7. März 2021
Gott ist Licht
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Licht ist das alltägliche, aber vornehmste Element der sinnlichen Wahrnehmung. Licht ist der für das menschliche Auge sichtbare Bereich der elektromagnetischen Strahlung. Licht ist aber auch Symbol für das Heilige, Göttliche, für Heil, Glück, Leben, Rettung. Die alten Ägypter verehrten den Sonnengott Re; er ist Licht, Leben und Sieger über die Finsternis. Licht ist Metapher für das Wissen des wahren Seins. In der Aufklärung steht Licht für Erkenntnis und Wissen.
Die Offenbarung gibt uns die tiefsten Aufschlüsse über das Licht in verschiedener Bedeutung. Das Licht ist das erst Erschaffene. Es ist das vorrangige Ordnungsinstrument in der Hand des Schöpfers. Mit ihm grenzt er die chaotisierende (ungeschaffene) Finsternis ein und stiftet den Wechsel von Tag und Nacht als zeitliche Grundordnung (Gen 1,4). Das Licht dient in vielfältiger Weise als Bild und Gleichnis. Es kann alles illustrieren, was der Glaubende als kostbar, wegweisend, hilfreich und heilsam erkennt, sei es die verlässliche Naturordnung (Gen 1,3ff.), das Gut des menschlichen Lebens (Ps 56,14), das richtungsweisende Wort der Tora (Ps 19,9; 119,15), die Weisheit (Sap 7,22-8,1), die ersehnte Ordnung der neuen Welt (Is 9,1) oder eine Person, die zum Hoffnungsträger wird (Is 42,6; 49,6). Das Licht fungiert sozusagen als Gütesiegel dessen, was Heil bringt. Nicht zuletzt wird es auf Gott bezogen als die eigentliche Instanz des Heils (Ps 27,1; 36,10; 97,11; 104,2; Mich 7,8). Der Evangelist Johannes fasst die Lehre von Gott in dem Satz zusammen: „Dies ist die Botschaft, die wir von ihm vernommen haben und die wir euch verkünden: Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm“ (1 Joh 1,5). Gott ist Licht dank seines Wesens, das jede Vollkommenheit in sich schließt. Gott ist Licht dank seiner Offenbarung, die Wahrheit und Wegweisung für die Menschen ist. Zwischen dem geschaffenen und dem ungeschaffenen Licht besteht ein himmelweiter Unterschied. Das irdische Licht, mag es die Sonne oder mögen es von Menschen geschaffene Lichtquellen sein, macht hell, so dass wir unsere Umwelt sehen und wir uns zurechtfinden können. Das himmlische Licht tut mehr. Es leuchtet nicht bloß, dass wir anderes finden können, sondern es gibt Wahrheit, Aufschluss über Gott und göttliche Dinge, es bringt uns die Erkenntnis über alles, was wir über Gott und die Welt wissen müssen, um unser Leben gedeihlich gestalten und das ewige Ziel erreichen zu können.
Licht ist vor allem der von den Propheten vorhergesagte Messias, der Retter und Erlöser. Der im Tempel dargestellte Jesusknabe wird von dem greisen Simeon als „Licht zur Offenbarung für die Heiden“ erkannt (Lk 2,32). Der Evangelist Matthäus beschreibt die anhebende Wirksamkeit Jesu mit Worten des Propheten Isaias: „Das Volk, das im Finstern sitzt, sah ein großes Licht“ (Mt 4,16). Nach Johannes ist Christus als Licht Lebensbringer und Orientierung für die Welt (1,4,9; 8,12). Die Formulierung „Licht der Welt“, „Licht des Lebens“ (1,9; 3,19; 9,5; 12,46) proklamiert das heilbringende Wirken Jesu. Der Doppelsatz „Das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst“ (Joh 1,5) enthält die Gesamtbotschaft des Johannes-Evangeliums. Im Glaubensbekenntnis sagen wir von Christus aus, er sei Licht vom Lichte, d.h. wahrer Gott vom wahren Gott. Das Licht ist das erste jener Ursymbole aus der alltäglichen Lebenswelt, die das Wesen Jesu veranschaulichen und zugänglich machen. „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). „Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“ (Joh 12,46). „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,9).
Jesus warnte seine Zeitgenossen, die Chance, ans Licht zu kommen, zu verpassen, nutzlos verstreichen zu lassen: „Noch kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit nicht die Finsternis euch überfällt; wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Solange ihr das Licht habt, glaubt an das Licht, damit ihr Kinder des Lichtes werdet“ (Joh 12,35f.). „Das aber ist das Gericht: dass das Licht in die Welt gekommen ist und die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht“ (Joh 3,19). Die Menschen richten sich selbst in der Reaktion auf Christus: Wer ihn als Licht der Welt anerkennt und im Licht bzw. im Liebesgebot wandelt, hat Gemeinschaft mit Gott, ist Kind des Lichtes (12,36). Wer sich ihm verweigert, bleibt in der Sphäre der Finsternis bzw. fällt in sie zurück (1 Joh 1,6f. vgl. Joh 12,35).
Da Gott Licht ist, ist auch jede der drei göttlichen Personen Licht. Weil der Heilige Geist Licht ist, werden ihm die Inspiration der Propheten, der Heiligen Schrift sowie der Konzilsentscheidungen zugeschrieben. Weil er Licht ist, kann er das Werk Christi fortsetzen. Weil er Licht ist, kann er die Jünger Jesu alles lehren und sie an alles erinnern, was er ihnen gesagt hat. Weil er Licht ist, ist er der Geist der Wahrheit. Die Kirche fleht zu ihm: „Komm, o Geist der Heiligkeit, aus des Himmels Herrlichkeit sende deines Lichtes Strahl“ (Pfingstsequenz).
Was von Christus ausgeht, ist Licht. Licht ist das Evangelium. Unter Evangelium verstehen wir die frohe Botschaft von der Herrschaft Gottes und dem Erlöser Jesus Christus. Die Zusammenfassung der christlichen Wahrheit ist der Glaube, die Glaubenslehre. Der Glaube ist Licht, d.h. Aufklärung über die Wahrheit. Wir wissen, was die Glaubenslosen nicht wissen. Erstens. Wir sind nicht allein in der Welt. Es lebt ein Gott zu lohnen und zu strafen. Die Welt, das Leben, die Pflanzen und Tiere sind nicht von selbst entstanden. Die Evolution ist kein Schöpfer, sondern ein Geschöpf. Sie gehorcht dem weisen Gott. Die Existenz Gottes kann aus der Natur erschlossen werden. Seine Dreieinigkeit wird uns nur durch die Offenbarung bekannt. Zweitens. Es gibt eine Heilsgeschichte. Sie berichtet, welchen Einsatz Gott für den Menschen wagt. Der Mensch empfängt göttliche Weisungen. Er soll sie befolgen und nach ihnen leben. Der Mensch besitzt die traurige Fähigkeit, sich aufzulehnen gegen Gottes Gebot. Er gerät in Bedrängnis und Not, in Dunkel und Finsternis. Aber Gott macht sich auf, den verlorenen Menschen zu suchen und zu retten. Er schickt seine Propheten. Als die Fülle der Zeit gekommen ist, sendet er seinen Sohn. Ihm gelingt es mit Einsatz seines Lebens, den Menschen zurückzuholen zu seinem Schöpfer und Vater. Drittens. Der Mensch ist nicht das Produkt artenüberspringender Entwicklung vom Einzeller über den Menschenaffen. Gott hat ihn nach seinem Bild und Gleichnis erschaffen. Welche Zwischenstufen dabei durchschritten wurden, ist bisher nicht mit Gewissheit geklärt. Mit dem Tode ist nicht alles aus. Der Mensch besitzt eine unsterbliche Seele, die durchhält, auch wenn der Leib zerfällt.
Die menschliche Gesellschaft benötigt Normen für den Umgang miteinander, wenn sie nicht im Kampf aller gegen alle zugrunde gehen will. Viele versuchen, Verhaltensregeln für die Menschen aufzustellen, denn ohne solche hat keine Gesellschaft Bestand. Aber diese Leitlinien haben keine Verbindlichkeit. Gesetze aufstellen kann nur ein Gesetzgeber. Gesetze für die Menschheit zu erlassen vermag nur der Herr der Menschheit; wir nennen ihn Gott. Der vor kurzem verstorbene Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff war der Chefideologe des Synodalen Wegs, den die deutschen Bischöfe in Gang gesetzt haben. Er wollte die katholische Moraltheologie mit ihren lästigen Bestimmungen aufrollen. Dazu bediente er sich der sogenannten Humanwissenschaften, d.h. der Disziplinen, die sich mit dem Menschen beschäftigen wie Psychologie, Soziologie und Biologie. Sie sollten die Normen entwickeln, nach denen der Mensch handeln soll. Schockenhoff beging einen fundamentalen Fehler. Aus empirischen Feststellungen lassen sich keine normativen Aussagen herleiten. Weder Naturwissenschaft noch Technik können Gebote formulieren. Sie sagen nur, wie etwas erreicht werden kann, aber niemals, ob dies auch erreicht werden soll. Die entscheidende Frage, die jeder Ethik gestellt ist, lautet: Wie werden moralische Normen begründet und verbindlich gemacht. Die einzige durchschlagende Begründung und Verpflichtung sittlicher Gebote geht vom Willen Gottes aus. In der Schöpfungsordnung und in der Erlösungsordnung hat Gott die Gebote niedergelegt, die der Mensch zu beobachten hat.
Die Geschlechtlichkeit des Menschen und ihr Gebrauch werden uns enthüllt durch Gottes Offenbarung. Die Institution der Ehe und Familie ist für alle Zeiten grundgelegt im offenbarten Willen Gottes. Die eheliche Verbindung eines Mannes und einer Frau ist, solange Menschen auf der Erde leben, die einzige gottgewollte Keimzelle menschlichen Lebens und der Nachkommenschaft. Wer diese Wahrheit aufgibt, verirrt sich im Strudel der Beliebigkeit. Die Mainzer Zeitung stellte neulich zwei lesbische evangelische Pfarrerinnen vor, die ein Paar bilden. Die Frau, die als Mann in dieser Verbindung firmiert, hat sich durch eine Samenspende aus Dänemark eine Tochter besorgt. Hier wird der Wille Gottes auf den Kopf gestellt. Welche Verkehrung der Ordnung Gottes! Und das unter Christen!
Die Ordnung des Eigentums erhält ihre Regulierung durch den Plan Gottes. Gemeingebrauch aller an allem lässt sich nicht durchführen. Um die Sachgüter in geordneter und befriedeter Weise zu nutzen, müssen die Bereiche voneinander abgegrenzt werden, in denen ein jeder befugt ist, die Sachherrschaft auszuüben, ohne dass andere sich störend einmischen. Es muss Eigentum geben. Der Mensch hat eine Würde, d.h. einen Wert. Sie beruht nicht auf papierenen Deklamationen von Parlamenten, sondern auf seiner Gottebenbildlichkeit. Diese Würde kommt auch dem kleinen Menschen im Leib der Mutter zu. Sie ist unantastbar. Der Schutz der ungeborenen Menschen ist nur möglich, wenn Gott ihn garantiert. Das Evangelium gibt Weisung für unser sittliches Leben. Das macht den Rang, die Höhe, die Einzigartigkeit unserer Religion aus, dass wir den Willen Gottes über die Erde und den Menschen kennen.
Am Lichtcharakter Gottes haben die Menschen, die seiner Offenbarung folgen, Anteil. Jesus spricht seine Jünger an: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Was sie sind, sollen sie im Tun bewähren: „Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen“ (Mt 5,14). Der Apostel Paulus stellt wiederholt den Imperativ neben den Indikativ: „Ihr seid alle Kinder des Lichtes, Kinder des Tages. Nicht der Nacht gehören wir an, nicht der Finsternis“ (1 Thess 5,5f.). Daher gilt: „Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffenrüstung des Lichtes! Wie am lichten Tag lasst uns ehrbar wandeln“ (Röm 13,12f.). „Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Wandelt als Kinder des Lichtes“ (Eph 5,8). „Die Frucht des Lichtes ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit“ (5,9).
Der Apostel Petrus lehrt nichts anderes als Paulus. „Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, und sollt die Großtaten dessen verkünden, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat“ (1 Petr 2,9). Der Apostel Johannes stimmt mit seiner Lehre den beiden Aposteln Paulus und Petrus bei. „Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Gott haben und dabei in der Finsternis wandeln, so lügen wir und handeln nicht nach der Wahrheit. Wenn wir aber im Lichte wandeln, so wie er im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns von jeder Sünde rein“ (1 Joh 1,6f.). „Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Lichte… Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis“ (1 Joh 2,10f.).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Mit Licht wird im Neuen Testament der neue Status beschrieben, in den sich die Glaubenden durch das Kommen Jesu Christi und die Verkündigung des Evangeliums gestellt bzw. berufen sehen. Mit der Bekehrung treten sie als Kinder des Lichtes und des Tages (1 Thess 5,5; Joh 12,36) aus der Finsternis ins Licht (Apg 26,18; 2 Kor 4,6; Eph 5,8; 1 Petr 2,9; 1 Joh 2,8). Daraus ergibt sich der Appell, nun auch standesgemäß zu leben (Röm 13,11-14; Eph 5,8-14), und als Kehrseite die Kritik eines die Erleuchtung konterkarierenden lieblosen Lebenswandels (1 Joh 1,6f.; 2,9ff.).
Mit Licht wird auch der Endzustand beschrieben, den Gott den Seinigen bereitet hat. Wenn wir von einem Todesfall hören, kommt uns sogleich das Gebet ins Herz und auf die Lippen: „Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.“ Die Kirche bringt das heilige Messopfer dar für die Seelenruhe ihrer verstorbenen Glieder und betet dabei: „Gott, du Herr der Erbarmungen, schenke den Seelen deiner Diener und Dienerinnen den Ort der Erquickung, die Seligkeit der Ruhe und die Klarheit des Lichtes“ (Allerseelen 2. Messe). Die Kirche weiß, wozu Gott die zu ihm Gehörigen berufen hat. „Die Verklärten schauen Gottes Angesicht. Sein Name steht auf ihrer Stirn. Nacht gibt es keine mehr. Sie brauchen weder Fackellicht noch Sonnenschein. Denn Gott, der Herr, ist selbst ihr Licht“ (Apk 22,4). Ach, dass wir beten könnten mit der Kirche zu unserem Gott und Heiland Jesus Christus: Ich danke dir, du wahre Sonne, dass mir dein Glanz das Licht gebracht. Ich danke dir, du Himmelswonne, dass du mich froh und frei gemacht. Ich will dich lieben, schönstes Licht, bis mir das Aug’ im Tode bricht.
Amen.