4. Juni 2023
Der dreifaltige Gott
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Die Allerheiligste Dreifaltigkeit ist das größte Geheimnis unseres Glaubens. In Gott sind drei Personen, Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Diese drei Personen sind ein Gott. Die göttlichen Personen teilen die einzige Gottheit nicht untereinander, sondern jede von ihnen ist voll und ganz Gott. Die drei göttlichen Personen sind real voneinander verschieden, und zwar durch die Ursprungsbeziehungen. Der Vater zeugt, der Sohn wird gezeugt, der Heilige Geist geht hervor. Die göttliche Einheit ist dreieinig. Wegen dieser Einheit ist der Vater ganz im Sohn, ganz im Heiligen Geist. Der Sohn ist ganz im Vater, ganz im Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist ganz im Vater, ganz im Sohn. Der katholische Glaube besteht darin, dass wir den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit verehren. Wir vermischen weder die Personen noch trennen wir die Substanz. Unzertrennlich in dem, was sie sind, sind die göttlichen Personen auch in dem, was sie tun. Niemals wären die Menschen darauf gekommen, wenn Jesus Christus uns dieses Geheimnis nicht geoffenbart hätte. Fast fünfhundert Jahre hat die Kirche um die Klarheit und Reinheit der Lehre von der Trinität gegen viele Irrlehrer gekämpft. Ihre besten Söhne haben sich mit diesem Geheimnis beschäftigt. Ein Basilius, ein Augustinus, ein Athanasius sahen ihre Lebensaufgabe im Studium und in der Verteidigung dieser Lehre. Diese Grundlehre unterscheidet das Christentum wesentlich von heidnischen, jüdischen und muslimischen Gottesvorstellungen. Der Glaube an die Dreifaltigkeit tastet die Eingottlehre nicht an. Das Christentum ist monotheistisch. Die von der katholischen Kirche abgespaltenen christlichen Gemeinschaften weichen auch in der Auffassung der Dreifaltigkeit von der Lehre der katholischen Kirche ab. Es entstanden ganze Verbände, welche das Dogma vom dreifaltigen Gott verwarfen. Die Antitrinitarier und Sozinianer lehnten die Lehre von der Dreieinigkeit ab. Die rationalistische Richtung der neueren protestantischen Theologie hat das Trinitätsdogma preisgegeben oder ausgehöhlt (Albert Stohr). Vielfach liest man bei ihnen noch die alten kirchlichen Formeln, ihr Inhalt hat sich aber ganz verflüchtigt. Adolf von Harnack, das Haupt der jüngeren liberalen Schule, verkündete, allein der Vater gehöre ins Evangelium (Albert Stohr). Für Adolf von Harnack ist das Trinitätsdogma das Ergebnis der Hellenisierung des Christentums in der Antike und hat seine Verbindlichkeit eingebüßt. Albert Stohr, der frühere Bischof von Mainz, schrieb: „Der moderne Protestantismus sieht in der Dreifaltigkeit eine arge Verlegenheit.“
Die Dreifaltigkeit wird bildlich darzustellen versucht. Darin wird gewöhnlich Gott Vater als älterer Mann, Gott Sohn mit den Wundmalen und der Heilige Geist in Gestalt der Taube von oben herabschwebend abgebildet. In dieser Form erscheint das Bild der Dreifaltigkeit gegen Ende des Mittelalters, besonders auf den Darstellungen der Krönung Marias. Eine ausdrückliche Billigung und feierliche Empfehlung erfuhr der sogenannte Gnadenstuhl. Das ist die Darstellung des auf einem Thronsessel sitzenden Gott Vaters, der vor sich im Schoß das Kreuz mit dem Sohne hält, während die Taube über Vater und Sohn schwebt. Frühzeitig versuchte man die Dreifaltigkeit auch rein symbolisch anzudeuten. Dies geschah durch das Delta (den vierten Buchstaben des griechischen Alphabets) oder das gleichseitige Dreieck. Drei sich durchdringende Kreise als Zeichen der Dreifaltigkeit finden sich wiederholt im Mittelalter und im Barock. Ein Mosaik in der Kirche San Vitale zu Ravenna sieht in den drei Männern bei Abraham (Gen 18,1-8) einen Typus der heiligsten Dreifaltigkeit. Als Hinweis auf die Dreifaltigkeit gelten auch die drei Jünglinge im Feuerofen. Am Paderborner Dom existiert eine Darstellung der Trinität in der Gestalt von drei Hasen. Symbole der Trinität sind auch drei Kugeln und der Dreipass (= eine Figur des Maßwerks aus drei Kreisen, die in einem Kreis eingeschrieben sind). Alle diese Versuche, das Unvorstellbare darzustellen, sind gewagt und fragwürdig. Gegen manche riskante Unternehmungen dieser Art ist die oberste kirchliche Autorität eingeschritten. Die Darstellung, wo auf einem Leib drei Köpfe sitzen, wurde von Papst Urban VIII. 1628 verboten. Ebenso untersagte Papst Benedikt XIV. 1745 Darstellungen der Trinität in Gestalt dreier nebeneinander sitzenden Personen.
Die Verehrung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit ist für alle Zeiten der Kirchengeschichte bezeugt. Wesentliches haben dafür vor allem die Spanier getan. Die Trinität, spanisch Trinidad, ist Bezeichnung mehrerer geographischer Objekte. Vor der Küste Venezuelas liegt die Insel Trinidad. Im mittleren Kuba findet sich die Stadt Trinidad mit der Pfarrkirche Santisima Trinidad. Die Hauptstadt des Departements Flores in Uruguay trägt den Namen Trinidad, ebenso die Hauptstadt des Departements Beni in Bolivien. Es war die Verehrung des dreifaltigen Gottes, welche die Spanier zu dieser Namensgebung veranlasste. Kirchliche Verbände stellten ihren Dienst unter den Namen und den Schutz der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde der Orden der Trinitarier gegründet. Er widmete sich der Befreiung der Christen, die von den Muslimen gefangengenommen und versklavt wurden. Der Orden hatte die Verehrung der Allerheiligsten Dreifaltigkeit als sein besonderes Kennzeichen. Dem männlichen Orden stellte sich bald ein weiblicher Zweig zur Seite und schließlich auch ein dritter Orden. Viele Bruderschaften bildeten sich unter dem Zeichen des dreieinigen Gottes.
Das ganze kirchliche Leben der Christen vollzieht sich im Namen des Dreieinigen Gottes. Davon zeugen der Taufritus, das Kreuzzeichen, die Doxologien, die Schlussformeln der Orationen, die Benediktionen, die Gebetsformeln beim eucharistischen Gottesdienst. Eine Messe zu Ehren der heiligsten Dreifaltigkeit ist seit Ende des 8. Jahrhunderts nachweisbar. Ein Fest der heiligsten Dreifaltigkeit ist für den Anfang des 10. Jahrhunderts in Lüttich nachweisbar. Das Dreifaltigkeitsfest ist seit 1334 für die gesamte Kirche vorgeschrieben. Das Dreifaltigkeitsfest wird heute am ersten Sonntag nach Pfingsten gefeiert.
Ein besonderes Zeichen der Verehrung des Dreifaltigen Gottes sind die Gotteshäuser, die seinen Namen tragen. In meiner Heimat lag die höchstgelegene Pfarrei der Gegend. Sie trug den schönen Namen Gottesberg. Sinnigerweise war die Pfarrkirche dieser Stadt auch geweiht dem höchsten Geheimnis unseres Glaubens, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Die Pfarrkirche meiner Großeltern im schlesischen Liegnitz war eine Dreifaltigkeitskirche. Die Pfarrangehörigen waren überaus dankbar für dieses Gotteshaus in der Karthaus-Vorstadt; es war fast zur Gänze mit Spenden der Gläubigen finanziert worden. Unsere Pfarrkirche in Budenheim ist dem dreieinigen Gott geweiht und trägt seinen Namen. Sie wurde in der Zeit erbaut, als Peter Hohenadel Pfarrer in Budenheim war. Der höchste Inhalt unseres Glaubens war ihm ein Anliegen. In Gößweinstein in der fränkischen Schweiz steht die wunderbare zweitürmige Barockkirche, 1730-39 erbaut von Balthasar Neumann, mit dem großartigen Hochaltar von Michael Küchel (1748). Diese Kirche ist das Ziele zahlreicher Wallfahrten aus Franken und Thüringen. Gegenstand der Wallfahrt ist nicht Maria oder ein anderer Heiliger. Gegenstand ist die Allerheiligste Dreifaltigkeit. Zahlreiche Dreifaltigkeitswallfahrten entstanden nach 1644 innerhalb weniger Jahrzehnte, viele im Bistum Regenburg. Wallfahrtskirchen zur Trinität stehen meist auf Bergen. Hauptwallfahrtstag ist der Dreifaltigkeitssonntag. Zum Dank für überstandene Not-, Kriegs- und Seuchenzeiten wurden Dreifaltigkeitssäulen errichtet (z.B. in Wien und Linz).
Das katholische Volk trägt gegenwärtig keine so herzliche Verehrung zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit, wie es in früheren Jahrhunderten der Fall gewesen ist. Die Anbetung der Trinität in den Herzen der Gläubigen hat nicht mehr die Stellung, die ihr gebührt, nämlich den ersten Platz. In unserem Leben muss wieder herausgearbeitet werden das Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste. Am Morgen des Tages, zum Beginn der Arbeit, bei der Mahlzeit, in der Ruhepause, nach vollbrachtem Tagewerk, beim Niederlegen zum Schlaf, stets sollte das „Ehre sei dem Vater“ auf unseren Lippen und in unserem Herzen sein. Es muss uns allen wieder eingeprägt werden: Ich gehöre dem Dreifaltigen Gott! Tief neigen sich die Mönche im Chor, wenn am Ende des Psalms das Gloria Patri gesungen wird. Tief beugen wir uns am Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit vor dem Dreieinigen Gott: „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte, wie unerforschlich seine Wege!“ Dieses Fest steht wie ein „Ehre sei dem Vater“ am Schluss der österlichen Zeit.
„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ So beginnen wir jedes Gebet. Es ist stets ein Bekenntnis zum Glauben an die Allerheiligste Dreifaltigkeit. Dabei bezeichnen wir Stirn, Mund und Herz mit dem Zeichen des Kreuzes. Von Kindesbeinen an sind wir es gewohnt. Wie oft haben wir schon das Zeichen des Dreifaltigen Gottes über uns gezeichnet? Beim Erwachen, beim Verlassen der Wohnung, in der Stunde der Versuchung, beim Segen des Priesters in der heiligen Messe, beim Tischgebet, beim Besuchen des Allerheiligsten Sakramentes im Gotteshaus, beim Engel des Herrn, beim Zubettgehen. Wie wechselreich ist das Leben des Priesters! Soeben hat er im Gotteshaus ein Kind getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Da wird er zu einem Sterbenden gerufen und betet im Auftrag der Kirche: „Ziehe hin, christliche Seele, aus dieser Welt im Namen Gottes des allmächtigen Vaters, der dich erschaffen hat, im Namen Jesu Christi, des Sohnes des lebendigen Gottes, der für dich gelitten hat, im Namen des Heiligen Geistes, der über dich ausgegossen worden ist.“ Das ganze Leben ist eingebettet in den Glauben an die Allerheiligste Dreifaltigkeit. Am Sarg der Christen lässt die Kirche den Priester beten: „Komm ihm mit deiner Gnade zu Hilfe, da er doch während seines Lebens gezeichnet war mit dem Siegel der Heiligen Dreifaltigkeit.“ Möge das auch uns einst gelten, wenn wir gerufen werden zum großen Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, das nie endet. Ein Priester segnete einmal ein dreijähriges Kind mit dem Kreuzzeichen. Strahlend erzählte das Kind: „Der Pfarrer hat mir ins Gesicht geschrieben.“ Ist das nicht schön gesagt? Der dreifaltige Gott schreibt uns seinen Segen ins Gesicht. Können wir diese Schrift auch lesen? Ist nicht leider die alte katholische Sitte, dass die Eltern ihre Kinder mit dem Kreuzzeichen segnen, in Vergessenheit geraten? Brauchen unsere Kinder nicht täglich den Segen des dreifaltigen Gottes? Möge es uns allen nicht nur ins Gesicht, sondern tief ins Herz geschrieben sein: Ich gehöre Gott, ich bin ein Tempel, ein Heiligtum der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Ist es Ihnen schon einmal bewusst geworden: Wir selbst sind eine Dreifaltigkeitskirche im Kleinen? Vom Tage der heiligen Taufe an haben Vater, Sohn und Heiliger Geist in uns Wohnung genommen. Wie sieht dieses Dreifaltigkeitsheiligtum aus? Ist es in Ordnung? Ist es geschmückt? Oder ist es verstaubt und voll Unrat? Oder wurde es gar geschändet von frevlerischer Hand? Das Dreifaltigkeitsfest sei auch dein Fest. Gehe zum Taufstein, erneuere den Taufschwur, gehe zum Beichtstuhl, gehe zum Tisch des Herrn, damit du durch die heilige Kommunion emporsteigst zu deinem letzten Ziel, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.
Amen.