Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Der Heilsplan Gottes (Teil 3)

8. Februar 1987

Die Erschaffung des Menschen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Seit etwa 100 bis 150 Jahren wird versucht, den Glauben im Namen der Naturwissenschaft aus den Angeln zu heben. Ein besonders beliebtes Feld für diesen Versuch sind die Entstehung und das Wesen des Menschen.

Die Heilige Schrift enthält im ersten Buch, im Buche Genesis, wesentliche und gewichtige Aussagen über den Menschen. Dieses Buch ist entstanden vor tausenden von Jahren. Es ist geschrieben für eine Menschheit, die in einem kindlichen Stadium war, die sich eben erst allmählich durch zahllose Entdeckungen und Erfindungen zu höherer wissenschaftlicher Kenntnis erhoben hat. Zu einfachen Menschen muß man einfach sprechen. Wenn die Erzählungen der Heiligen Schrift in einer abstrakten, in einer mit wissenschaftlicher Sprache aufgeladenen Weise verfaßt worden wären, dann hätten sie ihre ersten Adressaten nicht erreicht. Sie wären von den Menschen jener Zeit nicht verstanden worden. So hat denn der Heilige Geist die biblischen Schriftsteller bewegt, so zu sprechen und so zu schreiben, wie die Menschen, für die sie ihr Werk taten, es auffassen konnten. Das nimmt der Heiligen Schrift nichts von ihrem Wahrheitsgehalt. Es ist unmöglich, meine lieben Freunde, daß die Wahrheit des Glaubens mit sicheren, ich sage noch einmal: mit sicheren Erkenntnissen der Wissenschaft in einen Widerstreit geraten könnte. Beide Wahrheiten kommen aus derselben Quelle, aus Gott, und in Gott ist kein Widerspruch. Wenn es zwischen Glauben und Wissen Widersprüche zu geben scheint, dann ist entweder der Glaube nicht richtig verstanden, oder die Wissenschaft ist voreilig gewesen. Echte Glaubenserkenntnis und wahre Wissenschaft können sich nicht widersprechen. Sie finden sich beide in der Wahrheit, die Gott ist.

Diese Feststellung gilt auch von dem ersten Menschen, den die Heilige Schrift Adam, Erdmann, Mann aus Erde nennt. Es muß einmal einen ersten Menschen gegeben haben. In einem bestimmten Zeitpunkt kann man nicht mehr sagen: Das ist jetzt ein Übergangsprodukt von der Tierwelt zur Menschenwelt, sondern es gab einen historischen Zeitpunkt, wo man sagen mußte: Das ist ein Mensch, das ist ein Wesen, das aus Leib und Seele, und zwar aus einer Geistseele, besteht. Und da setzt eben der Glaube ein, indem er sagt: Es gibt eine besondere, also  nicht aus eigener Kraft entwickelte Entstehung des Menschen. Dieser Zeitpunkt ist da gegeben, wo die Seele , die Geistseele im Menschen lebt. Dafür ist ein schöpferischer Akt Gottes anzunehmen. Die Heilige Schrift deutet das so aus: „Gott schuf den Menschen aus dem Staub der Erde und hauchte ihm den Lebensodem ein.“ Das letztere wird von keinem Tier und von keiner Pflanze gesagt. Der Lebensodem ist also nicht das Leben, das ja auch das Tier und die Pflanze haben, sondern der Lebensodem ist eben etwas, was spezifisch für den Menschen ist, es ist sein Geist. Also die Schrift deutet durchaus die Wesensverschiedenheit von Tierreich und  Menschenwelt an.

Es ist in den letzten Jahrzehnten versucht worden, an die Stelle des Monogenismus den Polygenismus zu setzen, d.h. an die Stelle der Lehre, daß alle Menschen von einem abstammen, von einem Menschenpaar selbstverständlich, die andere, daß es verschiedene Menschenpaare, verschiedene erste Menschenpaare gegeben habe, gewissermaßen einen Stammstrauch, wie man sich ausdrückt. Diese Behauptung ist wissenschaftlich nicht zu belegen. Wir müssen sie aller Wahrscheinlichkeit nach auch als mit dem biblischen, mit dem Glaubensbefund unverträglich ablehnen. Es wird dabei bleiben müssen, daß alle Menschen von einem Menschen, von einem Menschenpaar, das die Heilige Schrift Adam und Eva nennt, abstammen.

Die Wissenschaft spricht nicht gegen diesen Befund, sondern eher dafür; denn so verschieden die menschlichen Rassen auch sein mögen, weiße oder schwarze oder gelbe oder rote, so verschieden die Menschenrassen sein mögen, im Wesen kommen sie alle zusammen. Die Unterschiede zwischen ihnen sind nicht so groß, daß man jeweils einen verschiedenen Stammvater annehmen müßte. Der Körper und die Seele aller Menschen sind im Wesentlichen gleich. Unterschiede treten auch innerhalb der einzelnen Rassen auf, und die jetzt vorfindlichen Verschiedenheiten erklären sich durch Umwelt- und Klimaeinflüsse. Selbstverständlich gibt es innerhalb der Rassen, aber im Rahmen der Rasse bleibend, auch Mutationen. Das alles genügt, um die Verschiedenheit der verschiedenen Menschenrassen zu erklären. Der Körperbau ist derselbe, die Pulsfrequenz ist dieselbe, die Krankheitsfähigkeit ist dieselbe, aber auch die geistige, intellektuelle Fähigkeit ist grundsätzlich dieselbe, auch wenn sie da weniger ausgebildet ist als dort.

Eine Schwierigkeit besteht in der Sprache. Es ist bisher nicht gelungen, alle verschiedenen Sprachen der Menschen auf eine gemeinsame Sprache zurückzuführen. Es gibt Sprachstämme, aber die Ursache der Entwicklung ist bisher durch die Wissenschaft noch nicht entdeckt worden. Doch müssen wir die Meinung ablehnen, daß es einen Sprachstamm gibt, der sich durch Anfügung von Silben zu den heutigen Sprachen entwickelt hat.

Die Entstehung der Menschheit aus einem Menschen, die Abstammung von Adam, dem Erdmann, ist also wissenschaftlich keineswegs bestreitbar. Wenn Sie die Samstagsnummer der großen Wochenzeitung DIE WELT gelesen haben, dann finden Sie in dieser Nummer eine neue wissenschaftliche Aussage, die die Abstammung von einem Menschenpaar wahrscheinlich macht. Die Menschenentstehung ist geknüpft an die Seele. Und wie der erste Mensch durch die Seele zum Menschen wurde, so ist es auch heute. Wir wissen, daß die Eltern bei der Entstehung des Menschen eine ganz entscheidende Rolle spielen. Die Menschen sind von Gott in sein Schöpfungswerk aufgenommen, die Eltern schaffen durch die Zeugung an seinem Schöpfungswerk mit. Aber es ist nicht anzunehmen, daß die Eltern bei der Zeugung außer dem Leib auch die Seele erzeugen, sondern es ist kirchliche Lehre, daß die Seele in dem Augenblick, in dem der Mensch entsteht, von Gott jedem Körper eingeschaffen wird. Der letzte Zeitpunkt, wann der Mensch entsteht, was zeitweilig umstritten. Infolge ungenügender biologischer Kenntnisse hat man die Entstehung des Menschen angesetzt auf den 40. Tag nach der Zeugung, oder auf den 80. Tag. Wir wissen heute, daß der Mensch dann entsteht, wenn sich Ei- und Samenzelle vereinigen. In diesem Augenblick ist anzunehmen, daß die Seele von Gott eingeschaffen wird. Das ist die Lehre vom Kreatianismus im Unterschied zum Generatianismus. Es hat Männer gegeben und gibt sie vielleicht heute noch – ich denke an den Herrn Metz in Münster –, die behaupten, man müsse den Generatianismus vertreten, d.h. die Lehre, daß die Eltern nicht nur den Leib, sondern auch die Seele erzeugen. Diese Meinung bringt die größten Schwierigkeiten mit sich. Sie verfehlt sich einmal gegen die Verschiedenheit von Leib und Seele. Wie soll ein Akt, der im wesentlichen stofflich bestimmt ist, ein geistiges Prinzip hervorbringen können? Diese Schwierigkeit wird von Frohschammer und anderen, die den Generatianismus vertreten haben, nicht gelöst. Außerdem hat die Kirche immer jede Abtreibung der Leibesfrucht, in welchem Zeitpunkt sie auch geschah, verurteilt. Auch hat die Kirche immer angeordnet, daß jede lebendige Leibesfrucht, in welchem Stadium sie auch zum Vorschein kam, getauft werden müsse. Das läßt sich eben nur dadurch erklären, daß von dem Zeitpunkt an, in dem sich die beiden Zellen vereinigen, die Seele das Prinzip des Lebens, die forma corporis geworden ist.

Aus dieser Wahrheit, meine lieben Freunde, ergeben sich gewichtige Folgerungen für die Achtung vor dem Leben, für die Achtung auch vor dem ungeborenen Leben, ergeben sich wichtige Folgerungen für die Einheit des Menschengeschlechtes. In der Heiligen Schrift wird die Entstehung der Eva aus Adam so beschrieben, daß Gott einen Schlaf über Adam kommen ließ und daß er aus einer Rippe der Seite Adams Eva bildete. Niemand kann der Meinung sein, daß damit das Wie, die Weise der Entstehung der Frau beschrieben werden soll,  sondern mit der Erzählung, daß die Eva aus der Rippe des Adam genommen ist, sollen zwei Dinge ausgesagt werden, einmal, daß die Idee des Menschen, wie sie in Adam vorliegt, maßgeblich ist für alle Menschen, denn er ist eben der Mensch, der Urmensch, der Idealmensch; und zum anderen, daß die Menschheit eine Einheit bildet, daß auch Mann und Frau eine Einheit bilden, zumal wenn sie sich in der Ehe zusammenschließen. Die Zugehörigkeit von Mann und Frau, sie soll durch diese Beschreibung der Entstehung der Frau ausgesagt werden. Schon Augustinus, also im 4. und 5. Jahrhundert, hat das wörtliche Verständnis dieser biblischen Aussage als eine allzu kindliche Verstehensweise abgewiesen.

Wir brauchen also weder an der Wahrheit der Schrift noch an den gesicherten Ergebnissen der Naturwissenschaften irre zu werden. Beide konvergieren. Die ganze Erkenntnis führt immer zu Gott. Nur die halbe Erkenntnis führt zum Teufel.

Amen.

Schrift
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