Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
24. Februar 2008

Die gottgesetzte Ordnung der Geschlechtlichkeit

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In der heutigen Epistel aus dem Brief an die Christen in Ephesus ist an mehreren Stellen die Rede von der Unzucht, und wir erschrecken über das Urteil, welches der Apostel, vom Heiligen Geist belehrt, über dieses Laster fällt. „Unzüchtige“, sagt er, „sind Götzendiener.“ Sie können das Reich Gottes nicht erben, das heißt, sie werden die ewige Verwerfung erfahren. Ephesus war eine Hafenstadt, und Hafenstädte sind bekannt für lockere Sitten. Aber es war nicht nur diese geographische Lage, die Ephesus zu einer Stätte des Lasters machte, sondern auch die Verfallsmoral des Heidentums. Das Heidentum hatte die Unsittlichkeit und die Unzucht weitestgehend freigegeben. Wir wissen von bedeutenden griechischen Philosophen, die die Knabenliebe pflegten. Es gab Tempel, in denen Unzucht getrieben wurde. So war also die Umgebung der Christen denkbar ungünstig, von Unzucht betroffen. Und jetzt sollten sie ein ganz neues Leben beginnen. In der Taufe war ihnen das neue Gnadenleben geschenkt worden. Jetzt wurden die höchsten sittlichen Leistungen von ihnen gefordert: Beherrschung der Sinne, Zucht der Triebe, jungfräuliche Lebensweise und Treue in der Ehe.

Meine lieben Freunde, die Geschlechtlichkeit des Menschen ist eine gottgegebene Tatsache. Sie ist gut, weil sie aus der Hand Gottes hervorging. Die Sexualität ist ein Trieb, dessen sich niemand zu schämen braucht. Aber er muss in der gottgewollten Ordnung verbleiben. Der Geschlechtstrieb mit seiner Lust ist vom Schöpfer zu einem erhabenen Zweck in den Menschen gelegt worden, nämlich die Art soll so erhalten werden, die Kinder sollen in der Familie von den durch rechtmäßige Ehe verbundenen Eltern erzogen werden. Und niemand kann etwas an diesem ehernen Gesetz ändern. Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingerichtet, wie zuletzt das Zweite Vatikanische Konzil gelehrt hat. Gleichzeitig sind die ehelichen Akte dazu bestimmt, die Verbundenheit der Gatten zum Ausdruck zu bringen und zu bestärken. Die beiden Sinngehalte, Fortpflanzung und liebende Vereinigung, sind nach Gottes Bestimmung unlösbar verknüpft.

Der Sexualtrieb hat also zwei große Funktionen. Er soll durch seine bebende Lust die Menschen immer wieder zur Zeugung, zur Erhaltung des Menschengeschlechtes, bringen. Er soll aber auch dann in den langen Jahren der Ehe und der Kinderaufzucht die naturhafte Basis der ehelichen Liebe sein. Er soll den beiden Gatten das Kreuz des Lebens, das Kreuz der Ehe, das Kreuz der Kinder tragen helfen. Ich sage noch einmal: Der Sexualtrieb ist ein Trieb, dessen sich niemand zu schämen braucht. Aber er muss in der gottgewollten Ordnung verbleiben. Und diese Ordnung fassen wir in einem einzigen Worte zusammen, nämlich Keuschheit. Keuschheit ist der Gebrauch des Geschlechtstriebes nach der gottgesetzten Ordnung. Da gibt es zwei Möglichkeiten: entweder die dauernde oder zeitweilige Enthaltsamkeit oder der geschlechtliche Verkehr in der Ehe nach dem Willen Gottes. Darüber hinaus gibt es nichts, was von Gott erlaubt wäre. Entweder zeitweilige oder dauernde Enthaltsamkeit üben oder im geschlechtlichen Verkehr handeln nach dem Willen Gottes.

Keuschheit zeigt uns den Vorrang des Geistes vor dem Körper. Mich fragte einmal eine Dame: „Warum ist denn der Geschlechtstrieb so stark?“ offenbar an ihr auch. Ich sagte ihr: „Weil wir die Vernunft bekommen haben.“ Wir haben nicht nur den Trieb, sondern wir haben auch das Regelungsprinzip für den Trieb, das ist die Vernunft. Der Vorrang des Geistes vor dem Körper muss im geschlechtlichen Bereich gewahrt bleiben. Darüber kommt die Tatsache, die Paulus im 1. Korintherbrief immer wieder einschärft: „Der Leib gehört nicht dir, der Leib gehört Christus. Du bist ein Glied am Leibe Christi. Du bist ein Tempel des Heiligen Geistes. Also halte den Tempel heilig!“ Die Gottgehörigkeit des Leibes ist der entscheidende Grund, warum wir die Geschlechtlichkeit nach Gottes Willen zu verwalten haben. Denn die Sünde der Unkeuschheit, der Unzucht, besteht in der Verletzung, die sich aus dem Ziel des Geschlechtstriebes ergibt. Sie besteht im ungeordneten Streben nach Geschlechtslust. Jede außerhalb der Ehe unmittelbar gewollte sexuelle Lust ist Sünde. Ich wiederhole noch einmal diesen fundamentalen Satz: Jede außerhalb der Ehe direkt gewollte sexuelle Lust ist Sünde. Die Ehe, die gültige Ehe ist der einzige legitime Ort geschlechtlicher Betätigung.

Und auch innerhalb der Ehe muss die eheliche Keuschheit herrschen. Das heißt: Der erlaubte Geschlechtsverkehr in der Ehe ist an sittliche Forderungen gebunden, die alles verbieten, was den Aufgaben der ehelichen Gemeinschaft und der ehelichen Treue widerspricht. Außerhalb der Ehe, noch einmal, sowohl vor der Ehe als auch nach der Ehe ist volle Enthaltsamkeit geboten. Jede freiwillig gesuchte Befriedigung des Geschlechtlichen ist Sünde.

Die Sünden sind freilich sehr vielartig. Es gibt Sünden ohne die Vereitelung der Fortpflanzung und Sünden mit Vereitelung der Fortpflanzung. Sünden ohne Vereitelung der Fortpflanzung sind der unerlaubte Geschlechtsverkehr etwa mit Prostituierten, Geschlechtsverkehr zwischen ungültig Verheirateten. Mir erzählte einmal eine Mutter, eine ihrer Töchter lebe mit einem Manne zusammen. Sie wollen es ausprobieren, ob es geht. Sie haben es zwölf Jahre ausprobiert, und dann sind sie auseinander gegangen. Die Sünden mit Vereitelung der Fortpflanzung sind ebenfalls schlimm und folgenreich. An erster Stelle die Selbstbefriedigung. Sie ist vor allem eine Sünde, die in der Pubertät auftritt, aber sie kann Menschen bis ins hohe Alter verfolgen. Es ist die Sünde der Einsamkeit. Sie kommt nicht nur bei Unverheirateten vor, sondern auch bei Verheirateten. Die eheliche Onanie besteht darin, dass der eheliche Zweck der Fortpflanzung vereitelt wird. Man kann sich in zweifacher Weise gegen die eheliche Keuschheit verfehlen. Einmal, wenn man dem Partner einen Verkehr aufnötigt, der weder auf sein Befinden noch auf seine berechtigten Wünsche Rücksicht nimmt. Ein solcher aufgenötigter Verkehr ist kein wahrer Ausdruck der Liebe. Er widerspricht der sittlichen Ordnung. Ebenso widerspricht aber auch ein Akt gegenseitiger Liebe dem göttlichen Plan, wenn er der Eignung, zur Weckung neuen Lebens beizutragen, abträglich ist. Wer einerseits Gottes Gabe genießen will und andererseits Sinn und Zweck dieser Gabe ausschließt, stellt sich gegen Gottes heiligen Willen.

In den letzten Jahren ist viel die Rede von der gleichgeschlechtlichen Betätigung. Früher nannte man das Sodomie nach dem, was in der Stadt Sodoma sich zugetragen hatte. Sodomie ist widernatürlich, weil sie dem Hauptzweck des Geschlechtsverkehrs, der Erhaltung der Art, zuwider ist. Sie ist ein schweres sittliches Vergehen; sie ist eine himmelschreiende Sünde. Sie ist ein Greuel vor Gott, todeswürdig und widernatürlich, der gesunden Lehre widerstreitend. Wegen dieser Sünde wurden Sodoma und Gomorrha mit Feuer und Schwefel ausgetilgt. Die Homosexualität wird häufig durch Verführung weitergetragen. Sie ist auch oft die Folge äußerer Umstände, etwa wenn viele Jungen in einem Internat zusammen sind oder viele Männer in der Kaserne, auf einem Schiff, im Gefängnis. Auch der noch nicht deutlich entwickelte Geschlechtstrieb junger Menschen kann vorübergehend zu Homosexualität führen. Besonders verwerflich ist die gleichgeschlechtliche Unzucht, wenn sie auftritt in der Knabenliebe. Immer wieder lesen wir und hören wir davon, dass Päderastie, das ist der Fachausdruck dafür, betrieben wird, also Unzucht mit Kindern, etwas vom Schrecklichsten, was sich auf diesem Gebiete zutragen kann.

Nun, meine lieben Freunde, ist man heute sehr nachsichtig gegenüber der Unzucht geworden. Wir wissen, dass Unzucht bis in die höchsten Kreise hinein üblich geworden ist. Wir wissen, dass gleichgeschlechtliche Unzucht nicht abhält, höchste Regierungsämter zu übernehmen. Es war nicht immer so. Also die geschlechtliche Unordnung ist weit verbreitet. Und es ist auch wahr: Für die meisten Menschen gibt es zeitweise ein geschlechtliches, ein sexuelles Problem in ihrem Leben, sei es als Heranwachsende, sei es als Kinder oder in der Jugendzeit, sei es in der Ehe. Die Versuchung macht sich gebieterisch geltend, und die Anfälligkeit gegen die sexuelle Verführung ist bei den meisten Menschen vorhanden. Sie fehlt bei wenigen ganz; bei den meisten wird sie schmerzlich fühlbar.

Aber auch wenn es so ist, wenn die geschlechtliche Unordnung weit verbreitet ist, ist daraus nichts zu entnehmen gegen ihre Sündhaftigkeit. Auch andere Verhaltensweisen sind weit verbreitet, wie zum Beispiel der Mangel an Liebe, und niemand wird daran denken, das Liebesgebot aufzuheben. So ist auch, wie stark der Geschlechtstrieb sein mag, die Verantwortlichkeit und die Freiheit des Menschen nicht aufgehoben. Es gibt keinen Zwang zur geschlechtlichen Betätigung. Das ist die Irrlehre von Luther gewesen, und die wollen wir uns nicht aufreden lassen. Es ist völlig fehl am Platze, die geschlechtliche Verfehlung als normal, den Trieb als unwiderstehlich zu bezeichnen. Und es ist auch Unsinn, zu behaupten, die geschlechtliche Betätigung sei für die Gesundheit notwendig. Es ist etwas ganz anderes mit dem Nahrungstrieb und mit dem Geschlechtstrieb. Der Nahrungstrieb ist tatsächlich für einen jeden zu befriedigen, aber der Geschlechtstrieb braucht nicht befriedigt zu werden, weil daran niemand zugrunde geht.

Die Folgen der Unzucht sind für den Einzelnen und für die Gesellschaft verheerend. Der heilige Hieronymus schreibt einmal: „Usu crescit, numquam satiatur.“ Also der Geschlechtstrieb, er wächst dadurch, dass man ihm nachgibt, er wird niemals satt. Usu crescit, numquam satiatur. Er wächst durch das Nachgeben, er wird niemals satt. Es ist also ganz falsch, wenn man meint, man könne sich Ruhe verschaffen, indem man dem Trieb nachgibt. Der Trieb gibt nicht nach, er verlangt immer stärkere Dosen. Die Nachgiebigkeit gegen den Trieb führt zur Unbeständigkeit und zur Übereilung. Wer sich vom Triebe leiten lässt, der wird getrieben. So kommt es zu geschlechtlichen Handlungen unter Jugendlichen, zu vorehelichem Geschlechtsverkehr, zum Ehebruch. Die Nachgiebigkeit gegenüber dem Geschlechtstrieb führt zur Gleichgültigkeit gegen Ehre, Hab und Gut. Um zur unerlaubten Befriedigung des Triebes zu gelangen, setzen Menschen Beruf, Stellung, Fortkommen aufs Spiel. Wir haben es soeben erlebt, wie der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von Volkswagen, der Herr Volkert, fast drei Jahre ins Gefängnis gehen muss, weil er den Trieb ausgelebt hat, weil er u. a. einer brasilianischen Geliebten Scheinverträge von 400.000 Euro zugeschanzt hat. Jetzt muss er für seine Untreue drei Jahre im Gefängnis büßen.

Der Geschlechtstrieb, dem man nachgibt, führt zu Unlust und Verdrossenheit. Weil der Sinn fixiert ist auf die Geschlechtlichkeit, ist der Mensch verstimmt und gereizt, wenn er ihn nicht befriedigen kann, wenn er darauf verzichten muss. Das Schlimmste freilich, und das deutet der Apostel Paulus an, das Schlimmste ist, dass der Trieb zur Furcht vor der Ewigkeit führt, zur religiösen Unempfänglichkeit, zum Unglauben, zum Haß gegen Gott. „Die Welt wäre nicht ungläubig, wenn sie nicht unkeusch wäre“, hat einmal der heilige Augustinus geschrieben. Die Welt wäre nicht ungläubig, wenn sie nicht unkeusch wäre. Und wir Seelsorger haben es so manches Mal erlebt, wie ein Jugendlicher oder auch ein Verheirateter zunächst religiös praktizierte, eifrig und fromm war, aber als dann die Fäulnis der Unzucht in diesem Herzen sich ausbreitete, hat er alle religiöse Praxis aufgegeben und ist zum Götzendienst gekommen. Tatsächlich: Die Unzucht führt weg vom Dienste Gottes. Sie ist vielleicht die Hauptursache dafür, dass so viele unserer Jugendlichen nicht mehr beten, nicht mehr die Sakramente empfangen, nicht mehr zum Gottesdienst kommen. Der Unzucht hängt ein dämonisches Moment an.

Dazu kommen die sozialen Folgen der Unzucht. Wir lesen davon, dass durch Geschlechtskrankheiten immer mehr Menschen erkranken, manche tödlich erkranken durch Aids. Das ist ja jetzt die neue Seuche geworden. Diese Geschlechtskrankheiten können auch auf die nachkommende Generation sich auswirken und zur erblichen Belastung werden. Sie gefährden also die Nachkommenschaft. Durch Unzucht wird das Familienleben zerrüttet. Am Übermaß und am Missbrauch der geschlechtlichen Betätigung stirbt die Liebe! Achtung und Rücksicht, Schonung und Verzicht haben keine Stelle mehr. Wer sich dem Geschlechtstrieb überlässt, der kommt leicht zur Verrohung und zur Grausamkeit. Um zum Geschlechtsgenuß zu kommen, werden alle Regeln des Anstandes, der Treue, der Nächstenliebe über den Haufen geworfen.

Unsere Kirche kämpft gegen Unzucht, für Reinheit und Beherrschung. Sie kämpft fast allein. Die anderen Religionsgemeinschaften verlassen sie mehr oder weniger. Es ist das Ruhmesblatt unserer Kirche, dass sie in einer Welt der Verderbnis die Gebote Gottes über der geschlechtlichen Sittlichkeit hochhält. Der Staat, ach, der Staat verlässt uns. Er hat immer mehr abgebaut die Gesetze, die die geschlechtliche Sittlichkeit schützen sollten, vor allem seit der sozial-liberalen Koalition. Dann hat das Unheil sich weitergefressen. Der Staat hat sich aus der Bestrafung der Unkeuschheit zurückgezogen. Die so genannten Volksvertreter haben eine Gesetzgebung geschaffen, die es ihnen, jedenfalls vielen von ihnen, gestattet, die gottgesetzte Ordnung der Sittlichkeit ungestraft zu übertreten. Sie haben den Ehebruch freigegeben, sie haben die Ehescheidung freigegeben, sie haben die Homosexualität freigegeben, sie haben homosexuelle Partnerschaften anerkannt. Der Staat lehrt die Kinder, wie man die Folgen geschlechtlicher Betätigung vermeiden kann. Er lehrt sie, wie man die Kondome gebraucht. Das wird heute in der Schule gelehrt.

Der Apostel Paulus ruft uns heute zu: „Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht. Wandelt als Kinder des Lichtes!“ Was in der Taufe strahlend begann, das muss im Leben des Alltags kräftig betätigt werden. Eine neue Welt ist in dem entstanden, der das Taufbad hinter sich gebracht hat, eine neue Welt, in der die Schöpfungsordnung Gottes vollauf beachtet wird, in der der rechte Sinn der geschlechtlichen Betätigung erfüllt wird. Und so höre ich, meine lieben Freunde, heute die Mahnungen: Habe Ehrfurcht vor die selbst! Mißbrauche nicht die Kräfte, die Gott dir zu hohen Zwecken gegeben hat! Wünsche nie etwas, was durch Mauern oder Vorhänge verborgen werden muss! Bete: Durchglühe mein Herz und meine Nieren mit dem Feuer des Heiligen Geistes, auf dass wir keuschen Leibes dir dienen und mit reinem Herzen dir gefallen! Ich höre den Ruf der Engel und der Heiligen: Hüte das Edelweiß auf den Bergen! Pflege die Lilie in den Tälern!

Amen.

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