Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
9. April 2012

Die Bedeutung der Auferstehung Jesu

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Auferstehung Christi in die Verklärtheit des Leibes hinein gehört zu den Grundwahrheiten unseres Glaubens. Sie wird von allen Glaubensbekenntnissen, mehr oder weniger ausführlich, ausgesagt. Immer heißt es: Er wurde gekreuzigt, begraben und ist auferstanden am dritten Tage. In einem alten Bekenntnis wird es noch deutlicher gesagt. Da heißt es: „Nach dem Sieg über die Macht des Todes ist Er mit dem Fleische, mit dem Er geboren wurde, gelitten hat und gestorben ist, am dritten Tage auferstanden.“ Das Konzil von Nicäa im Jahr 325 hat den Grundstock des Glaubensbekenntnisses geliefert, das wir heute noch jeden Sonntag in der Heiligen Messe beten: Er hat gelitten und ist auferstanden am dritten Tag. Im „Dekret für die Jakobiten“ aus dem Jahre 1441, als die Wiedervereinigung mit den Ostchristen bewirkt werden sollte und leider nicht standhielt, im „Dekret für die Jakobiten“ wurde hinzugefügt: „Er ist wahrhaft auferstanden.“ Das Glaubensbekenntnis des Konzils von Trient von 1564 erklärt: „Er ist auferstanden am dritten Tage, gemäß den Schriften“, d.h. entsprechend dem Willen Gottes, der in den Schriften ja niedergelegt ist. Die Auferstehung ist ein entscheidendes Moment für die Begründung des Glaubens. Sie ist als geschichtlich erweisbares Geschehen eine Grundlage unseres Glaubens. Die Auferstehung Christi ist die maßgebende Beglaubigung seiner Sendung. In ihr hat der Vater das Ja zum Tun und Reden, zum Leiden und Sterben seines Sohnes gesprochen. Das letzte, mit historischen Mitteln herauszufindende Geschehen ist nicht, wie oft gesagt wird, der Osterglaube der Jünger, sondern das letzte historische und mit historischen Mitteln zu findende Geschehen, das sind die Erscheinungen Jesu. Die Auferstehung ist das zentrale Geheimnis, die zentrale Wirklichkeit unseres Glaubens. „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist Euer Glaube eitel, dann seid ihr noch in Euren Sünden, dann sind auch die in Christus Entschlafenen verloren. Dann sind wir die Elendesten aller Menschen, weil wir nur in diesem Leben auf Christus gehofft haben.“ So deutlich führt es Paulus im 1. Korintherbrief seiner Gemeinde vor Augen.

Wir haben die Wirklichkeit, die geschichtliche Wirklichkeit der Auferstehung gestern betrachtet. Wir wollen heute zwei Fragen stellen und zu beantworten versuchen, nämlich erstens: Was bedeutet die Auferstehung für Jesus? Und zweitens: Was bedeutet die Auferstehung für uns? Wir wollen die Antwort jeweils in vier Punkten zusammenfassen.

Was bedeutet die Auferstehung für Jesus? Nun, sie besagt einmal, dass Christus in seiner ganzen, und darum auch leibhaftigen, Wirklichkeit zur verklärten Vollendung und Unsterblichkeit auferstanden ist. Lazarus wurde in dieses Leben zurückgerufen und ist nachher gestorben. Jesus ist auferweckt worden in das Herrlichkeitsleben des Vaters hinein. Er stirbt nicht mehr. Die Schrift spricht von Auferweckung und Auferstehung. Und das mit Recht. Wenn die Apostelgeschichte an mehreren Stellen sagt: „Gott hat die Wehen des Todes gelöst und seinen Sohn Christus auferweckt“, dann soll damit ausgesagt werden, dass der himmlische Vater hinter dem Wunder der Auferstehung steht. Die Auferstehung ist Gottes Ja zum Leben seines Sohnes. Es soll abgewehrt werden, dass Jesus etwas selbstständig, willkürlich, eigenmächtig getan habe. Alles, was Er getan und gelitten hat, geschah nach dem Willen des Vaters, und deswegen: Der Vater hat ihn auferweckt. Aber die Auferstehung wird ebenso deutlich Christus zugeschrieben. Die XI. Synode von Toledo in Spanien aus dem Jahre 675 hebt hervor, dass Christus aus eigener Kraft auferstanden ist. Der Grund für diese Aussage liegt in der hypostatischen Union, d.h. in der Verbindung einer menschlichen und einer göttlichen Natur in der Person des LOGOS. Das nennt man hypostatische Union, eine Verbindung, die von der Person des LOGOS getragen wird. Und weil der LOGOS diese menschliche und diese göttliche Natur besitzt, deswegen kann Er auch der menschlichen Natur die Macht mitteilen, aus dem Tode wiederzukehren in die Auferstehung des Herrn. Die göttliche Person hat die Auferstehung durch die menschliche Natur gewirkt.

Zweitens: Die Verklärungsgestalt Jesu, der Verklärungszustand, ist Gegenstand des Verdienstes Jesu. Jesus hat sich durch seinen Gehorsam, durch sein Leiden und Sterben, die Auferstehung verdient. Wir haben es ja eben im Evangelium gehört: Musste nicht Christus dies leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen? Es war der Wille des Vaters. Und der Sohn hat sich ihm gefügt, hat sich ihm gebeugt. Christus hat durch sein Leiden und Sterben die Auferstehung als Lohn von Gott verdient. Im Philipperbrief drückt das der Apostel Paulus wie folgt aus: „Deswegen“ – nämlich wegen seines Gehorsams bis zum Tode – „deswegen hat Gott ihn auch erhöht.“ Und im Hebräerbrief heißt es: „Wir sehen Jesus um seines Todesleidens willen mit Ruhm und Ehre gekrönt.“ Um seines Todesleidens willen weil er sich also  im Gehorsam geopfert hat. Deswegen hat der Vater ihn in seine Herrlichkeit aufgenommen. Die Erhöhung ist der Lohn für seinen Leidensgehorsam. Christus hat für sich selbst den Zustand der Erhöhung verdient.

Drittens: Der Auferstandene führt ein wahrhaft leibhaftiges Leben. Er besitzt ein wahrhaft leibhaftiges Dasein. Deswegen kann er zu Thomas sagen: „Lege den Finger in meine Hände und lege die Hand in meine Seite.“ Die Finger des Herrn trugen in verklärtem Zustand die Malzeichen, wo sie durchbohrt wurden von den Nägeln; und die Seitenwunde im verklärten Zustand erinnerte an den Lanzenstoß, den der Soldat geführt hatte. Der Herr behielt diese Wunden als Zeichen seines Sieges über den Tod und als Beweis seiner Identität. Der Auferstandene ist kein anderer als der Gekreuzigte. Der Leib ist anders geworden, aber er ist kein anderer. Die Christenheit singt deswegen mit Recht: „Ist das der Leib Herr Jesus Christ, der tot im Grab gelegen ist? Kommt, kommt ihr Christen jung und alt, seht die verklärte Leibsgestalt!“

Viertens: die Auferstehung und das Leiden Christi gehören zusammen. Leiden und Auferstehung sind ein einziger, innerlich zusammenhängender Vorgang. Deswegen noch einmal die Worte des Herrn im heutigen Evangelium: „Musste nicht Christus dies leiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?“ Der Messias musste leiden und am dritten Tage auferstehen. Die Auferstehung ist das Ziel des Leidens. Sie ist die Vollendung dieses Todes. Die Auferstehung ist die Annahme des Opfers am Kreuz. Christus hat sich am Kreuze Gott als ein wahres und eigentliches Opfer dargebracht. Er war nach seiner menschlichen Natur zugleich Opferpriester und Opfergabe. Die Opferhandlung bestand darin, dass er freiwillig sein Leben in den Tod gab. Die Auferweckung oder die Auferstehung ist die Annahme des Opfers durch den himmlischen Vater. 

Das sind die vier Bedeutungen der Auferstehung für Jesus. Jetzt die Bedeutung der Auferstehung für uns. Und noch einmal vier Bedeutungteile.

Erstens: In der Auferstehung kommt das Erlösungswerk Christi zum Abschluss. Die Auferstehung ist die siegreiche, die sieghafte Vollendung des Erlösungswerkes. Sie gehört zur Vollständigkeit der Erlösung. Wenn Jesus nicht auferweckt wäre, dann könnte man ihn ja für einen Gescheiterten halten. Dann könnte man meinen, er ist eben seinem idealen Beruf zum Opfer gefallen, aber weiter nichts. Nein – die Auferstehung ist notwendig, damit wir begreifen, dass die Erlösung wirklich geschehen ist und dass Gott zu dem Leiden und Sterben sein Ja gesprochen hat und nun in der Auferstehung dieses Ja bekräftigt hat durch die Auferweckung. „Er wurde um unserer Sünden willen dahingegeben, und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt“, so heißt es im Römerbrief. Da wird der Zusammenhang ganz deutlich hervorgehoben. Er ist um unserer Sünden willen hingegeben und um unserer Auferstehung willen auferweckt. Um unserer Rechtfertigung willen auferweckt. Die Auferstehung Jesu ist die Vollendung des Heilshandelns Gottes an der Welt und an den Menschen. In der Auferstehung teilt sich Gott in dem durch die Auferstehung ausgewiesenen Sohn der Menschheit unwiderruflich mit. In der Auferstehung nimmt Gott die Welt in eschatologischer Endgültigkeit zum Heile an. Die Auferstehung Christi besitzt deswegen kosmisches, also die ganze Welt umgreifendes Ausmaß.

Zweitens: Christus verdiente durch seine Auferstehung für die gefallenen Menschen alle übernatürlichen Gaben. Das „Dekret für die Jakobiten“ aus dem Jahre 1441 erklärt, dass niemand aus der Gewalt des Teufels befreit worden ist außer durch das Verdienst des Messias Jesus Christus, außer durch das Verdienst des Mittlers Jesus Christus. Nach der Lehre des Konzils von Trient kann niemand gerecht werden, dem nicht die Verdienste des Leidens Christi zugewendet werden. Das Heil kann nur durch die von Christus verdiente Gnade erworben werden. Die verklärte Menschheit Jesu wirkt physisch instrumental, also werkzeuglich ursächlich auf das übernatürliche Leben der Menschen. Bildlich ausgedrückt: Aus den verklärten Wunden des Herrn schöpfen wir das Heil. Aus seinen Wunden schöpfen wir das Heil.

Drittens: Der Herr ist der Erste, der zur verklärten Endgültigkeit erstanden ist. Er ist der Anfang. Er ist der Erstgeborene von den Toten, damit er in allem den Vorrang habe. Er ist der Erste, aber nicht der Letzte. Er macht den Weg frei für die, die nach ihm kommen sollen. Er ist das Vorbild und das Unterpfand unserer einstigen leiblichen Auferstehung. Was an ihm geschehen ist, das soll und wird einmal an uns geschehen. Wir werden auferstehen und wir werden einen Leib erhalten, der seinem verklärten Leibe ähnlich ist. Er ist der Erstling der Entschlafenen, d.h. die anderen kommen nach. „Jesus Christus wird den Leib unserer Niedrigkeit verwandeln und dem Leibe seiner Herrlichkeit gleichgestalten durch die Kraft“, schreibt Paulus im Philipperbrief, „durch die Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann.“

Viertens: Die Auferstehung Christi ist das Vorbild unserer geistigen Auferstehung von der Sünde. Ich habe mich immer gewundert, wenn ich das 6. Kapitel des Römerbriefes gelesen habe, wo es heißt: „Begraben wurden wir mit Jesus durch die Taufe auf den Tod, damit wir, gleich wie Christus von den Toten auferweckt wurde durch die Herrlichkeit des Vaters, in der Neuheit des Lebens wandeln.“ Hier wird aus einer ontischen Aussage eine ethische Folgerung gezogen. Ontisch sind wir mit Christus zusammengewachsen im Tode, und ethisch wird uns jetzt aufgegeben, das zu verwirklichen, was an uns geschehen ist. „Tu das, was du bist!“ „Benütze das, was du empfangen hast.“ Begraben wurden wir mit Jesus durch die Taufe auf den Tod, damit wir, gleich wie Christus von den Toten auferweckt wurde durch die Herrlichkeit des Vaters, in der Neuheit des Lebens wandeln. Dasselbe findet sich im Kolosserbrief, wenn Paulus schreibt: „Wenn ihr mit Christus auferweckt seid, dann suchet, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf Erden ist.“ Und dann wird er ganz massiv: „Tötet das, was der Erde angehört: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht.“ Jetzt wissen wir, was die Auferstehung von uns verlangt. Jetzt ist klar, was die Auferstehung für uns bedeutet: Wenn wir neue Menschen sind, müssen wir auch in einem neuen Leben wandeln.

Wir wissen, was die Auferstehung von uns fordert. Christus ist der Auferstandene, meine lieben Freunde, und stirbt nicht mehr. Er ist der Auferstandene in all’ seinen Tätigkeiten als Repräsentant des Neuen Kosmos, als Geistspender, als Haupt der Kirche, als Spender der Sakramente, als himmlischer Mittler und Ziel. Christus der Auferstandene ist es, der all’ diese verschiedenen und doch geeinten Tätigkeiten wirkt. „Christus erstand wahrhaft vom Tod. Du Sieger, du König, sieh’ unsere Not!“

Amen. Alleluja.

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