Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Was ist der Mensch? (Teil 14)

5. Mai 2002

Das Verhältnis Jesu zu den Frauen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Am vergangenen Sonntag haben wir gesehen, welche Berufungen unser Herr und Heiland an Männer hat ausgehen lassen. Aber er hat nicht nur Männer berufen; er hat auch Frauen berufen. Und so wollen wir am heutigen Sonntage die Berufungen bedenken, die der Herr hat an Frauen ergehen lassen. Wir können das, was er gegenüber den Frauen beobachtet und gehalten hat, in zwei Sätze zusammenfassen:

1. Jesus hat den Frauen etwas gegeben,

2. Jesus hat von den Frauen etwas verlangt.

Jesus hat den Frauen etwas gegeben, an erster Stelle, daß er sie ernst genommen hat. Man sollte denken, das ist etwas Selbstverständliches, daß man einen anderen ernst nimmt, daß man auch eine Frau ernst nimmt, aber wer die Wirklichkeit kennt, weiß, daß Menschen einander oft nicht ernst nehmen und daß vor allem Frauen häufig nicht ernst genommen werden. Daran sind nicht nur die Männer schuld; auch die Frauen selbst tragen dazu bei. Die härtesten Urteile und Kritiken über Frauen hört man immer von Frauen selbst: „Dumme Gans“, „hysterisch“, „eingebildet“. Es ist schon zu beachten, wie die Frau, die in einer Familie kommt, aufgenommen wird: fast immer mit Mißtrauen. Die Schwiegertochter, die Schwägerin, fast immer mit Mißtrauen wird sie aufgenommen.

Jesus hat sich anders zu der Frau verhalten; er hat die Frau ernst genommen. Das sieht man an der blutflüssigen Frau. Sie war seit vielen Jahren krank, und kein Arzt konnte ihr helfen. Jetzt hörte sie, daß Jesus in ihr Dorf kommt, und sie beeilte sich, um ihn zu sehen und von ihm geheilt zu werden. Freilich, er war beschäftigt, er hatte es eilig, er wollte ja zur Tochter des Jairus, die schwer krank war. Sie traute sich nicht, ihn anzusprechen. Aber sie sagte sich: Wenn ich nur die Quaste seiner Gewandes berühre, dann werde ich gesund. Und sie drängte sich vor, wie das Frauen zu machen pflegen, und faßte die Quaste des Gewandes des Herrn an. Der Herr wandte sich um: Wer hat mich angerührt? Petrus weiß das natürlich sofort: Ja, wer soll dich angerührt haben, sagte er, wenn die Menschen sich so drängen hier? Jesus blieb ruhig und entgegnete: „Es hat mich jemand angerührt, denn eine Kraft ging von mir aus.“ Er schaute sich um, er sah die Frau und sagte ihr, daß ihr Glaube ihr geholfen hat; sie war geheilt. Man hätte manches gegen die Frau einwenden können, schon daß sie sich vordrängte, daß sie den Herrn belästigte, der ja auf dem Wege war zu der Tochter des Jairus. Vielleicht wäre er noch zurecht gekommen, wenn die Frau nicht gewesen wäre, denn das Kind war inzwischen gestorben. Und dann diese beinahe magische Frömmigkeit: Wenn ich nur das Gewand berühre, werde ich geheilt. Aber sie hat es halt so gemacht, wie sie es verstand, und der Herr hat sie ernst genommen, er hat ihren Glauben ernst genommen. Er hat sie nicht getadelt, er hat ihr Benehmen, ihre Art, ihr Verhalten hingenommen, wie es gemeint war.

Da war eine andere Frau, die Kanaaniterin. Ihre Tochter war schwer krank; sie wurde von einem bösen Dämon heimgesucht, hatte also wahrscheinlich eine epileptische oder eine andere geistige Krankheit. Als sie hörte, daß der Herr zu ihr kommt, da ruft sie: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich über meine Tochter!“ Jesus tut so, als ob er nichts hörte. er geht weiter, er wendet sich nicht um. Aber sie läßt nicht ab, sie schreit noch lauter: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner Tochter!“ Die Jünger werden unwillig: Die schreit ja hinter uns her. Schick sie doch fort, sagen sie zum Herrn. Jesus entgegnet: „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot zu nehmen und es den Hündlein vorzuwerfen.“ Wir wissen, was damit gemeint ist. Die Kinder, das ist das jüdische Volk, das isrealitische Volk, dem er angehört, und die Hündlein, das sind eben die anderen, die Heiden, und die Kanaaniterin ist ja eine Heidin. „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot zu nehmen und es den Hündlein vorzuwerfen.“ Jetzt könnte man denken, die Frau ist entmutigt, sie läßt den Herrn gehen. Er will eben nicht, und ich muß mich halt darein schicken. Nein, sie ist nicht entmutigt, sie läßt sich nicht verbittern. „Ja“, sagt sie, „du hast recht, aber die Hündlein essen doch von den Brosamen, die vom Tische der Herren fallen.“ Da ist der Herr überwältigt. Von einem solchen Glauben ist er überwältigt. „Frau, dein Glaube ist groß, dein Glaube hat dir geholfen.“ Er hat selten den Glauben der Menschen gepriesen, er hat meistens ihren Kleinglauben rügen müssen. Selbst als die Jünger im Schiffe, das schon vollzuschlagen begann, um Rettung riefen, da hat er sie als Kleingläubige bezeichnet. Aber hier hat er den Glauben gerühmt, den Glauben dieser Frau hat er gelobt. „Frau, dein Glaube ist groß“ Er hat diese Frau, diese Heidin, in ihrem Glauben ernst genommen.

Da war eine arme Witwe in Jerusalem. Vielleicht war sie Näherin oder Wäscherin oder Zugehfrau. Sie hat ein großes Anliegen und ging am Abend in den Tempel. Sie warf den ganzen Tageslohn, den sie empfangen hatte – ein paar Pfennige – in den Kasten, der für die Almosen bestimmt war. Dann sagte der Herr, der die Menschen beobachtet hatte, die in den Tempel gingen, zu seinen Jüngern: „Diese Frau hat mehr gegeben als alle anderen.“ Die anderen haben harte Taler hineingeworfen, daß es nur so klirrte und klimperte. Diese Frau hat ein paar Pfennige gegeben, aber es war alles, was sie an diesem Tage verdient hatte. Er hat also ihren guten Willen ernst genommen. Man hätte manches einwenden können gegen sie. Man hätte sagen können: Sie soll ihr Geld behalten; wenn sie krank ist, müssen wir uns um sie kümmern. Oder der Küster ist vielleicht auch verärgert gewesen, denn die Küster zählen ja nicht gern das Kleingeld. Was ist mit ein paar Pfennigen anzufangen? Nein, der Herr lobt sie, weil sie viel gegeben hat, die weniges hatte. Er hat sie ernst genommen in ihrem Almosen.

Schließlich hat er auch die Frau ernst genommen, die ihn kurz vor seinem Leiden salbte. Sie kam mit einem Alabastergefäß und schüttete es über ihn aus, und das Haus wurde vom Wohlduft dieser Salbe erfüllt. Aber es regte sich Unwillen, und Judas hatte ja nicht so ganz unrecht, wenn er sagte: Man hätte das verkaufen und den Armen geben können. So ganz unrecht hatte er ja nicht; es war eine Verschwendung. Aber der Herr sah nur ihre Liebe, und deswegen erklärte er: „Wo immer man das Evangelium verkündet, wird man berichten von dem, was diese Frau getan hat.“ Er hat ihre Liebe, ihre verschwenderische Liebe, ernst genommen.

Das zweite, was der Herr den Frauen gegeben hat, war, daß er ihnen etwas zugetraut hat. Da war eine Ehebrecherin; man hatte sie beim Ehebruch ertappt. Man führte sie zu Jesus. Es war klar, was mit ihr geschehen mußte, denn im Gesetz steht, eine Ehebrecherin muß gesteinigt werden. Jetzt stellten sie ihm listig die Frage: Was sagst du? Jesus sagte gar nichts. Er sah die Frau an, er beugte sich nieder und schrieb mit dem Finger in den Sand. Nach einer Weile richtete er sich auf und entgegnete den Umstehenden: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“ Keiner wagte es, sich als sündlos zu bekennen. Einer nach dem anderen ging fort, bis der Herr ganz allein mit der Frau war. Dann richtete er sich an sie: „Hat dich keiner verurteilt?“ „Nein, Herr, keiner.“ „So will auch ich dich nicht verurteilen. Gehe hin und sündige nicht mehr!“ Der Herr hat ihr etwas zugetraut, nämlich daß sie nicht mehr sündigt. Was ihr das Gesetz des Alten Bundes nicht zutraut, das nämlich befiehlt, eine solche zu steinigen, was ihr die Gesellschaft nicht zutraut, was ihr die Fürsorgerinnen und Pflegerinnen nicht zutrauen, das hat ihr der Herr zugetraut. Viele, die sich mit Menschen abgeben, sind mutlos und sagen: Da ist nichts zu machen, da kann man nichts ändern, die ist immer so, die bleibt auch immer so, die bricht wieder aus. Aber wenn eine solche gerettet wird, dann nur, wenn man ihr etwas zutraut, wenn man Vertrauen hat, daß sie aufsteht aus ihrem Schlamm.

Da war eine Sünderin, die ihn im Hause Simons des Aussätzigen salbte, ihre Tränen ausgoß und seine Füße küßte. Der Simon, der Gastgeber, war entsetzt: Ja, kommt die auch noch herein hier? Was will denn die bei uns? Die Jünger waren betroffen. Mit der will niemand etwas zu tun haben. Und doch sagt der Herr: „Ihr sind viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat.“ Den Zorn der Menschen konnte sie nicht besänftigen, aber den Zorn Gottes, den hat sie besänftigt. Der Herr hat ihr zugetraut, daß sie mit ihrer Liebe den Zorn Gottes besänftigt.

Schließlich war da noch eine unbedeutende Frau, die Frau am Jakobsbrunnen in Sichar. Jesus kam, von der Reise ermüdet, staubbedeckt, durstig und bat sie um einen Trank. Die Frau war verwundert, denn die Juden halten keine Gemeinschaft mit den Samaritern, daß er sie, die Samariterin, um einen Trank bittet. Sie kommen ins Gespräch. Da zeigte sich, daß die Frau gar nicht so unbedeutend ist, wie man sie angesehen hat. Sie hat Gedanken, sie ist nachdenklich. Sie macht sich Gedanken über den Messias. Sie fragt, wo man denn anbeten müsse, weil die Juden sagen: Man muß anbeten auf dem Sion, und die Samariter sagen: Man muß anbeten auf dem Garizim. Ja, wer hat denn nun recht? Der Messias, so ist sie überzeugt, der Messias wird es uns sagen, wo man anbeten muß. Und Jesus sagt es ihr: „Frau, man betet weder auf dem Sion noch auf dem Garizim an. Gott ist ein Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Er hat ihr zugetraut, daß sie so etwas versteht, daß sie so hohe Gedanken aufnimmt, daß sie das als Lösung ihrer Rätsel empfindet. Und das hat sie tatsächlich auch getan. Sie eilte in die Stadt, ohne ihm zu trinken zu geben, das hat sie vergessen. Sie holt ihre Mitbürger heran. Sie kommen zu Jesus, sie sehen ihn, sie sprechen mit ihm und sagen dann: Ja, jetzt erkennen wir, daß es tatsächlich der Messias, der Heiland der Welt, ist. Wenn du es bloß gesagt hättest, du mit deinen sieben Männern, dir hätten wir es nicht geglaubt. Aber wir haben es jetzt selbst gesehen. Ihre Zeitgenossen, ihre Volksgenossen trauen ihr nichts zu; aber der Herr traut ihr etwas zu. Er traut ihr hohe Gedanken und tiefes Verständnis für seine Lehre zu.

Schließlich drittens hat der Herr die Frauen geliebt. Martha und Maria waren seine Freundinnen. Er ist gern bei ihnen eingekehrt, sie haben ihm aufgewartet, er hat sie belehrt. Es war ein herzliches Verhältnis zwischen ihnen. Auch zwischen Jesus und Maria Magdalena war ein solches herzliches Verhältnis. Als Jesus auferstanden war, brauchte er nur ein einziges Wort zu sagen, damit sie ihn erkennt: „Maria“. Und sie sagt ebenso nur ein Wort: „Rabboni, mein Meister.“ Das genügt zum Verständnis dieser beiden Seelen, dieser beiden Herzen. Das ist von weittragender Bedeutung, meine lieben Freunde. Hier sehen wir, daß es möglich ist, die Frau zu lieben, ohne sie zu erniedrigen, sie zu lieben, ohne sie zu beleidigen, sie zu lieben, ohne sie auszunutzen. Einige haben es gekonnt, und andere sind aufgerufen, diesem Beispiel des Herrn zu folgen. Die Frau darf nicht zum Spielzeug des Mannes werden.

Der Herr hat den Frauen etwas gegeben. Er hat aber auch etwas von ihnen verlangt, nämlich zuerst ihre Lebensarbeit. Er selbst hatte ja Frauen in seiner Gefolgschaft, die ihm dienten, die für die Bedürfnisse des Lebens aufkamen, die für Nahrung sorgten, die die Kleidung instand hielten. Er und seine Jünger waren auf die Frauen angewiesen. Aus dieser kleinen Schar ist eine unendliche Armee geworden von Frauen, die ihre Lebensarbeit Gott weihen. Jesus hat zum erstenmal gezeigt, daß die Frau nicht nur für den Mann da ist, sondern daß sie für Gott da ist.

Diese Lebensarbeit der Frau vollzieht sich in drei Bereichen. An erster Stelle in der Familie. Natürlich ist die Frau für die Arbeit in der Familie da und um Kinder zu gebären. Aber sie ist nicht nur dazu da, um Kinder zu gebären, sie ist auch dazu da, um die Kinder, die sie gebiert, zu Gotteskindern zu machen. Sie ist gleichsam die Priesterin ihres Hauses. Ihr ist es aufgegeben, die Kinder, denen sie das Leben schenkt, zum Heiland zu führen, die Kinder, die sie gebiert, zu Gotteskindern zu machen und auf diese Weise das Reich Gottes zu mehren. Was der Mensch von der Mutter empfängt,  das geht nie ganz verloren, aber was die Mutter versäumt, kann nie mehr eingeholt werden.

Die zweite Aufgabe, die der Frau zuwächst, ist in der Öffentlichkeit zu erfüllen, im Dienst, in der Arbeit, bei Behörden, im Staat, in der Politik. Die Frauen könnten, wen sie ihre frauliche Art ernst nähmen, auf diesem Gebiete segensreich wirken. Sie könnten aus der Organisation des Staates einen Organismus machen, aus der Maschine etwas Lebendiges. Wenn sie ihre frauliche Eigenart einbringen würden, ihr Fürsorgen, ihr Verstehen, ihre Kontaktfähigkeit, dann könnte die Politik vermenschlicht werden, dann wäre es möglich, daß die Behörden nicht bloß kalte Büros sind, sondern Stätten, an denen Menschen aufgenommen und verstanden werden und denen an diesen Stätten geholfen wird.

Der dritte Bereich, in dem die Frau tätig ist, ist die Kirche. Ach, was soll ich da sagen? Von Anfang an haben Frauen in der Kirche Großes, Gewaltiges, Unersetzliches geleistet. Wenn man sagt, die Kirche kann nicht ohne das Priestertum bestehen, so muß man gleich hinzufügen: Sie kann auch nicht ohne die Frau bestehen. Was von Anfang an in der Kirche aufgebaut wurde, das ist auch durch Frauen aufgebaut worden. Wir denken an die vielen Frauen, die sich zu Gemeinschaften zusammengeschlossen haben, an die Missionarinnen, an die Helferinnen, an die in dem Rettungsdienst befindlichen Frauen. Eine unabsehbare Schar. Ja, Christus hat der Frau sogar einen eigenen Beruf geschaffen, nämlich den Beruf, nur für Gott da zu sein. Diesen Beruf gab es vorher nicht. Er hat der Frau den Beruf gegeben, nur für Gott da zu sein.

Zweitens hat der Herr von den Frauen das Lebensopfer verlangt. Er will, daß die Frau dient, und dienen heißt immer sich opfern. Wem immer man dienst, wer einem anderen dient, muß bereit sein zum Opfer. Eine rumänische Königin hat einmal das schöne Wort gesagt: „Wer sich den Kindern nicht opfern will, soll nicht heiraten!“ Ich wiederhole dieses Wort: Wer sich den Kindern nicht opfern will, soll nicht heiraten! Die Frau ist zum Opfer geboren und zum Opfer gerufen. Der Herr zeigt es an dem Beispiel seiner Mutter. An ihr können wir ablesen, wie er das Opfer der Frau verstanden wissen will. Sie durfte ihn gebären in einem Stalle, sie durfte ihn aufziehen. Aber sobald es zur öffentlichen Tätigkeit kam, hat er die Mutter von sich ferngehalten. Er ist auf Distanz gegangen. Die Mutter hatte die Aufgabe, ihn zu gebären und ihn zu erziehen, aber in der öffentlichen Wirksamkeit hat er sie von sich ferngehalten. Als es aber zum Schluß ging, als er am Kreuze hing, da durfte sie wieder kommen. Unter dem Kreuze durfte sie stehen und den entseelten Leib auf ihren Schoß nehmen. Da sehen wir, wie der Herr das Opfer der Frau verstanden wissen will. Wo es Ehre einzuheimsen gibt, da ist die Frau nicht; aber wo es zu dienen gibt, wo zu opfern ist, da ist die Frau.

Jetzt verstehen wir, meine lieben Freunde, was der Herr von der Frau denkt. Er traut ihr das Größte zu und verlangt deswegen auch von ihr das Größte. Ihr Frauen, gehet hin, ihr habt keinen besseren Freund als Jesus, unseren Heiland.

Amen.

 

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