Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. Mai 1992

Ein Fest der heiligen Familie

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Geliebte im Herrn!

Mit einem denkwürdigen Zusammentreffen feiern wir heute, am 1. Mai, gleichsam ein Fest der heiligen Familie, denn es ist heute der Tag des heiligen Josef des Arbeiters. Es fällt auf den heutigen Tag auch der Herz-Jesu-Freitag, und wir beginnen gleichzeitig den Maimonat, der der Muttergottes geweiht ist. Das Fest des heiligen Josef des Arbeiters hat Papst Pius XII. 1954 eingesetzt. Er hat es bewußt auf den 1. Mai gelegt, weil der 1. Mai der Kampftag der Arbeiter ist. Die Kirche hat natürlich, wenn sie das Fest Josefs des Arbeiters auf den 1. Mai legt, eine bestimmte Absicht; sie hat eine religiöse Absicht. Es ist ihr nicht um Tageskämpfe und Tagesziele zu tun, sondern es geht ihr darum, die Gesinnungen in den Menschen zu erwecken, die Josef eigen waren. Und diese Gesinnungen drücken sich eben in den Meßtexten aus. Es sind die Gesinnungen der Liebe und der Gottesfurcht. Alles, was ihr arbeitet, tut für Gott und nicht für Menschen. Diese Gesinnung will die Kirche in allen, die auf Erden irgendeine Arbeit verrichten, verwirklicht sehen.

Daß die Kirche die Prinzipien auch des Arbeitslebens zu verkündigen hat, ist keine Frage. Immer, wenn es um gut und böse geht, hat die Kirche ein Wort zu sagen. Aber sie hat nicht die Tagespolitik zu steuern. Das ist nicht ihres Amtes, das ist Sache derer, die für die weltlichen Angelegenheiten bestellt sind. Natürlich kann man Nützliches auch zu diesen Dingen sagen. Man kann durchaus der Meinung sein, daß der Abstand in der Besoldung zu hoch ist zwischen den niederen und den höheren Gehältern. Aber das ist dann keine religiöse Aussage, sondern eine politische, und von Tagespolitik sollte sich die Kirche fernhalten. Wenn sie also das Fest des heiligen Josef einsetzt, dann will sie, daß in allen, auch in den handarbeitenden Menschen, die ja unentbehrlich sind, die Gesinnungen aufscheinen, die Josef zu eigen waren. Laß uns, Josef, ein unschuldiges Leben verbringen, so wie du es verbracht hast in der Sorge für deine angetraute Gemahlin und für deinen Sohn Jesus, den Nazarener.

Das ist nämlich der zweite Inhalt des heutigen Tages. Wir verehren das heiligste Herz, also das Herz dessen, über den Josef als Familienvater gesetzt war. Er hat dieses Pfand von Gott bekommen,und er hat dieses Pfand behütet, vermutlich in die Arbeit eingeführt und mit Staunen seine innere Entwicklung beobachtet. Wenn wir das heiligste Herz verehren, dann meinen wir damit das innerste Zentrum unseres Heilandes Jesus Christus. Wir meinen seine Gesinnungen, wir meinen die Stelle, an der seine menschlichen Tugenden und Kräfte zusammentreffen mit der göttlichen Person. Herz Jesu, das ist die Mitte der Person Jesu Christi. Wir wissen, daß diese Person eine göttliche und eine menschliche Natur verbindet. Das Ich-Zentrum ist ein göttliches, aber er hat eine vernünftige Seele, und er hat einen menschlichen Leib, und diese Vereinigung, die man als hypostatische Union bezeichnet, diese Vereinigung ist es, die wir im heiligsten Herzen verehren.

Wenn wir uns an das heiligste Herz wenden, dann deswegen, weil sein Herz immer voll Liebe, voll Sorge für die Menschen ist; das Herz unseres Heilandes ist unerschöpflich in Liebe und in Sorge für die Menschen. Herz-Jesu-Freitag halten heißt sich vertrauensvoll und zuversichtlich an die Liebe und an die Sorge unseres Heilandes wenden. Es ist ein durchbohrtes Herz, ein Herz, das Leid gekannt hat, ein Herz, das zerbrochen ist im Liebestod für uns.

Neben Josef steht seine ihm angetrautes Weib Maria. Sie ist die Mutter unseres Herrn und Heilandes. „Aus Maria der Jungfrau“, so heißt es in der richtigen Übersetzung, hat er Fleisch angenommen. Sie hat das irdisch, menschliche, leibliche Element beigesteuert, um diese wunderbare Persönlichkeit zu bilden, die wir Jesus Christus nennen. Man hat Maria viele Namen gegeben, und sie sind alle schön und edel, aber der schönste und der herrlichste Name ist doch immer noch der, den ihr das Neues Testament gibt, die Mutter. Sie ist die Mutter Jesu, sie ist die Mutter Gottes, weil sie eben den geboren hat, in dem Gottheit und Menschheit vereinigt sind. Deswegen heißt sie nicht nur Menschenmutter, sondern Gottesmutter, deswegen ist sie nicht nur Christusgebärerin, wie von der Wahrheit abirrende Theologen gesagt haben, sondern sie ist die Gottesmutter, nicht Christothokos, sondern Theothokos. Das macht ihre Würde, das macht ihren Glanz, das macht ihre Hoheit aus.

Vor kurzem hat ein österreichischer Priester in einer obskuren, kirchenfeindlichen Zeitschrift die Ansicht vertreten, das schöne Gebet: „Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, es ist noch nie erhört worden, daß jemand zu dir seine Zuflucht genommen, deine Hilfe angerufen, um deine Fürsprache gefleht, von dir sei verlassen worden“, enthalte eine Lüge. Er meint, Maria habe schon oft die Gebete nicht erhört, und die Beter seien schon oft von ihr verlassen worden. Der dies schreibt, mit Namen Scherbaum, hat nicht begriffen, was es um Gebete und Gebetserhörung im Christentum ist. Wenn der Heiland verheißt: „Alles, worum ihr in meinem Namen bitten werdet, das werde ich tun“, dann ist das kein Freibrief für beliebige Wünsche und Gedanken, sondern wenn Gott uns auffordert zu beten und die Erhörung verheißt, dann kann das nur heißen, wir müssen in ratione und secundum rationem salutis beten, und wir müssen die Erhörung, die Weise der Erhörung in Gottes Hände legen. Wir müssen in ratione und secundum rationem salutis beten, das heißt wir müssen so beten, daß wir stets die Gesinnung haben: Es muß das geschehen, was unserem Heile, unserem endlichen, unserem endgültigen Heile dient. Nicht kurzsichtige irdische Bestrebungen, nicht oberflächliche irdische Wünsche müssen das Ziel unseres Betens sein, sondern es kann und muß immer auch der Wille eingebunden sein in das ewige Heil. Das heißt gemäß der Ordnung des Heiles beten.

Und selbstverständlich kann Gott uns immer auch nur in dem erhören, was unserem Heile dient. Das heißt, wenn er seiner Mutter, der „Allmacht auf Füßen“, wie man sie genannt hat, die Macht gibt, Gebete zu erhören, wenn er ihr die Macht anvertraut hat, daß ihr Gebet bei Gott unfehlbar erhört wird, dann bedeutet das, es kann sich nur um solche Gebete handeln, die in der Ordnung des Heiles vorgetragen werden. Absurde, lächerliche, egoistische, von menschlichen Leidenschaften durchwirkte Gebete können in diese Erhörungsgewißheit nicht einbezogen werden. Aber wenn wir ergeben, vertrauensvoll, beharrlich beten, dann wird Gott uns geben, wessen wir zu unserem Heile bedürfen. Es ist also keine Lüge, wenn wir beten: „Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, es ist noch nie erhört worden“, sondern es ist die Wahrheit, für die Gott mit seiner Erhörungsgewißheit sich verbürgt.

Es ist ein schönes Zusammentreffen,  meine lieben Freunde, daß wir heute Josef den Arbeiter feiern, daß wir das heiligste Herz verehren, unsere Zuflucht und unsere Zuversicht, daß wir den Maimonat eröffnen, der der Himmelskönigin gewidmet ist. All das sind tröstliche Wahrheiten, keine Illusionen, keine Phantasien, sondern Wirklichkeiten, Wirklichkeiten, die dem erfahrbar werden, der sich in ihnen birgt und der sich zu ihnen vertrauensvoll bekennt.

Amen.

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