Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
5. März 2017

Wie erklärt sich der „Erfolg“ Luthers?

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir hatten am vergangenen Sonntag versucht, die Faktoren zu nennen, die maßgebend waren bei der Ausbreitung der Irrlehre Martin Luthers. Der Erfolg des lutherischen Unternehmens ist in weitem Umfang auf Verheimlichung der folgenschweren Umgestaltung und auf gezielte Täuschung des Volkes über den revolutionären Vorgang zurückzuführen. Luther täuschte die Menschen über seine Absichten und über sein Werk. Was er vollführte, wurde als Rückführung zum reinen Evangelium ausgegeben. Den Menschen wurde verhehlt, dass er an die Stelle des bisherigen Glaubens einen anderen setzte, dass er an die Stelle der bisherigen Kirche eine neue bildete. Er behauptete, eine Reform zu betreiben, also eine Erneuerung aus den Wurzeln, in Wirklichkeit setzte er eine Revolution in Gang, eine Umwälzung. Die Einsicht in die Einzelheiten seiner Gedankenführung und in die dogmatische Tragweite seiner Aufstellungen blieb der großen Mehrheit der Menschen verborgen. Lange Zeit stellte er seine Lehre als noch nicht verworfen hin, die Streitfrage sei noch offen. Tatsächlich hat ihm die Kirche ein regelrechtes Lehrverfahren gewährt, in dem er sich verteidigen konnte. Dieses Verfahren zog sich über Jahre hin und gestattete die Ausbreitung der Irrlehre. Luther selbst tat alles, um die Menschen über seine wahre Gesinnung zu täuschen. Am 30. August 1520 erklärte er dem Kaiser Karl V. seine Demut und Unterwürfigkeit unter die heilige katholische Kirche, die er doch als „Hure Babylon“ geschmäht hatte. In dieser Kirche wollte er leben und sterben, in Wirklichkeit verdammte er sie aus tiefstem Herzen. Der Kaiser freilich ließ sich nicht täuschen. Er erkannte und sprach aus, dass Luthers Unternehmen den Vorwurf einschloss, alle Christen bis zu seinem Auftreten hätten sich im Irrtum befunden. Der Täuschung kam zugute, dass der Urheber des Abfalls ein Mönch der katholischen Kirche war. Der scheinbar fromme Gottesmann schien der von zahllosen Menschen ersehnten Erneuerung der Kirche an Haupt und Gliedern zum Durchbruch zu verhelfen. Der Mann, der seit Jahren die Ordensgelübde verteufelt hatte, der den Ordensstand geschmäht hatte und der sich der Ordensdisziplin entzogen hatte, der hielt bis 1524 das Mönchsgewand bei. Bis 1524 trat er in seinem klösterlichen Kleide auf, um die Menschen zu täuschen. Er gab sich den Anschein, im Einklang mit der Kirche zu handeln. Die Umgestaltung des Gottesdienstes geschah ebenso in der Weise, dass das Volk über die Tragweite dessen, was vor sich ging, getäuscht wurde, dass es verdeckt wurde, was hier vor sich ging. Er behielt die Zeremonien, die Gewänder, die Lichter bei, er behielt auch die Texte; nur was auf das Opfer der heiligen Messe Bezug hatte, das entfernte er. Also lange Zeit feierte man den neuen Kult äußerlich gesehen beinahe so wie in der bisherigen Weise, ja man gebrauchte sogar die lateinische Sprache, bis das Volk durch Täuschung und Zwang in die neue Religion hineingezwungen war. Luther selbst empfahl seinen Anhängern, die Änderungen in der Messe sollten so vorgenommen werden, dass der gemeine Mann es nimmer erfährt – dass der gemeine Mann es nimmer erfährt, also dass er getäuscht wird. Er rühmte sich, dass niemand einen Unterschied zwischen seiner und der päpstlichen Messe erkennen könne. Zu dem täuschenden Verhalten gehörte auch, dass die Elevation, die Erhebung der heiligen Gestalten, nach der Konsekration beibehalten wurde. Diese Elevation, also die Erhebung der heiligen Gestalten zur Anbetung, hat natürlich nur einen Zweck, wenn eine Wandlung erfolgt ist, aber er leugnete ja die Wandlung. Wie konnte er dann die Elevation beibehalten? Sehr gut, zur Täuschung. Cochläus, ein Zeitgenosse, sprach von heuchlerischem Betrug der Massen durch Luther.

Ein weiterer gewichtiger Faktor bei der Ausbreitung der neuen Lehre war der Beistand seiner Verbündeten. Es gab eine Reihe von Leuten, von Gruppen, von Schichten, die auf seine Lehre einsprangen und dass ihre taten, um sie weiter zu verbreiten. Im Mai 1518 wusste er bereits, dass sich seine Universität Wittenberg mit ihm solidarisch wusste. Zahlreiche Brüder seines Ordens, des Augustinerordens, ließen sich von ihm anwerben und für seine Ansichten einnehmen. Er durfte sich auf den Schutz seines weit verbreiteten Ordens verlassen. Keine einzige Stimme erhob sich gegen ihn. Der Vorsitzende des Ordens in Deutschland, der Generalvikar Staupitz, zeigte sich unwillig, gegen den verwegenen und häretischen Luther vorzugehen. Er weigerte sich, die vom General des Augustinerordens gegen Luther angeordneten Maßnahmen auszuführen. Als weitere Bundesgenossen stießen zu Luther humanistische Kreise. Humanisten nennt man die damaligen Lehrer, die Philologen, die Schulmänner. Die Humanisten, die zu ihm stießen und ihm zujubelten, hielten ihn für einen Vorkämpfer geistiger Freiheit und Beförderer menschlicher Bildung. Sie waren von großem Einfluss für die öffentliche Meinung. Wenn es in der damaligen Zeit so etwas wie einen Zeitgeist gab, dann waren die Humanisten für diesen Zeitgeist verantwortlich. Schließlich wurde ein wichtiger Faktor zu seiner Unterstützung der Adel. Mächtige Adelige offerierten ihm seine Unterstützung, um ihn von der verdienten Strafe zu schützen. Franz von Sickingen bot ihm im Januar 1520 auf der Ebernburg – in unserer Nähe – eine sichere Stätte der Zuflucht an, falls es nötig sei. Silvester von Schaumburg, ein anderer Ritter, erklärte sich bereit, ihn mit hundert Adeligen zu schützen. So war Luther völlig unbesorgt; ihm konnte nichts passieren. Äußerst wirksam für den Abfall war die nationalistische Agitation Luthers. Er beutete geschickt das alte Misstrauen der Deutschen gegen die Italiener aus. Aus der damals verbreiteten Feindseligkeit gegen Rom schöpfte er mächtige Bundesgenossen. Die katholischen romanischen Völker: Spanien, Italien, Frankreich ließ er das Vollmaß seines Zornes und seiner Schmähung zuteilwerden. Er gab sich als gottgesandten Sprecher der Deutschen aus, als Prophet und Vertreter der deutschen Nation. Er stachelte das Nationalgefühl an mit der Losung: Deutsche gegen Welsche (Welsche, das sind die Italiener). Er sprach, als wäre er der Anwalt der deutschen Nation. Er machte sich die Beschwerden zu Eigen, die begründet oder unbegründet waren, und auf diese Weise zog er Anhänger an sich.

Nun stand ja Luther gegen zwei universale Herrscher: gegen den Kaiser und gegen den Papst. Beide hielten unverrückt am Glauben fest. Also mussten sie in die Schusslinie der lutherischen Polemik geraten. Er musste versuchen, ihre Macht zu beschränken, Stimmung gegen sie zu machen. Das ist ihm beim Papsttum vorzüglich gelungen. Mit seinen Tiraden, die er gegen das Papsttum richtete, hatte er die Menschen mit einer unauslöschlichen Abneigung gegen die Papstkirche erfüllt, und auch mit einem bleibenden Hass gegen die Papisten, also diejenigen, die am Papst festhielten. Viele Menschen ließen sich von seiner Meinung anstecken und traten zur neuen Religion über. Nun war der Kaiser der Schutzherr der Kirche. Er war verpflichtet, die Kirche gegen ihre Feinde zu verteidigen. Der Kaiser hat nie im Glauben gewankt. Als er Luther in Worms gesehen hatte, da sprach er: „Dieser Mensch wird mich nicht zum Ketzer machen.“ Aber die Macht des Kaisers war beschränkt. Er war in seiner Regierungstätigkeit von den Fürsten abhängig, von den Landesherren. Er war auf ihren guten Willen angewiesen, wenn er Schutz brauchte gegen äußere Feinde, wenn er militärische Hilfe benötigte. Diese zum Luthertum abgefallenen Landesherren aber versagten ihm diese Hilfe. Und mangels einer starken Zentralgewalt lag die Kirche dem Zugriff der Fürsten, der Territorialherren offen, und deswegen versuchte Luther, die kaiserliche Macht weiter zu schwächen. „Des Kaisers Schwert hat nichts zu schaffen mit dem Glauben“, sagte er – des Kaisers Schwert hat nichts zu schaffen mit dem Glauben, also er bestritt ihm seine Rolle als Schutzherr der Kirche. Den ihm zugeneigten Fürsten sprach er dagegen die gegenteilige Gewalt zu, nämlich die Macht, das katholische Wesen auszurotten. Die Machtlosigkeit des Kaisertums machte ihn sicher. Er hatte von ihm nichts zu fürchten, und er hatte von Anfang an auch die Gewalt der Waffen gegen den Kaiser einkalkuliert. In seinen Schriften „Warnung an die Deutschen“ und „Glosse auf das vermeintliche kaiserliche Edikt“ reizte er zum tätlichen Widerstand gegen den Kaiser auf, und die Fürsten folgten ihm. Sie bildeten den Schmalkaldischen Bund, ein militärisches Bündnis gegen den Kaiser. Luther war kein deutscher Patriot, am deutschen Vaterlande lag ihm wenig. Was ihn antrieb, war die Verbreitung seiner Ansichten. Während seines ganzen Lebens war er der Überzeugung: Auch wenn alles zugrunde geht, seine Lehre muss gepredigt werden. Um die Macht des Kaisers auszuschalten, überhöhte er die Gewalt der Fürsten; von ihnen wusste er sich ja gedeckt und gefördert. Dank seiner Lehre und mit seiner Unterstützung entzogen die Fürsten dem Kaiser den Gehorsam und die Hilfe. Luther und seine Bewegung hat das Deutsche Reich gespaltet und geschwächt, ja zur politischen Ohnmacht verurteilt. Widerlich schmeichelte er seinem eigenen Kurfürsten von Sachsen, Friedrich, von dem er ja abhängig war. Er überschüttete ihn mit überschwänglichem Lob. Er behauptete, er besitze alle Eigenschaften eines rechten Fürsten im Überfluss. Tatsächlich war Friedrich von Sachsen ein Trinker und ein Hurer. Die Legendenbildung hat diesem Herrn den Beinamen Friedrich der Weise gegeben. Er war aber nicht weise, sondern verschlagen. Luther wusste sich von ihm vollkommen gedeckt. Friedrich brauchte von ihm nicht gewonnen zu werden, er erkannte den Nutzen der lutherischen Bewegung für seine eigenen Ziele. Die mehrfach von ihm verlangte Auslieferung Luthers lehnte er ab. Der Kurfürst und seine Nachfolger ließen ihn wirken auf dem Katheder und mit seinen Schriften, sie führten sogar Zensur ein gegen Schriften, die gegen ihn gerichtet waren.

Die Lehre Luthers wurde nicht zuletzt durch Erpressung durchgesetzt. Die Not Deutschlands durch die andrängenden Heere der Türken benutzen die protestantischen Fürsten, um dem Kaiser ihre Duldung abzunötigen. Der Kaiser und mit ihm das Deutsche Reich waren in höchster Not. Im Westen drängten die Franzosen gegen Deutschland, Franz I.; immer wieder musste der Kaiser sich gegen diesen aggressiven Gegner wehren. Im Osten drängten die Türken an. Im Jahre 1526 standen sie in Ungarn und rückten auf Wien vor. Der Kaiser bedurfte der Unterstützung der Stände. Diese waren zur Hilfe nur bereit, wenn ihnen die weitere Protestantisierung ihrer Herrschaftsbereiche eingeräumt wurde, und so geschah es. Der Reichstagsabschied von 1526 erklärte: „In Sachen des Wormser Ediktes (also des Vorgehens gegen Luther) soll es jeder halten, wie er es gegen Gott und die kaiserliche Majestät verantworten kann.“ Die protestantischen Fürsten glaubten es verantworten zu können, gegen den Kaiser zu handeln und die Protestantisierung weiterzutreiben. Es war eine schreiende Ungerechtigkeit gegen Kaiser und Reich, als Philipp von Hessen im Bunde mit Frankreich Württemberg dem Protestantismus zuführte. Im Jahre 1551/52 erhoben sich protestantische Fürsten gegen Kaiser und Reich, verbündeten sich mit dem Reichsfeind Frankreich und zwangen den Kaiser Karl V. zur Flucht – der Kaiser verjagt von seinen eigenen Kollegen. Das waren die bitteren Früchte der sog. Reformation. Eine alte Legende macht Luther zum Anwalt für Deutschland und die Deutschen; das Gegenteil ist richtig. Niemand hat der deutschen Nation mehr geschadet als Luther und seine Bewegung. Er hat die Verteidigung des Deutschen Reiches gegen die Türken gelähmt; er hat das römisch-deutsche Kaisertum, des Kaisers Autorität und des Reiches Kraft bekämpft und herabgesetzt; er hat die innere religiöse Einheit Deutschlands zerstört, der Zerklüftung den Weg gebahnt; er hat den sprengenden Keil in die Gemeinschaft des deutschen Volkes getrieben; er hat die Vorurteile, den Verdacht und die Abneigung gegen die nichtlutherischen Deutschen erzeugt und befördert, diesen Verdacht und diese Abneigung, die bis heute anhalten. Nicht ich, sondern der evangelische, der berühmte evangelische Theologe Karl Barth, ein Schweizer, hat eine Ahnenreihe von Luther über Friedrich II. von Preußen und Bismarck bis zu Hitler aufgestellt. Es ist und bleibt eine Tatsache, dass der katholische Volksteil am treuesten und am längsten an Kaiser und Reich festgehalten hat. Die katholischen Bischöfe und Äbte, die gleichzeitig Reichsfürsten waren, erwiesen sich als die standhaftesten Bewahrer des Reiches und Hüter seiner Einheit. Die katholischen Christen, meine lieben Freunde, waren zur Stelle, um das Land wieder aufzubauen, das andere zugrunde gerichtet hatten. So war es 1918, so war es 1945. Wir katholischen Christen lassen uns von niemand an Liebe zur Heimat und an Treue zum Vaterland übertreffen. Von uns gilt, dass der ärmste Sohn des deutschen Volkes auch immer der treueste war.

                       

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