Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
28. Oktober 2018

Christus unser König

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zum Königsfest unseres Heilands Versammelte!

Papst Pius XI. hat im Jahre 1925 das Christkönigsfest eingesetzt. Er hob damit sichtbar und deutlich hervor, was im Leben Jesu immer wieder offenbar geworden ist, nämlich dass er der Herr Himmels und der Erde ist. Die Kirche hat sich allezeit zum Königtum Christi bekannt und es entsprechend gefeiert. Am Fest der Geburt Jesu Christi gedenkt sie der Herrlichkeit Gottes, welche die Hirten zu Bethlehem umstrahlt hat. Am Fest der Verklärung Christi erinnert sie an den himmlischen Lichtglanz, mit dem der Herr auf dem Berge Tabor erfüllt wurde. Am Karfreitag liest die Kirche das Evangelium von der Sonnenfinsternis und dem Erdbeben. Die Natur bäumte sich auf, als ihr Herr am Kreuze sterben musste. Am Ostertage und an Christi Himmelfahrt sieht die Kirche Christi Königtum erfüllt im Sieg über den Tod und in der Heimkehr in die Herrlichkeit des Vaters. Königtum Christi bezeichnet jenes seiner Ämter kraft dessen er auch als Mensch von Gott bestellter, rechtmäßiger König in dem von ihm gestifteten Reiche ist. Das Königtum Christi ist identisch mit seinem Hirtenamt, im Unterschied zu seinem Lehramt und dem Priesteramt.

Das Königtum Christi wurde schon im Alten Bund vielfältig vorhergesagt. In den Psalmen ist immer wieder die Rede von dem Messiaskönig. In einem Psalm heißt es: „Dein Thron steht für immer und ewig. Das Zepter deines Reiches ist ein Zepter des Rechtes.“ In einem anderen heißt es: „Alle Könige sollen sich beugen vor ihm, alle Völker sollen ihm dienen.“ Und vor allem im Psalm 109 steht die berühmte Weissagung: „Es spricht der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich dir die Feinde zu deinem Schemel lege.“ Und im Psalm 2 heißt es: „Ich aber bin eingesetzt als König auf Sion, seinem heiligen Berg.“ Die Propheten haben immer wieder die Königswürde des Messias verkündigt. Balaam weissagte über Israel: „Ich sehe ihn, doch nicht jetzt. Ich schaue ihn, doch nicht nahe. Ein Stern geht auf aus Jakob, ein Zepter reckt sich auf aus Israel. Kommen wird von Jakob der Herrscher.“ Vor allem der Prophet Daniel sah in einem Nachtgesicht einen, der aussah wie ein Menschensohn. Er wurde vor Gott geführt, dort ward ihm Herrschaft, Ehre und Reich verliehen. Ihm müssen alle Völker, Nationen und Zungen dienen. Seine Herrschaft wird ewig dauern. Sein Reich wird nie zerstört werden. Der Prophet Michäas kündigte an: „Der Herr wird König sein über sie auf dem Berge Sion von nun an und ewig.“ Und der Prophet Zacharias: „Laut juble, Tochter Sion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und als Heiland. Er reitet auf einem Esel, auf einem Füllen.“ Beim Propheten Jeremias heißt es: „Ein rechtmäßiger Spross aus dem Stamme Davids wird als König weise herrschen und Gericht halten auf Erden.“ Und Sie alle kennen die Weissagung des Propheten Isaias: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf seinen Schultern ruht Weltherrschaft. Sein Name wird sein: Wunderrat, Gottheld, Vater der Zukunft, Friedensfürst.“ Nach der wunderbaren Speisung der Fünftausend nahm Jesus gewahr, dass die begeisterten Massen kommen würden, um ihn zum König zu machen. Da entzog er sich ihnen. Warum? Alle die Weissagungen des Alten Bundes gehen auf einen anderen Messias, als die Juden erwartet haben. Der Erzengel Gabriel prophezeite das Königtum Christi. Er belehrte die Jungfrau, sie wird einen Sohn gebären, dem Gott, der Herr, den Thron seines Vaters David geben wird und er wird herrschen als König über das Haus Jakob in Ewigkeit, und seines Königtums wird kein Ende sein. Es ist doch klar, dass solche Weissagungen nicht auf einen irdischen König gehen können. Die Weisen aus dem Morgenland erkannten dunkel das Königtum Christi: „Wir haben seinen Stern gesehen im Osten und sind gekommen, ihn anzubeten.“ Die Natur bekennt sich zu seinem Königtum. Bei seiner Geburt, als sich der Himmel öffnete und Engel ihn umjubelten, bei der wunderbaren Brotvermehrung, bei seinem Wandel über den See, bei der Heilung des Blindgeborenen, bei der Lebendigmachung des Lazarus; in all diesen Vorgängen zeigt sich, dass Christus der Herr, der König der Natur ist. Für das Königtum Christi liegt auch sein Selbstzeugnis vor. Wir haben es eben im Johannesevangelium vernommen. Der Herr erklärte dem Pilatus, dass er ein Reich besitze. Zu einem Reich gehört auch ein König. So fragt ihn Pilatus: „Also bist du doch ein König?“ „Ja, du sagst es. Ich bin ein König.“ Er ist ein König, ein König im Reich der Wahrheit. Alle Anhänger der Wahrheit hören auf seine befehlerische Stimme. Als Jesus die Erde verlässt, erklärt er die Reichweite seines Königtums: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ Christus war im Gebrauch seiner Macht und seines Herrschertitels zurückhaltend. Er lehnte die irdisch-politische Form eines Königtums ab. Er weist auch irdische Rechtshändel als nicht zu ihm gehörig ab. Einmal trat einer zu ihm und sagte: „Meister, sage meinem Bruder, er soll die Erbschaft mit mir teilen.“ Da fuhr ihn Jesus an: „Mensch, wer hat mich zum Erbrichter über euch bestellt!“ Christus hat sein Herrscheramt nur als ein religiöses aufgefasst, wie es durch die sittliche, nicht politische Gesetzgebung und Rechtsprechung geübt wird, in Auslegung des Zehn-Gebote-Gesetzes, in Sündenvergebung und Gericht. In diesem Sinne ist sein Selbstzeugnis über sein Königtum zu verstehen. Und so ist auch die Inschrift, die über dem Kreuze angebracht war, zu begreifen: „Jesus von Nazareth, der König der Juden“.

Die Apostel haben um das Königtum Christi gewusst. Sie blicken mit Vorliebe auf den Erhöhten, also in den Himmel Aufgenommenen und nennen ihn fast stets den „Herrn“, was mit Herrscher und König identisch ist. Paulus sagt von ihm, dass er in allem den Vorrang habe und dass ihm alles unterworfen sei und dass Gott ihn zu seiner Rechten sitzen lasse, bis er die Feinde zum Schemel seiner Füße mache. Paulus verlegt die Vollendung dieser Herrschaft in den Augenblick des Gerichtes. Von diesem Augenblick heißt es: „Er muss als König herrschen, bis er beim Untergang des Erdkreises alle Feinde dem Vater zu Füßen legt.“ Johannes sah in einer Vision Christus, wie er einen Königsmantel trägt, und auf dem steht die Aufschrift: König der Könige und Herr der Herren. Die Kirche bekennt ihren Glauben an Christi Herrscherstellung schon im Glaubensbekenntnis: „Er sitzet zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“ Das ist die Aussage über sein universales Königtum. Auch in den Gebetstexten ist das Königtum Christi ausgesagt. Im Te Deum: „Du bist der König der Herrlichkeit, Christus.“ Im Advent werden wir wieder beten: „O König der Völker, komm!“ Und so heißt es oft in den Messgebeten.

Worauf beruht das Königtum Christi? Welches ist seine Wurzel? Die Wurzel des Königtums ist die hypostatische Union. Dieses Fremdwort besagt nichts anderes als die Vereinigung von Gottheit und Menschheit in Christus. Er ist der Gottmensch, als Gott, als Wort Gottes wesenseins mit dem Vater. Mit ihm hat er alles gemeinsam, also auch die höchste, vollkommene und universale Macht. Papst Pius XI. hat zur Feier des Königtums eine wunderbare Enzyklika herausgegeben: „Quas primas“. In dieser Enzyklika schreibt er: Christus besitzt nicht bloß eine indirekte, sondern auch eine direkte Gewalt über das Zeitliche. Christus besitzt direkte weltliche Regierungsgewalt über das gesamte Weltall. Er hätte – wenn er gewollt hätte – alle Herrscher absetzen und sich als Alleinherrscher niederlassen können. Tatsächlich wollte er weltliche Herrschaftsgewalt nicht ausüben. Christus ist wahrer König, also nicht etwa bloß in einem übertragenen Sinne wegen seiner alles überragenden Vorzüge: seiner Heiligkeit, seiner Wahrhaftigkeit, seiner Macht, sondern im eigentlichen Sinne. Er hat alle die Gewalten, die zu einer Königsmacht gehören: die gesetzgebende, die vollziehende und die richterliche Gewalt.

Schon das Alte Testament bezeugt die gesetzgeberische Tätigkeit des Messias. Beim Propheten Isaias heißt es: „Die Lehre geht aus von Sion, das Wort des Herrn von Jerusalem. In Treue wird er die Wahrheit verkünden. Er wird nicht ermatten und nicht erliegen, bis er die Wahrheit auf Erden verkündet hat. Seiner Lehre harren die Völker.“ Im Neuen Testament sehen wir Jesus am Werke, wie er seine gesetzgeberische Macht ausübt. Die Bergpredigt zeigt ihn im Besitz dieser Macht. Souverän entscheidet er über Sinn und Tragweite des Mosaischen Gesetzes: „Den Alten ist gesagt worden…, ich aber sage euch…!“ Moses hat die Ehescheidung freigegeben. Der Herr setzt entgegen: „Wer seine Frau entlässt und eine andere heiratet, der bricht die Ehe. Und wenn sie ihren Mann entlässt und einen anderen heiratet, dann bricht sie die Ehe.“ Dazu gibt er das neue Gebot, das Gebot der Liebe, das alle anderen Gebote zusammenfasst. Die Liebe besteht gerade darin, Gottes Gebote zu halten. Die Aufstellung der kirchlichen Hierarchie: Bischöfe, Priester, die Einsetzung der neutestamentlichen Sakramente und die Begründung des neutestamentlichen Opfers, das sind Ausflüsse der gesetzgebenden Macht Christi. Wie der Vater alles in seine Hand gegeben hat, alle Gewalt im Himmel und auf Erden, so übergibt er diese wieder an seine Apostel und an seine Kirche.

Diese Gewalt umfasst dann die vollziehende Gewalt. Seine Befehls- und Amtsgewalt ist derartig, dass alle ihr Folge leisten müssen. Gegen die Widerspenstigen wird die Verhängung von Strafen angedroht, denen niemand entrinnen kann. Er bestimmt, wen er in seinen Dienst ruft. Zu einem sagte er: „Folge mir.“ Der entgegnete: „Herr, gestatte, dass ich zuerst hingehe und meinen Vater begrabe.“ Er darauf: „Lass die Toten ihre Toten begraben, du aber komm und verkünde das Reich Gottes!“ Die herrscherliche Gewalt Christi umfasst die Gesamtheit des Menschengeschlechtes und jeden einzelnen. Er besitzt das vollkommene Recht über die geschaffenen Dinge. Alles ist unter seine unbeschränkte Macht gestellt.

Die Gesetzgebungsgewalt und die vollziehende Gewalt wird vollendet in der richterlichen Gewalt. Der die Gebote gibt, wacht auch über ihre Einhaltung. Im Glaubensbekenntnis bekennen wir Christi Wiederkommen zum Weltgericht. Er ist der Weltenrichter. Jesus bekennt sich selbst als Richter: „Der Vater richtet keinen. Er hat das ganze Gericht dem Sohn übergeben.“ Petrus bemerkt in einer Predigt, die uns die Apostelgeschichte aufbewahrt hat: „Christus hat uns geboten, dem Volke zu predigen und zu bezeugen, dass er der von Gott bestimmte Richter der Lebenden und Toten ist.“ Das Gericht am Ende der Tage ist nicht das einzige, das Christus vollzieht. In der richterlichen Gewalt ist enthalten, dass er schon zu seinen Lebzeiten richten kann, Strafen verhängen kann – schon zu seinen Lebzeiten. Ja, es gibt sogar ein Selbstgericht des Menschen. Wer ihm den Glauben versagt, der ist schon gerichtet.

Das Königtum Christi ist geistlicher Art. Es erstreckt sich auf den Bereich der geistlichen Dinge. Pius XI. hat in seiner Enzyklika das Königtum Christi beschrieben als Reich der Wahrheit und des Lebens, als Reich der Heiligkeit und der Gnade, als Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Im Alten Testament wird die Geistigkeit des messianischen Reiches vorherverkündet. Nicht nur die Juden, sondern alle Völker werden in ihm gesammelt, auf dass sie den wahren Gott anbeten und ihm in Gerechtigkeit dienen. In sein Reich gelangen jene Menschen, die sich bekehren und sich durch Glauben und Taufe ihm anschließen. Der Herr lehnt die irrige Meinung ab, er werde das jüdische Volk von der römischen Besatzung befreien und das Reich Israel wiederherstellen. Nein, das ist seine Sendung nicht.

Jesus Christus ist König. Als König muss er herrschen im menschlichen Verstand. Es ist dessen Aufgabe, den geoffenbarten Wahrheiten und Lehren Christi fest und beständig zuzustimmen. Als König muss er herrschen im Willen. Es ist dessen Pflicht, den göttlichen Gesetzen und Geboten zu gehorchen. Als König muss er herrschen in der Gesinnung der Seele. Sie soll Gott über alles lieben und ihm allein anhängen. Als König muss er herrschen im Leibe. Der Leib soll als Werkzeug für Gott der inneren Heiligung der Seele dienen. Jesus Christus ist König. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts tobte in Mexiko eine furchtbare Katholikenverfolgung. Sie wurde ins Werk gesetzt von dem Präsidenten Calles. Die Christen, die Katholiken, vor allem die Priester wurden verfolgt, gemartert, getötet. Aber sie hatten ein Wort, das sie stark machte: Es lebe Christus, der König! Dieses Wort ging durch Mexiko, als Calles die schreckliche Katholikenverfolgung ins Werk setzte. Es erklang in abgelegenen Höfen im Flüsterton, wenn die Katholiken bei geheimen Zusammenkünften einander begrüßten. Es tönte in den Höhlen der Gebirge den zum geheimen Gottesdienst Eilenden entgegen. Man sang es in den Wäldern. Die Priester predigten es dem Volke. Tausenden erstarb es auf den Lippen, als sie von der Soldateska hingerichtet wurden, Tausenden! Dafür gaben junge Menschen ihr Leben. Der Kaufmann Garcia Farfan hatte die Worte: Es lebe Christus, der König in großen Lettern in das Schaufenster seines Geschäftes gestellt. Er weigerte sich bis zum Letzten, die Schrift zu entfernen. Dafür wurde er in einer Polizeikaserne erschossen. Seine letzten Worte waren: „Es lebe Christus, der König!“

Amen.

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