4. Januar 2004
Die Heilsbedeutung des Namens Jesu
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Am Sonntag zwischen dem Fest der Beschneidung des Herrn und dem Fest Erscheinung des Herrn wird das Fest des heiligsten Namens Jesu gefeiert. Die Kirche tut es mit Bedacht. Das Evangelium ist heute das gleiche wie am 1. Januar, am Fest der Beschneidung des Herrn. Aber mit der Beschneidung verbunden war ja ein anderer Akt, nämlich die Namengebung, und deswegen hat die Kirche dieses Geschehnis zerlegt in das Fest der Beschneidung und in das Fest des Namens Jesu. Der Name ist nicht nur eine unterscheidende Bezeichnung. Er hat auch diese Funktion, ganz gewiß. Aber er soll auch etwas über den Träger aussagen. Er hat eine Bedeutung für den Namensträger.
Adam und Eva, Abraham und Moses, Johannes und Jakobus, sie alle haben Namen erhalten, die etwas über die Bedeutung, über das Wesen, über die Aufgabe und über die Würde des Trägers aussagen sollten. Schon der Name Gottes im Alten Testament ist ja aussagekräftig. Er heißt Jahwe, und dieses Wort Jahwe ist ungefähr soviel wie „der Ewig-Seiende“. Gott ist „der Ewig-Seiende“, der nie einen Anfang gehabt hat und kein Ende haben wird. Er ist der Ewige. Jahwe, der „Ewig-Seiende“. Und um diesen Namen zu ehren, hat Gott unter den Zehn Geboten ein eigenes Gebot erlassen, das 2. Gebot: „Du sollst den Namen Gottes nicht vergeblich führen“, also nicht verunehren. Und Jesus, der Gesandte des Vaters, unterstreicht diese Verpflichtung, wenn er sagt, im Vaterunser sollen wir beten: „Geheiligt werde dein Name!“ Auch Jesus hat einen Namen empfangen, der von großer Bedeutung ist. Der Name wurde ihm nicht von Menschen gegegen, sondern von Gott bestimmt. Maria erhielt die Weisung: „Du sollst ihm den Namen Jesus geben.“ Die gleiche Botschaft erging an den Pflegevater: „Du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden.“
Ja, wie ist das zu erklären, die Begründung: Er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden? Hat diese Tätigkeit, hat dieses Werk etwas mit dem Namen Jesus zu tun? Ja, sehr viel. Denn Jesus, oder besser Jeshua im Hebräischen, heißt: Gott hilft, Jahwe hilft. Also derjenige, der diesen Namen empfängt, ist der Gehilfe Gottes. Er ist derjenige, durch den Gott hilft. Er ist der Träger der Erlösung. Deswegen heißt unser Erlöser Jesus, weil Gott durch ihn die Erlösung bewirkt. „Gott hilft“. Dieser Name wird nun im heutigen Meßtext unaufhörlich erwähnt und gepriesen. Schon im Introitus heißt es, daß sich im Namen Jesu jedes Knie beugen muß im Himmel, auf der Erde und unter der Erde. Und dann wird aus dem Psalm 8 zitiert, daß der Name des Herrn wunderbar ist allüberall auf der Erde. In der Lesung, in der Epistel, ist die Rede von dem ersten Wunder, das Petrus gewirkt hat; und als die Menge meint, dieses Wunder sei seiner eigenen Kraft zuzuschreiben, da weist es Petrus ab: „Durch den Namen unseres Herrn Jesus, den ihr gekreuzigt habt, den Gott aber auferweckt hat, durch ihn steht dieser Kranke gesund vor euch.“ Und er fügt hinzu: Das ist kein Name, der vergeht und verklingt, das ist ein Name, der ewig bleibt. Das ist der Name, in dem Heil, in dem allein Heil ist. „Es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem wir selig werden können.“
Hier, meine lieben Freunde, ist die Universalität des christlichen Glaubens ausgesprochen. Wer gerettet wird, wird durch den Namen Jesu gerettet, ob er ihn kennt oder nicht. Aber wer ihn nicht kennt, der muß ihn wenigstens suchen; und wer ihn in einem unbestimmten Gewissensspruch sucht, der kann ihn auch im Himmel finden. Im Graduale ist wieder die Rede davon, daß Gott uns erlösen möge und uns sammeln möge aus der Mitte der Heiden, „auf daß wir den heiligen Namen Gottes preisen“. Und ebenso im Offertorium heißt es: „Ich will dich preisen, Herr, mein Gott, von ganzem Herzen und deinen Namen rühmen, denn du, o Gott, bist gut und mild und reich an Erbarmung, reich für alle, die dich anrufen.“ Und schließlich ist auch im Kommunionvers noch die Rede vom Namen Jesu: „Alle Völker, die du geschaffen hat, werden kommen und niederfallen und deinen heiligen Namen rühmen, denn er ist groß und wunderbar.“
Der Name Gottes und der Name Jesu muß mit Ehrfurcht genannt werden. Der Glaube zeigt uns die Wirklichkeit Gottes; die Ehrfurcht ist die Antwort, die wir auf die Wirklichkeit Gottes geben. Ehrfurcht ist scheue Liebe und liebende Scheu. Wenn wir Ehrfurcht vor dem Namen Gottes haben, dann meinen wir damit Ehrfurcht vor seiner Person und vor seinem Werk. Und wenn wir ehrfürchtig den Namen Jesus nennen, dann ist ebenso wieder die Ehrfurcht vor dem Träger dieses Namens und vor seinem Erlösungswerk gemeint. Wenn Sie aufpassen, wie der Priester in der tridentinischen Messe sich verhält, dann werden Sie feststellen, daß er immer dann, wenn er den Namen Jesus ausspricht, sdein Haupt neigt. Das ist ein Ausdruck der Ehrfurcht, ein berechtigter, ein, wie ich meine, hilfreicher Ausdruck der Ehrfurcht. Von dem großen englischen Mathematiker und Astronomen Isaac Newton wird berichtet, daß er immer sein Haupt entblößte, wenn er den Namen Jesu las oder hörte. Als Kinder wurden wir unterrichtet, daß wir den Priester begrüßen sollen mit dem Rufe „Gelobt sei Jesus Christus!“ Das ist ein wahrhaft schöner Gruß. In ihm wird der Name Jesu gepriesen und gleichzeitig selbstverständlich seine Hilfe und sein Beistand angerufen. Gelobt sei Jesus Christus! Und der Angeredete antwortet: „In Ewigkeit. Amen.“
Es gibt auch Menschen, die den Namen Jesu lästern, schmähen, verunglimpfen. Aber dem Haß der Feinde soll unsere Liebe antworten, ihrer Schmähung unsere Ehrfurcht, ihrer Lästerung unser Ruf: Gelobt sei Jesus Christus!
Die Kirche hat sich natürlich etwas gedacht, als sie das Fest des Namens Jesu an den Anfang des bürgerlichen Jahres setzte. Wir sollen offenbar aufgefordert werden, im Namen Jesu dieses Jahr zu beginnen und zu vollenden. Was heißt es, im Namen Jesu beginnen und vollenden? Das heißt, im Geiste und in der Gesinnung Jesu dieses Jahr durchlaufen, im Geist und in der Gesinnung Jesu. Und wie war er denn gesinnt? Er war so gesinnt, daß er sich selbst entäußerte, es nicht für einen Raub hielt, sich seiner Gottgleichheit zu entäußern, im Äußern erfunden wurde wie ein Mensch, gehorsam geworden ist bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. Das ist die Gesinnung Jesu. Und das ist die Gesinnung, in der wir dieses Jahr durchlaufen sollen: im Namen Jesu. Und eigentlich sollten wir jeden Tag im Namen Jesu beginnen und vollenden. In meiner Heimat war es üblich, daß, wer ein Werk auf sich nahm, wer eine Unternehmung begann, sprach: „In Gottes Namen.“ Und das ist ja dasselbe, denn Jesus ist Gott. In Gottes Namen die Werke, die wir vollbringen sollen, auf uns nehmen und vollenden. Wer im Leben den Namen Jesu verehrt hat, der wird auch im Tode sich dieses Namens als Trost und Hoffnung erinnern. Am 22. Februar 1943 fällte Roland Freisler das Todesurteil über Hans und Sophie Scholl in München. Am selben Tage noch wurden sie durch das Fallbeil hingerichtet. Im Gerichtssaal waren die Eltern der beiden Scholls anwesend, und als die Kinder nun hinausgeführt wurden, um hingerichtet zu werden, da rief die Mutter ihnen zu: „Jesus!“ Ganz laut und vor allen Leuten: „Jesus!“ Sie sollten im Namen Jesu den letzten Gang antreten. Sie sollten sich besinnen, wer mit ihnen geht auch durch den Tod., und sie sollten hoffen auf den, der ihre ganze Hoffnung im Leben war, Jesus.
Amen.