Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die wahre Kirche (Teil 5)

16. August 1987

Die Lehre: Außerhalb der Kirche kein Heil

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Menschen, auch viele von denen, die sich Katholiken nennen, hören das Wort von der alleinseligmachenden Kirche nicht gern. Und doch ist dieser Satz, daß die Kirche, daß die katholische Kirche die alleinseligmachende sei, ein Dogma katholischen Glaubens. Zahllose Konzilien haben den Satz ausgesprochen und wiederholt: Extra ecclesiam nulla salus – Außerhalb der Kirche ist kein Heil. Das bedeutet, außerhalb der katholischen Kirche kann man das Heil, d.h. den Himmel, die himmlische Herrlichkeit nicht gewinnen. Ist dieser Satz anstößig, oder ist er konsequent aus dem Glauben an Jesus Christus entwickelt? Die Wahrheit Außerhalb der Kirche ist kein Heil läßt sich in drei Sätzen entfalten:

1. Die katholische Kirche allein besitzt die Mittel zur Seligkeit.

2. Jeder Mensch ist streng verpflichtet, sich dieser Kirche anzuschließen.

3. Wer ohne Schuld außerhalb dieser Kirche steht, kann gerettet werden.

Der erste Satz lautet: Die katholische Kirche ist wahrhaft die alleinseligmachende, weil sie allein die Mittel besitzt, die zur Seligkeit führen. Diese Mittel sind die Lehre Christi, die Gnadenmittel und die von Christus bestellten Lehrer und Hirten. Es ist keine Anmaßung, wenn die Kirche sagt: Ich bin der Strom, der ins Lebensmeer fließt, auch wenn rechts und links noch Tümpel blinken und Bäche rauschen: Ich bin der Strom, der ins Lebensmeer fließt.

Wahrheit und Irrtum können nicht gleichgesetzt werden. Die Kirche spricht mit dem Satze „Extra ecclesiam nulla salus“ niemandem das Heil ab, sie sagt nicht, wer gerettet wird, sondern sie sagt, wodurch man gerettet wird, nämlich durch die Wahrheit und Gnade Jesu Christi, die in der katholischen Kirche durch die Zeiten getragen werden. Es liegt also in diesem Satz keine Intoleranz, keine Unduldsamkeit gegenüber anderen Menschen, sondern es liegt darin eine Intoleranz, eine Unduldsamkeit gegenüber dem Irrtum. Die Wahrheit ist nun einmal unduldsam gegenüber dem Irrtum, und Gott ist nun einmal unduldsam gegenüber Götzen.

Die Synagoge, das Judentum, wies nur auf den Weg zum Heil hin, die Kirche ist der Weg zum Heil. Sie ist der einzige Weg zum Heil, weil Christus nur eine einzige Kirche gestiftet hat. In dieser einen Kirche lebt er fort, diese eine Kirche erhält er in der Wahrheit, in dieser einen Kirche ist die Fülle der Wahrheit und der Gnade zu finden, und nur in ihr. Denn alle, die sich von ihr getrennt haben, haben entweder an der Wahrheit oder an der Gnade Verluste erlitten. Sie haben das Priestertum verworfen, sie haben das Bußsakrament aufgegeben, sie haben das Meßopfer in eine Gedächtnisfeier verwandelt. Nur in der Kirche Christi, die wir die katholische nennen, ist die Gnade und Wahrheit in Fülle und Reinheit zu finden.

Der erste Satz lautet also: Nur in der katholischen Kirche sind die Mittel des Heiles in voller Intensität erhalten. Der zweite Satz heißt: Jeder Mensch ist streng verpflichtet, in diese Kirche einzutreten. Ja, wozu hätte sie denn der Herr gestiftet, wenn er nicht gewollt hätte, daß alle Menschen sich in diese neue Arche Noah, in der man aus der Sintflut gerettet wird, einfinden? Das ist ja der Zweck der Kirche, daß sie alle Menschen zu Jüngern Christi machen soll, daß sie alle Menschen, alle Völker in sich vereinen soll. Und Gott scherzt nicht, Gott macht keinen Spaß, er überläßt es nicht dem Belieben des Menschen, er gebietet. Und er gebietet, daß alle Menschen sich dieser Kirche anschließen, auf daß sie in ihr die Wahrheit und die Gnade Christi finden.

Kann man nicht sagen: Ein Mensch wechselt seine Religion nicht? Doch, man muß immer vom Falschen zum Wahren wechseln. Das ist ein heilsamer Wechsel. Man muß immer lernen und lernwillig sein. Wer ein durch Unrecht erworbenes Vermögen von seinem Vater erworben hat, der muß es eben hingeben. Und wer durch Erziehung und Umwelt zu einem falschen Glauben gekommen ist, der muß ihn eben preisgeben, um ihn gegen den wahren einzutauschen.

Viele Menschen aller Zeiten haben diesen Ruf Gottes erkannt und sind von dem Irrtum zur Wahrheit geschritten. Gerade das vorige Jahrhundert war ein Jahrhundert der Konvertiten. Viele Menschen, und zwar meistens hochgestellte, gebildete, wertvolle Menschen haben den Weg zur Kirche gefunden. Ich erinnere nur etwa für England an die beiden späteren Kardinäle Newman und Manning, die vorher anglikanische Geistliche waren. Aber auch edle Frauen fanden und finden den Weg zur wahren Kirche. König Gustav Adolf von Schweden, der grimmige Feind der katholischen Kirche, hatte eine einzige Tochter, Christine. Christine war eine begabte Frau, sie studierte ununterbrochen, sie las viel, sie unterhielt sich mit Philosophen, u.a. mit Descartes, und durch ihr Studium kam sie zu der Überzeugung, daß die katholische Kirche die wahre sei. In Schweden aber konnte sie nicht katholisch werden und katholisch leben. So legte sie ihre Krone nieder, verzichtete auf das Königtum und begab sich nach Rom, wo sie bis zu ihrem Tode lebte. Sie ist begraben in der Peterskirche in Rom. Und soeben haben wir ja erlebt, wie eine wunderbare Frau, nämlich Christa Meves, diese bedeutende Psychotherapeutin, den Weg zur katholischen Kirche gefunden hat.

Wer erkennt, daß die katholische Kirche die wahre ist, der hat die Pflicht, in sie einzutreten. Denn es ist niemals egal, was man glaubt. Man muß das glauben, was Gott geoffenbart hat. Wozu hätten sich die Apostel sonst so viel Mühe gegeben, bis an die Grenzen der Erde zu gelangen? Wozu hätte Gott seine Heilsveranstaltung überhaupt ins Werk gesetzt, wenn es gleichgültig wäre, was man glaubt? Hat nicht der Herr in der feierlichsten Stunde seines Lebens bekannt: „Dazu bin ich in die Welt gekommen, daß ich der Wahrheit Zeugnis gebe“? Es kann in Ewigkeit nicht gleichgültig sein, was einer glaubt, sondern jeder ist verpflichtet, nach der Wahrheit zu streben, die Wahrheit anzunehmen und in der Wahrheit zu verharren. Der Hort der Wahrheit ist die katholische Kirche.

Jeder also ist verpflichtet, nach Erkenntnis der Wahrheit in die katholische Kirche einzutreten. Aber das ergibt natürlich auch den dritten Satz: Wer ohne Schuld diese Kirche nicht erkennt oder nicht findet, der kann selig werden, wenn er gottesfürchtig lebt.

Gott wird niemanden verwerfen, weil er die katholische Kirche ohne eigene Schuld nicht fand, weil er von ihr nicht gehört hatte, weil Umstände ihn gehindert haben, in diese Kirche einzutreten. Wer ohne Schuld ist, der kann gerettet werden.

Wer dagegen aus eigener Schuld diese Kirche nicht findet, kann nicht gerettet werden, wer sich z.B. nicht um die Wahrheit bemüht, wer in den Tag hineinlebt, oder wer zwar erkennt, daß die katholische Kirche die wahre ist, aber nicht durch ihre strengen Verpflichtungen gebunden sein will. Ein Japan-Missionar hat einmal vor einiger Zeit geschrieben, die Japaner wüßten sehr gut, daß das Christentum ihrer Religion überlegen ist, aber sie wollten es nicht annehmen, weil das Christentum ihnen zu beschwerlich ist.

Ebenso wird selbstverständlich nicht gerettet werden, wer aus dieser Kirche, die er als die wahre erkannt hat, austritt und sich von ihr trennt, etwa um einer Ehe willen oder um anderer Vorteile willen. Nein, nur derjenige wird gerettet werden, der ohne Schuld diese Kirche nicht kennt und gottesfürchtig lebt, d.h. also seinem recht gebildeten Gewissen getreu folgt. Ja, ist das nicht ein Widerspruch zu dem Satze: Außerhalb der Kirche kein Heil? Nein. Wer gottesfürchtig lebt und getreu seinem Gewissen folgt, ist nämlich nicht außerhalb der Kirche, er ist innerhalb der Kirche. Denn wer gottesfürchtig lebt, hat Gottesliebe, und die Gottesliebe ist eine Art Begierdetaufe, und durch diese Begierdetaufe gehört er zur Kirche. Er gehört zur Kirche als ein unsichtbares Glied. Die Kirche hat eben sichtbare und unsichtbare Glieder. Sichtbare Glieder sind diejenigen, die getauft sind, den katholischen Glauben bekennen und in der Gemeinschaft mit der Kirche verharren. Unsichtbare Glieder sind diejenigen, die ohne Schuld äußerlich nicht zur Kirche gehören, aber die Gesinnung haben, die man in dieser Kirche haben muß, nämlich Gott dem Herrn die Ehre zu geben und seinen Willen zu erfüllen.

Deswegen können wir sagen: Es waren in der Kirche Männer und Frauen, die gelebt haben, als die Kirche noch gar nicht existierte. Die Gerechten Abel, Abraham, Hiob, Tobias – sie waren in der Kirche. Vom ersten Gerechten bis zum letzten Auserwählten sind alle Menschen in der Kirche, die gottesfürchtig gelebt haben und ihrem Gewissen treu gefolgt sind.

Da haben wir also die Fülle der Bedeutung des Satzes: Außerhalb der Kirche ist kein Heil. Tatsächlich, der Satz gilt, er gilt  ohne Ausnahme. Aber man muß ihn richtig verstehen, und das bedeutet eben: Es gibt in der Kirche, in dieser Arche Christi, sichtbare und unsichtbare Glieder. Unter den sichtbaren gibt es wieder tote und lebendige. Man kann mit dem Glauben und durch die Taufe in der Kirche sein und doch verloren gehen, wenn man nämlich in der Todsünde lebt und stirbt. Wer in der Todsünde lebt und stirbt, wer gegen die heiligmachende Gnade fehlt, der ist ein totes Glied der Kirche und der wird nicht gerettet werden, obwohl er äußerlich in der Kirche war.

Da sehen wir die ungeheuere Verantwortung, die wir Christen, die wir gläubigen katholischen Christen haben. Wir müssen nicht nur glauben, wir müssen auch leben, was wir glauben. Wir dürfen nicht nur äußerlich zur Kirche, die in den Himmel führt, gehören, sondern wir müssen auch innerlich mit unserer Gesinnung dabei sein. Wenn wir das leben, was wir glauben, dann werden wir gerettet werden, dann wird sich an uns erfüllen der wunderbare Satz: „Wer die Kirche nicht zur Mutter hat, der kann Gott nicht zum Vater haben.“ Dann wird sich erfüllen der Satz: Außerhalb der Kirche kein Heil!

Amen.

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