Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
3. September 1995

Die Kirche ist römisch-katholisch

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Auf der Lohnsteuerkarte, die wir jedes Jahr erhalten, sind die beiden Buchstaben rk eingetragen. Was besagen die beiden Buchstaben rk? Sie bedeuten römisch-katholisch. Da könnte jemand fragen: Ja, genügt es nicht, daß man sich als katholisch bezeichnet? Ist das nicht die uralte Bezeichnung der einen, von Christus auf Petrus gegründeten Kirche? Es müßte genügen, aber es genügt nicht. Es haben sich nämlich im Laufe der Zeit Abspaltungen von der einen wahren Kirche gebildet, die auch den Titel „katholisch“ führen. Es gibt katholisch-apostolische, die sogenannten Irvingianer. Seit dem vorigen Jahrundert gibt es die sogenannten Altkatholiken. Diese Gemeinschaften haben sich von der katholischen Kirche getrennt, haben aber das Prädikat „katholisch“ beibehalten, und die Kirche kann es ihnen nicht wehren. Um nun eindeutig zu klären, wer zu der einen wahren, auf Petrus gegründeten und in seinem Nachfolger fortlebenden Kirche gehört, hat die Kirche zu dem Wort katholisch das andere, „römisch“, hinzugefügt. Wer römisch-katholisch ist, der bekennt damit, daß er zu der auf Petrus gegründeten und in dem Nachfolger Petri weiterlebenden Kirche gehört. „Römisch“ ist für uns ein Ehrenname, „römisch“ ist für uns eine Auszeichnung.

Denn in Rom, und das ist das erste, was wir bedenken wollen, ist das Grab des ersten Papstes. Petrus hat in Rom gelebt und gewirkt, er ist in Rom für seinen Herrn gestorben und begraben worden. Die Peterskirche in Rom trägt ihren Namen davon, daß in ihrer Tiefe das Grab des Petrus ruht. Dafür gibt es viele Zeugnisse literarischer und archäologischer Art. Im Jahre 120 schreibt Papias von Hierapolis, daß Markus die Predigt des Petrus in Rom aufgezeichnet und von ihm bestätigt bekommen habe. Clemens von Alexandrien, ein wenig später, berichtet, daß Petrus in Rom den Glauben verkündet habe. Clemens von Rom meldet, daß Petrus und Paulus in Rom dem Neid und Haß der Feinde zum Opfer gefallen seien. Und schließlich schreibt der Presbyter Caius, daß die „tropeia“, die Gräber von Petrus und Paulus, sich in Rom befinden.

Das ist das einhellige Zeugnis der Schriftsteller. Es ist bestätigt worden durch die Ausgrabungen. Zuletzt hat Papst Pius XII. unter der Leitung des deutschen Prälaten Kaas Ausgrabungen unter der Peterskirche veranstaltet, und sie haben es mit der Gewißheit, die bei archäologischen Untersuchungen überhaupt nur möglich ist, uns gelehrt, daß tatsächlich unter dem Altar von St. Peter sich das Grab des heiligen Petrus befindet. Deswegen geht jeder Rompilger zuerst in die Peterskirche; denn er weiß: Hier ist die Stätte, wo Petrus begraben liegt.

Wir wissen nicht, wie lange Petrus in Rom gewirkt hat. Die Vermutungen gehen von einigen Monaten bis zu 25 Jahren. Aber wir haben die Gewißheit, daß er in Rom gestorben ist, und durch seinen Kreuzestod in Rom hat er den römischen Bischofsstuhl zu dem Sitz seines Nachfolgers gemacht. Mit seinem Tod am Kreuze hat Petrus die cathedra Petri in Rom aufgerichtet. Deswegen haben wir ein Recht, uns römisch-katholisch zu nennen. Denn katholisch ohne den Papst, das ist wie ein Leib ohne den Kopf.

Aber es wäre zu wenig, wenn nur das Grab Petri in Rom wäre. Es muß auch sein Geist in Rom lebendig sein. Und welchen Geist hatte denn dieser erste Papst Petrus? Wir bewundern seinen Glauben, und wir preisen seine Liebe. Er hat das wunderbare Bekenntnis abgelegt: „Du bist der Christus“, d.h. der Messias, „der Sohn des lebendigen Gottes!“ Dieses Bekenntnis hat ihm die Verheißung, das Versprechen des Primates, also der Führerschaft, in der Herde Jesu eingetragen. Das war sein Glaubensbekenntnis. Und nach der Auferstehung hat Petrus seine Liebe bekannt. „Herr, du weißt alles, du weißt auch, daß ich dich liebe.“ Dieses Bekenntnis der Liebe hat ihm die Verleihung, die Übertragung des Primates eingetragen. Glaube und Liebe des Petrus aber leben in Rom fort. An keinem Orte der Erde, an keinem Bischofssitz ist der Glaube der Kirche in der Reinheit und in der Fülle bewahrt worden wie in Rom. Wenn man die Serie anderer Bischöfe mit jener der Reihe der römischen Bischöfe vergleicht, dann wird man feststellen: Die römischen Bischöfe haben sich dank der Verheißung des Herrn dadurch ausgezeichnet, daß sie vor allem anderen den Glauben verkündet, bewahrt, verteidigt und gegen alle Verfälschung rein erhalten haben.

Es könnte jemand sagen: Hat es nicht auch schwache Päpste gegeben? Selbstverständlich. Aber in der Schwachheit kommt Gottes Kraft zur Auswirkung. Wir haben es manchmal in einer ergreifenden Weise erlebt, wie ein schwacher Nachfolger Petri durch die Macht der Gnade über sich selbst hinausgehoben wurde zu einer erstaunlichen Festigkeit und Tapferkeit. Ich erinnere etwa an Papst Pius VII., der von Napoleon gefangengenommen wurde. Er war ein fast weicher, ein gutmütiger, ein schwacher Mensch. Aber es gab Forderungen Napoleons, denen er wie eine erzene Säule widerstanden hat. Gibt es nicht unter den Päpsten auch Versager? O ja; es haben auch Päpste versagt. Aber wenn wir sie vergleichen mit einer anderen Dynastie, so muß man sagen, alle diese Dynastien, die Versager in ihren Reihen hatten, sind eines Tages weggefegt worden. Einzig die Dynastie der Päpste besteht seit zweitausend Jahren. Das Versagen des Einzelnen wird aufgefangen durch die Macht der Gnade Gottes. Der Geist des Petrus lebt auch heute in Rom. Wenn wir im Zweifel sind, wo denn der Glaube, wo denn der rechte Glaube, wo denn der wahre Glaube sei, dann schauen wir nicht nach Würzburg oder nach München, sondern dann schauen wir nach Rom. In Sèvres in der Nähe von Paris ist das Urmeter aufbewahrt, der vierzigmillionste Teil des Erdumfanges, ein Stab aus Platin-Iridium, und nach diesem Urmeter mißt man alle anderen Längenmaße. Das Urmeter unseres Glaubens liegt in Rom! Es ist der Glaube des Petrus, an dem wir uns ausrichten.

Das Grab des Petrus ist in Rom, der Geist des Petrus lebt in Rom, vor allem aber, drittens, das Bischofsamt und die Bischofsvollmacht des Petrus ist in Rom lebendig. Seit zwei Jahrtausenden folgt ein Papst dem anderen, 265 Päpste bis heute. Jeder, der Nachfolger des Petrus wird, erlangt damit von selbst und automatisch die Gewalt über die gesamte Kirche. Welche Geschichte und welche Geschicke bei diesen 265 Nachfolgern des Petrus! Vor den Toren des alten Rom, in der Paulsbasilika, sind an den Wänden alle Bilder – natürlich Phantasiebilder, denn wir haben ja von vielen Päpsten kein Naturbild – der Päpste angebracht, Medaillons, die uns die ununterbrochene Reihe der Nachfolger des Petrus zeigen.

Selbstverständlich, meine lieben Freunde, kann es notwendig sein, die Überlieferung der Kirche gegen den einen oder anderen Nachfolger Petri in Schutz zu nehmen. Das hat es immer gegeben. Schon der Apostel Paulus hat Petrus, den ersten Papst, zurechtgewiesen. Petrus war zwar ein gläubiger und liebender Mensch, aber er war auch hitzig und übereilt, ja furchtsam. Wir wissen, daß er seinen Herrn verleugnet hat, und so hat er sich auch in Antiochien verhalten. Zunächst hatte er die Freiheit genutzt, die das Evangelium gibt, nämlich sich nicht mehr an die Speisegesetze des Alten Bundes zu halten. Aber als dann Juden kamen, hielt er sich wieder daran. Das war falsch, und das hat ihm Paulus verwiesen. So kann es bis in die Gegenwart notwendig sein, den Papst und sein Tun an der Überlieferung zu messen. Es kann die Pflicht bestehen, ihn in gebührender Weise, in Liebe und Demut zurechtzuweisen. Auch der Papst steht unter dem Gebot, daß die Zurechtweisung gegenüber dem Bruder, der sich verfehlt, geübt werden muß. Keine Agitation, keine Hetze, keine romfeindliche Stimmung, aber wohl eine in Demut und Gehorsam, in Liebe und Ergebenheit vorgebrachte Mahnung, an der Überlieferung festzuhalten. Denn die Überlieferung ist das Gesetz der Kirche, und gegen dieses Gesetz kann sich auch ein Papst nicht vergehen. Er steht nicht über, sondern er steht unter der Überlieferung.

Wir wollen, meine lieben Freunde, wenn es notwendig ist, dem Heiligen Vater diesen Dienst erweisen. Sie alle wissen, daß die Kirche in einer gefährlichen Krise ist, daß diese Krise durch mannigfache Umstände ausgelöst worden ist. Sie hören von dem sogenannten Kirchenvolksbegehren, das nichts anderes als ein Aufstand gegen den Heiligen Vater und ein Anschlag gegen die Kirche ist. Es kommt diese Bewegung aus der Bequemlichkeit, und sie führt zur Bequemlichkeit. Wir wollen uns in dieser prekären Lage an das halten, was immer gegolten hat, denn das ist katholisch, was überliefert ist, und nicht was von heterodoxen religiösen Gemeinschaften bezogen wird. Nicht los von Rom muß unsere Devise heißen, sondern hin zu Rom. Romfeindliche Entwicklung ist Entwicklung zum Tode.

Amen.

 

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