. Das ist ein Gesetz in der gesamten Heilsordnung. Das Wirken Gottes mag noch so überlegen sein, ohne die Mitwirkung des Menschen kommt es nicht zustande. Zwingend ist Gottes Wirken nie. Es gibt die hinreichende Gnade im Gegensatz zu den Jansenisten, die das bestritten haben. Es gibt die hinreichende Gnade, und die hinreichende Gnade kann der Mensch ablehnen. Und so gilt auch von den Früchten des Heiligen Geistes: Sie werden nur in dem erwachsen, der mit dem Heiligen Geiste mitwirkt. Es gilt das Wort des heiligen Augustinus: „Der dich geschaffen hat ohne dich, will dich nicht rechtfertigen ohne dich.“ Der dich geschaffen hat ohne dich, will dich nicht rechtfertigen ohne dich.

Die Früchte des Heiligen Geistes sind also Vollkommenheiten, die unsere Seele schmücken, die unser Leben bereichern, dir sich wohltätig auf die Umgebung auswirken. Hier, meine lieben Freunde, haben wir eine Stelle, wo einmal Gottes Wirken sichtbar wird. Das ist ja unsere Not, das ist ja unsere Klage, dass wir den verborgenen Gott anbeten müssen, dass Gott aus seiner Verborgenheit nicht heraustritt. Wir leiden darunter, dass Gott in unzugänglichem Lichte wohnt. Seine Gnade ist nicht messbar und nicht wägbar. So sehnen wir uns danach, Gott und sein Wirken einmal zu sehen, einmal in der Erfahrung festzustellen, zu spüren. Hier in den Früchten ist eine Stelle, wo Gottes Wirken sichtbar wird. Wer diese Früchte des Heiligen Geistes aufweist, von dem kann der Heilige Geist nicht fern sein. Wer die Früchte des Heiligen Geistes wirksam werden lässt, der ist im Besitze des Heiligen Geistes. Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Wer all das aufweist oder auch nur vieles davon, der ist im Besitz des Heiligen Geistes, in dem wirkt der Heilige Geist diese herrlichen Gaben.

Aber natürlich muss man auch mit Erschrecken feststellen: Wo diese Gaben fehlen, wo diese Früchte fehlen, da kann der Geist nicht sein. Wer das Gegenteil von diesen Früchten aufweist, der muss fern vom Geiste sein, also Haß, Trübsinn, Streit, Ungeduld, Erbarmungslosigkeit, Eigennutz, Treulosigkeit, Zorn, Genusssucht. Das ist nicht Zeichen der Anwesenheit des Geistes, sondern seines Gegengeistes. So haben wir also ein Mittel der Unterscheidung und ein Mittel zur Erkenntnis, ob der Geist Gottes in uns wohnt. Bringt der Geist in uns seine Früchte hervor? Was stellen wir fest, wenn wir uns beobachten, wenn wir ehrlich gegen uns sind? Leben wir im Geiste? Handeln wir aus dem Geiste? Bringen wir die Früchte des Geistes hervor, oder ist der Geist in uns unwirksam?

Es muss, meine lieben Freunde, unser Bestreben sein, dem Wirken des Geistes in uns Raum zu geben. Wir dürfen die Gnadengaben Gottes nicht umsonst empfangen; wir müssen mit ihnen wirken. Wir sollen Zeugnis ablegen von der Existenz und von der Macht des Heiligen Geistes. Wir müssen seine Früchte vorweisen: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Ach, dass doch das Pfingstfest nicht vorübergehen möchte, ohne dass wir dem Wirken des Heiligen Geistes Raum geben! Wenn wir im Geiste leben, so lasst uns auch im Geiste wandeln! Und das heißt: Müde sein und doch andere aufmuntern, sich verlassen fühlen und doch andere zum Lächeln bringen, selber voller Fragen stecken und doch Ratsuchenden sich nicht verweigern, gehetzt sein und doch andere nicht mit Ausreden abwimmeln, Schmerzen haben und doch anderen gegenüber Geduld aufbringen, belastet sein und doch anderen tragen helfen, nach einem Ausweg tasten und doch die Hand des anderen nicht loslassen, vieles entbehren und doch niemandem etwas missgönnen, enttäuscht sein und doch anderen einen Streifen Hoffnung geben, sich ausgebrannt vorkommen und doch anderen helfen, Sinn zu finden, betend selbst ohne Antwort bleiben und doch anderen den Glauben erlebbar machen, mit Ärger angefüllt sein und doch den Gruß eines anderen erwidern, enttäuscht sein und doch die Fehler anderer nicht an die große Glocke hängen, keinen Dank bekommen und doch unentwegt für andere da sein. Wenn wir im Geiste leben, meine lieben Freunde, dann lasst uns auch im Geiste wandeln!

Amen.

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