Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Wege Gottes (Teil 2)

11. Juli 1993

Die Treue Gottes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Uns allen ist jenes Ereignis bekannt, wie die Jünger im Schifflein waren und Jesus schlief, wie ein Sturm sich erhob und die Jünger in äußerste Bedrängnis gerieten, wie sie den Herrn wachrüttelten und er dem Sturm und den Wellen gebot.

Dieser Seesturm ist wirklich geschehen, und die Stillung ist wirklich auf das Wort des Heilandes hin eingetreten. Aber gleichzeitig ist dieser Seesturm ein Sinnbild für das, was sich in unserem Leben immer und immer wieder zuträgt, daß wir nämlich in Bedrängnis geraten und daß wir zu verzagen drohen. „Herr, hilf uns, wir gehen zugrunde!“ Im Salve Regina bekennen wir richtig, daß diese Erde ein Tal der Tränen ist. Auf dieser Erde bedrängen uns viele, viele Übel, Krankheiten, böse Menschen, Laster, Versuchungen, Verlust der Ehre, Verlust des Vermögens, ja Verlust des Lebens. In diesen Bedrängnissen sollen wir nicht verzagen. Der Volksmund sagt: „Wo die Not am größten, ist die Hilfe Gottes am nächsten.“ Das ist Volkstheologie, aber diese Volkstheologie hat ein Korn Wahrheit in sich. In den Psalmen heißt es: „Nah bin ich denen, die in Bedrängnis sind.“ Oder an einer anderen Stelle: „Rufe zu mir, und ich will dich retten, und du sollst mich preisen!“

„Bei Gott ist kein Ding unmöglich,“ sagte der Engel Gabriel zu Maria. Auch da, wo menschlich gesehen eine Lage aussichtslos ist, weiß Gott immer noch zu retten. „Bei Gott ist alles möglich,“ sagt unser Heiland.

Ein Beispiel liefert uns die Apostelgeschichte. Petrus war in Haft. Er sollte zu Ostern vorgeführt werden, natürlich um zum Tode verurteilt und hingerichtet zu werden. Er wurde von 16 Soldaten bewacht. Er lag in Ketten. Aber in der Nacht sandte Gott seinen Engel, dieser löste ihn aus den Ketten und führte ihn an den Wachen vorbei durch das eiserne Tor. Petrus war frei, Gott hatte das Gebet seiner Gemeinde in Jerusalem erhört. „Es ist kein Ding so groß und schwer, daß Gottes Macht unmöglich wär'.“ Dieses Wort hat sich hier im Leben des Apostels Petrus erfüllt.

Gott bedient sich freilich gewöhnlich unscheinbarer Dinge, um zu retten. Er zeigt damit seine Macht und seine Weisheit. Er nimmt Zwischenursachen in den Dienst, um seine Rettungspläne, um seine wunderbare Rettungsgesinnung zu bekunden. Es war einmal – und das ist ein wahres Begebnis – es war einmal eine arme Witwe, die mehrere Kinder hatte und die nun von einem Gläubiger bedrängt wurde, eine Schuld zu bezahlen. Sie wußte aber, daß ihr verstorbener Mann diese Schuld schon bezahlt hatte. Sie suchte verzweifelt nach dem Kalender und der Quittung, aber sie fand beides nicht. Am nächsten Tag sollte die Gerichtsverhandlung stattfinden. Die Mutter betete noch einmal mit den Kindern. Es war im Juli und, zum offenen Fenster kam ein leuchtendes Käferchen hereingeflogen. Es flog hinter den Schrank, und das kleinste Kind wollte unbedingt das Käferchen sehen. Die Mutter, um Ruhe zu haben, rückte den Schrank beiseite, und es fiel herunter der Kalender mit den Quittungen.

Gott bedient sich unscheinbarer Dinge, um zu retten und er kommt häufig erst in letzter Stunde. Wie einmal der bayerische Dichter Waggerl gesagt hat: „Gott hilft, aber er kommt häufig eine Viertelstunde später als wir meinen, um unseren Glauben zu erproben.“ Das hat sich beispielsweise gezeigt im Jahre 1683. Wien war belagert von den Türken, es konnte jede Stunde fallen. Nur noch wenige Stunden, so schien es den Verteidigern, konnten sie standhalten, als endlich das Entsatzheer kam und die Stadt befreite. „Wo die Not am größten, da ist Gottes Hilfe am nächsten.“

Es muß die Stunde Gottes abgewartet werden. Auch Maria mußte erfahren, daß Christus, ihr Sohn seine Stunde hatte. „Meine Stunde ist noch nicht gekommen,“ sagte er ihr in Kana. Wenn die Stunde Gottes schlägt, dann greift er ein. Und er läßt uns lange beten. Das hat seinen guten Sinn, denn durch die Dauer, durch die Beharrlichkeit des Gebetes zeigen wir, daß uns an der erbetenen Sache etwas liegt. Und wenn wir nach langem Beten etwas erlangen, dann schätzen wir auch das, was wir erlangt haben, mehr. Was sogleich gewährt wird, das schätzen wir nicht.

So sollen wir also, meine lieben Freunde, in der Bedrängnis nicht verzagen. Wir sollen es machen wie ein Schwimmer, der ins Wasser fällt. Er faltet sofort die Hände und fängt an zu rudern, und auch wir sollen die Hände falten, um zu Gott zu beten.

Gott läßt die Seinen nicht im Stich. Er läßt den Gerechten ringen, aber nicht versinken. „Wo die Not am größten, da ist Gottes Hilfe am nächsten.“

Amen.

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