Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
20. Juni 2004

Die Lüge von der „gemeinsamen“ Taufe

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Aber die Bibel haben wir gemeinsam!“ So sagen uns die Ökumeniker. Wir haben am vergangenen Sonntag gesehen, dass diese Behauptung nicht zutrifft. „Aber die Taufe haben wir gemeinsam!“ So sagen sie ebenso. Wir wollen heute sehen, ob diese Behauptung wahr ist.

Die Taufe ist das grundlegende Sakrament unseres Glaubens. Der Getaufte ist ein Kind Gottes, ein Glied am Leibe Christi, ein Erbe des Himmels. Die Taufe nimmt die ganze Sündenschuld vom Menschen, die Erbsünde und die persönlichen Sünden, wenn er solche hat, und die Sündenstrafen; er ist rein und neu geboren.

Die Glaubensneuerer des 16. Jahrhunderts haben die Taufe beibehalten, aber sie haben ihren Sinn geändert. Luther selbst hat an der Taufe festgehalten, auch wohl als ein Gnadenmittel, aber für ihn besteht die Wirkung der Taufe nur darin, dass die Sünden zugedeckt werden. Sie werden nicht angerechnet; also nicht eigentlich eine Neugeburt, sondern nur eine Verhüllung der Sünden. Die falsche Rechtfertigungslehre Luthers macht sich auch im Taufgeschehen bemerkbar. Erst recht entfernen sich Zwingli und Calvin von der katholischen Lehre. Diese beiden sogenannten Reformatoren der Schweiz lassen die Taufe nur als Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinde gelten. Sie hat also nicht eigentlich generative, schöpferische Kraft, nein, sie ist ein äußeres Zeichen der Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde. Ein Gnadenmittel im eigentlichen Sinne, das durch seinen Vollzug bewirkt, was es anzeigt, ist sie weder für Calvin noch für Zwingli.

Erst recht gingen die weiteren Glaubensneuerer mit der Taufe in einer Weise um, die wir von unserem Glauben her nicht billigen können. Karlstadt und Schwenckfeld verwarfen die Taufe ganz; sie sei überflüssig. Sie sei nur notwendig gewesen in der Zeit der Missionen, heute sei sie entbehrlich. Und es gibt große protestantische Theologen, welche der Taufe ihre generative Kraft absprechen. Ich erwähne an erster Stelle den fast im Rang eines Kirchenlehrers stehenden Friedrich Schleiermacher. Ich habe noch einmal in seiner Glaubenslehre nachgeschlagen, und da steht tatsächlich der Satz, dass die Taufe an und für sich nichts bewirke, sondern nur ein äußeres Zeichen sei von dem Eintritt in die christliche Kirche. Das schreibt der in höchstem Ansehen im Protestantismus befindliche Schleiermacher, dass die Taufe an und für sich nichts bewirke, sondern nur ein äußeres Zeichen sei von dem Eintritt in die christliche Kirche. Bekannt ist, dass auch der hochangesehene protestantische Theologe Karl Barth in der Taufe nur ein kognitives Zeichen sah, also eine Einrichtung, an der man erkennen kann, dass jemand zu den Christen gehört. Aber er spricht ihr jede generative Kraft ab, und er hat deswegen auch die Kindertaufe verworfen.

Erst recht sind auf diesem Wege die protestantischen Freikirchen weitergeschritten. Die Quäker bezeichnen die Taufe als unnütz. Die Heilsarmee gibt die Taufe preis zugunsten einer Darbringung. Die Methodisten legen entscheidenden Wert auf die Bekehrung und nicht auf die Taufe. Die Pfingstbewegung träumt davon, dass in ekstatischen Ereignissen sich die Geisttaufe ereigne. Angesichts dieses Befundes wird man zugeben müssen, dass eine Deckungsgleichheit zwischen katholischer Tauflehre und protestantischen Ansichten über die Taufe nicht besteht.

Aber es gibt auch weitere, gravierende Unterschiede. Bis heute gibt es weite Teile des Protestantismus, welche die Kindertaufe ablehnen. Sie argumentieren so: Die Wirkung der Sakramente wird nur angeeignet im Glauben. Wer keinen Glauben hat, kann kein Sakrament empfangen. Die Kinder sind des Glaubens unfähig, also können sie auch nicht die Wirkung der Taufe empfangen. Das bedeutet, dass viele Protestanten ihre Kinder nicht taufen lassen. Es gibt sogar evangelische Pfarrer, die ihre Kinder nicht taufen – im Bann der Tauflehre von Karl Barth.

Die Taufe ist der Eingang in die christliche, in die katholische Kirche. Einen anderen Eingang gibt es nicht. Nur wer getauft wird, ist Glied der Kirche. Anders die protestantische Auffassung. Es gibt dort eine Kirchenmitgliedschaft kraft Abstammung. Man kann auch ohne Taufe Mitglied der Kirche werden. In Schweden ist eine halbe Million nicht getauft und doch Mitglied der protestantischen lutherischen Kirche von Schweden. Sie können alle Ehrenämter, die Laien offen stehen, erlangen, obwohl sie nicht getauft sind. Es gibt also einen weiten Verzicht auf die Taufe als Vermittlung der Kirchengliedschaft. Ja, Luther selbst sagt, und ich habe es noch einmal nachgeschlagen, er schreibt in seinem Büchlein von der Beicht: „Ob du gleich nicht zum Sakrament (der Taufe) gehst, kannst du dennoch durch Wort und Glauben selig werden.“ Noch einmal: „Ob du gleich nicht zum Sakrament (der Taufe) gehst, kannst du dennoch durch Wort und Glauben selig werden.“ Und an einer anderen Stelle: „Wer nicht getauft sein will, der laß anstehen.“ Wer nicht getauft sein will, der laß anstehen, der laß es also gehen. Wir sehen, dass auch hier in der Frage der Kirchengliedschaft ein gewaltiger Unterschied zwischen katholischer Tauflehre und protestantischen Auffassungen besteht.

Das gilt auch für die Heilsnotwendigkeit der Taufe. Die Kirche hält sich an das Wort des Heilandes: „Wer nicht wiedergeboren wird aus Wasser und Heiligem Geist, der kann nicht in das Reich Gottes eingehen.“ Keineswegs ist das die Auffassung im Protestantismus. Die Heilsnotwendigkeit der Taufe wird weitgehend preisgegeben, wie das Wort von Luther, das ich eben vorgelesen habe, aussagt. Es gibt ein Heil auch ohne die Taufe, und zwar wenn man bewusst auf die Taufe verzichtet. Wir sind ja auch überzeugt, dass diejenigen, die nicht zur Taufe gelangen können, gerettet werden können auf Wegen, die Gott weiß. Aber wer die Taufe absichtlich versäumt, der kann nach unserer Überzeugung nicht gerettet werden, weil er das von Christus eingesetzte Heilsmittel verschmäht.

Die Taufe macht nach Luther auch das Bußsakrament überflüssig. Es gibt kein Bußsakrament. Das, was wir Bußsakrament nennen, vollzieht sich nach protestantischer Ansicht in der Rückbesinnung auf die Taufe. Wer sich an die Taufe erinnert und sich in das Taufgeschehen hineinversetzt, der wird von den Sünden befreit. Aber eine Lossprechung, eine sakramentale Lossprechung, eine Lossprechung durch den Priester gibt es nicht. Aber wie erklären die Protestanten dann das Wort des Heilandes: „Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen. Welchen ihr sie behalten werdet, denen sind sie behalten“? Das erklären sie von der Taufe. Sie sagen, das Wort beziehe sich auf die Taufe. Jeder katholische Christ wird fragen: Kann diese Erklärung vor dem wahren Sinn des Wortes bestehen? Das ist also der große Unterschied, der in der Lehre über die Taufe zwischen katholischer Kirche und protestantischen Auffassungen besteht.

Ein weiterer, erheblicher Unterschied besteht auch in der Praxis. Die Praxis der Taufe ist hüben und drüben verschieden. Was zunächst den Taufspender angeht, hat die katholische Kirche immer durch das oberste Lehramt die Aussage gemacht, dass auch die von nichtkatholischen Spendern gespendete Taufe gültig sein kann. Als Taufspender kann jeder Mensch fungieren, sogar der Ungetaufte. Tatsächlich, das ist katholische Lehre, und diese Lehre ist schon im 3. Jahrhundert festgestellt worden im Ketzertaufstreit. Da traten Männer auf, wie Tertullian, die sagten: Nein, die von den Ketzern, die von den abgefallenen Katholiken gespendete Taufe ist ungültig. Und manche Bischöfe haben sich dieser Meinung angeschlossen. Aber die Päpste haben unbeirrt und unbeirrbar daran festgehalten: Auch die von Ketzern gespendete Taufe ist gültig, wenn sie die richtige Form verwenden und wenn sie die rechte Absicht haben. Das wurde auf dem Konzil von Nizäa 325 von den dort versammelten 318 Bischöfen bestätigt. Die Taufe, die von Ketzern gespendet wird, ist gültig, sofern sie in der rechten Weise taufen und in der rechten Absicht handeln. An sich also können auch protestantische Taufspender die Taufe gültig spenden.

Aber zur gültigen Taufhandlung sind mehrere Elemente notwendig. Die Taufe ist ja eine Abwaschung, und zwar eine Abwaschung zunächst einmal äußerlich mit Wasser, innerlich dann durch den Heiligen Geist, der die Seele reinigt von der Erbsünde. Die Abwaschung muß aber so geschehen, dass sie tatsächlich ein Fließen des Wassers beinhaltet. Wenn jemand nur den Daumen in Wasser tunkt und die Stirn des Kindes berührt, dann ist das ungültig. Aber so taufen manche protestantische Pfarrer. Mit den Fingerspitzen berühren sie das Wasser, und dann übertragen sie es auf die Stirn des Täuflings. Diese Taufen sind ungültig, weil das Zeichen nicht gewahrt ist, nämlich das Zeichen der Abwaschung.

Außerdem muß jeder einzelne getauft werden. Es ist unmöglich, dahinzugehen und mehrere Täuflinge mit Wasser zu besprengen und dabei die Taufformel zu sprechen. Nein, jeder einzelne muß mit Wasser übergossen und dabei muß die Taufformel gesprochen werden. Die Taufformel ist unentbehrlich. „Taufet sie“, hat der Herr gesagt, „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Die Taufformel wird von manchen im protestantischen Bereich als nicht wesentlich angesehen. Es gibt protestantische Gemeinschaften, die taufen unter dem Druck des Feminismus nicht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, sondern „im Namen des Schöpfers, des Erlösers und des Heiligers“. Solche Taufen sind ungültig. Man kann nicht den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist durch zwar sinngleiche, aber eben andere Worte ersetzen. Die trinitarische Formel ist unentbehrlich. Auch muß das Übergießen mit Wasser und das Aussprechen der Formel zusammenkommen. Wer erst Wasser übergießt und danach die Formel spricht, der tauft ungültig. Während des Übergießens muß die Formel gesprochen werden; nur so kommen die äußere Handlung und das Sprechen der Worte zusammen.

Schließlich muß der Taufende die rechte Meinung haben. Gewiß, im Ketzertaufstreit ist sichergestellt worden, dass der rechte Glaube nicht zur gültigen Taufe erforderlich ist und dass auch ein Ungetaufter unter Umständen die Taufe spenden kann, das ist sicher, das ist katholische Lehre, daran ist nicht zu rütteln. Aber es ist die Frage, ob ein solcher, der nicht den rechten Glauben hat, die rechte Meinung, die rechte Absicht haben kann. Wir wissen doch, dass im Protestantismus die Dreifaltigkeit, die Gottheit Christi und die Erbsünde weithin bestritten werden. Werden liberale Pastoren, die nicht an die Dreifaltigkeit glauben, die nicht an die Gottheit Christi glauben, die nicht an die Erbsünde glauben, werden sie die rechte Meinung haben, nämlich das zu tun, was die Kirche Christi tut, wenn sie tauft? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Allerdings haben es sich die deutschen Bischöfe leicht gemacht, sie haben nämlich Abkommen geschlossen mit protestantischen Gemeinschaften, wonach gegenseitig die Taufe anerkannt wird. Diese Vereinbarungen sind Papier. Ob dieses Papier in die Wirklichkeit übergeführt wird, ist eine andere Frage. Auch wenn man die Texte vergleicht, hier die Agende zur Taufe und da das Rituale zur Taufe, und feststellt, im Wesentlichen besteht da Übereinstimmung, auch wenn man diese Texte vergleicht, ist doch sehr zu fragen, ob sich die einzelnen Taufspender daran halten. Mit diesen Vereinbarungen ist nach meiner Überzeugung nichts gewonnen. Es muß bei jedem einzelnen evangelischen Christen, der zur katholischen Kirche übertritt, festgestellt werden, wer getauft hat und wie getauft worden ist. Erst dann kann man Sicherheit gewinnen, ob die Taufe gültig vollzogen worden ist. Wenn sich herausstellt, dass ein Zweifel bleibt, wenn man bemerkt, dass keine Sicherheit zu gewinnen ist über die Gültigkeit der Taufe, dann muß eine bedingte Wiedertaufe erfolgen. Das ist keine zweite Taufe, sondern das ist die erste Taufe, wenn der Taufvorgang bei dem nichtkatholischen Religionsdiener ungültig war. Eine zweite Taufe gibt es nicht, die Taufe ist einmalig, sie gilt für immer. Aber wenn keine Gewissheit gewonnen werden kann, dass die erste Taufe gültig ist, muß eine bedingte Wiedertaufe folgen. Der Priester spricht dann: „Wenn du noch nicht getauft bist, dann taufe ich dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Wir sehen, meine lieben Freunde, dass es mit der Behauptung „Die Taufe haben wir gemeinsam“ nicht weit her ist. Es gibt gravierende Unterschiede in der Lehre, und es gibt bestürzende Unterschiede in der Praxis. Wir freuen uns über alles, was wir gemeinsam haben mit den evangelischen Christen, aber wir müssen sicherstellen, dass bei allem, was sie tun, der Wille Christi gewahrt wird. „O welche Seligkeit, getauft zu sein.“ Wahrhaftig, das ist eine Seligkeit, wenn immer man gültig getauft ist.

Amen.

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