Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
22. März 2009

Die Eucharistie, Quelle der Freude und der Kraft

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Unser Heiland hat Verständnis für die irdischen Bedürfnisse der Menschen. Die Massen, die zu ihm gekommen waren, hatten Hunger, und er stillt diesen Hunger mit einem unaussprechlichen Wunder. Die Menschen waren zweifellos dankbar, und deswegen haben sie gleich am nächsten Morgen sich wieder zu ihm begeben, weil sie hofften, erneut von ihm gesättigt zu werden. Aber der Herr denkt nicht nur an die irdischen Bedürfnisse der Menschen, sondern auch an ihre himmlische Berufung. Und deswegen sagt er zu ihnen: „Ihr seid gekommen, weil ihr gestern von dem Brot, von dem guten Brot, gegessen habt. Ich aber bitte euch, ich mahne euch: Kümmert euch um die Speise, die für das ewige Leben fortwirkt und von der man nicht mehr hungrig wird.“ Das ist ja immer die Gefahr, in der wir Menschen uns befinden, nämlich über den irdischen Bedürfnissen die himmlische Ausrichtung zu vergessen. Der Herr kennt die irdischen Bedürfnisse, aber er verpflichtet uns auf das himmlische Ziel. Er sagt zu den Massen: „Sorgt euch nicht um die Dinge, die immer wieder hungrig machen, sondern kümmert euch um das Brot der Seele, um das Brot vom Himmel, das ich selbst bin und das ich euch darreiche.“ Denn dieses Brot macht das wahre Glück des Menschen aus. Und das soll das Thema unserer heutigen Überlegung sein, nämlich das Glück, das die wunderbare Seelenspeise, die heilige Kommunion, uns verschafft. Denn die Kommunion ist eine Quelle der Freude, ein Geheimnis der Kraft und ein Unterpfand der künftigen Herrlichkeit.

Eine Quelle der Freude ist die heilige Kommunion. Sie stillt den Glückshunger der Menschen nach Gott. Ich höre die Mahnung aus dem Buche der Nachfolge Christi: „Was der Zeit unterworfen ist, das gebrauche. Was ewig ist, danach strebe! Es kann dich doch kein zeitliches Gut sättigen, denn du bist nicht geschaffen, das Zeitliche zu genießen.“ Ist es wirklich so, meine Freunde, was hier in der Nachfolge Christi steht: „Es kann dich doch kein zeitliches Gut sättigen, denn du bist nicht geschaffen, das Zeitliche zu genießen“? Stimmt es, dass die Menschen nach Gott verlangen? Ist es wahr, dass jedes Herz unruhig ist, bis es ruht in Gott? Es sieht nicht so aus. Viele Menschen scheinen ohne Gott, ohne Gebet, ohne Gottesdienst, ohne Glauben auszukommen. Sie falten die Hände nicht, und sie betreten das Haus Gottes nicht. Sie trachten nicht nach dem Himmel, sondern sie begnügen sich mit der Erde. Es hat den Anschein, sie sehnen sich nicht nach Gott; sie brauchen Gott nicht. Die Geschöpfe reichen aus, um sie glücklich zu machen. Wie kommt es, dass es Menschen gibt, die allein in den Genüssen der Erde ihre Befriedigung suchen, die nicht nach Gott ausschauen? Wie kommt es? Der Grund ist darin gelegen, dass die Menschen ihre natürliche Verwiesenheit auf Gott mißachten, übergehen, unterdrücken. Wer sich mit Essen und Trinken, mit Arbeit und Vergnügen ausgefüllt vorkommt, der hat seine Seele systematisch verkümmern lassen. Der Mensch hat eine religiöse Anlage, aber er kann sie unterdrücken. Es ist möglich, dass die Menschen ihre religiöse Anlage nicht pflegen. Sie entfernen sich von jeder religiösen Praxis. Ich habe einmal einen Fleischermeister getroffen, der sagte, er könne nicht mehr das Vaterunser beten. Sie sind der Religion entwöhnt, sie haben Gott vergessen. Sie sind fertig mit Gott. Aber Gott ist nicht fertig mit ihnen! Der Mensch bleibt auf seinen Schöpfer und sein Ziel hingerichtet, und diese Ausrichtung macht sich unweigerlich bei der einen oder anderen Gelegenheit bemerkbar. Diese Menschen wehren sich gegen die Erinnerung an Gott, aber Gott läßt sich immer wieder erinnert werden. Ich habe einmal erlebt in einer Bank in Mainz, wie ein Herr die Angestellten rügte, weil sie an ihrem Arbeitsplatz eine Adventskerze aufgestellt hatten. Ihn störte die Adventskerze. Sie störte sie, weil sie ihn an Gott erinnerte. Ich war auch einmal Zeuge beim Mittagessen in einem Gasthaus, wie ein Mann in Erregung geriet, als die Glocken der benachbarten Kirche anfingen, zum Engel des Herrn zu läuten. Das Glockengeläut störte ihn. Der Ruf zum Gebet war ihm lästig. Der Mensch mag fertig sein mit Gott, aber Gott ist nicht fertig mit dem Menschen. Wenn die Atheisten angeblich glücklich sind in ihrer Gottlosigkeit, warum lassen sie dann die Gläubigen nicht in Ruhe? Warum wollen sie ihnen den Glauben nehmen, den sie ja angeblich abgeschüttelt haben?

Während der Schreckensherrschaft der Französischen Revolution drangen die Gotteshasser auch in die Bretagne vor, das katholische Kerngebiet von Frankreich. Sie haben dort alles zu zerstören versucht, was sie als Denkmäler des Aberglaubens ansahen. Da fragten sie einen der Bretonen, wann er endlich von seinem Aberglauben lassen werde. Der Bretone antworte: „Wir hören erst auf zu beten, wenn ihr die Sterne vom Himmel holen könnt.“

Dieser Gott, an den wir glauben, ist nicht fern von uns. Damit wir ihn ganz nahe wissen, hat er das Sakrament des Altares in seiner unscheinbaren Brotsgestalt eingesetzt. Wer den eucharistischen Heiland in der rechten Gesinnung in sein Herz aufnimmt, der ist gefeit gegen Unfrieden und innere Zerrissenheit, gegen Seelenangst und Trostlosigkeit. Der heilige Laurentius, der bekanntlich auf einem Rost zu Tode gebracht wurde, auf einem glühenden Rost, der heilige Laurentius verlor in diesen Qualen seine Heiterkeit nicht. Augustinus hat sich gefragt, woher er die Heiterkeit nahm. Er gab zur Antwort: „Dieser Märtyrer war trunken vom Kelche der Eucharistie.“ Er war trunken vom Kelche der Eucharistie.

Immer wieder jubelt die Kirche: „Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben, das alle Süßigkeit in sich enthält.“ Wahrhaftig, wer mit ungetrübtem Glauben dieses Sakrament empfängt, der hat eine tiefe, eine heilige, eine edle Freude, die ihm niemand nehmen kann. Als der berühmte spanische Theologe Franz Suarez die heiligen Sterbesakramente empfangen hatte, da rief er verklärten Blickes aus: „Ich hätte nie gedacht, dass Sterben so süß sein kann.“

Die Eucharistie, eine Quelle der Freude, aber auch ein Geheimnis der Kraft. Meine lieben Freunde, wovon haben sich denn unsere Missionare, die bis zum Tode gerackert haben, womit haben sie sich denn aufrecht erhalten in den Eiswüsten der Arktis, bei den Eskimos, wo sie von einem Lager ins andere mit Hundeschlitten geeilt sind, wovon haben sie denn gelebt? Sie lebten von der Eucharistie. Sie lebten von der heiligen Kommunion. Sie lebten vom Meßopfer. Oder gedenken wir jener Männer und Frauen, die sich der Aussätzigen gewidmet haben, damals zu der Zeit, wo es kein Mittel gegen Aussatz gab. Da ging der junge, starke, stämmige Flame Damian Deveuster nach Molokai auf die Insel der Aussätzigen und hat dort für seine Aussätzigen gewirkt, bis die Krankheit ihn ergriffen und verzehrt hatte. Am 8. Dezember 1881 schrieb Damian Deveuster in einem Briefe: „Ohne das heiligste Altarsakrament würde ich das Dasein hier nicht aushalten. Aber jetzt, da Jesus bei mir ist, bin ich immer aufgeräumt und wohlgemut und arbeite gern für das Wohl meiner Aussätzigen.“ Sie alle sind Nachfolger der Blutzeugen Christi, die in den Jahrhunderten der grausamen Unterdrückung durch heidnische Cäsaren der Kirche die Freiheit errungen haben, nicht dadurch, dass sie Schlachten schlugen, sondern dadurch, dass sie sich zum Opfer brachten. Wir wissen, dass sie die heiligste Eucharistie mit sich nahmen in ihre Häuser, damit sie im Augenblick der Gefahr sich mit dem Leibe des Herrn kräftigen konnten. Tarcisius, Pankratius, das sind die Heiligen der Eucharistie. Und auch die Bekenner, die den inneren Kampf ausfechten mußten, haben sich aus der heiligen Eucharistie genährt. Jede Nation hat ihre heiligen Bekenner, Italien den heiligen Aloisius, Polen den heiligen Stanislaus Kostka, Ungarn den heiligen Stephan, Deutschland den heiligen Johannes Berchmans. Sie sind Bürgen der formenden Kraft des eucharistischen Herrn. Die Erfahrung lehrt, dass es kein wirksameres Mittel gegen die Gefahren und die Schwächen der Jugend gibt als den regelmäßigen Empfang der heiligen Eucharistie. Sie ist tatsächlich das Brot der Starken; sie ist der Wein, der reine Menschen ersprießen läßt. Vor dem Empfang der heiligen Kommunion stärkt uns, die wir ringen, der Gedanke: Ich will den Herrn in mein Herz aufnehmen, also muss ich lauter wandeln. Nach dem Empfang der heiligen Kommunion festigt uns die Erinnerung: Ich habe den Herrn in mein Herz aufgenommen, ich will, ich darf ihn nicht verlieren. Die eigene Leistung ist mit der heiligen Kommunion unlöslich verbunden. Aber die eigene Leistung geschieht in der Kraft Christi. Sie ist nur möglich mit der helfenden Gnade. Wenn wir aufnahmefähig sind für das Kraftgeschenk des Herrn, dann überströmt uns die Gnade. So wie die Kraft einer Senders von der Feinheit des Empfängers abhängt, so kann auch im innersten Leben der Seele nur die eigene Empfänglichkeit die unendliche Segenskraft des Herrn aufnehmen. Es ist ein eherner Grundsatz der katholischen Sakramentenlehre: Die Sakramente wirken nach Maßgabe der Disposition des Empfängers. Die Sakramente wirken nach Maßgabe der Disposition des Empfängers. Disposition ist die Empfänglichkeit, die Willigkeit, die Bereitschaft. Sie ist die Frucht der eigenen Anstrengung und der Gnade. Wenn also Jesus uns fragt: Was willst du, dass ich tun soll? dann antworten wir eben: Herr, dass ich sehe, wenn mich Zweifel bedrängen. Herr, dass ich rein werde, wenn die Versuchung gegen mich anstürmt. Herr, dass ich gerettet werde, wenn mich der Abscheu über meine Sünde verzehren möchte.

Die heilige Kommunion, eine Quelle der Freude, ein Geheimnis der Kraft, aber auch ein Unterpfand der künftigen Herrlichkeit. Von dem russischen Dichter Dostojewski stammt das schöne Wort: „Nur durch den Glauben an seine Unsterblichkeit erfaßt der Mensch den ganzen vernünftigen Sinn seines Daseins auf Erden.“ Der Glaube an die Unsterblichkeit ist für ein Gelingen unseres irdischen Lebens unentbehrlich. Es gibt ein ewiges Leben, meine Freunde. Gott hat es verheißen, Christus hat es versprochen, die Vernunft bestätigt es. Dieses ewige Leben aber wird schon im zeitlichen Leben grundgelegt. Es wird ein Keim in uns eingesenkt für das ewige Leben, und das ist die heilige Kommunion. Der Martyrerbischof Ignatius von Antiochien nannte die heilige Kommunion in seinen Abschiedsbriefen ein „pharmakon taes athanasias“. Das ist ein griechisches Wort und heißt: ein Heilmittel der Unsterblichkeit, ein „pharmakon taes athanasias“. Hier wird also begonnen, was nach dem Tode aus diesem Keim entsprießen soll, nämlich das ewige Leben. Hier schon vergöttlicht das himmlische Brot den Menschen auf eine geheimnisvolle, tiefinnere Weise. Hier ist wahrhaftig der Gott der Liebe, der uns verbindet mit Jesus. „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben – der hat das ewige Leben – und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.“ Die Kommunion ist tatsächlich ein Vorauskosten des ewigen Lebens. „Wir haben den Himmel in uns“, sagt die heilige Theresia, „denn der Herr des Himmels wohnt in uns.“ Johannes Chrysostomus, der Prediger und Lehrer der Eucharistie, hat einmal geschrieben: „Jesus Christus ist der Herr. Durch seinen eucharistischen Leib bin ich nicht mehr Staub und Asche. Durch seinen Leib werde ich den Himmel erwerben und alle seine Güter des ewigen Lebens, das Los der Engel und den Umgang mit Christus.“

Im Kriege wurde einmal ein adeliger junger Mann von einer tödlichen Seuche ergriffen. Ein Kamerad stand an seinem Lager, als er starb. Er konnte der Frau des Verstorbenen melden, dass er ganz selig gewesen sei, als der Priester ihm die heilige Kommunion reichte, ja, dass er gerufen habe mit erstickender Stimme: „Das ist das Leben!“ Wahrhaftig, das ist das Leben. So frohlockt der Gläubige, und so muss der Ungläubige erschaudern: Das ist der Tod.

O meine Freunde, halten wir uns an den eucharistischen Heiland, dann werden wir gehalten. Halten wir gläubig fest, was das Buch von der Nachfolge Christi einmal schreibt: „So steht denn keine Heiligkeit fest, wenn du, Herr, deine Hand zurückziehst. So nützt denn keine Weisheit, wenn du nicht regierst. So hilft denn keine Tapferkeit, wenn du nicht beistehst. So dauert denn keine Keuschheit, wenn du sie nicht schützest. So nützt denn keine eigene Wachsamkeit, wenn dein heiliges Auge nicht wacht. Denn wenn uns deine Hand losläßt, dann versinken wir und gehen wir unter. Wenn uns aber deine Hand anfaßt, dann kommen wir ans Land und leben.“

Amen.

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