Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
21. August 2005

Das Königtum Jesu

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Am vergangenen Sonntag hatten wir Christus als den ewigen Hohenpriester erkannt. Sein ganzes Leben war dem priesterlichen Dienste geweiht. Er hat ihn vollendet am Kreuze. Das Kreuz war sein Altar, wo er sich selbst dem Vater im Himmel für uns hingeopfert hat. Aus dem Priestertum ergibt sich sein Königtum. Das hat der Herr selber in einen Satz hineingelegt, als er sprach: „Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen.“ Das heißt: Wenn er das Kreuz bestanden hat, dann ist er der Sieger, dann ist er der König, dann ist er der Herr.

Christus war als König verheißen. In den Psalmen und bei den Propheten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der künftige Retter, dass der künftige Erlöser ein König sein wird, etwa im 2. Psalm: „Fordere von mir, und ich gebe dir die Grenzen der Erde und die Völker zum Besitz.“ Oder beim Propheten Zacharias heißt es: „Freue dich, Tochter Zion. Siehe, dein König kommt. Er ist gerecht und wird dein Heiland sein, und er bringt allen den Frieden.“ Und was soll ich erst sagen von der Weissagung des Propheten Isaias, die wir an Weihnachten immer hören und lesen: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt; auf seinen Schultern ruht Weltherrschaft. Man wird ihn nennen Wunderrat, Gottheld, Ewigvater, Friedensfürst.“ Wahrhaftig, der Erlöser wurde als ein König verheißen.

Und er hat sich als König bekannt. Was anders heißt es denn, wenn er sagt: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden“? Er ist ein König, freilich ein König über allen Königen. Er ist der Großkönig, er ist der Gottkönig. Das besagt dieses Wort: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ Und vor dem Landpfleger Pontius Pilatus bekennt er sich als König, als der ihn fragt: „Bist du also doch ein König?“ „Ja, ich bin ein König.“ Freilich fügt er gleich hinzu: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Dass Christus sich wirklich als König bekannt hat, das erkennt man daran, dass die Soldaten ihn als solchen verspottet haben. Sie haben ihm einen Königsmantel zum Spott angezogen, eine Dornenkrone zum Spott aufgesetzt und ein Zepter zum Spott in die Hand gegeben. Unzweifelhaft hat sich Jesus als König bekannt.

Und er betätigt sich als König. Er hat ja ein Reich geschaffen, ein Königreich, das Reich derer, die an ihn glauben, die sich zu ihm bekennen, die sich an sein Wort halten. Das ist sein Königreich. Und er hat diesem Königreich Gesetze gegeben: „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebet, so wie ich euch geliebt habe.“ Und er weiß sich als Richter. Der Vater hat das Gericht in seine Hand gegeben. Er zieht als König in Jerusalem ein, und die Massen huldigen ihm als dem König. Und als Johannes in der Offenbarung Jesus im Himmel sieht, da steht auf seinem Gürtel geschrieben: „König der Könige und Herr der Herrscher.“ Jesus ist wahrhaft ein König. Er ist der König der Natur und er ist der König der Geschichte. Die Ordnung und die Harmonie in der Natur bezeugen sein Königtum, sind die Buchstaben, die uns von unserem Herrn und König berichten. Und in der Geschichte, meine lieben Freunde, da gibt es ragende Zeichen seiner Königsherrschaft, Zeichen seiner Strafgerechtigkeit, Spuren seiner Macht und seiner Herrlichkeit, Offenbarungen seiner Treue und seiner Wahrhaftigkeit und Zeugen seiner Weisheit.

Dieser König ist Herr über den Tod und Herr über die Welt. Im Glaubensbekenntnis wird uns seine Herrschaft über das Totenreich bezeugt, nämlich wenn es heißt: „Er ist hinabgestiegen zu der Hölle.“ Meine lieben Freunde, die jetzt übliche Übersetzung: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“ ist besser verständlich; denn mit „Hölle“ ist und war niemals gemeint der Ort der Verdammten, sondern da war immer gemeint jene Stätte, wo die Gerechten vor Jesu Tod auf seine Erlösung warteten, die Vorhölle, wie man sie genannt hat. Das war immer gemeint, das Reich des Todes, das Reich der Unterwelt, wo die Gerechten auf die Erlösung harren. In die Hölle, an die Stätte der Verdammten, ist Jesus niemals hinabgestiegen. Deswegen sage ich noch einmal: Ich finde es nicht schlecht, wenn wir heute im Glaubensbekenntnis beten: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“, wir könnten auch sagen: „In die Unterwelt“, denn das lateinische Wort „inferi“ besagt eben die Unterwelt. Er ist deswegen hinabgestiegen in das Reich des Todes, weil er den Tod besiegt hat und weil er die Erlösung erworben hat. Jetzt können die harrenden Seelen in den Himmel eingehen. Jetzt wird die sogenannte Vorhölle zum Paradies, wie es der Schächer am Kreuze vernehmen durfte: „Heute noch – heute noch! – wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Jetzt steigt Jesus in die Vorhölle hinab, jetzt geht er in das Reich des Todes und ruft die Gerechten der Vorzeit in seine Seligkeit.

Die zweite Aussage des Glaubensbekenntnisses, dass Jesus der König über Leben und Tod ist, finden wir in dem Satze: „Auferstanden von den Toten.“ Christus ist nicht im Tod geblieben, sondern er ist auferstanden. „Ihn hemmen Stein’ und Siegel nicht. Aus eigener Kraft tritt er ans Licht.“ Am Ostermorgen hat sich die Seele Jesu wieder mit dem Leibe vereinigt. Der Herr ersteht lebendig und verklärt aus dem Tode. „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ Der Tod ist besiegt, sein Stachel ist gebrochen. Zwei Tatsachen sind unwiderlegbar, erstens: Das Grab ist leer. Wie leicht hätte man die Auferstehung Jesu widerlegen können, wenn man den Leichnam Jesu vorgewiesen hätte. Seht, da ist er. Da liegt er tot. Aber der Leichnam Jesu war nicht mehr da. Die Frauen kommen und finden ihn nicht; und Petrus und Johannes kommen, und sie sehen ihn nicht. Die Leichentücher liegen zusammengefaltet an einer Stelle, aber das Grab ist leer. Zweitens: Der Herr erscheint lebendig – wiederholt: Früh am Morgen den Frauen, der Magdalena, am Mittag den Emmausjüngern und am Abend den Aposteln, den zehn Aposteln, die versammelt sind, am nächsten Sonntag zusammen mit Thomas, dann dem Petrus beim reichen Fischfang, dann fünfhundert Brüdern, von denen, wie Paulus sagt. die meisten noch leben. Geht hin, fragt sie, sie haben ihn gesehen, sie werden bezeugen, was sie gesehen haben. Und er zeigt, dass er derselbe ist, der gestorben war und ins Grab gesenkt wurde. Er fordert den Thomas auf, den Finger in die Wunden an den Händen zu legen und die Hand in die viel größere Wunde an der Seite. Es ist derselbe Jesus, der am Kreuze gehangen hat, der jetzt seine Wunden behält. Es ist derselbe Jesus, aber verklärt. Er trägt die heiligen Wunden, aber sie schmerzen ihn nicht. Er geht mit den Jüngern, aber er entschwindet ihnen, wann er will. Er kommt zu den verschlossenen Türen herein und lässt sich doch von ihnen betasten. Seine Auferstehung ist das größte Wunder und das kräftigste Siegel für seine Gottheit. Hier hat er sein Königtum, seine Herrschermacht über den Tod am deutlichsten bewiesen.

Natürlich stürmt der Unglaube gegen die Wirklichkeit der Auferstehung an. Man sagt, die Jünger hätten seinen Leichnam gestohlen. Das haben schon die Wächter gesagt, nicht wahr? „Während wir schliefen, kamen seine Jünger und stahlen den Leichnam.“ Woher wisst ihr, dass sie kamen, wenn ihr geschlafen habt? Im Schlafe sieht man doch nichts. Und warum, wenn ihr sie gesehen habt, warum habt ihr es nicht verhindert? Warum habt ihr euch nicht gewehrt, als sie einen Leichendiebstahl begehen wollten? Man sieht die Unsinnigkeit dieses Vorwurfes. Der Einwand gibt zu, dass Jesus wirklich tot war, aber er kann nicht erklären, wie er lebendig geworden ist. Deswegen sucht man einen anderen Scheingrund. Man sagt, er sei nur scheintot gewesen. Meine lieben Freunde, wer das durchgemacht hat, was Jesus durchgemacht hat, Geißelung und Kreuztragung und Kreuzigung, wie tot muss der sein! Das soll uns erst einmal einer vormachen, wie man nach solchen schrecklichen Geschehnissen noch lebendig sein könnte. Und die Soldaten haben ja den Tod Jesu amtlich festgestellt. Der Lanzenstich lässt Blut und Wasser austreten, d.h. das Zeichen der beginnenden Zersetzung. Dazu kam die Einbalsamierung und das Ruhen im Grabe. Nein, der Heiland lebt. Er ist erstanden, und die Auferstehung bezeugt seine königliche Macht. Wer das besiegen kann, was Jesus besiegt hat, nämlich das Reich des Todes, der ist wahrhaft ein König, der ist mächtig, nein, der ist allmächtig! „Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden. Da sieht man seiner Gottheit Macht, sie macht den Tod zuschanden.“

Die zweite Weise, wie Jesus sich als den Herrn über den Tod erwiesen hat, ist sein Aufsteigen in den Himmel. „Aufgefahren in den Himmel.“ Er ist in die Herrlichkeit des Vaters zurückgekehrt, wie er es angekündigt hatte: „Ich bin vom Vater ausgegangen, und ich gehe wieder zurück zum Vater. Ich verlasse die Welt und gehe wieder zum Vater.“ Auf dem Ölberg hat er die Jünger versammelt, und dort vollzieht sich seine Heimkehr. Meine lieben Freunde, lassen Sie sich nicht durch Scheingründe irremachen an der Wahrheit der Himmelfahrt Christi. Wenn wir die Pfingstnovene beten, da kommt immer der Satz vor: „Du bist als Sieger über alle Himmel emporgestiegen.“ Also Jesus ist nicht in den Wolkenhimmel gegangen, er ist auch nicht in den Sternenhimmel gegangen. Er ist in den Himmel gegangen, der die für Gott vorbehaltene Wirklichkeit ist. Das ist seine Heimat, das ist die Stätte, die er uns bereitet. Er wollte erniedrigt werden um unserer Erlösung willen, aber er ist erhöht worden um unserer Errettung willen. Jetzt ist er den Verfolgern entrückt. Jetzt ist er in Sicherheit, jetzt kann ihn kein Geißelhieb und kein Kreuzesnagel mehr erreichen. Jetzt empfängt er den Lohn. Er hat gearbeitet, sich müde gearbeitet, er hat gekämpft, er hat gelitten. Er war dem Willen des Vaters gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. Für diesen Gehorsam kann er nun die Seligkeit des Himmels genießen, kann er die Freude und die Geborgenheit beim Vater empfangen. Denn jetzt sitzt er zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.

Das Sitzen ist ein Ausdruck dafür, dass er einen Königsthron besitzt, dass er ein König ist. Könige sitzen, wenn sie ihre Untertanen empfangen. Und dass er zur Rechten Gottes sitzt, das drückt aus, dass er den Ehrenplatz hat, dass er an die Stelle Gottes gerückt ist. Mit diesen Ausdrücken – es müssen ja menschliche Ausdrücke sein, sonst können wir überhaupt nicht davon reden – wird also die überragende Königsherrlichkeit unseres Herrn uns kundgetan. „Er sitzet zur rechten Hand Gottes.“ Und dort ist er unser Fürsprecher, dort tritt er für uns ein, dort bereitet er uns eine Wohnung. Von dort schickt er uns den Heiligen Geist mit seinen Gaben und mit seinen Schätzen. Das kostbarste Geschenk, das er geben konnte, hat er uns gegeben, nämlich seinen Heiligen Geist.

Und doch, meine lieben Freunde, gibt es Menschen, die nicht wollen, dass Jesus König ist. Wir aller verfolgen mit heißem Herzen und mit unseren Gebeten, wie sich zur Zeit die Jugend der Welt in Köln versammelt: „Wir sind gekommen, ihn anzubeten.“ Aber es gibt auch eine andere Gruppierung, die ist gekommen, ihn zu schmähen. Alle Atheisten und alle Religionsfeinde haben sich in Köln versammelt und versuchen einen Gegen-Jugendtag aufzumachen. Sie erklären ihren Bereich für eine religionsfreie Zone. Der abgefallene Priester Hermann hält einen Vortrag: „Benedikt XVI., ein Bayer im Himmel“. Ein freigeistiger Zug, ein Freigeister-Zug wird ins Werk gesetzt, eine Enttaufungszeremonie vorgenommen. Am Amtsgericht findet eine Kirchenaustritts-Party statt. Die schwul-lesbische Szene hat sich zu einem Hetzerkollektiv zusammengeschlossen. Eine Prozession zu Ehren von Sankt Prekarius findet statt. Ein antikirchliches Zelt wird bereitet. „Wir wollen nicht, dass dieses König über uns ist.“ Das wiederholt sich allezeit. Ich gebe zu, dass ich immer mit einem gewissen Schmerz daran denke, dass der Herr doch gewiß König ist und dieses feindselige Tun duldet. Und ich frage mich immer: Warum tut er das? Warum greift er nicht ein? Er hätte doch die Macht. Er könnten die Feinde zerschmettern. Er könnte sie niederwerfen. Aber er will es nicht. Warum will er es nicht? Damit dem Glauben das Verdienst gewahrt bleibt. Der Glaube soll eine freie Tat des Menschen bleiben. Diese Freiheit wird dadurch unübersehbar hingestellt, dass man auch das Gegenteil des Leitwortes: „Wir sind gekommen, ihn anzubeten“ tun darf. Unser Glaube soll auch ein bewährter Glaube sein. Er soll durch Anfechtungen hindurchgegangen sein. Wir sollen uns gegen die Versuchung, die die Feinde uns bereiten, gewehrt haben, um dadurch nur um so fester im Glauben gegründet zu sein.

Christus ist ein König. Er ist kein Spottkönig; er ist kein Schattenkönig. In seinem Namen müssen sich alle Knie beugen, wenn nicht jetzt, dann einmal, wenn der Jüngste Tag herangekommen ist. Alle anderen Könige sind vergessen, in die Vergangenheit zurückgesunken. Er ist ein König, der lebt. Er ist ein König, der herrscht. Er ist ein König, der einstens das letzte Wort sprechen wird, wenn der Tag gekommen ist, da er mit seinen Engeln und Heiligen einzieht, um die Welt zu richten.

Amen.

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