Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Argumente der Ungläubigen (Teil 18)

20. Mai 2004

Erhöhung des Herrn, ein historisches Ereignis

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier der Himmelfahrt unseres Herrn Versammelte!

 Wenn Sie das Lexikon für Theologie und Kirche aufschlügen, das soeben in dritter Auflage herausgekommen ist, und Sie würden dabei nachschlagen bei dem Artikel „Himmelfahrt Christi", dann würden Sie dort die Aussage finden, daß die Himmelfahrt Christi kein historisches Ereignis ist. Kein historisches Ereignis, das heißt nicht geschehen. Dieses Lexikon für Theologie und Kirche ist das Standardwerk der katholischen Theologie in Deutschland, herausgegeben von Herrn Kasper, jetzt Kardinal an der Römischen Kurie. Es besteht kein Zweifel, daß mit dieser Falschaussage der Glaube der Kirche radikal verfälscht wird. Die Kirche hat 2000 Jahre lang untrüglich und ohne Schwanken die Himmelfahrt Christi als ein historisches Ereignis, als einen in der Wirklichkeit geschehenen und beobachteten Vorgang bekannt.

Die Auferstehung Jesu und die Himmelfahrt des Herrn gehören eng zusammen. Die Himmelfahrt ist das Komplement, die Ergänzung der Auferstehung. Der auferstandene Herr ist im Himmel. Es ist kein Zweifel daran, daß Jesus, als er aus dem Grabe entstieg, sogleich zum Vater im Himmel erhoben wurde. Er hat nicht etwa die 40 Tage auf Erden irgendwo verbracht; er ist sofort, als er verwandelt wurde aus einem Leichnam in den lebendigen, verklärten Christus, in den Himmel aufgestiegen. Und vom Himmel her hat er 40 Tage lang sich sehen lassen. Es hat also, wenn man so will, viele Himmelfahrten Jesu gegeben, denn jedesmal, wenn er auf Erden erschien, ist er zum Vater zurückgekehrt. Die Himmelfahrt, die wir heute feiern, ist die letzte; sie ist der Abschluß der Erscheinungen.

40 Tage lang ist der Herr seinen Jüngern erschienen, ist er sichtbar geworden. Er hat sich sehen lassen; er hat gesprochen; er hat mit ihnen gegessen; er hat sich betasten lassen, um die Gewißheit seiner wirklichen, seiner leibhaftigen Auferstehung in ihnen zu begründen. In diesen 40 Tagen sind bedeutsame Dinge geschehen. Der Herr unterrichtete sie über das Reiches Gottes, das ist ja der zentrale Begriff seiner Verkündigung: Reich Gottes. Und darüber hat er sie belehrt in diesen 40 Tagen. Er gab ihnen Aufträge, den Missionsbefehl: „Gehet hin in alle Länder zu allen Völkern, macht sie alle zu meinen Schülern und lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe!" In dieser Zeit hat er den Petrus eingesetzt zum Schlüsselmann. „Liebst du mich? Ja, wenn du mich liebst, dann weide meine Lämmer, weide meine Schafe!"  In diesen 40 Tagen hat er die Kirche aufgebaut, die dann am Pfingstfeste an die Öffentlichkeit trat. Das sind selige Tage gewesen, die nie mehr wiederkehren werden, die aber fundamental sind für unseren Glauben, für die heilige Religion, für unsere Kirche.

Auferstehung und Himmelfahrt werden in der Heiligen Schrift zusammengefaßt unter dem Begriff Erhöhung, Hypsosis. Erhöhung ist die Einheit von Auferstehung und Himmelfahrt. Der aus dem Grabe entrissene Herr ist in verklärter Gestalt in die Herrlichkeit des Vaters aufgenommen worden. Er sitzet, wie wir im Glaubensbekenntnis bekennen, zur Rechten des Vaters, d. h. er hat den Ehrenplatz neben dem Vater. Er ist erhöht worden. Das Wort Höhe stammt natürlich, wie fast alle unsere Begriffe, aus der Welt der Anschauung. Höhe, Tiefe, Breite, Länge, das sind Worte, die wir in unserer Umgangssprache fortwährend gebrauchen. Wir sprechen auch vom Unräumlichen in räumlicher Weise. Wir sagen, wenn jemand befördert wird: Er wird erhöht, und wenn jemand erniedrigt wird, degradiert wird, dann fällt er eben aus der Höhe herab. Also wir können auch vom Unräumlichen nur in räumlichen Begriffen sprechen. Das besagt aber nicht, daß diese Begriffe, so wie sie klingen, auf die Wirklichkeit zutreffen. Erhöhung ist ein Vorgang in unräumlicher Weise. Er besagt das Eintreten in die Herrlichkeit des Vaters. Das besagt das Inbesitznehmen der Macht, die der Vater ihm überträgt. Das besagt das Wort Erhöhung.

Die Himmelfahrt des Herrn am 40. Tage nach seiner Auferstehung ist ein historisches Ereignis, welches die Erscheinungen abschließt und den Herrn endgültig in seine Herrlichkeit einführt. Es ist für uns von größter Bedeutung, denn der Herr sagt ja: „Ich gehe hin, euch eine Wohnung zu bereiten." Er ist aktiv in seiner Erhöhung. Er sorgt für uns; er sorgt für uns weiter. Er bereitet uns eine Wohnung; er ist unser Vorbild, und er ist unser Unterpfand. Was mit ihm geschehen ist, das wird und soll und muß mit uns geschehen. Er ist das Haupt, und was mit dem Haupt geschehen ist, das soll auch den Gliedern widerfahren. Er ist der Mittler, und deswegen geht er dahin, um uns eine Wohnung zu bereiten. Christus ist in die Herrlichkeit des Vaters, in die Lebensform Gottes eingegangen. Er ist bei Gott, daran ist gar kein Zweifel.

Aber es gibt eine Schwierigkeit, denn Christus ist ja in die Herrlichkeit des Vaters eingegangen mit seiner menschlichen Natur, wenn auch in verklärter Gestalt, aber mit seiner menschlichen Natur, also mit Leib und Seele. Da erhebt sich die Frage: Wo ist denn diese menschliche Natur Jesu? Sie kann nicht überall sein, wie Gott überall ist. Sie muß doch wohl irgendwo an einem Orte sein. Gagarin, der sowjetische Raumfahrer, sagte, er habe bei seinem Weltraumflug Gott nicht gefunden, und als vor einiger Zeit eine Mutter mit ihrem Kinde zur Beerdigung der Großmutter fuhr und sich dafür des Flugzeugs bediente und man dem Kinde sagte: Die Oma ist im Himmel, da sagte das Kind nach der Rückkehr: Jetzt waren wir im Himmel und haben die Oma nicht gesehen. Was würden wir darauf antworten? Vielleicht: Ja, du warst eben nicht hoch genug. 4 Kilometer in der Höhe ist nicht viel, aber wenn es 400 oder 400.000 Kilometer sind, würde man da vielleicht auf den Ort stoßen, wo sich die Natur, die menschliche Natur Jesu befindet? Wenn man die stärksten Teleskope anstellt, die uns Kunde geben von Sternen, die Millionen von Lichtjahren entfernt sind, könnte man damit vielleicht den Ort entdecken, wo sich die Natur, die menschliche Natur Jesu befindet? Er muß doch irgendwo sein. Es ist doch auch Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Auch sie muß sich doch irgendwo befinden. Und gar die Seelen, die Millionen und Abermillionen Seelen von Verstorbenen, sie müssen doch irgendwo sein, sie können ja nicht überall sein. Sie müssen irgendwo sein. Aber wo sind sie denn?

Darauf gibt es nur eine einzige Antwort: Wir wissen es nicht. Wir wissen es nicht, wo sich die menschliche Natur Jesu, wo sich die Gottesmutter, mit Leib und Seele aufgenommen in den Himmel, wo sich die Seelen der Verstorbenen befinden. Wir können keinen Ort angeben, der mehr oder weniger geeignet wäre, um diese genannten Wirklichkeiten zu umfangen.

Aber, meine lieben Freunde, wem diese Antwort unbefriedigend erscheint: Wir wissen es nicht, dem sei folgendes zu überlegen gegeben. Wenn wir wüßten, wo der Himmel ist, dann könnten wir uns seiner bemächtigen, dann könnten wir in den Himmel eindringen durch eigene Macht, etwa durch starke Raumfahrzeuge, und es wäre der Himmel nicht mehr ein Geschenk der Gunst Gottes. Der Himmel muß jenseits der Erfahrung liegen; denn wenn er innerhalb der Erfahrung läge, wäre er grundsätzlich dem menschlichen Zugriff offen. Es ist mit der Souveränität Gottes, also mit seiner Weltüberlegenheit, es ist mit der Transzendenz Gottes, also mit seiner Jenseitigkeit, nicht zu vereinbaren, daß der Himmel dem menschlichen Bemühen, der menschlichen Macht, der menschlichen Erfahrung zugänglich ist. Gott muß unangreifbar und unverfügbar für den Menschen sein, und das gilt auch für den Himmel. Der Himmel ist eine Wirklichkeit, aber er ist eine Wirklichkeit, die menschlichem Zugriff radikal entzogen ist. Der Himmel ist die Wirklichkeit Gottes, und es gibt einen Ort, wo Gott sich jetzt schon, vor der Auferstehung der Leiber, den Seligen offenbart. Wir dürfen überzeugt sein, daß diejenigen, die im Zustand der Gnade abgeschieden sind, im Himmel sind und Gott schauen und ihn lieben und von ihm entzückt sind. Aber wir haben keine Kenntnis, wo dieser Ort sich befindet. Wir können durch Eroberung des Weltraums diesen Ort niemals entdecken, weil er wesentlich verschieden ist von allem, was der Erfahrung zugänglich ist.

Meine lieben Freunde, wir brauchen am Feste Christi Himmelfahrt nicht verlegen zu sein. Wir brauchen uns auch nicht irremachen zu lassen von Herrn Nützel, wenn er im Lexikon für Theologie und Kirche schreibt: Die Himmelfahrt Christi ist kein historisches Ereignis. Wir brauchen uns nur zu halten an unser Glaubensbekenntnis: „Auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, sitzet er zur rechten Hand Gottes, von dannen er kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten. Und seines Reiches wird kein Ende sein."

Amen.

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