Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Falschlehrer in der Kirche (Teil 2)

5. März 1989

Die Entkleidung der Geschichtlichkeit der Evangelien

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Vor einiger Zeit unterhielt ich mich mit einem Nachbarn über die Evangelien. „Ja,“ sagte er, „manches stimmt, aber manches stimmt auch nicht.“ Sie sehen an dieser wahren Geschichte, daß die Meinung der Falschlehrer schon im Volke angekommen ist, daß sie nicht auf die Kreise der Theologen beschränkt bleibt, sondern daß sie absinkt und dem Volke den Glauben raubt. Es hat daher einen tiefen Sinn, wenn wir uns am vergangenen Sonntag und auch an diesem mit der Geschichtlichkeit der Evangelien beschäftigen. Die Falschlehrer erzeugen nämlich zwei Christusse, einen, der wirklich gelebt hat, aber über den wenig Sicheres bekannt ist, und einen anderen, der das Produkt einer erregten Phantasie ist, dem Man Worte in den Mund legt, die er in Wirklichkeit niemals gesprochen hat, und dem man Taten zuschreibt, die er in Wirklichkeit niemals getan hat.

Ein Mittel, um die Evangelien ihrer Geschichtlichkeit zu entkleiden, besteht darin, daß man sagt, Taten und Worte Jesu seien aus dem Alten Testament „herausgesponnen“ worden; die Jünger hätten Jesus für den Messias gehalten; mit dieser Vorgabe hätten sie das Alte Testament gelesen, da seien sie auf Züge gestoßen, die dem Messias zugeschrieben werden, auf Taten, die er einmal tun sollte, also auf Weissagungen über den Messias. Und da Weissagungen nur eine Beweiskraft haben, wenn sie in Erfüllung gehen, so hätten sie die Weissagungen des Alten Testamentes hergenommen und daraus Geschichten fabriziert, die sie dann Jesus zugeschrieben haben. Über das, was ich Ihnen hier sage, gibt es ganze Bücher, von solchen Falschlehrern geschrieben. Die künstliche Erzeugung von Geschichte aus alttestamentlichen Weissagungen liege vor allem dann vor, wenn es im Neuen Testament heißt: „Das ist geschehen, damit die Schrift erfüllt werde.“

Diese Ereignisse sind nach den Falschlehrern nicht wahrhaft geschehen, sondern sie sind erdichtet, und zwar in der Absicht, die Vorstellung zu erwecken: Die Weissagungen haben sich erfüllt. Zum Beispiel die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten. Da heißt es im Matthäusevangelium: „Das ist geschehen, damit die Schrift erfüllt würde, das Wort des Propheten: 'Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.'„ Ein Wort aus dem Propheten Oseas. Solche erdichteten Geschichten seien aber auch dann anzunehmen, wenn im Neuen Testament Geschichten erzählt werden, die mit Worten und mit dem Sprachschatz des Alten Testamentes wiedergegeben werden. Immer dann, wenn das Neue Testament mit Ausdrücken und Wendungen des Alten Testamentes etwas erzählt, dann seien das erfundene Geschichten. Zum Beispiel die Geburt Johannes' des Täufers. Hier wird berichtet, daß Elisabeth schon betagt und unfruchtbar war; sie hat gebetet, daraufhin hat sie einen Sohn empfangen, und dafür hat sie Gott gedankt. Diese Geschichte – so sagen die Falschlehrer – ist nachgebildet den Geburtsgeschichten von Samuel und Samson im Alten Testament. Da haben nämlich auch Frauen, die kein Kind bekamen, gebetet, und dann wurde ihr Gebet erhört, sie bekamen einen Sohn, Samuel und Samson, und sie haben Gott gedankt.

Meine lieben Freunde, da fragt sich jeder, der nicht von diesen Vorurteilen befangen ist, welche die Falschlehrer haben: Gibt es nicht in der Geschichte fortwährend Parallelen? Gibt es nicht immer wieder Fälle, die sich ähnlich sind? Gibt es nicht zahllose Frauen, die kein Kind bekamen, aber ein Kind wollten und darum gebetet haben, und die dann nach langer Zeit erhört wurden?

Ich lernte in Mainz einmal ein Ehepaar kennen, das bekam eine Tochter nach 17 Jahren Ehe. Nach 17 Jahren Eheleben wurde ihnen die heißersehnte Tochter geschenkt. Und wenn nun die Geschehnisse ähnlich sind, warum soll man sie dann nicht mit ähnlichen Ausdrücken wiedergeben?

Ein anderes Beispiel: Der Prophet Elias hat als seinen Nachfolger den Propheten Elisäus berufen. Elisäus war ein Bauer. Elias kam zu ihm und sagte: „Folge mir! Ich berufe dich zum Propheten nach Gottes Willen.“ Elisäus war gerade beim Pflügen. Er verließ den Pflug und die Tiere und seinen Hof und folgte dem Elias nach. Aha, sagen die Falschlehrer, das wiederholt sich im Neuen Testament. Jesus kommt am See Genesareth vorbei, er sieht dort die beiden Jüngerpaare Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes; er fordert sie auf, ihm zu folgen. Tatsächlich, sie verlassen die Schiffe, den Fischfang, die Netze und folgen ihm nach. Diese neutestamentlichen Geschichten sind nachgebildet, so sagen die Falschlehrer, dieser alttestamentlichen Berufungsgeschichte. Ist es wirklich so?

Meine lieben Freunde, wenn jemand berufen wird, dann vollzieht sich doch immer dasselbe. Es kommt derjenige, der ihn beruft, sei es Gott, sei es ein Mensch, er fordert den Berufenen auf, seinen bisherigen Beruf aufzugeben und seiner neuen Berufung zu folgen. Nicht alle folgen dem Ruf. Das Neue Testament weiß von vielen Berufungen zu berichten, wo die Berufenen nicht folgen. Einmal sagt Jesus zu einem Manne: „Folge mir nach!“ Er antwortete: „Ach, laß mich zuvor noch meinen Vater beerdigen!“ „Laß die Toten ihre Toten begraben!“ sagt der Heiland. Also nicht alle Berufenen folgen der Berufung. Aber wenn sie folgen, dann verlassen sie eben ihren Beruf, ihr Haus, ihren Besitz und folgen ihm nach. Das geschieht heute noch. Ein solcher Berufener ist z.B. der Erzbischof Dyba. Er war ja zunächst Jurist. Er hat seinen Beruf verlassen und ist dem Herrn nachgefolgt. Ja, das ist eben immer dasselbe. Da kann man doch nicht sagen, weil das einmal in der Weise passiert ist wie im Alten Testament, ist es aus dem Alten Testament herausgesponnen, ist es erfunden, sondern das sind Parallelen, Vorgänge, die miteinander gar nichts zu tun haben, als daß Berufungsvorgänge regelmäßig in derselben Weise verlaufen.

Ein besonderer Angriffspunkt für die Falschlehrer sind natürlich die Wunder Jesu. Die Wunder, sagt man, sind ebenfalls aus dem Alten Testamente herausgesponnen. Jesus hat man sich vorgestellt als den Messias, und deswegen mußte er Wunder tun, ja mußte er noch größere Wunder tun als die Propheten. So hat man ihm Wunder zugeschrieben, die er in Wirklichkeit nie getan hat.

Nun, meine lieben Freunde, haben die Propheten zweifellos nach dem Zeugnis des Alten Testamentes große Wunder gewirkt. Aber das Merkwürdige ist, daß nicht alle Wunder der Propheten Entsprechungen im Leben Jesu haben, daß Jesus keineswegs immer die Wunder der Propheten überbietet. Denken Sie an den Elias! Was hat er getan auf dem Berge Karmel? Er lud die vierhundert Baalspriester ein, eine Wette mit ihm zu machen. Jeder schlachtet einen Stier, legt ihn auf einen Altar, zündet aber kein Feuer an, sondern wartet, ob Gott Feuer sendet, um den Stier zu verzehren. Die Baalspriester waren einverstanden. Sie machten den Anfang. Sie riefen zu Gott, sie tanzten um den Altar. Der Prophet Elias verspottete sie: Ihr müßt lauter rufen, vielleicht schläft euer Gott! Aber es half alles nichts, es fiel kein Feuer vom Himmel. Dann betete Elias, und es fiel wirklich Feuer vom Himmel und verzehrte das Opfer, das er bereitet hatte. Ein ungeheueres Wunder! Aber wo ist denn im Leben Jesu von einem solchen Wunder die Rede? Wo überbietet er den Propheten Elias? Da gibt es überhaupt keine Parallele im Neuen Testament. Und so ist es mit anderen Dingen. Zum Beispiel wurde im Alten Testament dem Messias zugeschrieben, daß er die Kriegswerkzeuge vernichtet. Wo ist diese Weissagung eingetroffen im Leben Jesu? Nichts davon, daß er die Kriegswerkzeuge vernichtet hat.

Das sind doch Indizien dafür, daß in dem Evangelium nicht Geschichte produziert wird, erfunden wird von den Evangelisten, sondern daß sie schildern, was sie gesehen und gehört haben, und daß sie nach dem Ende des irdischen Lebens Jesu, nach seiner Auferstehung in den Schriften des Alten Testamentes geforscht haben, dabei auf Texte gestoßen sind, die ihnen sagten: Ja, das ist im Leben Jesu eingetroffen. Und so haben sie aus den Tatsachen auf Weissagungen geschlossen.

Die Sache steht also genau auf dem Kopf. Nicht aus Weissagungen wurden Geschichten produziert, sondern weil die Geschichte so verlaufen ist, wie die Evangelisten sie schilderten, konnten sie an Weissagungen sich erinnern, die im Alten Testamente gemacht wurden.

Man sagt weiter, Jesus werde als der zweite Moses dargestellt, und deswegen müsse er den Moses überbieten. Auch das stimmt wieder nicht. Das größte Wunder, das Moses gewirkt hat, war zweifellos der Durchzug durch das Rote Meer. Wo hat denn Jesus den Moses überboten? Es gibt kein Wunder, das mit dem Durchzug durch das Rote Meer verglichen werden könnte im Neuen Testament. Weil Jesus als der große Gesetzgeber auftrat, weil er sagte: „Den Alten ist gesagt worden..., ich aber sage euch...“, deswegen haben die Jünger aus seinen Worten und Taten die Folgerung gezogen: Das ist ein zweiter Moses. Also sie hatten nicht die vorgefaßte Meinung: Wir haben hier einen zweiten Moses, und deswegen muß er bestimmte Taten verrichten; wenn er sie nicht getan hat, müssen wir sie eben erfinden, sondern weil er bestimmte Worte sprach und bestimmte Taten setzte, die ihn in eine Linie zu Moses setzten, deswegen hat man den Gedanken gefaßt: Das ist ein zweiter Moses.

Weitere Beispiele, meine lieben Freunde: Jesus ist in Jerusalem eingezogen auf einem Esel. Die Jünger haben ihre Kleider ausgebreitet. Das ist das Evangelium vom Palmsonntag. Das ist natürlich erfunden, sagen die Falschlehrer. Woher erfunden? Erfunden aus dem Alten Testament. Denn bei dem Propheten Zacharias heißt es: „Fürchte dich nicht, Tochter Sion, dein König kommt zu dir. Er sitzt auf dem Füllen einer Eselin.“ Aha! Weil dort von einer Eselin die Rede ist, ist die ganze Palmsonntagsszene gestellt, Komposition. Ist das wirklich so? Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, daß das Pferd im ganzen Altertum das Tier des Kriegers ist. Zu Pferde reitet man in den Krieg. Entweder als Reiter oder auch als Wagenkämpfer. Dagegen der Esel ist sanftmütig, der Esel ist friedlich, er ist das Haustier, das häusliche Last-, Arbeits- und Reittier. Wer auf einem Pferde kommt, hat kriegerische Absichten. Wer auf einem Esel sitzt, ist friedlich gesinnt. Das wußte doch Jesus genauso wie jeder andere, und deswegen hat er sich bei dem Einzug in Jerusalem auf einen Esel gesetzt, weil der Esel ein friedliches, sanftmütiges Tier ist und weil er nicht kam, sein Volk mit Krieg zu überziehen, sondern es von seinen Sünden zu befreien durch seine eigene Sanftmut und Milde.

Außerdem berichten die Evangelisten, daß zur Zeit, als das geschah, die Jünger überhaupt nicht verstanden, was hier vor sich geht. „Das verstanden seine Jünger zuerst nicht,“ heißt es im Johannesevangelium, nämlich daß hier die Erfüllung einer Weissagung des Alten Testamentes sich vollzieht. Das verstanden seine Jünger zuerst nicht. „Als aber Jesus verherrlicht war, da erinnerten sie sich, daß das über ihn geschrieben stand, und daß sie ihm das getan hatten.“ Also die Wirklichkeit ist genau umgekehrt: Erst die Tatsache, dann das Aufsuchen der Weissagung.

So ist es auch bei der nachfolgenden Tempelreinigung. Jesus schwingt die Geißel und treibt die Wechsler und Verkäufer aus dem Tempel. Wir alle kennen diese Geschichte. Tja, sagt da der Falschlehrer, das ist aus dem Psalm 69 herausgesponnen. Aus welchem Vers? Was steht in dem Psalm 69? „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.“ Das ist glaubwürdig. Wie soll jemand auf den Gedanken kommen, aus diesem Satz „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich“ einen geißelschwingenden Messias zu erzeugen? Das ist doch offensichtlicher Unsinn. Wer kann denn zu solchen Ansichten sich verleiten lassen? Dazu gehört schon viel Blindheit, ja, ich meine Verblendung. Nein, weil Jesus so aufgetreten ist wie einer, den der Eifer für sein Haus verzehrt, deswegen kamen die Jünger auf den Gedanken: Das steht eigentlich so im Psalm 69 geschrieben. Weil er die Geißel geschwungen hat, weil er das Haus Gottes reinigen wollte und weil er das mit brennender Leidenschaft getan hat, deswegen erinnerten sie sich an das Wort, das da geschrieben steht: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.“

Die Falschlehrer machen auch vor dem Tode Jesu nicht halt. Nach dem Evangelisten Johannes starb Jesus am Nachmittag des 14. Nisan, also ungefähr, nach unserer heutigen Zeitrechnung, des 14. April. Der 14. Nisan war ein besonderer Tag; an ihm wurden die Osterlämmer geschlachtet. Aha, sagen die Falschlehrer, die Evangelisten hatten die Idee, Jesus sei das neue Osterlamm. Deswegen haben sie seinen Tod auf diesen Nachmittag verlegt. Sie haben dieses Datum für ihn erfunden. Wie armselig, meine lieben Freunde! Woher hatten denn die Jünger, woher hatten denn die Evangelisten die Vorstellung, Jesus sei das Osterlamm? Das erklärt sich doch viel natürlicher daraus, daß er eben am 14. Nisan geschlachtet wurde und daß man dann auf den Gedanken kam: Das ist ja die Erfüllung der alttestamentlichen Weissagung: „Ihr sollt an ihm kein Bein zerbrechen!“ Diese Äußerung „Ihr sollt an ihm kein Bein zerbrechen“ geht auf das Paschalamm in Ägypten, das die Israeliten vor ihrem Auszug aßen. Da sollten eben die Beine, die Knochen des Osterlammes nicht zerbrochen werden. Und das konnte auf Jesus angewandt werden, weil er eben an diesem Tage gelitten hat, gestorben ist und weil ihm die Knochen nicht wie den beiden Mitgekreuzigten zerbrochen wurden, sondern weil nur die Lanze einen Stoß in seine Seite führte. Also weil es so geschehen ist, deswegen kamen die Jünger auf den Gedanken, im Alten Testament nachzulesen, was dort über den Tod des Messias geschrieben steht, und da fanden sie eine Stelle, die ihnen geeignet schien, diesen Gedanken auszudrücken. Das alttestamentliche Osterlamm war ein Symbol, das neutestamentliche ist eine Wirklichkeit, eine Wirklichkeit, die Erlösung für die Menschen bewirkt und nicht bloß die Erlösung ankündigt.

Schließlich ist es auch so mit der Auferstehung. Ja, sagen die Falschlehrer, da sind die Jünger hergegangen, haben im Alten Testament Stellen gelesen, die von der Auferstehung sprechen, vor allem im Psalm 15. Im Psalm 15 heißt es nämlich: „Mein Herz ist voll Freude und meine Zunge jubelt, ja auch mein Fleisch wird auf Hoffnung gesetzt werden, denn du wirst meine Seele nicht in der Unterwelt lassen, noch wirst du deinem Heiligen die Verwesung zu schauen geben.“ Aus diesem Text, so sagen die Falschlehrer, haben die Evangelisten die Auferstehung Jesu herausgesponnen. Das Evangelium schildert die Auferstehung ganz anders. Im Johannesevangelium haben wir einen genauen Bericht, wie sich Petrus und Johannes zum Grabe Jesu begaben. Sie eilten dahin, als sie von den Frauen die Nachricht erhielten, der Leichnam Jesu sei aus dem Grabe entfernt worden. Zuerst kam Johannes, er war ja der Jüngere, dann kam Petrus. Er ging in das Grab hinein und sah die Binden und das Schweißtuch da liegen, das auf seinem Haupte war. Da ging auch der andere Jünger, der zuerst zum Grabe gekommen war, hinein, „er sah und glaubte.“ Er sah und glaubte! Er hat sich also nicht an alttestamentliche Weissagungen erinnert, sondern was er hier vorfand, das leere Grab, das hat ihn dazu geführt, zu glauben. Und um uns klarzumachen, daß der Vorgang tatsächlich so war, schreibt Johannes: „Denn noch hatten sie die Schrift nicht begriffen, daß er von den Toten auferstehen müsse.“ Noch hatten sie die Schrift nicht begriffen. Erst nachher haben sie dann in der Schrift Hinweise gefunden, daß der Messias nicht vom Tode festgehalten werden kann. Dann waren sie natürlich selig, als sie das vom Alten Testament bestätigt fanden, was sie im Leben Jesu, im Sterben Jesu, im Auferstehen Jesu mit ihm erlebt hatten.

Meine lieben Freunde, das sind Beispiele für das Vorgehen der Falschlehrer, die sich in unseren Büchern, auch in den Schulbüchern, finden und die den Glauben unserer Christen zersetzen. Die Falschlehrer haben falsche Voraussetzungen, von denen sie ausgehen, nämlich daß Wunder nicht passieren können und daß Weissagungen nicht möglich sind. Wir wissen aber, daß beides möglich ist, hier zumal die Weissagungen. Jetzt lese ich Ihnen einen Text vor und sage nicht, von wem er ist: „Sie haben durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler unser heiliges deutsches Vaterland einem der größten Demagogen aller Zeiten ausgeliefert. Ich prophezeie Ihnen feierlich, daß dieser unselige Mann unser Reich in den Abgrund stürzen und unsere Nation in unfaßbares Elend bringen wird. Kommende Geschlechter werden Sie wegen dieser Handlungen in Ihrem Grabe verfluchen.“ Das ist geschrieben im Februar 1933. Der das schrieb, ist der General Ludendorff, und er schrieb es an den Reichspräsidenten Hindenburg. Ludendorff hat also schon bei der Machtübernahme durch Hitler das ganze kommende Elend vorausgesehen, und niemand kann sagen: Das unselige Wirken Hitlers sei aus der Weissagung Ludendorffs herausgesponnen. O nein! Dessen sind wir ja nun alle Zeugen, daß das wirklich passiert ist; schmerzhafte Zeugen, nicht wahr, zumal wir Heimatvertriebenen! Und solche Zeugnisse gibt es viele. Der Philosoph Oswald Spengler schrieb 1936, daß es in zehn Jahren wohl kein deutsches Reich mehr geben wird. 1936! Oder ein anderes Beispiel: Hans Kroll, einer unserer oberschlesischen Landsleute, war Botschafter in Belgrad. Als Stalin starb, sagte er voraus, daß Malenkov sein Nachfolger werden würde. Malenkov wurde sein Nachfolger. Ja, ich muß Ihnen gestehen, ich habe mich selbst einmal als Prophet betätigt und bin bestätigt worden. Ich hatte einmal einen Kollegen in Mainz an der Universität, der hieß Friedrich Wetter. Ich sagte damals voraus: Das ist der nächste Bischof von Speyer. Wetter wurde der nächste Bischof von Speyer. Es gibt also erstaunliche Voraussagen, die rein menschlich zu erklären sind. In dem Christusgeschehen ist aber mehr als ein Mensch, hier ist der Gottessohn, der sein Licht vom Vater empfängt, er sollte keine Weissagungen gemacht haben? Er sollte nicht haben vor dem Leiden zu seinen Jüngern sagen können: „Ihr werdet alle Ärgernis an mir nehmen. Es soll sich das Schriftwort erfüllen: 'Ich will den Hirten schlagen, und die Herden werden sich zerstreuen'„? Wiederum herausgesponnen, sagen die Irrlehrer, herausgesponnen aus der Weissagung des Zacharias. O nein, Jesus kannte seine Jünger. Er wußte, wie ängstlich sie waren, er ahnte, wie sie sich in der Gefahr verhalten würden, daß sie ihn verlassen würden. Wie soll er denn eine solche Weissagung nicht gemacht haben? War er ein so schlechter Menschenkenner?

Lassen Sie sich, meine lieben Freunde, nicht von Falschlehrern irre machen! Lassen Sie sich nicht verblüffen durch zunächst verblüffend wirkende Aufstellungen! Glauben wir den Evangelisten, denn darin spricht das Wort der Wahrheit, und was kann wahrer sein?

Amen.

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