Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
15. Juni 2003

Gründe für den Priestermangel

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Heute genau vor 25 Jahren hielt ich einem jungen Priester die Primizpredigt. Er hatte sich nach einem Studium zum Priestertum entschlossen, nachdem er zuvor Chemielaborant gewesen war, also ein Spätberufener, der den Weg zum Priestertum gefunden hatte. Heute werde ich diesem selben Priester die Predigt halten zu seinem Silbernen Priesterjubiläum. 25 Jahre hat er durchgehalten, 25 Jahre hat er segensreich gewirkt, wie mir zuverlässige Zeugen versichern. Heute ist sein Festtag, den er mit Recht begeht.

Dieses Ereignis wirft aber eine Frage auf, die uns allen schwer auf der Seele liegt, nämlich die Frage des Priestermangels. Wie kommt es denn, daß das Priesterseminar in Mainz und viele andere Priesterseminare beinahe leer stehen, daß es eigentlich ein Luxus ist, diese Seminarien zu unterhalten, die kaum noch Insassen haben? Woher kommt denn der Priestermangel? Gibt es dafür Gründe? O ja,  meine lieben Freunde, die Bischöfe und die ihnen hörigen Personen geben Gründe an, aber sie geben nicht die Gründe an, die sie selbst betreffen. Sie weigern sich zuzugeben, was sie angerichtet haben, daß dadurch der Priestermangel entstehen konnte. Wir wollen ihnen nachhelfen und ihnen die Gründe für den Priestermangel nennen.

An erster Stelle der Zusammenbruch der Familien. Wo sind denn heute noch intakte Familien, meine lieben Freunde? Wo sind denn heute noch Familien, die einer frohen Kinderschar das Leben schenken? Wo sind denn Familien, in denen religiöses Leben blüht und die ihre Kinder in der Ehrfurcht vor Gott und in der Liebe zur Kirche erziehen? Der Zusammenbruch der Familien ist sicher einer der Hauptgründe für den Mangel an Priestern; denn man hat mit Recht gesagt: Das Familienmilieu ist das erste Priesterseminar.

Zu dem Zusammenbruch der Familien gehört auch der Kindermangel. Wenn das Zwei-Kinder-System überall einreißt, wenn es keine kinderreichen Familien mehr gibt, wie soll es dann Priester geben? Vor einiger Zeit besuchte ich einen Wallfahrtsort. Da stand eine Kirche, daneben ein Haus für einen Priester. Ich fragte eine alte Dame: „Wohnt hier noch ein Priester?“ Sie schüttelte traurig den Kopf und sagte: „Nein, hier wohnt kein Priester mehr. Wie soll es denn Priester geben, wenn es keine Kinder gibt?“

Wenn die Jugendlichen in die Schule kommen, empfangen sie Religionsunterricht, aber was für einen Religionsunterricht! Wo die Rede ist von Buddha und Mohammed und wenig von Christus und von der Kirche, wo der Glaube nicht aufgebaut, sondern vielfach abgetrieben wird? Der Religionsunterricht versagt auf der ganzen Breite. Ich klage nicht die wenigen guten Religionslehrer an, die es auch noch gibt, aber insgesamt gesehen ist der Religionsunterricht eine Katastrophe. Heute können Jugendliche Religionsunterricht bei protestantischen Religionslehrern nehmen, und das gilt als katholischer Religionsunterricht. Soweit sind wir gekommen mit dem Ökumenismus!

Es gibt auch heute noch katholische Jugendverbände, Pfadfinder, und wie sie alle heißen. Aber schauen Sie einmal hinein in diese Verbände! In welchen dieser Jugendvereine wird denn die Jugend zu Keuschheit und Zucht, zu Gottesliebe und zur Anhänglichkeit an die Kirche erzogen? Ich kenne nur einen einzigen Verband, in dem das der Fall ist, das sind die Pfadfinder des Pater Hönisch. Und die werden verfolgt, die werden ausgesperrt, denen gibt man keine Räume!

Wie sollen die Jugendlichen Liebe zur Kirche und Freude am Priestertum gewinnen, wenn es ihnen nicht vorgelebt wird von vorbildlichen Priestern? Und da mangelt es heute auch; da mangelt es sehr. Ich habe in meiner Jugend, also in den 20er und 30er Jahren, niemals davon gehört, daß ein Priester sich an Kindern vergriffen habe. Heute liest man das fortwährend in der Zeitung. Ja, was ist denn das für eine Zeit! Wohin ist denn der Klerus gekommen, daß so etwas überhaupt passiert? Jeder Fall ist einer zuviel. Wie sollen die Jugendlichen Ehrfurcht vor dem Priestertum gewinnen, wenn sie solche Skandalgeschichten hören und lesen?

Wenn einer sich zum Priestertum entschlossen hat, dann betritt er das Priesterseminar. Aber die Priesterseminarien von heute sind den Bursen von Studenten zu vergleichen, wie man sie früher hatte. Das sind keine Ausbildungsstätten für fromme und heiligmäßige Priester. Da haben sie einen Schlüssel, mit dem sie kommen und gehen können, wie sie wollen. Da nehmen sie das Mittagessen woanders ein, wenn ihnen das Essen im Seminar nicht paßt. Das sind Tatsachen. Ja, wie sollen dann demütige, zuchtvolle, opferbereite Priester entstehen, wenn sie es nicht im Seminar, nicht spätestens im Seminar lernen?

Und dann kommen sie auf die Universität oder in die Hochschule und hören Theologie, aber was für eine Theologie! Meine lieben Freunde, ich habe vor kurzer Zeit an dieser Stelle gesagt, daß in Saarbrücken an der Theologischen Fakultät Herr Hasenhüttl seit 1974 katholische Religionslehrer ausgebildet hat, Hasenhüttl, der selber nicht an Gott glaubt. Das fällt natürlich zurück auf diejenigen, die dafür verantwortlich sind, das sind die Bischöfe. Die Bischöfe sind die Hauptschuldigen an diesen Zuständen. Sie haben nicht eingegriffen, der Bischof Stein, der Bischof Spital von Trier. Sie haben die Dinge laufen lassen. Sie haben zugesehen, wie dieser Skandal andauert. Wie sollen unter diesen Verhältnissen gläubige und fromme Priester herangebildet werden?

Und viele der Bischöfe: Was tun sie denn? Sie halten Vorträge, sie gehen zu Konferenzen, sie rasen von Süden nach Norden und von Ost nach West, aber um die Priester, da kümmern sie sich wenig oder gar nicht. Es hat einmal einen Bischof gegeben, der sich zu jedem seiner Priester begab und da mehrere Tage weilte, ihm Dienste abnahm, ihn tröstete, mit ihm speiste und dem der Priester sein Herz ausschütten konnte. Und dieser Bischof hieß Marcel Lefebvre!

Meine lieben Freunde, wenn der Priester aus dem Priesterseminar kommt, meistens wenig gefestigt, nicht mit einem unerschütterlichen Glauben versehen, wenn er also aus dem Priesterseminar kommt, dann tritt er in eine Gemeinde ein, und dann findet er das vor, wovor er sich schon vorher gefürchtet hatte: Wie wird das gehen mit dem Pastoralreferenten? Wie wird das gehen mit dem Pfarrgemeinderat? Mit den Personen, die die Stellung des Priesters einebnen, die ihm Schwierigkeiten machen, die alles besser wissen? Wie wird das gehen? Ja, wie wird das gehen? So hat schon mancher Priesterkandidat, der bei mir gesessen ist, gesprochen. Und dann erfährt er auch, wie es geht, nämlich mehr schlecht als recht.

Das sind,  meine lieben Freunde, die Hauptgründe, die die Kirche selbst zu verantworten hat, für den Priestermangel. Es gibt auch Gründe, die von außen kommen, selbstverständlich: die Frühverführung, die ja heute gang und gäbe ist, der Konsumluxus, die übertriebenen Ansprüche ans Leben, das sind sicher Gründe auch für den Priestermangel. Aber wenn nicht irgendwo der Glaube aufgebaut wird, ein lebendiger, ein opferbereiter, ein zielbewußter Glaube, dann ist alles umsonst; und wenn ein solcher Glaube vorhanden ist, dann kann alles nicht schaden, denn das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube. Wer diesen zielbewußten, opferbereiten, demütigen Glauben hat, der wird mit allem fertig.

So ist also heute,  meine lieben Freunde, die Stunde gegeben, um zum Gebet für Priester aufzurufen. Manche Leute sagen: Man kann nur beten. Nein, man kann nicht nur beten, das muß ich zurückweisen. Man kann auch anderes tun. Vor allem kann man die Umstände ändern, und das habe ich unermüdlich getan. Ich habe den Bischöfen einen Spiegel vorgehalten; natürlich haben sie nicht hineingeschaut. Aber ich habe mein Gewissen bewahrt. Ich habe vor meinem Gewissen diese Handlungen setzen müssen, und ich bin salviert. Wir können aber auch beten. Selbstverständlich müssen wir beten um Priester, um gute und heiligmäßige Priester, und ich wünsche vor allem, daß die Familien beten: Herr, laß uns so leben, daß aus unserer Familie ein Priester hervorgehen kann. Laß uns so leben, daß aus unserer Familie ein Priester hervorgehen kann.

Amen.

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt