Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
4. August 1996

Die Früchte des Meßopfers

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

An den vergangenen Sonntagen haben wir erkannt: Die heilige Messe ist ein Opfer. Sie ist das Selbstopfer Christi, der sich in geheimnisvollen Zeichen darbringt. Sie ist das Opfer der Kirche, der Christus dieses Opfer anvertraut hat. Sie ist das Opfer des Priesters und der Gläubigen, die vereint dieses Opfer darbringen. Nun ist aber die heilige Messe kein in sich selbst stehendes Opfer, sondern sie ist ein rückbezügliches Opfer, denn sie bezieht sich zurück auf das Kreuzesopfer. Das Meßopfer ist das Kreuzesopfer in sakramentaler Gestalt.

Wenn aber das Kreuzesopfer seinem Wesen nach im Meßopfer gegenwärtig wird, dann muß auch die Kraft, dann muß auch der Nutzen des Kreuzesopfers in der heiligen Messe gegenwärtig sein. Tatsächlich spricht die Kirche von den „Früchten“ des Meßopfers. Wir wollen zwei Fragen stellen und sie beantworten.

1. Welches sind die Früchte?

2. Wer wird ihrer teilhaftig?

Die erste Frage lautet: Welches sind die Früchte des Meßopfers? Die erste und bedeutsamste Frucht ist darin gelegen, daß das Meßopfer eine Wehr gegen die Sünde ist. Das Meßopfer läßt nicht die Sünden nach wie das Bußsakrament; das Meßopfer läßt auch nicht die Sünden nach wie das Taufsakrament. Aber das Meßopfer verschafft denen, die daran teilnehmen, die Gesinnung der Bekehrung, und die Bekehrung führt dank der Barmherzigkeit Gottes zur Nachlassung der Sünden. Wer sich bekehrt, dem läßt Gott die Sünden nach. Also das ist die erste und wichtigste Frucht des Meßopfers. Wer an ihm richtig, in der rechten Gesinnung teilnimmt, dem schenkt Gott die Gabe und die Gnade der Bekehrung. Das ist eine Aussage von ungeheurer Bedeutung; denn sie macht einmal klar, daß jeder Christ am Meßopfer teilnehmen kann, auch der Sünder, auch der schwere Sünder, ja gerade er. Man soll die schweren Sünder ermutigen und ermuntern, am Meßopfer teilzunehmen. Sie dürfen selbstverständlich nicht die heilige Kommunion empfangen, aber sie dürfen, ja sie sollen am Meßopfer teilnehmen, weil sie hier nämlich das erlangen, was das wichtigste für sie ist, die Gnade der Bekehrung.

Die zweite Wirkung, die zweite Frucht der heiligen Messe ist der Nachlaß von Sündenstrafen. Wenn die schwere Schuld vergeben ist, ist auch die ewige Strafe vergeben. Aber es sind nicht immer alle zeitlichen, also in der Zeit abzubüßenden Strafen vergeben. Deswegen tritt das Meßopfer ein, weil hier die Genugtuungen Christi dem Vater im Himmel dargeboten werden, und diese Genugtuungen Christi tilgen unsere Sündenstrafen. Die Sündenstrafen werden uns unmittelbar nachgelassen, und sie werden den Armen Seelen fürbittweise nachgelassen. Wir können also auch für die Armen Seelen im Fegfeuer das Meßopfer darbringen und die Genugtuungen Christi ihnen im Meßopfer fürbittweise zuwenden. Es ist wichtig, es ist heilsam, es ist notwendig, sich um Befreiung von den zeitlichen Sündenstrafen zu bemühen, denn sie  sind schmerzlich, die zeitlichen Sündenstrafen auf dieser Erde und die zeitlichen Sündenstrafen im Jenseits. Nehmen wir diese Wirkung, dieserucht der heiligen Messe ernst!

Eine weitere Frucht des Meßopfers ist die Gnade, daß die Gebete, die während des Meßopfers verrichtet werden, von Gott erhört werden, wenn die Bedingungen gegeben sind. Das Meßopfer bringt sichere Erhörung der Gebete, falls die Bedingungen für die Erhörung vorhanden sind. Wenn Christus in der Messe für uns betet, dann ist die Erhörung gewiß, denn der Vater im Himmel erhört seinen Sohn immer. Von dieser Seite also ist alles zu hoffen und nichts zu befürchten. Aber von unserer Seite ist etwas zu befürchten, ob wir nämlich geeignete Empfänger der Gnaden und Gaben sind, die Christus uns zudenkt, und ob wir auch in der rechten Gesinnung um die rechten Dinge beten. Die Menschen haben nicht immer das rechte Urteil, was sie erbeten, was sie erbitten sollen; und das ist die zweite Fehlerquelle. Wenn man nicht um das Rechte bittet, kann es auch Gott nicht gewähren. Und noch einmal: Man muß empfänglich dafür sein. Man empfängt so viel Gnaden, wie man sich für diese Gnaden disponiert hat. Disponieren heißt sich empfänglich machen, sich vorbereiten, sich der Gnaden würdig machen. Also, das Bittgebet, das Christus in der Messe darbringt, wird unfehlbar erhört, aber ob unsere eigene Gesinnung, unsere Disposition hinreichend ist und ob die Gegenstände, die wir erbeten, nach Gottes Willen erbetet werden sollen, das ist unsicher.

Eine weitere Frucht des heiligen Meßopfers liegt darin, daß Gott uns zeitlichen Segen gibt. Wer Christus in der heiligen Messe am Morgen nahe war, der wird auch von ihm gesegnet davongehen. Wer Christus im Opfer der heiligen Messe am Morgen begegnet ist, dem wird der Segen an diesem Tage nicht fehlen. Es ist deswegen durchaus berechtigt, auch zeitlichen Segen vom Meßopfer zu erwarten. Wir können hoffen, daß Gott uns an dem Tage, an dem wir die Messe besucht haben, vor Unglück bewahrt; wir dürfen hoffen, daß er uns bei unserer Arbeit hilft; wir dürfen erwarten, daß er uns stärkt bei den Mühseligkeiten des Tages. Wir tragen vom heiligen Meßopfer Segen nach Hause.

Und schließlich eine letzte Frucht des Meßopfers, nämlich: Das gläubige Mitfeiern der heiligen Messe erwirkt uns ewigen Lohn. So wie derjenige, der auf einer Leiter immer höher steigt, der Himmelssphäre näher kommt, so wird auch derjenige, der das heilige Meßopfer regelmäßig, fromm und innig mitfeiert, immer näher an den Himmel herangeführt werden. Er wird Christus und die himmlische Welt besser erkennen; er wird ihn inniger lieben, und er wird ihn reiner genießen können. Gott wird auch einmal alle die Mühseligkeiten, die Menschen ertragen haben, um dem Meßopfer beizuwohnen, lohnen. Viele Menschen haben – zumindest in der Vergangenheit und manche in der Gegenwart – große Anstrengungen auf sich genommen, um der Messe beizuwohnen. Sie haben weite Wege nicht gescheut, sie haben ungünstige Witterung nicht gefürchtet, sie haben sich in Unkosten gestürzt, um der Messe beizuwohnen. Alles das wird Gott einmal im Jenseits belohnen.

Das ist also die Antwort auf die Frage: Welches sind die Früchte des Meßopfers? Im Meßopfer erhalten wir die Gnade der Bekehrung, es werden uns zeitliche Sündenstrafen nachgelassen, wir dürfen auf Erhörung unserer Gebete hoffen, Gott gibt uns zeitlichen Segen und ewigen Lohn.

Die zweite Frage: Wer wird der Früchte des Meßopfers teilhaftig? Wir unterscheiden eine dreifache Weise, wie Menschen sich der Früchte der heiligen Messe teilhaftig machen können. Es gibt erstens die allgemeine Meßfrucht. Sie wird allen zuteil, die zu der Gemeinschaft der Heiligen gehören. Das Meßopfer wird immer, auch wenn es vom Priester in einsamer Weise allein oder mit einem Ministranten gefeiert wird, für die ganze Kirche, ja für die ganze Menschheit dargebracht. Erinnern Sie sich an das schöne Gebet nach dem Sanktus, wo der Priester für alle Vorkämpfer des katholischen und apostolischen Glaubens betet, für die ganze Kirche, und erinnern Sie sich des Gebetes, das er betet, wenn er den Kelch erhebt. Da sagt er, daß er das Meßopfer darbringt „für das Heil der ganzen Welt“. Also, es gibt eine allgemeine Meßfrucht, die alle erlangen können, die sich nur durch geeignete Disposition dafür bereitet haben.

Die zweite Meßfrucht ist eine besondere. Sie fällt denen zu, die für dieses Meßopfer beigetragen haben, die sich opfernd an diesem Meßopfer beteiligt haben durch Opfergaben. Und natürlich steht an erster Stelle derjenige, der ein sogenanntes Meßstipendium gegeben hat. Das ist eine Opfergabe für ein Meßopfer. Der Priester ordnet dieses Meßstipendium einer Messe zu; er bringt die Messe in einer besonderen Weise für diesen Gabendarbringer dar. Und diese besondere Hingabe einer Opfergabe macht auch den Opferdarbringer teilhaftig einer besonderen Frucht des heiligen Meßopfers. Das ist kein Kaufen der Messe – die Messe ist unverkäuflich. Die Messe kann auch gar nicht bezahlt werden – sie ist unbezahlbar. Sondern es ist eine Opfergabe, die hingegeben wird in der Absicht, eine besondere Segensfülle, eine besondere Segenskraft vom Meßopfer zu empfangen.

Der dritten Meßfrucht werden der Priester und die mitopfernden Gläubigen teilhaftig. Wir, die wir hier versammelt sind, meine lieben Freunde, dürfen hoffen, daß Gott uns unseren Dienst reichlich, überreichlich vergilt, daß Gott uns für das, was wir hier in unserer Armseligkeit tun, unschätzbare Gaben und Geschenke verleiht. Die heilige Messe wird für diejenigen, die an ihr innig und innerlich teilnehmen, zu einem Segensquell. Aber ich muß noch einmal sagen:  Alle diese Geschenke, die aus der Messe fließen, setzen die Disposition voraus. Die Messe wirkt nicht mechanisch so wie der Sonnenaufgang oder der Regen, nein, die Messe wirkt nach dem Maße der Empfänglichkeit. Es kommt also alles darauf an, daß wir uns empfänglich machen, daß wir das Meßopfer schätzen, daß wir nichts ihm vorziehen und daß wir innig und innerlich in der Opfergesinnung, die Christus an uns sehen will, an ihm teilnehmen. Dann dürfen wir zuversichtlich auf den Segen des Meßopfers hoffen.

Amen.

 

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