Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
16. November 2014

Die Feinde des Kreuzes Christi

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„Ich habe euch schon oft gesagt, was ich jetzt unter Tränen wiederhole: Viele wandeln als Feinde des Kreuzes. Ihr Ende ist Verderben, ihr Gott ist der Bauch, ihr Ruhm besteht in ihrer Schande, ihr Sinnen geht auf das Irdische. Unser Wandel aber ist im Himmel.“ Paulus spricht hier von den Feinden des Kreuzes Christi. Wer ist damit gemeint, und was ist unter dem Kreuz zu verstehen? Unter dem Kreuz verstehen wir zunächst einmal die Balken, an denen der Herr aufgehängt und zu Tode gebracht wurde. Aber vor allem verstehen wir unter dem Kreuz die Leiden, die der Herr in seiner Passion und in seinem Sterben durchlitten hat. Wir verstehen unter dem Kreuz das heilige Leiden, durch die der Herr Jesus uns unsere Erlösung verdient hat. „Jesus Christus hat, als wir Feinde Gottes waren, wegen der übermäßigen Liebe, mit der er uns liebte, durch sein heiliges Leiden am Holz des Kreuzes uns die Rechtfertigung verdient und für uns Genugtuung geleistet“, so fasst das Konzil von Trient den Inbegriff des Kreuzes zusammen. Er hat uns die Rechtfertigung verdient und Genugtuung geleistet. Seitdem sprechen wir: „Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien dich, denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt erlöst.“ Das Kreuz ist seitdem der Inbegriff des Christentums. Es schließt alle Gnade und Wahrheit, alles Leben und alle Verheißung, alle Gebote, aber auch alle Drohungen in sich. Das Christentum ist die Religion des Kreuzes. Als Kreuz werden schließlich auch die Leiden bezeichnet, die uns auf dieser Erde auferlegt werden. Sie sind notwendig, ja unentbehrlich, denn der Christ muss am Kreuze Christi Anteil gewinnen, wenn er das Heil erwerben will. Der Herr hat es deutlich ausgesprochen: Wir können nur seine Jünger sein, wenn wir unser Kreuz auf uns nehmen und ihm nachfolgen. Christentum ohne Kreuz das wäre ein Buch ohne Inhalt, ein Leib ohne Seele, ein Leben ohne Ziel. Ein Christentum ohne Kreuz gibt es nicht. Erst das Kreuz macht unseren Glauben zur wahren Religion. Sowohl das Kreuz auf Golgotha, kraft dessen das Christentum die einzig wahre Erlösungsreligion ist, als auch die Kreuze im eigenen Leben, die erlöserische Kraft in sich tragen. Ohne Kreuz keine Erlösung, ohne Erlösung keine wahre Religion. Das Christentum ist die Religion des Kreuzes. Wer das Kreuz aus dem Leben des Christen entfernen will, der zerstört das Christentum. So unglaublich es klingt: Das ist wiederholt von Theologen versucht worden. Von dem berühmten evangelischen Theologen Adolf von Harnack stammt das Wort: „Tod und Auferstehung Jesu gehören nicht zum Wesen des Christentums.“ Ich habe mich nicht versprochen! „Tod und Auferstehung Jesu“, so sagt Harnack, „gehören nicht zum Wesen des Christentums.“ Aber Tod und Auferstehung Jesu sind doch der Inhalt des Kreuzes. Wer also Tod und Auferstehung aus dem Christentum entfernt, der entfernt das Kreuz aus dem Christentum. „Viele“, so klagt Paulus, „wandeln als Feinde des Kreuzes.“ Es ist ein Widersinn, die wahre Religion ohne Kreuz haben zu wollen. Und Paulus ist mit Schmerz erfüllt: „Ich sage es jetzt unter Tränen, dass es Feinde des Kreuzes unter den Christen gibt.“ Er meint nämlich nicht zuerst die Ungläubigen und die Heiden, nein, er meint die Christen, die als Feinde des Kreuzes wandeln. Und er zählt vier Merkmale auf, welche die Feinde des Kreuzes kennzeichnen:

1. ihre Weltanschauung

2. ihre Lebensweise

3. ihr Denken und

4. ihre Aussicht.

Erstens: Ihre Weltanschauung. Das Entscheidende, was den Feind des Kreuzes ausmacht, ist eine Vorstellung von Gott, die falsch ist. Der heilige Paulus sagt es klar und deutlich: „Ihr Gott ist der Bauch.“ Was meint er damit? Nun, zunächst einmal sind damit die Menschen gemeint, die nur an Essen und Trinken, Vergnügen und Arbeit denken und sonst nichts anderes haben. Es ist ja doch so weit gekommen in unserer Gesellschaft, dass Essen und Trinken eine immer größere Rolle im täglichen Leben spielen. Hier in dieser Gemeinde wird kaum ein religiöser Anlass zu finden sein, an dem nicht ein Umtrunk stattfindet oder ein Imbiss gereicht wird. „Bauch“ ist natürlich auch eine Bezeichnung für die geschlechtliche Ausschweifung, die ja in unserer Gesellschaft maßlos geworden ist: So früh wie möglich, so oft wie möglich, so lange wie möglich. „Bauch“ ist aber auch ein Gott für jene, die sich von Gott und der Kirche nichts sagen lassen, die selber bestimmen, was gut und böse ist. Der heilige Paulus verurteilt alle, die sich selbst für Gott halten, alle, die glauben, die Erlösung sich selbst verschaffen zu können. Feinde des Kreuzes sind jene, die ihre eigenen Vorstellungen vor die objektive Wahrheit stellen, die ihren Willen höher als das Gebot Gottes stellen, die ihre Ansichten für ein Gesetz halten. Wer so zu denken anfängt, der ist in Gefahr, dass der „Bauch“ sein Gott wird. Man kann allemal sagen: Der Feind des Kreuzes passt die objektive Wirklichkeit seinen Wünschen an. Das ist genau, was die beiden Kardinäle Kasper und Marx tun. Sie wollen die sittlichen Normen den schlimmen Verhältnissen, wie sie nun einmal sind, anpassen. Weil sich viele Menschen nicht mehr an die Gebote Gottes halten, wollen sie die Gebote ändern. Wenn einer lange genug in einer ungültigen Ehe lebt und darin zu Unrecht eheliche Rechte beansprucht und ausübt, dann soll er das nach geraumer Zeit unbedenklich und erlaubt tun dürfen. Das ist die Verkehrung der Botschaft Christi! Das ist der Übergang in das Lager der Feinde Christi! Der Feind des Kreuzes verfälscht die Wahrheit. Dagegen der Liebhaber des Kreuzes unterwirft sich der Wahrheit. „Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Was heißt denn: sich verleugnen? Das heißt: tun, was du nicht willst, und aufgeben, was du gern möchtest.

Das zweite Merkmal der Feindschaft gegen Christi Kreuz formuliert der Apostel Paulus so: „Ihr Ruhm besteht in ihrer Schande.“ Damit wird gesagt: Die Feinde des Kreuzes Christi unterscheiden nicht mehr das Laster von der Tugend. Sie haben keine Vorstellung, keine klare Vorstellung mehr von der Sünde. „Sie trinken das Unrecht wie Wasser“, wie es im Buche Hiob heißt. Und in ihrer Verkehrtheit rühmen sie sich sogar ihrer Schlechtigkeit. Wie sagte doch der Regierende Bürgermeister von Berlin: „Ich bin schwul, und das ist gut so.“ Das tun alle die, die sich dem Laster ergeben haben und ihres Lasters auch noch rühmen. Udo Jürgens, ein bekennender Atheist, sagt: „Die Ehe ist nach zwei Scheidungen für mich erledigt.“ „Treu bin ich nicht gewesen“, sagt er – Udo Jürgens, das Idol von vielen. Alfred Biolek outet sich als Homosexueller. Joachim Fuchsberger ist bekennender Agnostiker. Thomas Hitzlsperger, der Fußballer, ist Homosexueller. Sie behaupten, Laster und Verkehrtheiten seien nichts Schlimmes, das sei alternative Lebensweise. Da diese Feinde des Kreuzes Christi in unserer Gesellschaft die Oberhand haben, weil sie die Öffentlichkeit beherrschen, erklärt selbst der Staat die Schande des Lasters und alle möglichen Perversitäten für straffrei. So ist es in Deutschland gekommen. In den dreißiger Jahren bis nach dem Krieg lehrte in München der berühmte Psychiater Oswald Bumke, ein evangelischer Christ. Ich habe ihn selbst noch erlebt. Oswald Bumke hat einmal gesagt: „Die Homosexualität ist zu allen Zeiten eine der bedenklichsten Entartungserscheinungen gewesen, die wir unter den Symptomen einer niedergehenden Kultur mit großer Gesetzmäßigkeit antreffen.“ Der Ruhm der Feinde Christi besteht in ihrer Schande. Ihr Lebensstil ist die neue Moral – von manchen als autonome Moral bezeichnet. Autonome Moral ist ein Widerspruch in sich. Wer sich selbst das Gesetz gibt, d.h. ja autonom, der ist kein rechter Gesetzgeber. Jede normale Moral ist heteronom, jedes Gesetz stammt von einem bevollmächtigten und dazu berufenen Gesetzgeber. Und wir wissen es: Das ist unser Gott und Heiland. Die Antwort, die wir den Feinden des Kreuzes Christi geben, ist: Unser Ruhm ist im Herrn. „Wer sich rühmen will“, sagt der Apostel Paulus, „der rühme sich im Herrn.“ Und worin rühmen wir uns? Wir rühmen uns des Kreuzes des Herrn. In seinem Schreiben an die Galater jubelt der Apostel Paulus: „Er hat mich geliebt und sich für mich dahingegeben.“ Das ist unser Ruhm: Er hat mich geliebt und sich für mich dahingegeben.

Drittens enthüllt der heilige Paulus auch die Absichten, das innere Denken der Feinde des Kreuzes. „Ihr Sinnen geht auf das Irdische.“ Gemeint ist: nur auf das Irdische. Ihr Hauptsorge, ihre Hauptbeschäftigung und die meisten Gedanken wenden sie dem Zeitlichen, dem Vergänglichen, dem Zeitgemäßen, dem Modernen zu. Dabei ist das Kreuz natürlich ein Störfaktor. Ein Störfaktor, den man abschieben möchte. Das ist eine Versuchung auch für uns. Sogar der Apostel Petrus hat diese Versuchung erlebt. Jesus begann seinen Jüngern klarzumachen, er müsse nach Jerusalem gehen, vieles erleiden und getötet werden. Der Herr wollte den Jüngern die Notwendigkeit seines Leidens zeigen. Und wie reagierte der erste der Apostel? Da nahm Petrus den Herrn beiseite, machte ihm Vorhaltungen und sagte: „Das möge Gott verhüten, Herr, das darf dir nicht widerfahren.“ Ihr seht, wie irdisch Petrus noch gesinnt war. Er sprach wie ein Feind des Kreuzes zu Jesus. Jesus aber wandte sich um und sagte zu ihm: „Weg von mir, Satan! Du sprichst die Gedanken der Menschen, nicht die Gedanken Gottes.“ Das irdische Denken richtet sich immer gegen das Kreuz. Christus warnt uns: „Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir nachfolgt, der kann mein Jünger nicht sein.“ Wer also kein Freund des Kreuzes ist, ist auch kein Freund Christi. Dabei macht es nichts aus, ob solche Personen hohe Funktionen in der Kirche ausüben. Es trifft nicht zu, wenn der Erzbischof von Köln, Woelki, zu der aktuellen Diskussion meint, beide Seiten – also die Herren Kasper und Marx auf der einen Seite und die Rechtgläubigen auf der anderen Seite – hätten gute Argumente. Nein, die Argumente von Kasper und Marx sind nicht gut. Sie stammen nicht aus dem Glauben, sie stammen aus dem Lebensgefühl der Massen. Sie stammen aus den Ansichten einer aus den Fugen geratenen Welt. Es gibt leider auch Katholiken, die in Wirklichkeit keine mehr sind, weil sie nichts mehr vom Kreuz wissen wollen. Sie wollen nichts davon wissen, dass sie ihren Hass, ihren Ehrgeiz, ihre Sinnlichkeit, ihre Habsucht ans Kreuz heften müssen, d.h. sich selbst abtöten, dem Kreuze unterwerfen müssen. Es ist traurig, es ist zum Weinen, wie der Apostel sagt. Der Christ muss das Kreuz nicht nur in der Theorie, sondern auch in seinem Lebenswandel bejahen. Der heilige Johannes Chrysostomos hat einmal geschrieben: „Nichts ist an einem Christen so unpassend und störend, wie das Streben nach Bequemlichkeit und Ruhe. Denn das Kreuz verlangt eine kampfbereite und mutige Seele.“ Das Buch von der „Nachfolge Christi“ sagt dasselbe, wenn es schreibt: „Wenn du nichts Unangenehmes leiden willst, wie kannst du dann ein Freund des leidenden Christus werden?“ Und unser schlesischer Dichter Johannes Scheffler hat es in Reimen ausgesprochen:

„Das Kreuz zu Golgotha kann dich nicht von dem Bösen,

wo es nicht auch in dir wird aufgerichtet, erlösen.“

Das Kreuz ist ein Gesetz. Es predigt Abtöten und Kampf, und gerade dadurch werden wir frei. Frei von unserer niederen Natur, keine Sklaven des Essens und Trinkens, der Geschlechtlichkeit, des Besitzes, keine Sklaven der irdischen Gelüste, meine lieben Freunde, sondern „mir ist die Welt gekreuzigt“, sagt der heilige Apostel Paulus. Und dadurch wird man frei. „Wenn ihr durch den Geist die Triebe des Fleisches tötet, werdet ihr leben.“ Und noch einmal das Buch von der „Nachfolge Christi“, in dem ich jeden Tag lese, da heißt es: „Siehe, zweifache Freude gibt es nicht für dich; hier die törichten Freuden der Welt töricht mitgenießen und dort mit Christus herrschen, siehe, das kannst du nicht.“

Nachdem der Apostel Paulus die Weltanschauung, die Lebensweise und das Denken der Feinde des Kreuzes gekennzeichnet und beschrieben hat, kann es nicht überraschen, wie er ihr ewiges Los schildert: „Ihr Ende ist Verderben.“ Wer nach dem Fleische lebt, der wird das ewige Leben nicht besitzen. Die Abneigung gegen das Kreuz, die Feindschaft gegen das Kreuz kommt vom Bösen. Und wer ihr nachgibt, der liefert sich selbst dem Teufel aus. Der Apostel Paulus fragte einmal die Gemeinde von Korinth: „Wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht besitzen werden? Täuschet euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lüstlinge noch Knabenschänder noch Diebe noch Geizige noch Säufer noch Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes besitzen.“ Was den Weg in das Reich Gottes eröffnet, ist das Gegenteil von alldem: die entsprechenden Tugenden. Darum ist es notwendig, in Freundschaft mit Christus zu leben und sein Erlöserkreuz innig zu lieben. „Trägst du das Kreuz, trägt dich das Kreuz.“ Eine Erfahrung, meine lieben Freunde, die jeder im Leben machen kann. Trägst du das Kreuz, trägt dich das Kreuz. Dann entfaltet das Kreuz seine geheime Segenskraft, wenn du das Kreuz trägst. Es ist kein Heil der Seele, keine Hoffnung auf ewiges Leben außer im Kreuz. Wenn wir uns verleugnen, wenn wir das Kreuz auf uns nehmen, werden wir Christus ähnlich. Er gestaltet uns mit seiner Gnade um. Dann werden wir auch einmal Christus, dem Sieger, ähnlich werden. Wir werden Anteil erhalten an seinem Triumph.

Amen.

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