Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. Januar 2014

Treu im neuen Jahr

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Ein neues Jahr hat begonnen. Nachdenklich und sinnend schauen wir auf den Kalender mit seinen vielen Blättern. Was wird es uns bringen? Was wird es uns nehmen? Wir wissen es nicht. Gott weiß es, aber er sagt es uns nicht. Es ist offenbar besser für uns, nicht zu wissen, was die Zukunft für uns bereithält, als es zu wissen. Eines aber sagt er uns: Sei treu in dem begonnenen neuen Jahr, treu deinem Gotte. Viele Male und auf mancherlei Weise hat Gott einst zu den Vätern geredet durch die Propheten. Zuletzt aber, in der Fülle der Zeit, hat er zu uns gesprochen durch seinen Sohn. Christus, der menschgewordene Gott, ist das Wort Gottes, das letzte, das endgültige, das nicht überholbare Wort Gottes. In ihm ist alles gesagt. „Ihn sollt ihr hören“, so hat uns der Herr bei der Taufe und auf dem Berge Tabor gelehrt. Ihn sollt ihr hören. Wir hören ihn im Glauben. Der Glaube ist die Übergabe an Gott mit der ganzen Persönlichkeit und gleichzeitig das Fürwahrhalten seiner Offenbarung. Eines und das andere sind untrennbar miteinander verbunden. Der Glaube ist ein Gnadengeschenk, das Gott uns gibt; wir können es verlieren. Paulus macht seinen Schüler Timotheus darauf aufmerksam: „Kämpfe den guten Kampf gläubig und mit reinem Gewissen. Schon manche haben die Stimme ihres Gewissen missachtet und Schiffbruch am Glauben erlitten.“ Um im Glauben zu leben, zu wachsen und zu verharren, müssen wir ihn nähren und Gott bitten, ihn zu mehren. Wir nähren den Glauben, indem wir darüber nachdenken, indem wir den Katechismus lesen, indem wir die Heilige Schrift zur Hand nehmen, indem wir die Predigt besuchen. Bei jedem Rosenkranz bitten wir den Herrn: mehre meinen Glauben, so wie die Jünger gebet haben: Stell uns Glauben hinzu. Lassen Sie sich nicht irre machen, meine lieben Freunde, weder von den Feinden des Glaubens noch von irrlichternden Theologen. Was einmal wahr ist, bleibt immer wahr. Die Wahrheit ändert sich nicht!

Treu im Glauben, treu auch im Gebet. Gebet ist die Erhebung der Seele zu Gott. Gebet verbindet uns mit Gott. Im Gebet strömt die Gnade in unser Herz. Das Gebet schützt uns vor den Feinden des Heiles. Gebet ist lebensnotwendig. Deswegen: sich Zeit nehmen für das Gebet, ausgiebig beten, gesammelt beten, innig und innerlich beten. Die Kirche bietet den Gläubigen in regelmäßigem Takt Gebete an, die sich wiederholen, die täglichen Gebete: das Morgengebet, das Abendgebet. Ein Tag ohne Morgen- und ohne Abendgebet ist gleichsam ein gottloser Tag. Auch die Tischgebete sind wichtig. Am Anfang des 3. Jahrhunderts schreibt der Kirchenschriftsteller Tertullian: „Wir versammeln uns nicht zum Mittagessen, ohne dass wir vorher und nachher beten“ – am Anfang des 3. Jahrhunderts.

Treu im Gottesdienst. Kein Sonntag ohne Messe. Die Feier des Gottesdienstes, die Feier des Sonntags hält sich an die sittliche Vorschrift, die dem Menschenherzen von Natur eingegeben ist, nämlich Gott einen sichtbaren, öffentlichen und gemeinsamen Kult zu erweisen. Der Sonntag hebt die Menschen über sich hinaus. Ich habe als Knabe die Dichtungen des Arbeiterdichters Heinrich Lersch gelesen. Heinrich Lersch war Kesselschmied, aber auch ein Dichter. Und er hat als gläubiger katholischer Christ den Sonntag gefeiert. „Wie hätten wir dieses Leben ertragen“, schreibt er in einem seiner Gedichte, „wenn nicht der Sonntag die Türen aufgeschlagen. Da waren wir alle gleich an der Kommunionbank.“ Die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst nimmt Bezug auf unsere Zugehörigkeit und Treue zu Christus. Wir bestätigen damit unsere Gemeinschaft im Glauben und in der Liebe. Wir bezeugen die Heiligkeit Gottes und unsere Hoffnung auf das Heil. Wir bestärken einander unter der Leitung des Heiligen Geistes. In unserer Gemeinschaft nimmt die Treue zum Gottesdienst noch einen besonderen Charakter an. Wir feiern die Messe im ehrwürdigen Ritus der frühen Kirche, zuletzt geordnet durch Papst Pius V.. Dieser Gottesdienst stellt erhöhte Anforderungen an die Teilnehmer. Jeder von uns betet gemeinsam mit dem Priester, jeder verrichtet aber auch eigene, persönliche Gebete. Das ist die Eigenart dieses Ritus, dass in ihm der Einzelne zum Gebet kommt, dass Zeiten ausgespart werden, in denen er seine eigenen, persönlichen Anliegen vor Gott bringen kann. Unser Gottesdienst atmet Erhabenheit und Ehrfurcht. Der Heilige Vater, Benedikt XVI., hat die Feier der Messe Pius V. neben den Ritus Pauls VI. gestellt, in weiser Absicht. Er wollte nicht – wie manche auch auf Bischofstühlen meinen – er wollte nicht die Nostalgie, also die Sehnsucht nach dem Vergangenen, damit befriedigen. Nein, er wollte Leben für die Gegenwart schaffen. Er wusste – Benedikt XVI. wusste es wie kein anderer – er wusste, dass der neue Ritus ausgedünnt und erdbezogen ist. Und deswegen hat er den Ritus Pius V. als Korrektiv und Ergänzung neben ihn gestellt. Es gibt Menschen, die unsere Messfeier ablehnen und bekämpfen; sie möchten sie ausrotten. Ein Mainzer Pfarrer sagte: „Diese alte Messe kommt in meine Kirche nur über meine Leiche.“ Um diese Absicht zunichte zu machen, ist es notwendig, dass Sie, meine lieben Freunde, gewissenhaft und treu zu der Messfeier im sog. tridentinischen Ritus stehen. Bleiben Sie ihm nicht leichthin fern. Ziehen Sie ihm möglichst nichts vor. Sorgen Sie dafür, dass unser Gottesdienst nicht ausstirbt. Viele von uns haben bereits diese Erde verlassen. Sie sind unserem Herze nahe, weil wir ja in jeder heiligen Messe für sie beten. Aber es wäre wünschenswert, dass Zufluss kommt. Dass Menschen zu uns finden, weil sie die Größe und die Herrlichkeit und die Unersetzlichkeit dieses Ritus’ begreifen.

Treu im Besuch der heiligen Messe, treu auch im Empfang der heiligen Sakramente. Gott hat uns diese Gnadenzeichen geschenkt. Sie sollen uns begleiten vom ersten Schrei des Neugeborenen bis zum letzten Atemzug des Sterbenden. Seien wir dankbar. Benutzen wir sie in der rechten Weise, in der erforderlichen inneren Verfassung. Ich weiß, dass kein einziger unserer Gottesdienstbesucher die heilige Beichte versäumt. Alle Menschen, die diese tridentinische Messe besuchen, sind treue, regelmäßige Beichter – Gott sei es gedankt. Das Bußsakrament ist ja das Ostergeschenk des Heilandes. Ich bin um das Heil eines Menschen nicht besorgt, wenn er in jedem Jahre fünfmal beichtet: Ostern, Pfingsten, Mariae Himmelfahrt, Allerheiligen, Weihnachten. Wer das tut, um dessen Heil sorge ich mich nicht. Das Bußsakrament ist Gewissenspflege im besten Sinne des Wortes. Es ist ein Ventil für Lebensunlust und Lebensüberdruss, für den furchtbaren Druck der Schuld. Wir katholischen Christen besitzen das eucharistische Opfersakrament. In einer fremden Gestalt wird unser Herr und Heiland gegenwärtig und schenkt sich uns mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut, mit Gottheit und Menschheit, wie das Konzil von Trient bleibend gültig erklärt hat. Gehen wir gut vorbereitet zur heiligen Kommunion. Nehmen wir den auf, der mit uns durch das Leben geht und der nicht von uns weicht, wenn der Tod an die Tür unserer Wohnungen klopft.

Treu dem gewaltigen Gott wollen wir sein, treu auch den Menschen, die uns anvertraut sind: den Eltern, den Gatten, den Geschwistern, den Kindern. Sie sind uns verbunden durch Abstammung oder durch Weihung. Diese Zugehörigkeit verpflichtet zur Treue in guten wie in schlimmen Tagen. Sehen wir nicht auf die Schwächen der uns Anvertrauten, sehen wir darauf, dass sie uns übergeben sind. Gott wird uns beim Gericht fragen: Wie bist du mit den Deinen umgegangen? Hast du sie angenommen im Herrn? Treu auch deinem Kameraden. Er geht und steht an unserer Seite. Wir erwarten von dem Kameraden, dass er uns beisteht. Seien wir aber auch zuverlässig, wenn es ihm notwendig ist, eine Hilfe zu suchen. Wenn er nach unserer Hand tastet, dann wollen wir ihn nicht verlassen, den Kameraden.

Treu unserem Beruf. Durch unermüdliche Arbeit, meine Freunde, zum eigenen Nutzen und zum Wohl des Nächsten sollen wir Gottes Auftrag erfüllen. Im Beruf sollen wir aushalten und uns bewähren. Die tägliche Mühe will für Gottes Ehre und zum Heil der Menschen gewissenhaft geleistet werden. Die Menschen sollen in unserer Berufserfüllung spüren, dass wir aus höchster Motivation arbeiten. Arbeit ist eine Ehre; wir werden dadurch zu Mitarbeitern Gottes. Arbeit ist das Mittel der Erlösung; es ist eine Sühne. Arbeit ist das beste Mittel der Selbstheiligung, denn es vervollkommnet uns die Arbeit. Welche Ehre, welche Freude, was für eine adelige Berufung ist es, arbeiten zu dürfen. Es ist ein Glück, sein Tagewerk verrichten zu dürfen.

Schließlich seien wir auch treu im neuen Jahre unserem Christenstande. Wir Christen sind ja für die Sünde tot, leben aber für Gott in Christus Jesus. Durch die Taufe sind wir ihm eingegliedert. Durch die Sakramente der Wiedergeburt sind wir Kinder Gottes geworden, haben, so sagt es Petrus in seinem 2. Brief, „Anteil an der göttlichen Natur“. Mehr konnte Gott nicht geben, mehr wusste er nicht zu geben – Anteil an der göttlichen Natur. Im Glauben sind wir uns dieser neuen Würde bewusst, und müssen jetzt auch so leben, wie es dem Evangelium entspricht. Das Leben eines Christen unterscheidet sich eben vom Leben eines Nichtchristen. Es ist der Glaube, der in der Liebe tätig ist. Das Werk der Erlösung ist die Richtschnur für unsere Lebensführung. Mit dem Leibe wandeln wir auf Erden, mit dem Herzen wohnen wir im Himmel. Wir suchen die Größe nicht im Reden, sondern im Leben, schreibt Minucius Felix am Anfang des 3. Jahrhunderts. Wir suchen die Größe nicht im Reden, sondern im Leben. Des katholischen Christen charakteristisches Zeichen ist, nicht dass er von der Religion redet, sondern dass er sie lebt.

Am Anfang des neuen Jahres, meine lieben Freunde, wollen wir unser Vertrauen auf Gott erneuern. Gott ist treu. Seine Vorsehung waltet über uns. Er verlässt uns nicht. Wir kennen nicht die Wege, die er uns führen wird, aber wir wissen das Ziel: Er ruft uns in seine ewige Herrlichkeit.

Amen.

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