Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
15. September 1991

Die Bedeutung der Wunder Jesu

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Wunder Jesu, die wir an den vergangenen Sonntagen miteinander betrachtet haben, sind Machttaten, die ihresgleichen suchen. Seien es die Heilungswunder oder die Naturwunder, sei es das intellektuelle Wunder seines Vorauswissens und Voraussagens, das Leben Jesu ist von wunderbarer Kraft erfüllt. Aber alle diese Wunder werden überstrahlt von dem Wunder der Auferstehung Jesu. Die Auferstehung Jesu ist das Ur- und Haupt- und Grundwunder. Es ist mir unbegreiflich,  meine lieben Freunde, wie es Theologen geben kann, welche die anderen Wunder Jesu leugnen, aber an der Auferstehung festhalten. Wenn dieses Wunder geschehen ist, das Wunder aller Wunder, warum sollen die viel kleineren Wunder dann nicht geschehen sein? Oder ist das nur ein vorläufiger Stand, vorläufig, bis man eben dahin kommt, auch noch die Auferstehung zu leugnen oder umzudeuten?

Auf der Auferstehung Jesu beruht unser Heilsglaube und unsere Erlösungszuversicht. Von der Auferstehung Jesu gilt das Wort: „Ist Jesus nicht auferstanden, dann ist vergeblich unsere Predigt, vergeblich auch euer Glaube.“ Mit der Auferstehung steht und fällt das Christentum, und es ist eine Täuschung und eine Lüge, wenn es sogenannte christliche Theologen gibt, die die Auferstehung leugnen oder umdeuten und trotzdem am Christentum festhalten wollen. Dagegen ist die radikale Leugnung konsequent. Die Auferstehung Jesu ist von ihm selbst als das zentrale Ereignis seines Lebens angegeben worden. „Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht sucht ein Zeichen. Es wird ihm kein anderes Zeichen gegeben werden als das Zeichen des Jonas. Wie Jonas drei Tage und drei Nächte im Fischungeheuer war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoße der Erde sein.“ Und an einer anderen Stelle sagt er: „Reißt diesen Tempel nieder, und ich werde ihn wieder aufbauen in drei Tagen.“

Der Herr hat von sich gesagt: „Ich habe die Macht, das Leben zu geben und das Leben wieder zu nehmen.“ Er ist der Herr über Leben und Tod. Seine Auferstehung ist das größte Wunder, das er gewirkt hat und das gleichzeitig vom Vater im Himmel an ihm gewirkt wurde. Denn die Auferstehung Christi hat eine doppelte Bedeutung,  meine lieben Freunde. Einmal gründet sich darauf unser Glaube an Jesus und unsere Heilszuversicht, zum anderen ist die Auferstehung auch das Zeugnis des Vaters im Himmel für seinen Sohn. Die Auferstehung oder Auferweckung, wie man auch sagen kann, hat apologetische Beweiskraft. Weil sich der Vater im Himmel in der Auferstehung zu seinem Sohne bekannt hat, deswegen wissen wir, daß Jesus der verheißene Erlöser ist, daß sein Wort wahr ist, daß er der gottgesandte Heiland ist. Das Auferstehungsgeschehen ist das Ja Gottes zu Leben, Wirken und Reden seines Christus.

Kein Wunder, daß die Auferstehung Jesu von den Leugnern, Feinden und Bekämpfern des Christentums an erster Stelle angegangen wird. Der radikale Feind des Christentums, David Friedrich Strauß, schreibt in seinem Buche „Die Ganzen und die Halben“: „Den Mittelpunkt des Mittelpunktes, das Herz des Christentums bildet die Auferstehung Jesu von den Toten.“ Dieser Feind hat richtig gesehen, und so setzt er nun zum Angriff auf dieses Geschehen an, und mit ihm viele andere. Die Gegner des Christentums wissen: Wenn sie das Christentum verderben wollen, dann müssen sie den Auferstehungsglauben erschüttern, entweder indem sie seine Historizität bestreiten, oder indem sie sagen: Das Christentum hat gewisse Geschehnisse falsch ausgelegt. Das sind die beiden Wege, wie man die Auferstehung zu eliminieren sucht. Entweder es ist kein geschichtliches Ereignis, oder es gibt zwar geschichtliche Ereignisse, aber das Christentum hat diese Ereignisse verderbt, verkehrt, in einer bestimmten, unrichtigen Weise interpretiert.

Der erste Strang der Leugnung der Auferstehung bildet drei Hypothesen. Es ist die Betrugshypothese, es ist die Beseitigungshypothese und es ist die Evolutionshypothese. Die Betrugshypotheses sagt, die Jünger wußten sehr wohl, daß Jesus tot war und tot blieb. Aber sie wollten nicht aus dem angenehmen Leben, das Jesus ihnen verschafft hatte, wieder zu ihren früheren Beschäftigungen zurückkehren, und so kamen sie überein, den Leichnam Jesu zu stehlen, irgendwo niederzulegen und dann zu sagen, er ist auferstanden. Diese Betrugshypothese wurde und wird tatsächlich vertreten, und sie steht ja schon im Evangelium. Es ist dieselbe Hypothese, die schon die Gegner Jesu in Palästina aufgebracht haben, und sie wurde immer wieder aufgenommen in der Geschichte. Der bekannteste Vertreter ist Hermann Samuel Reimarus in seinem 6. Fragment, das Gotthild Ephraim Lessing herausgegeben hat. Die zweite Hypothese ist die Beseitigungshypothese. Nicht die Apostel, sondern irgend jemand anderes hat den Leichnam Jesu fortgeschafft, seien es die Juden, seien es Anhänger Jesu, wie Joseph von Arimatäa. Manche sagen sogar, er sei in eine Erdspalte gefallen und deswegen verschwunden. Das ist also die Beseitigungshypothese, die tatsächlich von protestantischen Theologen vertreten wird. Die Evolutionshypothese sagt, und das wird heute von Hunderten von Theologen nachgesprochen: Ein geschichtliches Ereignis ist nicht die Auferstehung Jesu, geschichtlich ist nur der Glaube an die Auferstehung Jesu. Sie spüren sofort den Pferdefuß. Also eine Überzeugung ist geschichtlich, die aber keinen Grund hat, eine grundlose Überzeugung. Die Auferstehungsgeschichten, so sagt die Evolutionshypothese, sind aus der Begeisterung und aus dem Glauben herausgesponnen worden. Die Jünger waren sich einig: So kann es mit Jesus nicht zu Ende gehen, es muß etwas weitergehen, es muß etwas Bleibendes geben, und so haben sie sein Bild verklärt und sind zu der Meinung und zu der Ansicht gekommen, er sei nicht tot, sondern er sei lebendig; er sei wieder lebendig geworden. Religionsgeschichtliche Einflüsse, alttestamentliche Erinnerungen, mythische Gedanken haben zu dieser Meinung geführt, Jesus sei auferstanden. Geschichtlich, so sagt diese Hypothese, ist nicht die Auferstehung, geschichtlich ist nur der Glaube an die Auferstehung.  Eine teuflische Hypothese,  meine lieben Freunde. Das sind die drei Wege, wie man die Geschichtlichkeit der Auferstehung zu erschüttern sucht.

Dann gibt es zwei Hypothesen, die sich anmaßen, die Kirche einer falschen Interpretation gewisser geschichtlicher Ereignisse zu bezichtigen. Da ist vor allem die Scheintodhypothese, die von rationalistischer Seite aufgestellt wird und immer wieder durch den Blätterwald der Zeitschriften, ja sogar der Bücher geht. Die Scheintodhypothese nimmt an, Jesus sei am Kreuze in einen Starrkrampf verfallen, dann habe man ihn ins Grab gelegt. Der Lanzenstich, die Einbalsamierung, die Kühle im Grabe, die Auffrischung durch ein Gewitter haben dafür gesorgt, daß er wieder lebendig wurde, und dann ist er seinen Jüngern begegnet als Wanderer oder als Gärtner, und, wie man immer wieder lesen kann, sei dann in Kaschmir, in Indien, eines natürlichen Todes gestorben. Das ist die Scheintodhypothese.

Die gefährlichere ist die Visionshypothese. Sie geht auf den Altmeister der Bekämpfung des Christentums zurück, auf David Friedrich Strauß. Nach Strauß hat sich in der Zeit nach dem Tode Jesu tatsächlich etwas ereignet. Und was hat sich ereignet? Es haben sich Visionen der Jünger ereignet. Die Jünger hatten Visionen. Sie hatten, wir würden heute sagen: Einbildungen. Sie hatten die Vorstellung, Jesus sei wieder lebendig. Die Psychologie würde von Halluzinationen sprechen, plötzliche Bilder, die man sieht und die aus seelischen Kräften zu erklären sind, die nichts in der Außenwelt haben, was sie hervorruft, nichts extra nos, sondern intra nos, nur innerhalb von uns etwas haben, das dann nach außen projiziert wird. Nun hat aber diese Hypothese ihre Schwierigkeit. Denn die Jünger waren ja zweifellos durch den Tod Jesu niedergeschlagen, deprimiert, verzweifelt. Wie können sie dann in so kurzer Zeit zur Hoffnung kommen, ohne daß etwas passiert ist, was außerhalb ihrer geschehen ist? Wie soll dieser innere Vorgang, der ja eine Entwicklung bedingt, in so kurzer Zeit vor sich gegangen sein? Um dieser Schwierigkeit zu entgehen, sagt die Evolutionshypothese: Die Berichte von Erscheinungen am dritten Tage sind erfunden, sie sind gefälscht. Die Jünger haben sie vorverlegt, in Wirklichkeit liegen die viel später, und es gibt auch keine Erscheinungen in Judäa, sondern nur in Galiläa. In Galiläa kann man Halluzinationen haben, in Judäa dagegen, wo der Herr sein Grab hatte, das wäre gefährlicher, wenn man zugäbe, daß sich auch da Erscheinungen ereignet haben.

Das sind die Hypothesen, also Aufstellungen, Unterstellungen, mit denen die Feinde des Christentums den Glauben der Christen zu erschüttern suchen. Geben Sie sich,  meine lieben Freunde, keiner Illusion hin! Diese Dinge sind in unser Volk abgesunken. Sie werden durch Bücher, durch Schulunterricht, sie werden durch Zeitschriften und Rundfunk- und Fernsehsendungen in das Volk getragen. Einer, der sich dieser Bekämpfung des Christentums angeschlossen hat, ist der Herausgeber des „Spiegel“, der aus Bingen stammende Rudolf Augstein. Und Sie wissen, was das für ein mächtiger Mann ist mit seinem in Millionenauflage unter das Volk geworfenen „Spiegel“. Wir haben also die heilige Aufgabe und die schöne Pflicht, diesen ebengenannten Aufstellungen die Wahrheit des Glaubens entgegenzusetzen. Diese Aufgabe,  meine lieben Freunde, wird uns an den kommenden Sonntagen beschäftigen.

Amen.

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