30. Mai 2010
Die Einzigkeit des Wesens des dreieinen Gottes
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte, zur Verehrung der allerheiligsten Dreieinigkeit Versammelte!
„Der Dalai Lama auf dem Kirchentag“, konnte man vor einigen Jahren lesen. Man hat inzwischen zu der kleinen Ökumene zwischen den christlichen Konfessionen eine große Ökumene erfunden, welche die nichtchristlichen Religionen einschließen soll. Der Dalai Lama auf dem Kirchentag! Vor Zeiten galt der Dalai Lama als ein Heide, und einen Heiden suchte man zu bekehren, einen Heiden wollte man zum Christentum führen und ihm die Unsinnigkeit seiner von Menschen gemachten Religion vor Augen führen. Der Missionsbefehl des Herrn ist eindeutig: „Gehet hin und macht alle Völker zu meinen Jüngern“, auch die Tibeter. Und ebenso eindeutig ist, dass der Herr vor seiner letzten Himmelfahrt den Jüngern aufgetragen hat: „Ihr sollt meine Zeugen sein in Jerusalem, in Judäa, in Samaria und bis an die Grenzen der Erde.“
Die Christenheit ist lau und schlaff geworden. Es ist ihr die Kraft ausgegangen, ihre Botschaft bis an die Grenzen der Erde zu tragen. Aber der Missionsbefehl bleibt gültig, ob die Christenheit ihn wahrnimmt oder nicht. Sie wird sich verantworten müssen wegen ihrer Schlaffheit. In der Religion, meine lieben Freunde, kommt alles darauf an, dass sie wahr ist, und Mission ist Dienst an der Wahrheit. Es genügt nicht, irgendwie religiös zu sein. Man muss die Religion so betreiben, wie Gott es will, und deswegen muss man sich der Religion anschließen, die von Gott stammt, das ist die christliche. Sie ist die einzige Religion, die von Gott gegründet ist, alle anderen stammen von Menschen. Es genügt eben nicht, irgendwie religiös zu sein, den Dalai Lama wegen seiner angeblichen Spiritualität zu preisen. Allein die wahre Religion kann uns von Sünde befreien und kann uns zum Himmel führen. Nichts kennzeichnet die wahre Religion deutlicher als das Bekenntnis zum dreieinigen Gott.
Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott unterscheidet das Christentum grundlegend von jeder anderen Religion. Der dreieinige Gott ist wesenhaft anders als Allah, der Gott des Islam. Die Dreipersönlichkeit Gottes hebt das Christentum klar und eindeutig von jeder nichtchristlichen Religion ab. Der dreieinige Gott ist der wesentlichste Inhalt der christlichen Religion. Mit dem Glauben an den dreieinigen Gott steht und fällt das Christentum! Wer sich vom Bekenntnis zum dreieinigen Gott mit Vorbedacht ausschließt, der begeht nicht bloß einen intellektuellen Fehler, der zerstört seine christliche Existenz.
Wir Christen glauben an den dreieinigen oder dreifaltigen Gott. Das Gotteshaus, in dem wir uns hier versammelt haben, ist eine Dreifaltigkeitskirche. Es existiert nur ein einziger Gott. Das göttliche Wesen ist eines. Unter dem Wesen ist der Grundbestand, die Natur, die Eigenheit zu verstehen, und daran hält der christliche Glaube unerbittlich fest: Es existiert nur ein einziger Gott. Das stößt sich nicht mit dem Glauben an die Dreipersonalität Gottes, denn das eine göttliche Wesen existiert in drei Personen. In Gott besteht ein Lebensaustausch. Dieser Lebensaustausch besteht darin, dass die eine Person die andere hervorbringt, bzw. dass die eine Person aus der anderen hervorgeht. Die fruchtbare Lebensbewegung geht aus vom Vater, der ersten göttlichen Person. Sie eilt über den Sohn hin zum Heiligen Geist, der dritten göttlichen Person. Wir sprechen menschlich. Hervorgehen ist natürlich ein menschlicher Begriff. Aber wir können nicht anders reden, als dass wir die Begriffe verwenden, die wir aus unserer Erfahrung kennen. Die Hervorbringung bedeutet die ewige Begründung einer Person durch die andere. Und der Hervorgang besagt das ewige Begründetsein einer Person durch eine andere.
Der Hervorgang der einen Person von der anderen wird nun durch die Ausdrücke Vater und Sohn bezeugt. Diese Ausdrücke haben nichts mit Geschlechtlichkeit zu tun. Gott ist über alle Geschlechtlichkeit erhaben. Die außerbiblischen Götter sind geschlechtlich bestimmt, dem Gott steht immer eine Göttin zur Seite. Zwischen den Göttern spielt sich in der Götterwelt Homers ein menschliches Liebesgetändel bis zum Ehebruch ab. Aber das sind eben Götzen, und das ist nicht der wahre Gott. Der christliche Gott ist einer. Wenn von ihm als Vater, also von einem Manne, geredet wird, dann hat das den Zweck auszusagen, dass Gott keine Sache ist, dass er kein Unpersönliches ist, dass er keine bloße Kraft ist. Es soll von ihm ausgesagt werden, dass er lebendig ist, mit Geist, freilich mit unendlichem und unermeßlichem Geist erfüllt. Die Redeweise vom Vater und vom Sohn ist also ein Zugeständnis an die menschliche Schwäche. Gott ist kein Mann, Gott ist Gott schlechthin. Der Ausdruck Vater und Sohn soll das gegenseitige Verhältnis der beiden Personen, der ersten zur zweiten, zum Ausdruck bringen.
Es wird dann auch von dem Wort „Zeugung“ Gebrauch gemacht, aber das bedeutet wiederum nichts Geschlechtliches, sondern die Zeugung, die hier ausgesagt wird, soll das Geschaffensein der zweiten göttlichen Person durch die erste ausschließen. Sie soll das Geschaffensein ausschließen. Sie soll betonen, dass die zweite Person gleichwesentlich mit dem Vater ist. Das ist der Sinn, warum wir den Ausdruck Zeugung verwenden.. „Gezeugt, nicht geschaffen.“ Vater und Sohn dürfen also nicht mißverstanden werden als Bezeichnungen für geschlechtliche Vorgänge. Es sind bildhafte Ausdrücke für innergöttliche Beziehungen. Wir haben keine anderen.
Der Vater ist es, der den Sohn hervorbringt. Vater und Sohn sind es, die den Heiligen Geist hervorbringen. Da nur die Personen als solche hervorbringen und hervorgehen, wird das Wesen Gottes als solches nicht vervielfältigt. Nicht jede Person hat ein eigenes Wesen, sondern alle drei Personen haben das gleiche Wesen. Es bleibt also trotz der innergöttlichen fruchtbaren Lebensvorgänge das Wesen in seiner Einzigkeit bestehen. Die Hervorgänge begründen nur, dass das eine Wesen in dreifach verschiedener Weise als dasselbe existiert. Deswegen ist der Einwand falsch, wir würden drei gleich eins setzen. O nein, das tun wir nicht. Drei der göttlichen Personen – eines das göttliche Wesen.
Die erste Person ist Gott und trägt die Bezeichnung Vater. Damit wird der Ursprung ausgedrückt. Es gibt auch andere Bezeichnungen für Gott. Die Apokalypse sagt: Ich bin das A und das O, das ist der erste und der letzte Buchstaben des griechischen Alphabets und besagt soviel: Ich bin der Anfang und das Ende. Alles kommt von mir, der Anfang und das Ende. Der Apostel Paulus spricht dasselbe wieder anders aus und sagt, dass alles „aus Gott ist“ und dass alles „auf ihn hin“ existiert. Aus Gott und auf ihn hin, das sind alles Bezeichnungen für den ewigen Vater. Diese Bezeichnung ist uns vorgegeben durch die Offenbarung des Alten und des Neuen Testamentes. Sie ist verbindlich, man kann sie nicht durch andere Ausdrücke ersetzen.
Es soll nicht bestritten werden, dass in Gott auch mütterliche Züge sind. Selbstverständlich. Er nimmt sich der Menschen an wie eine Mutter eines Kindes. Aber deswegen haben wir nicht das Recht, den Ausdruck Vater durch die Bezeichnung Mutter zu ersetzen. Das widerspräche der Offenbarung Jesu und würde zu Verwirrung führen.
Gott ist Vater in einem doppelten Sinne, einmal im wahren und eigentlichen Sinne. Diese Vaterschaft kommt nur der ersten göttlichen Person zu. Sie bezeugt uns Jesus, wenn er von seinem Vater spricht in einem einzigartigen und eigenartigen und ausschließlichen Sinne, oder wenn er sich als den Eingeborenen, d.h. den einziggeborenen Sohn des Vaters bezeichnet. Die Vaterschaft Gottes will die Ursprungslosigkeit der ersten Person in Gott aussagen und gleichzeitig den Ursprung für die anderen göttlichen Personen. Die erste göttliche Person ist der grundlose Urgrund der beiden anderen göttlichen Personen, der grundlose Urgrund. Man hat versucht, diese Ausdrücke durch andere zu ersetzen, etwa von der „causa sui“, dass Gott sich selbst verursacht. Das ist von der Kirche abgewiesen worden. Gott verursacht sich nicht selbst, er ist von selbst, aber er bringt sich nicht selbst hervor. Er ist von selbst.
Im Verhältnis zur zweiten göttlichen Person verwirklicht sich das, was wir Vater nennen. Denn die erste göttliche Person teilt ihr ganzes Wesen ohne dessen Vervielfältigung dem Sohne mit. Nach dem Verhältnis der ersten göttlichen Person zur zweiten ist auch das Verhältnis Gottes zu den Menschen benannt. Wir nennen ja Gott auch Vater, obwohl wir nur Adoptivsöhne sind und nicht natürliche Söhne wie Jesus der natürliche Sohn ist. Gott ist in diesem Sinne Vater in einem uneigentlichen Sinne, weil er nämlich die Geschöpfe hervorbringt, weil er sie erhält und weil er mit seiner Vorsehung für sie sorgt, weil er sie in den Stand der Gnade und der Gotteskindschaft erhebt. Die Bezeichnung Vater in diesem Sinne besagt, dass Gott der Ursprung, die Ursache, der Anfang der gesamten Schöpfung ist.
Die zweite göttliche Person glauben wir zu kennen. Es ist unser Jesus, unser Heiland, der über die Fluren von Galiläa gewandert ist. Aber von ihm sagt der Hebräerbrief: Er ist der Abglanz der Herrlichkeit und das Abbild der Wesenheit Gottes. Schöner kann man es nicht sagen: Er ist der Abglanz der Herrlichkeit Gottes, und er ist das Abbild der Wesenheit Gottes. Johannes nennt ihn den Logos, das ewige Wort, das Gott gesprochen hat. Nicht eine Eigenschaft, nicht eine unpersönliche Kraft, sondern eine Person, eine vom Vater verschiedene Person, eine göttliche Person. „Am Anfang war das Wort, aber das Wort war bei Gott.“ Also unterschieden von der ersten Person. Er ist „Gott von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott, eines Wesens mit dem Vater“. Aus Liebe zu uns Menschen hat er sich entäußert und eine menschliche Natur angenommen. Als Gottmensch zieht er das ganze Menschengeschlecht an sich, teilt ihm seine Würde mit, sein Leben und seine Berufung zur Gottverherrlichung und zum seligen Besitze Gottes. Alle Gnaden und alles Heil, das wir im gegenwärtigen Leben erhalten und im zukünftigen Leben erhoffen, wird uns geschenkt in der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Der Sohn Gottes blieb, was er war, aber er nahm an, was er nicht hatte.
So wie Jesus unter uns gewandelt ist, kann nur Gott sein. Jesus kämpft gegen den Satan, gegen das Satansreich wie ein Feldherr. Er kämpft gegen Krankheit, Hunger und Tod wie ein Arzt, und er kämpft gegen die sinnlosen Trennungen der Menschen wie ein Weiser. In ihm ist Gott auf leibhaftige Weise gegenwärtig.
Aus Vater und Sohn geht der Heilige Geist hervor. Iin einem Akt von unermeßlicher Kraft und Innerlichkeit begründen, nicht schaffen, begründen Vater und Sohn den Heiligen Geist. Sie hauchen wie ein einziges Prinzip den Heiligen Geist. Die „Hauchung“ ist natürlich wieder ein Bild. Der Ausdruck soll den Irrtum abwehren, der Heilige Geist wäre ein Geschöpf des Vaters und des Sohnes. Er soll die Gleichwesentlichkeit des Heiligen Geistes mit dem Vater und dem Sohn aussagen. Wie die Zeugung ist auch die Hauchung ein ewiger, das heißt ein zeitloser Vorgang. Man kann diesen Sachverhalt auch anders ausdrücken. Vor allem hat es Augustinus versucht, die sogenannte psychologische Trinitätslehre zu begründen. In der psychologischen Trinitätslehre, also einem Versuch, das Geheimnis der Dreifaltigkeit auszuloten, ist der Heilige Geist das ewige Feuer der Liebe, der persönlichen bewußten Liebe des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater.
Der Heilige Geist ist uns bekannt als Schöpfer und Neuschöpfer, als der Geist, der uns befreit von der Sünde und der die Toten lebendig macht. Wir kennen den Heiligen Geist als die Seele der Kirche. Was immer in der Kirche an Heil und an Gnade lebt, das stammt vom Heiligen Geiste. Er leitet sie, er lehrt sie, er bewahrt sie vor jedem Irrtum. Das ist auch unsere Hoffnung in dieser hoffnungslosen Zeit, meine lieben Freunde: Der Heilige Geist wird nicht zulassen, dass diese Kirche allein den Menschen überlassen bleibt.
Der Heilige Geist ist auch den einzelnen Gliedern der Kirche mitgeteilt. Er bringt in den Seelen die Gnade und die Tugend hervor. Es gibt die Früchte des Heiligen Geistes, von denen der Apostel Paulus spricht: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Mäßigkeit, Enthaltsamkeit, Keuschheit. Das sind die Früchte des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist auch ein innerlicher Gesetzgeber. Er schreibt in unsere Herzen das Gesetz Christi hinein. Wenn immer wir diesem Gesetz folgen, dann wirkt in uns der Heilige Geist.
Man könnte meinen, die Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit sei eine intellektuelle Aufgabe, eine Bewährungsprobe des Verstandes. Aber sie ist weit darüber hinaus ein Lebenswert. Der Heilige Geist, der Vater und der Sohn. die Dreieinigkeit Gottes haben uns für unser Leben etwas zu sagen. Dieser Glaube an die Dreieinigkeit läßt Gott noch unfaßbarer, geheimnisvoller erscheinen, als wenn es der pure islamistische Eingott-Glaube wäre. Gerade die Unbegreiflichkeit der Dreieinigkeit, und das ist sie, gerade die Unbegreiflichkeit ist in gewisser Hinsicht ein Beweis für diese Wahrheit. Wovon sich unsere Vernunft keinen Begriff bilden kann, worauf das menschliche Denken von sich aus nicht kommen kann, das muss von Gott selbst stammen, das muss geoffenbart sein, und das müssen wir glauben. Die Lehre von der heiligsten Dreieinigkeit macht uns aber auch deutlich, was es mit der Menschwerdung Christi auf sich hat. Nicht der Vater ist Mensch geworden, sondern der Sohn. Im 3. Jahrhundert kam eine Irrlehre auf, der sogenannte modalistische Monarchianismus, die lehrte, in Jesus sei der Vater Mensch geworden, der Vater habe gelitten. Und deswegen nannte man diese Leute Patripassianer, Leute, die behaupten, der Vater habe gelitten. Sie nahmen also nur eine göttliche Person an, die in verschiedenen Modi, in verschiedenen Offenbarungsweisen sich zeigt. Das war ein fundamentaler Irrtum. Dagegen ist die Lehre von der Dreieinigkeit viel besser begründet und viel leichter zu verstehen.
Und beim Heiligen Geist, den wir ja jetzt in der Pfingstwoche gefeiert und erbeten haben, beim Heiligen Geist geht es um Gottes ansteckende Nähe. Es geht zugleich um das Geheimnis der Kirche. Es geht um unsere christliche Existenz. Und um Gott zu verstehen, um die Dreieinigkeit zu begreifen, ist es empfehlenswert, den Heiligen Geist anzurufen, der uns die Geheimnisse der Gottheit aufzuschließen vermag.
Komm, o Geist der Heiligkeit, aus des Himmels Herrlichkeit sende deines Lichtes Strahl.
Vater aller Armen du, aller Herzen Licht und Ruh, komm mit deiner Gaben Zahl.
Tröster in Verlassenheit, Labsal voll der Lieblichkeit, komm, o süßer Seelenfreund.
Amen. Alleluja.