Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
7. Juni 2015

Der dreieinige Gott in Schrift und Tradition und im Leben der Kirche

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Dreifaltigkeit Gottes ist in der Heiligen Schrift und in der Überlieferung eindeutig ausgesprochen. Der Gedanke der Dreifaltigkeit wird im Neuen Testament weniger lehrhaft und formelhaft vorgetragen, als vielmehr: er trägt das Fundament des ganzen Heils und durchdringt alles. In der Taufe hat Gott den Sohn durch den Geist geoffenbart. Als Jesus sich von Johannes taufen ließ, sah er den Himmel sich öffnen und den Geist wie ein Taube auf ihn herabschweben. Und eine Stimme kam vom Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn; an dir habe ich mein Wohlgefallen.“ Hier sind sie alle drei beisammen: Der Sprechende ist der Vater, Jesus ist der Sohn Gottes, und zwar der einzige und darum der wahre und eigentliche Sohn Gottes, denn der „geliebte Sohn“ bedeutet in der Sprache der Bibel der einzige Sohn. Der Heilige Geist erscheint unter einem Symbol als selbständiges persönliches Wesen neben dem Vater und dem Sohn. Die Dreifaltigkeit wurde ebenso deutlich ausgesprochen im Taufbefehl des Herrn, als er den Jüngern sagte: „Gehet hin, lehret alle Völker und macht sie zu meinen Schülern und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Das doppelte „und“ (und des Sohnes und des Heiligen Geistes), sowie die Wiederholung des Artikels (des Sohnes, des Heiligen Geistes) zwingt uns, Vater, Sohn und Geist als real unterschiedene Personen zu fassen und verbietet zugleich Unterordnung der zweiten und der dritten Person unter die erste. Dass aber die Taufe in einer Kraft und Autorität – in einer Kraft und Autorität! auf den Namen (Singular) – der drei Personen gespendet wird, spricht die Einheit der Natur aus. Neben diesen beiden Gegebenheiten haben wir in den Schriften des Neuen Testamentes zahllose Anspielungen auf den trinitarischen Gott, die so genannten trinitarischen Segenformeln. Sie enthalten zwar nicht eine ausgearbeitete Trinitätstheologie, aber sie zeigen die Beziehungen zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist auf. Am Ende seines 2. Briefes an die Gemeinde von Korinth schreibt Paulus: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ Die Gnade Gottes, unseres Herrn, die Liebe Gottes, die Gemeinschaft des Heiliges Geistes, da sind die drei Personen eindeutig ausgesprochen. In seinem 1. Brief schreibt er an dieselbe Gemeinde: „Ihr wurdet abgewaschen, geheiligt, gerechtfertigt im Namen unseres Herrn Jesus Christus und im Geiste unseres Gottes“ – wieder die drei Personen: im Namen unseres Herrn Jesus Christus, im Geiste unseres Gottes, womit der Vater gemeint ist. „Es gibt Verschiedenheiten unter den Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist; es gibt Verschiedenheiten unter den Ämtern, aber es ist derselbe Herr; es gibt Verschiedenheiten unter den wirkenden Kräften, aber es ist derselbe Gott, der alles in allem wirkt.“ Hier sind sie wieder beisammen: derselbe Geist, derselbe Herr, derselbe Gott, der Vater. Im Römerbrief bezeichnet es Paulus als seine Aufgabe, „zu erfüllen den Dienst Jesu Christi bei den Heiden und zu verrichten das heilige Werk des Evangeliums Gottes, damit die Opfergabe der Heiden wohlgefällig sei, geheiligt im Heiligen Geiste“ – wiederum drei Personen: Dienst Jesu Christi, Evangelium Gottes, Opfergabe geheiligt im Heiligen Geiste. „Ich ermahne euch, Brüder, bei unserem Herrn Jesus Christus und bei der Liebe des Geistes: Steht mir bei im Kampf mit euren Gebeten für mich bei Gott“ – unserem Herrn Jesus Christus, Liebe des Heiligen Geistes, Beistehen in den Gebeten bei Gott, dem Vater. Und um noch einmal ein Beispiel zu erwähnen: Im Brief an die Gemeinde in Ephesus schreibt der Apostel: „So seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und Beisassen, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten, wobei der Eckstein Jesus Christus ist, in dem zusammengefügt der ganze Bau emporwächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr auferbaut werdet zu einer Wohnung Gottes im Geiste“ – wiederum die drei Personen: Hausgenossen Gottes, Eckstein Jesus Christus, Wohnung Gottes im Geiste.

Wir sehen die Dreifaltigkeit an allen Stellen bezeugt, wo Gottvater gegenüber entweder der Sohn oder der Heilige Geist als eigene göttliche Person erscheinen. Die Wucht dieser Tatsache kann gar nicht geleugnet werden. Vater, Sohn und Geist oder Gott, der Herr und der Geist sind im Evangelium und in den Schriften der Apostel eine unzerreißbare Einheit und gleichzeitig deutlich voneinander unterschieden, eine gegliederte Mehrheit. So weckt die Nennung eines Namens ganz bestimmte Vorstellungen, fordern aber auch die beiden anderen als Ergänzung. Wer vom Vater spricht, muss auch vom Sohn reden, und wenn vom Geist die Rede ist, dann ist es der Geist des Vaters und des Sohnes. Jesus hat geoffenbart, dass Gott in einem ungeahnten Sinne Vater ist, nicht nur als Schöpfer, sondern von Ewigkeit her Vater seines eingeborenen Sohnes, der nur in Bezug auf seinen Vater Sohn ist: „Niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn, und wem der Sohn es offenbaren will.“ Dass der Sohn eines Wesens mit dem Vater ist, bedeutet dass er mit ihm ein einziger Gott ist. Das Neue Testament kennt die Göttlichkeit des Sohnes, spricht seine Gottheit offen und an vielen Stellen aus. „Er hat die Fülle des Geistes, nur er“; „Er ist der Bringer der Gottesherrschaft; mit ihm kommt sie heran“; „Er ist die Gegenwart des Gerichtes, der Vergebung, der Herrschaft über das Gesetz, der absoluten Entscheidungssituation, der unüberbietbaren Gottesnähe.“ An den Heiligen Geist glauben, heißt: bekennen, dass der Heilige Geist eine der Personen der heiligsten Dreifaltigkeit ist, eines Wesens mit dem Vater und dem Sohn, er wird – wie wir ja gleich wieder im Glaubensbekenntnis der heiligen Messe beten werden – mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und verherrlicht. Der Geist des Sohnes, den der Vater in unsere Herzen gesandt hat, ist wirklich Gott. Mit dem Vater und dem Sohn eines Wesens, lässt er sich weder im inneren Leben der Dreifaltigkeit noch als Gabe der Liebe für die Welt von ihnen trennen. Die Kirche betet die lebendigmachende, wesensgleiche und untrennbare heiligste Dreifaltigkeit an. Sie bekennt aber gleichzeitig die Personen, die voneinander zu unterscheiden sind.

Die Dreifaltigkeit wird nicht nur in der Heiligen Schrift, sondern auch in der Überlieferung, also in der Tradition der Kirche, eindeutig bezeugt. Selbst wenn es keine einzige Stelle in der Bibel gäbe, wo die Dreifaltigkeit ausgesprochen wird, müsste sie als ein christliches Grunddogma gelten. Getreu dem Auftrag des Herrn predigten die Apostel, beginnend mit dem Pfingstfest, den dreipersönlichen Gott, und die Kirche hat es in allen Jahrhunderten getan als die Grundwahrheit des Christentums. Die kirchlichen Glaubensbekenntnisse fordern den Glauben an die Dreifaltigkeit als die Grundlage der christlichen Religion. So schon das Apostolische Glaubensbekenntnis und erst Recht das Athanasianische. Am Dreifaltigkeitssonntag beten wir Priester immer in unserem Gebetbuch das Athanasianische Glaubensbekenntnis – ein sehr ausführliches Glaubensbekenntnis. Da heißt es: „Wer auch immer gerettet sein will, der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten. Der katholische Glaube aber besteht darin, dass wir den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit verehren, indem wir weder die Personen vermischen noch die Substanz trennen.“ Die heiligen Martyrer haben den Glauben an die Dreifaltigkeit bekannt; sie haben ihn mit ihrem Blute besiegelt. Die heiligen Kirchenväter verteidigen auf das Entschiedenste den dreifaltigen Gott gegen die mannigfachen Bestreitungen; an der Spitze steht Athanasius, der Bischof von Alexandrien in Ägypten. Zwölf Jahre war er wegen seines Bekenntnisses zur Dreifaltigkeit in der Verbannung – unter anderem auch bei uns hier, in Trier. Sein ganzes Leben stand im Dienst der Lehre des Konzils von Nicäa. Mit Wort und Schrift verkündete er die katholische Lehre vom dreifaltigen Gott. Der LOGOS (also die zweite Person) ist wahrer Gott, „nicht durch Teilnahme“, wie Athanasius schreibt, „sondern dem Wesen nach, gezeugt aus dem Wesen des Vater, aber nicht nach menschlicher Art.“ Die Zeugung in Gott hat nichts zu tun mit der Geschlechtlichkeit, wie die Menschen sie ausüben. Nein, sondern: So wie das Licht ausstrahlt aus der Sonne, oder wie der Glaube hervorgeht aus dem Geiste, so der Sohn aus dem Vater und der Geist aus Vater und Sohn. Ihm folgen die heiligen Kirchenväter Basilius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa. Die beiden Letzteren haben die Lehre des Basilius vertieft und prägnanter ausgedrückt mit Hilfe neuplatonischer Kategorien. Die Überzeitlichkeit und transzendente Geistigkeit der Dreifaltigkeit wird von ihnen noch stärker herausgearbeitet. Eigentümlichkeit des Vaters ist das Ungezeugtsein; Eigentümlichkeit des Sohnes ist das Gezeugtwerden; Eigentümlichkeit des Geistes ist das Hervorgehen aus dem Vater und dem Sohn. Durch die theologische Leistung dieser großen Männer drang die nicänische Lehre von einer Wesenheit und drei Personen allmählich überall durch – mit vielen Kämpfen und mit großen Opfern, aber sie drang durch. Für das Abendland kommen vor allem zwei große Kirchenlehrer in Frage, nämlich Hilarius von Poitiers und der hl. Augustinus. Hilarius von Poitiers hat ein großes Werk in zwölf Büchern geschrieben: „De Trinitate“ (Von der Dreieinigkeit). In den Jahren 356 bis 359 hat er sich mit der arianischen Theologie auseinandergesetzt und die kirchliche Lehre von der Gottheit Christi dargelegt. Augustinus ist dann maßgebend geworden für die Trinitätslehre im Abendlande. Er hat die so genannte psychologische Trinitätslehre ausgebildet. Man muss ja irgendwie zu erklären versuchen, wie die drei Personen zusammenhängen und doch eine Einheit bilden. Er sagte: „Der Vater erkennt sich selbst. Sein Erkenntnisbild ist der Sohn. Der Sohn schaut zurück zum Vater, und das ist die gegenseitige Liebe; wir nennen sie den Heiligen Geist.“ Das ist ein Versuch – ein Versuch! –, die Trinität zu erklären.

Das ganze kirchliche Leben vollzieht sich im Namen des dreieinigen Gottes. Denken Sie an die Taufe, denken Sie an das Kreuzzeichen, das wir ja im Namen des dreieinigen Gottes machen, denken Sie an die Doxologien, an die Lobpreisformeln, in den Gebeten: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist“ oder auch, wie manche beten, „Ehre sei dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist.“ Beide Formeln sind rechtgläubig. Denken Sie auch an die Schlussformeln der Orationen, die ja immer im dreifaltigen Gott enden, an die Benediktionen, an die Segnungen, alles geschieht im Namen der Dreifaltigkeit, an die Gebetsformeln im eucharistischen Gottesdienst. Besonders deutlich tritt der Glaube an die Dreifaltigkeit hervor bei der Spendung des Ursakramentes: der Taufe. Am Anfang scheint die Taufe auf den Namen Christi gespendet worden zu sein. Petrus fordert in seiner Pfingstpredigt die Zuhörer auf: „Bekehret euch, und ein jeder lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden.“ Also am Anfang scheint tatsächlich die Taufe gespendet worden zu sein im Namen Jesu Christi. Aber das wurde bald abgelöst durch die Taufe auf den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wie sie ja im Taufbefehl Christi gefordert wird. Darin wird der Vater als der Ursprung und das Ziel des Heilgeschehens angesehen, der Geist als der Mittler der Taufgnade. Dass es sich hier um drei verschiedene Personen handelt, ergibt sich für den Vater und dem Sohn aus dem relativen Gegensatz: Vater – Sohn, für den Heiligen Geist daraus, dass er den beiden Personen gleichgestellt, gleichgeordnet ist. Die Wesenseinheit wird ausgedrückt durch die Worte auf den Namen, nicht auf die Namen, sondern auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Es ist mir klar, meine lieben Freunde, dass die Offenbarung der Dreieinigkeit Fragen aufwirft, Fragen, die uns bleiben werden bis zum Ende unseres Lebens. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann dem Glauben an die geschichtliche Selbstgegenwart Gottes in Jesus Christus und der Erfahrung, im Heiligen Geist von Gott ergriffen zu sein, so Ausdruck verliehen werden, dass der biblische Eingottglaube darin nicht relativiert wird? Die Antwort lautet: Der christliche Eingottglaube ist Inbegriff des in sich selbst lebendigen und beziehungsreichen dreipersönlichen Gottes. Der christliche Eingottglaube ist Ausdruck des Glaubens, dass Gott dreifaltig einer ist. Wir bekennen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes einen Gott, weil Gott der Name der Macht ist, nicht der Eigentümlichkeit. Der eigentümliche Name ist für den Vater: Vater, für den Sohn: Sohn, für den Geist: Geist. In dieser Dreifaltigkeit glauben wir einen Gott, weil aus einem Vater ist, was einer Natur, einer Substanz und einer Macht mit dem Vater ist. Die Trinitätslehre ist uns nicht geoffenbart als Gedankenübung oder als Aufgabe der Nachforschung. Nein, die Absicht der Trinitätslehre ist, die Einheit Gottes gegenüber der Vielgötterei und die Wirklichkeit der Gottesoffenbarung in Christus gegen bloßen Symbolismus zu sichern. Die Trinität ist mit der Einheit Gottes vereinbar. Sie widerspricht nicht dem monotheistischen Charakter der biblischen Gotteslehre. Aus der Einheit des göttlichen Wesens werden die trinitarischen Unterschiede als Selbstvollzug des geistigen Seins Gottes hergeleitet. Besonders deutlich wird das, was die Offenbarung der Trinität bildet, wenn wir fragen, was die drei Personen sind, und wer die drei Personen sind. Wenn wir fragen: Was sind die drei Personen? Da kommen wir zur Einheit. Sie sind Gott, ein Gott, gleichen Wesens. Wenn wir fragen: Wer sind die drei Personen? Da kommen wir zu einer Dreiheit. Nicht drei Götter, sondern drei Personen, die vollkommen eins sind, in dem was sie sind. Nicht nur drei göttliche Rollen, wie Arius meinte, sondern göttliche Eigentümlichkeiten, die das eine göttliche Wesen in unterschiedlicher Weise innehaben. Als der ungezeugte und ungeschaffene Vater, Quelle und Ursprung der ganzen Gottheit, als der eine ohne Anfang geistlich – geistlich! – gezeugte Sohn und als der aus Vater und Sohn hervorgehende Geist, eins in der göttlichen Substanz, sodass diese weder in den einzelnen Personen geringer ist als sie alle noch in allen größer als in dem einzelnen. Meine lieben Freunde, was wir nicht durchdringen können, das müssen wir schweigend verehren. Aber wir dürfen auch gewiss sein, dass Gott uns nicht betrügt in seiner Offenbarung. Wenn er sich geoffenbart hat als der Vater, der Sohn und der Geist, dann ist es falsch, wenn auf dem Tempelberg in Jerusalem an der Tür der mohammedanischen Moschee steht: „Gott hat keinen Sohn.“ Gott hat einen Sohn, und wir kennen ihn, und Gott hat einen Geist, und wir wissen von ihm. Und wir beten sie an in der heiligsten Dreifaltigkeit.

Amen.

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