Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
10. August 2008

Die Kirche Christi – auf den Fels gegründet

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir haben am vergangenen Sonntag uns klarzumachen versucht, wer Jesus Christus ist, und wir haben die Antwort gefunden in dem Bekenntnis des Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Das Bekenntnis zu Christus ist nicht bei allen verbunden mit dem Bekenntnis zur Kirche. Es gibt nicht wenige, die erklären: Christus ja, Kirche nein. Sie wehren sich gegen die Kirche und bringen alle möglichen Anwürfe, Anklagen und Beschwerden gegen die Kirche vor. Sie sagen: Das ist die Priesterherrschaft; sie beschweren sich, dass die Kirche mit Geboten und Verboten die Menschen zu leiten versucht; sie erinnern an die Inquisition. Der Protestantismus hat seinen Namen von „Protest“. Nur durch Protest gegen die katholische Kirche kann er seine Existenz rechtfertigen. Und von daher kommen natürlich auch immer wieder die unseligen Tiraden, die uns der Stifter dieser Religion, nämlich Martin Luther, vermacht hat: die Kirche, eine Einrichtung der Menschlichkeit und der menschlichen Schwäche.

Und so wundert es uns nicht, wenn durch all fünf Kontinente die Losung rast: „Ecrasez l’infâme“ – Vernichtet die Ruchlose! Diesen Ruf hat zuerst Voltaire in Frankreich ausgestoßen, aber ist seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr verstummt. „Ecrasez l’infâme“ – Nieder mit der Verruchten! Und da steht die Kirche mit ihrem Anspruch auf Einzigartigkeit und Autorität. Sie befiehlt und bindet im Namen Christi. Sie übt seine göttliche Macht aus mit ihren Vorschriften und Verboten. Sie spricht den Bann über diejenigen aus, die ihre Wahrheit unterdrücken. Kirche Roms, entweder bist du eine göttliche Stiftung, oder du bist ein verruchtes Menschenwerk! Das ist die Alternative.

Dreifach ist das Reich Christi. Es sollte die Menschen lehren, führen und erlösen. Die Lehre Christi musste weitergetragen werden, als der Herr gen Himmel fuhr. Seine Aufgabe war noch nicht beendet, denn alle Generationen sollten an dieser Lehre partizipieren. Und deswegen musste sie weitergetragen werden, irrtumslos bis in die fernsten Zeiten. So braucht Christus eine menschliche Gesellschaft; so braucht er Verkünder, Herolde, die seine Botschaft weitertragen. Er braucht ein irrtumsloses, unfehlbares Lehramt. Es mussten die Menschen auch in allen Zeiten geführt werden. Er hatte die Grundlehren seines Gesetzes gegeben, aber es musste auch auf die wechselnden Situationen angewandt werden. Die Lehre musste verteidigt werden; sie musste klar herausgestellt werden, wo die Leidenschaft sie abzuschwächen suchte. Deswegen hat Christus eine feste Führung eingesetzt, ausgerüstet mit der Autorität des ewigen Gottessohnes: „Wer euch hört, hört mich.“ Christus musste für alle Zeiten ein starkes Hirtenamt einsetzen zur Führung der Menschheit. Und die Erlösung ist wie ein unsichtbarer Strom, der durch die Menschen fließt. Man sieht ja die Gnade nicht, man kann sie nicht messen, man kann sie auch nicht wägen, aber die Übertragung der Gnade, die Weiterleitung, sollte sichtbar geschehen, durch sichtbare Zeichen. Wir nennen sie Sakramente. Und ihre Verwaltung wiederum musste Menschen anvertraut werden, das Priesteramt musste sein Erlösungswerk fortsetzen.

So liegt es im Wesen des Reiches Christi, dass ein dreifaches Amt, eine dreifache Aufgabe errichtet wurde, um sein Werk in der menschlichen Gesellschaft fortzusetzen. So hat es auch Christus getan. Selbst wenn wir kein einziges Wort von ihm wüssten, es musste so sein, wenn er seinem Werke Dauer verleihen wollte. Aber er hat es deutlich genug gesagt, dass er ein neues Gottesvolk schaffen wollte. In vielen Bildern hat er zunächst dieses neue Volk beschrieben, im Bild vom Senfkörnlein, das einen kleinen Anfang hat und zu ungeheurer Größe emporwächst, in dem Bild vom Acker, wo guter Weizen wächst, aber auch Unkraut, und im Bild von dem Netz voll guter, aber auch schlechter Fische.

Mit Petrus ist Christus einmal auf das galiläische Meer, auf den See Genesareth, hinausgefahren, und dies zu einer Zeit, wo man auf Fischfang nicht rechnen konnte. Die Jünger waren leicht verwirrt: Ja, was will er denn? Weiß er besser als wir, wann Fische zu fangen sind? Und doch wurde aus dieser Ausfahrt ein reicher Fischfang, so reich, dass Petrus vor dem Herrn niederfiel und sagte: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch.“ Der Blick des Herrn aber geht  über den See Genesareth hinaus, er geht über die Halden von Galiläa und über das Mittelmeer in ferne Weiten. Er will in die Gestade der Ewigkeit eindringen, und dazu braucht er Menschenfischer. „Von nun an sollst du Menschen fischen“, so sagt er zu Petrus. Dafür braucht er ein Schiff, und dafür braucht er Menschen. „Simon, fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fischen.“ Simon und seine Freunde haben sich um Jesus geschart. Viele junge Menschen haben sich ihm angeschlossen. Er hat sie in seine Gefolgschaft gerufen: „Kommt und folget mir nach!“ So bildet sich die Jüngerschaft als der Keim des neuen Volkes Gottes: der Kreis der Jünger, die erste Gemeinde Jesu. Und dann kam ein denkwürdiger Tag. Die ganze Nacht hatte Jesus auf dem Berge zugebracht im Gebet, die ganze Nacht. Und als er herunterkam, da rief er seine Jünger zu sich, und da schaute er sie prüfend an, und da wählte er aus ihnen zwölf aus: Petrus und Johannes, Jakobus und Philippus. Das Reich Christi nimmt Gestalt an, das Führerkorps der Kirche bildet sich.

Zwölf wählt er aus, zwölf, weil es ein neues Volk sein soll. Wie das alte Volk zwölf Stämme hatte, so sollte das neue Volk auch eine Fülle von Stämmen in sich vereinen, und die Apostel sollen die Führer in diesem Volke sein. Den Petrus aber nimmt er sich noch besonders beiseite. Schon als er zu ihm kam, gab er ihm einen anderen Namen. Er hieß ja Simon. Aber Jesus gab ihm den Namen Kephas, das heißt Petrus, das heißt Fels. Und dann sagt er ihm: „Du bist der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“ Ein Haus, wie er es vorhat, darf nicht auf Treibsand gebaut werden, das muss auf einem Felsen ruhen. Und ein solcher Fels sollte Petrus sein. Denn die Stürme würden rasen, die Wetter würden toben, die Finsternis würde dieses Werk einhüllen.

Christus sieht mit seinem Blick die Mächte der Finsternis anstürmen im Gewand der römischen Cäsaren. Sie wollten mit ihren Verfolgungen das Christentum ersticken. Es wird ihnen nicht gelingen. Tertullian, der Kirchenschriftsteller, schreibt im 2. Jahrhundert in seiner Verteidigungsschrift für die Christen: „Bei jedem Unglück, bei jedem Ungemach, das die Öffentlichkeit trifft, heißt es: ,Die Christen sind schuld.’ Hat der Tiber Hochwasser, hat der Nil Niedrigwasser, bleibt der Regen aus, kommt ein Erdbeben, eine Hungersnot, eine Seuche, das erste Wort ist: ,Fort mit den Christen. Werft sie den Löwen vor!’“ So ist es der Kirche drei Jahrhunderte lang gegangen. Aber dann stieg sie aus den Katakomben empor. Denn die Kirche der Katakomben klagte nicht, sie hoffte. Der Herr sieht in der Ferne Irrlehrer auftreten. Es gibt kein Jahrhundert der Kirchengeschichte, meine Freunde, in dem nicht Irrlehrer aufgetreten wären. Und dass sie heute in großer Zahl wieder am Werke sind, das wissen Sie alle. Mit List und Trug suchen sie die Weisungen Christi zu untergraben. Der Herr sieht die Horden der Völkerwanderung anstürmen, der Feind sät Zweitracht und Bosheit in die Herzen der Führer der Kirche, Schismen breiten sich aus, Häresien wuchern, ganze Länder werden losgerissen, und in den Missionsländern sucht man die Religion zu ersticken. Aber er sieht auch: „Non praevalebunt“ – Sie werden sie nicht überwinden.

In diesen Tagen, meine lieben Freunde, hat der Bischof von Peking ein Interview gegeben. In diesem Interview führt er aus: „Ich habe im vergangenen Jahr 1500 Erwachsene getauft.“ Non praevalebunt – sie werden sie nicht überwinden. Auch nicht in China.

Dann kam die Freimaurerei. Sie raste durch die romanischen Länder Spanien, Portugal, Frankreich, Italien. Ganze Länder wurden losgerissen von der Kirche. Einig sind sich alle im Kampfe gegen die römische Kirche, der Liberalismus, der Kommunismus, der Nationalsozialismus. Und heute? Heute peitscht die Geißel des Islam auf die Christen in allen Ländern. Der Islam ist nicht tolerant, der Islam ist der Todfeind des Christentums. In Indien machen die Hindus mobil gegen die Christen. Ihre heiligen Kühe, die halten sie heilig, aber die Christen werden verfolgt. Und in Europa breitet sich der neue Atheismus aus. Er sucht die letzten Bastionen des Christentums im öffentlichen Leben zu beseitigen. Ich schaue mit Besorgnis nach Brüssel und nach Straßburg. Dort wird ein Gesetz nach dem anderen ausgebrütet, das dem Unglauben und der Unsittlichkeit dient. Der Abfall breitet sich aus. Und dennoch: Der Herr hat es gesagt: Sie werden sie nicht überwältigen!

Mit der Funktion des Felsen ist es bei Petrus nicht getan. Der Herr rüstet ihn mit weiteren Vollmachten aus. „Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben.“ Der Schlüsselträger ist nicht der Pförtner, der Schlüsselträger ist der Hausherr. Er lässt ein, und er schließt aus. Er besitzt Gewalt der Gesetzgebung und Gewalt der Rechtsprechung. „Was du binden wirst auf Erden, das ist auch gebunden im Himmel.“ Und in Gemeinschaft mit ihm sollen die übrigen Apostel die Vollmachten ausüben: „Wer euch hört, hört mich. Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen. Was ich beim Abendmahl getan habe, das tuet zu meinem Gedächtnis.“ Und den Gipfel setzt Jesus nach seiner Auferstehung am See Genesareth. Da richtet er noch einmal die Frage an Petrus: „Petrus, liebst du mich?“ Nein, dreimal fragt er ihn: „Petrus, liebst du mich?“ Und Petrus antwortet betrübt, weil er an seinen Verrat denkt, betrübt: „Herr, du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe.“ Dann erfolgt die Einsetzung zum Universalhirten: „Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!“

Die Apostel mögen erbebt haben unter der Fülle der Gewalt, die ihnen übertragen wurde. Wie soll das geschehen? Wir schwachen, wir ungebildeten Männer, wie sollen wir das Evangelium bis an die Grenzen der Erde tragen, wie es der Herr will? Der Herr hat auch dafür Vorsorge getroffen: „Bleibt in der Stadt! Ihr werdet ausgerüstet werden mit der Kraft von oben. Ich sende die Verheißung meines Vaters auf euch herab.“ Und an Pfingsten, da kommt zu den Aposteln, um die Mutter Jesu versammelt im Abendmahlssaal, der Heilige Geist. Da schlägt die Geburtsstunde der Kirche. Der Geist Christi ergreift die Jünger Jesu, das Feuer des Geistes brennt in ihnen fortan. Die Kirche ist gefirmt, und aus schwachen Menschen werden glühende, von Gottes Geist erfüllte Apostel. Das ist das Geheimnis der Kirche, meine lieben Freunde, aus schwachen Menschen zusammengesetzt, aber von der Kraft des Geistes getragen. In der Kirche sind nicht nur Menschen am Werk; in der Kirche wirkt die Kraft aus der Höhe.

Aber wo ist dieses Reich Christi heute? Es gibt so viele christliche Gemeinschaften, und sie bieten sich als Antwort auf diese suchende Frage an: In welcher von ihnen lebt das Reich Christi? Oder bilden alle zusammen das Reich Christi? Gibt es viele Kirchen nach Jesu Willen? Aber der Herr sagt doch: „Eine Kirche will ich bauen.“ Und das war sein innigstes Gebet, dass alle eins seien, eins im Glauben an ihn und an den Vater. Es gibt nur einen Christus, nur eine Wahrheit, nur eine Kirche, denn ein Reich, das in sich uneins ist, das zerfällt. Das Reich Christi ist nicht dort, wo Menschen nach ihrem Denken und Gutdünken sich ihr Christentum formen. Die Kirche ist dort, wo Petrus steht, wo die Nachfolger der Apostel in Christi Autorität die Menschheit lehren und führen. Wo ist heute diese Kirche?

Der große anglikanische Theologe John Henry Newman hat gesucht, und er suchte in der Kirche der ersten Jahrhunderte. Da sieht er Gemeinden gegründet von den Aposteln. An der Spitze dieser Gemeinden stehen Hirten, welche die Apostel eingesetzt haben, und alle diese Gemeinden wissen sich einig. Ein einziges Evangelium auf der ganzen Erde, ein einiger Glaube. Alle wissen sich als Glieder des einen Leibes. Alle essen von dem einen heiligen Brote. Alle feiern das eine heilige Opfer. Die Kirche wächst und breitet sich aus in Korinth, in Antiochien, in Athen. Aber alle sind ängstlich bemüht, die Einheit zu bewahren. Als in Korinth eine Zwietracht ausbricht, da greift nicht der Apostel Johannes ein, der noch lebte, da greift der Bischof von Rom ein, Clemens, und schlichtet den Streit. Und Ignatius, der Martyrerbischof von Antiochien, schreibt auf seinem Wege nach Rom, wo er den Löwen vorgeworfen wird, dass die Kirche von Rom die Vorsitzende des Liebesbundes ist.

Es treten Sekten auf. Sie werden abgetan. Die Kirche wächst und bleibt. Ganze Länder reißen sich los von der Kirche. Von König Friedrich II. von Preußen, also dem so genannten Friedrich dem Großen, stammt das Wort: „Die Reformation war in Deutschland das Werk des Interesses, in England das Werk der Leidenschaft, in Frankreich das Werk der Neuerungssucht.“ Treffender kann man das Ausbrechen aus der kirchlichen Einheit kaum beschreiben. Wo waren diese Kirchen, bevor sie entstanden? Kommt, ihr von Rom getrennten Brüder, müssen wir sagen, macht es John Henry Newman nach: Kommt zurück zu ihr, die Tore stehen offen. Ich frage euch: Warum habt ihr den Zusammenhang mit der Kirche verloren? Oder könnt ihr sagen, eure Kirche sei die Kirche Petri? Wo war denn die Kirche Christi, bevor ihr kamt? Sie war dort zu allen Zeiten, wo unter ihren Bischöfen auf dem weiten Erdenrund in der Einheit mit dem Stellvertreter Christi auf Erden die eine katholische Kirche lebte. Die Vielfalt ist in den Sekten, die Einheit ist in der Kirche. Das ist die Eigenart, ja, ich möchte sagen, das Kainsmal der Gemeinschaften, die von der Kirche Christi abgefallen sind: Sie wollen es nicht Gott, sie wollen es den Menschen recht machen. Sie weichen Schritt um Schritt vor den Wünschen, Begierden und Leidenschaften der Menschen zurück. Wenn eine neue Welle des Irrtums aufsteigt, lassen sie sich von ihr tragen.

Manchmal spüren es die getrennten Gemeinschaften, was sie verloren haben, als sie sich vom Felsen der Einheit trennten. Wir haben in den letzten Wochen von dem unaufhörlichen Streit in den anglikanischen Gemeinschaften gelesen. Sie können sich nicht einigen über so wichtige Fragen wie das Bischofsamt für Frauen oder über Homosexuelle als Bischöfe. Und schon erschallt aus ihrem Kreis der Ruf: „Wir brauchen einen Papst!“ Viele von ihnen kehren zurück zur einen katholischen Kirche.

Wer behauptet, in der Kirche bestehe eine Priesterherrschaft, und diese Priesterherrschaft dränge sich zwischen Christus und den einzelnen Christen, die Hierarchie stehe zwischen dem einzelnen und Gott, der hat die Stellung des Priestertums und der Hierarchie niemals verstanden. Die Hierarchie und das Priestertum ist keine Trennungswand zwischen Christus und den einzelnen Seelen, sondern die Hierarchie und das Priestertum ist die verbindende Brücke zwischen den Seelen und ihrem Heiland. Ihr macht uns Vorwürfe, wir seien mit unserer Lehre veraltet. O, meine lieben Freunde, die Wahrheit veraltet nicht. Der Lehrsatz des Pythagoras ist alt, aber er wird heute in der Schule gelehrt genauso wie vor 3000 Jahren. Nichts ist so notwendig wie die Wahrheit. Sie ist der Spiegel der Wirklichkeit. Wer die Wahrheit verfehlt, der verfehlt die Wirklichkeit. Die Wahrheit veraltet nicht.

Ich weiß es, den meisten Menschen ist die Wahrheit das Gleichgültigste. Sie wollen leben, ausleben, Genuß haben. Aber was die Menschen am wenigsten hören wollen, das brauchen sie am dringendsten. Man sagt, die Kirche müsse mit der Zeit gehen. O Gott, meine Freunde, was ist die Zeit, was will die Zeit? Alle Bande lockern, den Begierden schmeicheln, die Gebote abwerfen. Das will die Zeit. Was die Zeit braucht, ist das Unzeitgemäße. Die Kirche muss den Mächten der Welt den Preis für ihre Treue zum Gesetz Christi bezahlen. Kaum hat das neue Jahrhundert begonnen, da hören wir von Martyrern in allen Gegenden der Erde. Aber sie lebt und wächst, je mehr man sie bekämpft. Die Menschen eines schwachen Glaubens warten auf den Frieden, um dann handeln zu können, wie sie sagen. Die Apostel eines starken Glaubens säen in die Stürme hinein, um in den guten Zeiten ernten zu können. Ihr sagt, die Kirche sei vom Geiste Christi abgefallen, ihr Leben sei nicht mehr heilig. Ja, sie duldet viele Unheilige in ihrem Schoß, weil der Herr sie das Gleichnis vom Unkraut im Weizen gelehrt hat, weil sie die Mutter ist, die vom ewigen Vater Langmut gelernt hat und gnädiges Verzeihen gegen die Sünder. Ihr sagt, in der Kirche gibt es viele Versager. O ja, viel zu viele. Höhnisch und mit Genugtuung weist man auf die Mißbrauchsfälle von Priestern hin. O, niemand leidet mehr unter diesen schrecklichen Geschehnissen als die treuen Glieder der Kirche. Kein vernünftiger Mensch aber beurteilt den Baum nach dem Fallobst und den Geist der Armee nach den Fahnenflüchtigen. Gestern abend, meine lieben Freunde, stand an dieser Stelle der Generalvikar des Bistums Mainz und gab bekannt, dass der Pfarrer dieser Pfarrei sich aus seinem Dienste abgesondert hat, um einer Frau zu verfallen.

Es gibt Verräter und Versager in unseren Reihen. Aber trotz Versagens und Verrates bleibt die Kirche ihrer Sendung treu. Die Kirche wird mit allem fertig. Wo ist die Macht der Erde, die wie sie Gottes heiliges Gesetz hochhält und sich schirmend stellt vor die Heiligkeit der Ehe, vor die Reinheit der Jugend, vor die Autorität von Familie und Staat? Heilig ist ihre Sittenlehre. Mit dankbarem Stolz darf sie sich rühmen, dass sie zu allen Zeiten Heilige geboren hat, auch heute, heilige Männer und Frauen, heilige Kinder, Menschen, die selbstlos ihr Leben hinopfern zur Ehre Gottes und zum Heile der Mitmenschen. Die katholische Kirche ist das Reich Christi, gestern wie heute. Von ihr gilt das Wort: „Wer euch hört, hört mich.“ Und so bitte ich Sie, meine lieben Freunde, mit mir einzustimmen trotz aller Ärgernisse und Anstöße, mit mir einzustimmen in den alten Gesang: „Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad’ in seine Kirch’ berufen hat. Nie will ich von ihr weichen!“

Amen.

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